Krzysztof Ruchniewicz
Krzysztof Ruchniewicz (* 27. Januar 1967 in Breslau, Polen) ist ein polnischer Historiker, Deutschlandforscher, Professor der Universität Breslau und kommissarischer Direktor des dortigen Willy-Brandt-Zentrums für Deutschland- und Europastudien sowie Direktor des Witold-Pilecki-Instituts in Warschau.
Werdegang
Ruchniewicz studierte Geschichte an der Universität Breslau, der Universität des Saarlandes in Saarbrücken und der Philipps-Universität in Marburg. Dabei war er von 1994 bis 1996 Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung und 1997 Stipendiat der Stiftung für Polnische Wissenschaft – Fundacja na rzecz Nauki Polskiej.[1]
Seine Magisterarbeit (1991) trug den Titel „Enno Meyer a Polska i Polacy. Z badań nad początkami Wspólnej Komisji Podręcznikowej PRL-RFN“ (Enno Meyer, Polen und die Polen. Aus den Forschungen über die Anfänge der gemeinsamen deutsch-polnischen Schulbuchkommission). Betreuer war Wojciech Wrzesiński. Seine Doktorarbeit schrieb er 2000 zum Thema: „Warszawa-Berlin-Bonn. Stosunki polityczne w latach 1949–1958“ (Warschau-Berlin-Bonn. Politische Beziehungen in den Jahren 1949–1958). Sein Doktorvater war hier Wojciech Wrzesiński. Er habilitierte sich 2007: „Polskie zabiegi o odszkodowania niemieckie w latach 1944/45-1975“ (Polnische Bemühungen um die deutsche Wiedergutmachung in den Jahren 1944/45-1975).
1991 erhielt er einen Lehrauftrag am Institut für Geschichte der Universität Breslau, wo er 2009 außerordentlicher Professor und 2013 Professor wurde. Er ist Gründungsdirektor des Willy-Brandt-Zentrums für Deutschland- und Europastudien (2002) und war dessen langjähriger Direktor – mit einer Unterbrechung von 2007 bis 2009 (2024 wurde er zum kommissarischen Direktor ernannt).
Ruchniewicz ist Autor von zahlreichen Publikationen. Er ist Mitglied in mehreren wissenschaftlichen Gremien im In- und Ausland und aktiver Teilnehmer an mehreren Debatten über den Stand der Deutsch-polnischen Beziehungen, der polnischen Erinnerungskultur sowie der aktuellen Situation in Deutschland.
2022 wies er die Reparationsforderungen an Deutschland zurück, die die PiS-Regierung für die Verbrechen der NS-Zeit stellte.[2] 2024 wurde er im Zuge einer Neuausrichtung im Gefolge der Parlamentswahl in Polen 2023 zum Direktor des Witold-Pilecki-Instituts in Warschau ernannt.[3]
Am 13. Juni 2024 wurde Ruchniewicz zum Beauftragten des Ministers für Auswärtige Angelegenheiten der Republik Polen für die deutsch-polnische zwischengesellschaftliche und grenzüberschreitende Zusammenarbeit ernannt.[4] Im selben Jahr wurde er ins Vergabegremium eines Preises für Verdienste an den deutsch-polnischen Beziehungen berufen.[5]
Ehrungen und Auszeichnungen
- 2011 wurde Krzysztof Ruchniewicz mit dem Verdienstkreuz der Republik Polen in Gold ausgezeichnet.[6]
- 2019 wurde er mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland für sein Engagement um die deutsch-polnische Freundschaft und seine wissenschaftliche Arbeit in diesem Bereich geehrt.[7]
- 2021 wurde er anlässlich des 30. Jahrestages der Friedlichen Revolution und der deutschen Wiedervereinigung mit der Medaille „Sachsen – Land der Friedlichen Revolution“ für besondere Verdienste um die deutsch-polnischen Beziehungen und das zivilgesellschaftliches Engagement ausgezeichnet.[8]
- 2023 wurde Krzysztof Ruchniewicz Träger des europäischen Viadrina-Preises der Universität Frankfurt (Oder), der seit 1999 verliehen wird. In der Begründung wurden seine herausragenden Verdienste um die deutsch-polnische Verständigung und den europäischen Gedanken hervorgehoben.[9][10]
Publikationen
- Krzysztof Ruchniewicz, Stefan Troebst (Hrsg.): Diktaturbewältigung und nationale Selbstvergewisserung. Geschichtskulturen in Polen und Spanien im Vergleich. Wydawnictwo Uniwersytetu Wrocławskiego, Wrocław 2004, ISBN 978-0-00-003444-1.
