Kryolithionit

Kryolithionit
Kryolithionit aus Ivittuut, Kommuneqarfik Sermersooq, Grönland
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Cyln[1]

Chemische FormelNa3Al23+Li3F12[2]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Halogenide
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)

III/B.03-010
Kristallographische Daten
Kristallsystemkubisch
Kristallklasse; Symbolhexakisoktaedrisch; 4/m32/m
RaumgruppeIa3d (Nr. 230)Vorlage:Raumgruppe/230[3]
Gitterparametera = 12,122 Å[3]
FormeleinheitenZ = 8[3]
Häufige KristallflächenRhombendodekaeder {110}
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte2,5 – 3[2]
Dichte (g/cm3)gemessen: 2,777–2,778[2] berechnet: 2,771[3]
Spaltbarkeitdeutlich nach {110}[2]
Farbefarblos[2]
Strichfarbeweiß
Transparenzdurchsichtig[2]
GlanzGlasglanz
Kristalloptik
Brechungsindexn = 1,3395[2][4]
Doppelbrechungδ = -
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhaltenetwas löslich in Wasser[2]

Das Mineral Kryolithionit ist ein sehr seltenes Fluorid aus der Obergruppe der Granate mit der Zusammensetzung Na3Al2Li3F12. Es kristallisiert im kubischen Kristallsystem mit der Struktur von Granat. Die rhombendodekaedrischen Kristalle sind farblos und transparent und erreichen eine Größe von bis zu 17 cm.[2]

Kryolithionit findet sich in Fluor- und Lithium-reichen Pegmatiten. Außer in seiner Typlokalität, der Kryolith-Lagerstätte Ivigtut in Grönland, wurde Kryolithionit bislang nur in kleinen Mengen an wenigen anderen Orten der Welt gefunden.[5]

Etymologie und Geschichte

Entdeckt wurde Kryolithionit im Frühjahr 1903 in der Kryolithlagerstätte bei Ivittuut am Arsukfjord in Kommuneqarfik Sermersooq, Grönland vom Bergbauingenieur M. E.-F. Edwards. Niels Viggo Ussing beschrieb das neue Mineral und benannte es wegen seiner Ähnlichkeit mit Kryolith und seinen hohen Lithiumgehalt Kryolithionit. Auch wies er bereits auf die Verwandtschaft mit Granat hin.[2]

Die Struktur klärte Georg Menzer 1927 in Berlin auf und bestätigte sie strukturelle Verwandtschaft von Kryolithionit mit Granat. Eine erneute Strukturuntersuchung 1971 von S. Geller bestätigten Menzers Ergebnisse.[3]

Klassifikation

Die aktuelle Klassifikation der International Mineralogical Association (IMA) zählt den Kryolithionit zur Granat-Obergruppe, wo er bislang (2013) das einzige Mineral mit 3 positiven Ladungen (Li3) auf der tetraedrisch koordinierten Gitterposition ist.

In der mittlerweile veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Kryolithionit zur Mineralklasse der „Halogenide“, wo er in der Obergruppe der Doppelhalogenide mit [BF4]1−, [SiF6]2− und [AlF6]3− zusammen mit Bøgvadit, Calcjarlit, Colquiriit, Elpasolith, Jarlit, Jørgensenit, Kryolith, Simmonsit die Gruppe der Kryolith-Elpasolith-Gruppe mit der System-Nr. III/B.03 bildet.

Die seit 2001 gültige 9. Auflage der Strunz'schen Mineralsystematik ordnet den Kryolithionit ebenfalls in die Klasse der „Halogenide“. Dort wird er entsprechend seiner Zusammensetzung und seinem Aufbau in der Abteilung C (Komplexe Halogenide) in der Unterabteilung B. Insel-Aluminofluoride (Neso-Aluminofluoride) als Einzelmineral mit der System-Nr. 3.CB.05 geführt.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Kryolithionit in die Klasse der „Halogenide“ und dort in die Abteilung 11.06 (Komplexe Halogenide - Aluminiumfluoride mit verschiedenen Formeln) ein. Hier wird er als Einzelmineral mit der System-Nr. 11.06.04.01 geführt.

Kristallstruktur

Kryolithionit kristallisiert mit kubischer Symmetrie in der Raumgruppe Ia3d (Raumgruppen-Nr. 230)Vorlage:Raumgruppe/230 und dem Gitterparameter a = 12,122 Å sowie 8 Formeleinheiten pro Elementarzelle.