- Krzysztof Ruchniewicz: Zögernde Annäherung. Studien zur Geschichte der deutsch-polnischen Beziehungen im 20. Jahrhundert. Thelem, Dresden 2005, ISBN 978-3-935712-86-6, Online
- Krzysztof Ruchniewicz, Marek Zybura (Hrsg.): „Mein Polen…“. Deutsche Polenfreunde in Porträts. Thelem, Dresden 2005, ISBN 978-3-937672-36-6.
- Krzysztof Ruchniewicz, Jürgen Zinnecker (Hrsg.): Zwischen Zwangsarbeit, Holocaust und Vertreibung – Polnische, jüdische und deutsche Kindheiten im besetzten Polen. Juventa, Weinheim und München 2007, ISBN 978-3-7799-1733-5, Online.
- Krzysztof Ruchniewicz: „Noch ist Polen nicht verloren“. Das historische Denken der Polen (= Mittel- und Osteuropastudien). Lit-Verlag, Münster/Hamburg/Berlin/Wien/London 2007, ISBN 978-3-8258-0893-8, Online.
- Krzysztof Ruchniewicz, Marek Zybura (Hrsg.): Die höchste Ehrung, die einem Schriftsteller zuteil werden kann. Deutschsprachige Nobelpreisträger für Literatur. Neisse Verlag, Dresden 2008, ISBN 978-3-940310-01-9.
- Dieter Bingen, Krzysztof Ruchniewicz (Hrsg.): Länderbericht Polen. Geschichte – Politik – Wirtschaft – Gesellschaft – Kultur. Campus, Bonn 2009, ISBN 978-3-593-38991-2.
- Martin Aust, Krzysztof Ruchniewicz, Stefan Troebst (Hrsg.): Verflochtene Erinnerungen. Polen und seine Nachbarn im 19. und 20. Jahrhundert. Boehlau Verlag, Köln 2009, ISBN 978-3-412-20292-7.
- Detlef Brandes, Holm Sundhaussen, Stefan Troebst in Verbindung mit Kristina Kaiserová und Krzysztof Ruchniewicz (Hrsg.): Lexikon der Vertreibungen. Deportation, Zwangsaussiedlung und ethnische Säuberung in Europa des 20. Jahrhunderts. Böhlau Verlag, Wien/Köln/Weimar 2010, ISBN 978-3-205-78407-4.
- Friedhelm Boll, Krzysztof Ruchniewicz (Hrsg.): „Nie mehr eine Politik über Polen hinweg“. Willy Brandt und Polen. Dietz Verlag, Bonn 2010, ISBN 978-3-8012-0407-5.
- Basil Kerski, Krzysztof Ruchniewicz (Hrsg.): Polnische Einwanderung. Geschichte und Gegenwart der Polen in Deutschland. Fibre Verlag, Osnabrück 2011, ISBN 978-3-938400-68-5.
- Dieter Bingen, Peter Oliver Loew, Krzysztof Ruchniewicz, Marek Zybura (Hrsg.): Erwachsene Nachbarschaft. Die deutsch-polnischen Beziehungen 1991 bis 2011. Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 2011, ISBN 978-3-447-06511-5.
- Barbara Coellen, Bartosz Dudek, Krzysztof Ruchniewicz (Hrsg.): Polenhilfe. Als Schmuggler für Polen unterwegs. Pomoc dla Polski. Zostali przemytnikami dla Polaków. Neisse Verlag, Dresden/Wrocław 2011, ISBN 978-3-86276-035-0.
- Krzysztof Ruchniewicz, Marek Zybura (Hrsg.): Zwischen (Sowjet-)Russland und Deutschland. Geschichte und Politik im Schatten von Józef Mackiewicz (1902–1985). Fibre Verlag, Osnabrück 2012, ISBN 978-3-938400-57-9.
- Constantin Goschler in Zusammenarbeit mit José Brunner, Krzysztof Ruchniewicz und Philipp Ther (Hrsg.): Die Entschädigung von NS-Zwangsarbeit am Anfang des 21. Jahrhunderts. Band 1: Die Stiftung. Der Abschluss der deutschen Wiedergutmachung? Wallstein, Göttingen 2012, ISBN 978-3-8353-1085-8.