Die Struktur ist die von Granat. Natrium (Na+) besetzt die dodekaedrisch von 8 Sauerstoffen umgebene X-Position, Aluminium (Al3+) die oktaedrisch von 6 Sauerstoffen umgebene Y-Position und Lithium (Li+) die tetraedrisch von 4 Sauerstoffen umgebene Z-Position.[3]

Bildung und Fundorte

Kryolithionit bildet sich in der Spätphase der Kristallisation von Fluor- und Lithium-reichen Pegmatiten. An seiner Typlokalität, der Kryolithlagerstätte bei Ivittuut am Arsukfjord in Kommuneqarfik Sermersooq, Grönland, wurde er in Form cm- bis dm-großer Kristalle eingeschlossen in Kryolith gefunden. Kryolith und Kryolithionit treten hier zusammen mit Quarz, Fluorit und Siderit auf.[2][6]

In der Gasberg Topas-Kryolith-Mine bei Miass im Ilmen-Gebirge, Oblast Tscheljabinsk im südlichen Ural, Russland wurden grapfische Verwachsungen von Kryolith und Kryolithionit in einer ein Meter großen Druse eines Granit-Pegmatits gefunden. Am Kontakt zum Granit trat Kryolithionit zusammen mit Chiolith und Fluorit auf.[7]

Im Zapot Pegmatit nahe Hawthorne im Mineral County (Nevada), Nevada, USA treten massig feinkristalliene Verwachsungen von Kryolithionit mit Kryolith, Simmensonit und Spuren von Elpasolith und Topas auf. Diese primäre Paragenese wurde zum Teil umgewandelt in Pachnolith, Weberit, Prosopit, Hydrokenoralstonit, Fluorit und eine zweite Generation Kryolithionit.[8]

Des Weiteren konnte das Mineral bisher (Stand: 2017) nur noch in einem weitern Pegmatit im Südural (Suran Lagerstätte) und in einem Aufschluss bräunlich-gelber Verwitterungsprodukte bei Rio Verde in San Luis Potosí, Mexiko nachgewiesen werden.[5]

Siehe auch

Weblinks

Commons: Cryolithionite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. a b c d e f g h i j k N. V. Ussing: Sur la cryolithionite, espèce minérale nouvelle. In: Oversigt over det Kongelige Danske Videnskabernes Selskabs Forhandlinger. Nr. 1, 1904, S. 2–12 (rruff.info [PDF; 312 kB; abgerufen am 16. Mai 2017]).
  3. a b c d e S. Geller: Refinement of the crystal structure of cryolithionite. In: American Mineralogist. Band 56, Nr. 1, Februar 1971, S. 18–23 (rruff.info [PDF; 270 kB; abgerufen am 16. Mai 2017]).
  4. Hans Pauly: Cryolite, chiolite and cryolithionite: optical data redetermined. In: Bulletin of the Geological Society of Denmark. Band 26, 1977, S. 95–101 (2dgf.dk [PDF; 632 kB; abgerufen am 16. Mai 2017]).
  5. a b Fundortliste für Kryolithionit beim Mineralienatlas und bei Mindat
  6. Cryolithionite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org [PDF; 68 kB; abgerufen am 16. Mai 2017]).
  7. J. C. Bailey: Formation of cryolite and other aluminofluorides: A petrologic review. In: Bulletin of the Geological Society of Denmark. Band 29, 1980, S. 1–45 (psu.edu [PDF; 3,3 MB; abgerufen am 16. Mai 2017]).
  8. Eugene E. Foord, Joseph T. O’Connor, John M. Hughes, Stephen J. Sutley, Alexander U. Falster, Arthur E. Soregaroli, Frederick E. Lichte and Daniel E. Kile: Simmonsite, Na2LiAlF6, a new mineral from the Zapot amazonite-topaz-zinnwaldite pegmatite, Hawthorne, Nevada, U.S.A. In: American Mineralogist. Band 84, 1999, S. 769–772 (minsocam.org [PDF; 277 kB; abgerufen am 16. Mai 2017]).

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Autor/Urheber: David Hospital, Lizenz: CC BY-SA 4.0
White massive cryolithionite from Ivigtut, Ivittuut, Arsuk Fjord, Sermersooq, Greenland.