- Constantin Goschler in Zusammenarbeit mit José Brunner, Krzysztof Ruchniewicz und Philipp Ther (Hrsg.), Die Entschädigung von NS-Zwangsarbeit am Anfang des 21. Jahrhunderts. Band 2: Transnationale Opferanwaltschaft. Das Auszahlungsprogramm und die internationalen Organisationen. Wallstein, Göttingen 2012, ISBN 978-3-8353-1085-8.
- Constantin Goschler in Zusammenarbeit mit José Brunner, Krzysztof Ruchniewicz und Philipp Ther (Hrsg.), Die Entschädigung von NS-Zwangsarbeit am Anfang des 21. Jahrhunderts. Band 3: Nationale Selbstbilder, Opferdiskurse und Verwaltungshandeln. Das Auszahlungsprogramm in Ostmitteleuropa. Wallstein, Göttingen 2012, ISBN 978-3-8353-1085-8.
- Constantin Goschler in Zusammenarbeit mit José Brunner, Krzysztof Ruchniewicz und Philipp Ther (Hrsg.), Die Entschädigung von NS-Zwangsarbeit am Anfang des 21. Jahrhunderts. Band 4: Helden, Opfer, Ostarbeiter. Das Auszahlungsprogramm in der ehemaligen Sowjetunion. Wallstein, Göttingen 2012, ISBN 978-3-8353-1085-8.
- Wolfgang Form, Kerstin von Lingen, Krzysztof Ruchniewicz (Hrsg.): Narrative im Dialog. Deutsch-polnische Erinnerungsdiskurse. Neisse Verlag, Dresden 2013, ISBN 978-3-86276-096-1.
- Andreas Brämer, Arno Herzig und Krzysztof Ruchniewicz (Hrsg.): Jüdisches Leben zwischen Ost und West. Neue Beiträge zur jüdischen Geschichte in Schlesien. Wallstein Verlag, Göttingen 2014, ISBN 978-3-8353-1015-5.
- Constantin Goschler in Zusammenarbeit mit José Brunner, Krzysztof Ruchniewicz und Philipp Ther (Hrsg.): Compensation in practice. The Foundation ‘Remembrance, Responsibility and Future’ and the Legacy of Forced Labour during the Third Reich. Berghahn Books, New York 2017, ISBN 978-1-78533-637-9.
- Krzysztof Ruchniewicz, Marek Zybura (Hrsg.): „Der du mein ferner Bruder bist...“. Polnische Deutschlandfreunde in Porträts. Fibre Verlag, Osnabrück 2017, ISBN 978-3-938400-84-5.
- Elżbieta Opiłowska, Krzysztof Ruchniewicz, Marek Zybura (Hrsg.): Kreisau und Verdun. Wege zur deutsch-polnischen und deutsch-französischen Versöhnung und ihre Symbole im kollektiven Gedächtnis. Fibre Verlag, Osnabrück 2017, ISBN 978-3-944870-05-2.
- Krzysztof Ruchniewicz: Schauplatz Geschichte. Entdecken und Verstehen in den deutsch-polnischen Beziehungen. dpgbv, Berlin 2018, ISBN 978-3-00-060668-7.
- Krzysztof Ruchniewicz: Kreisau neu gelesen. Aus dem Polnischen von Sabine Stekel, mit einem Nachwort von Annemarie Franke. Sonderausgabe der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung, Dresden 2018, ISBN 978-3-86276-249-1.
- Krzysztof Ruchniewicz: Kreisau neu gelesen, mit einem Nachwort von Annemarie Franke, Dresden: Neisse Verlag, 2018, ISBN 978-3-86276-249-1.
- Krzysztof Ruchniewicz, Stefan Troebst, Marek Zybura (Hrsg.): In officio amicitiae. Andreas Lawaty, dem Grenzgänger und Freund, zum 65. Geburtstag. Neisse Verlag, Dresden 2018, ISBN 978-3-86276-259-0.
- Krzysztof Ruchniewicz, Marek Zybura (Hrsg.): Deutschsprachige Nobelpreisträger für Literatur. Neisse Verlag, Dresden 2019, ISBN 978-3-86276-270-5.
- Krzysztof Ruchniewicz (ed.): Public History and Ethics. Monthly Editorial Jan 2020. In: Public History Weekly 8 (2020) 2, doi:10.1515/phw-2020-14900.
- Krzysztof Ruchniewicz: La minorité allemande dans la Pologne de l’entre-deux-guerres. In: Allemagne d'aujourd'hui. Nr. 228, 2019, S. 130–139 (französisch, online).
- Krzysztof Ruchniewicz (ed.): The End of World War II. In: Public History Weekly 8 (2020) 5, doi:10.1515/phw-2020-16308.
- Krzysztof Ruchniewicz, Jan Barcz (Hrsg.): Akt der guten Nachbarschaft. 30 Jahre Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit zwischen Polen und Deutschland, Wroclaw-Warszawa 2021, ISBN 978-83-8017-406-1.
- Krzysztof Ruchniewicz (ed.): The Power of Images. In: Public History Weekly 9 (2021) 5, doi:10.1515/phw-2021-18463.
- Krzysztof Ruchniewicz, Jan Barcz (Hrsg.): Ein historischer Akt. 30 Jahre Vertrag über Vertrag über die Bestätigung der deutsch-polnischen Grenze an Oder und Lausitzer Neiße, Wroclaw-Warszawa 2022, ISBN 978-83-8017-418-4.
- Krzysztof Ruchniewicz, Jan Barcz (Hrsg.): Ein symbolischer Akt. Deutsche Entschädigungsleistungen für die Opfer nationalsozialistischer Verbrechen in Polen. Die „pragmatische Formel“ im Spiegel der Vereinbarungen der Jahre 1991 und 2000, Wroclaw-Warszawa 2023, ISBN 978-83-8017-508-2.
- Krzysztof Ruchniewicz, Marek Zybura (Hrsg.): Freya von Moltke, Christian Tröbst, Widerstand und Glaube. Ein Briefwechsel 1957–1959. Mit einem Grußwort von Helmuth Caspar von Moltke, Göttingen 2024, ISBN 978-3-8353-5593-4.
- Krzysztof Ruchniewicz, Jan Barcz (Hrsg.): Partyjna kampania reparacyjna PiS („Die Reparationskampagne“ der Partei Recht und Gerechtigkeit), Wrocław 2024, ISBN 978-83-66810-36-5.
Weblinks
- Literatur von und über Krzysztof Ruchniewicz im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Website von Krzysztof Ruchniewicz (deutsch, polnisch)
- Ruchniewicz auf einer Seite der Universität Breslau (polnisch)
- Krzysztof Ruchniewicz auf Academia.edu
- Biografisches auf einer Seite des Willy-Brandt-Zentrums (deutsch)
- Literaturliste des Herder-Instituts
Einzelnachweise
- ↑ Krzysztof Ruchniewicz
- ↑ Viktoria Großmann: Kennt Polen und Deutsche: Porträt des Historikers Krzysztof Ruchniewicz. 17. Juli 2024, abgerufen am 20. Juli 2024.
- ↑ Prof. Krzysztof Ruchniewicz appointed director of Pilecki Institute. Abgerufen am 7. November 2024 (englisch).
- ↑ Prof. Krzysztof Ruchniewicz Pełnomocnikiem Ministra Spraw Zagranicznych do spraw polsko-niemieckiej współpracy społecznej i przygranicznej, letzter Zugriff: 16.06.2024.
- ↑ agnieszka: Dyrektor CSNE nominowany na członka Komitetu „Nagrody za szczególne zasługi dla rozwoju stosunków polsko–niemieckich”. Abgerufen am 7. November 2024 (deutsch).
- ↑ Website von Krzysztof Ruchniewicz, CV ( vom 4. September 2014 im Internet Archive), abgerufen am 4. Januar 2014
- ↑ Bekanntgabe der Verleihung am 1. März 2020.
- ↑ Profesor Ruchniewicz nagrodzony w Saksonii. 24. März 2021, abgerufen am 24. März 2021 (polnisch).
- ↑ Viadrina Preis dla prof. Ruchniewicza
- ↑ Viadrina-Preis 2023
Personendaten | |
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NAME | Ruchniewicz, Krzysztof |
KURZBESCHREIBUNG | polnischer Historiker |
GEBURTSDATUM | 27. Januar 1967 |
GEBURTSORT | Breslau, Polen |