Landkreis Teltow

Der Teltowische Kreis 1788

Der Landkreis Teltow ['tɛltoː], ursprünglich Kreis Teltow, war ein Landkreis in Brandenburg, der bis 1952 bestand. Er umfasste den südlich der Spree gelegenen Teil des Umlands von Berlin. Bis zur Gründung von Groß-Berlin am 1. Oktober 1920 gehörten zahlreiche heutige Stadtteile Berlins zu diesem Landkreis.

Sein Pendant auf der nördlichen Seite der Spree war der Kreis Niederbarnim. Beide Landkreise profitierten in hohem Maße von der Suburbanisierung der in enge Stadtgrenzen eingezwängten Hauptstadt. Die an Berlin angrenzenden Gemeinden wuchsen in wenigen Jahren von Dörfern zu Vorstädten mit fünfstelliger Einwohnerzahl heran. Anders als die meisten Gemeinden in Niederbarnim brachten es vor allem die westlichen und südwestlichen Vororte Berlins durch die Ansiedlung von Industrie oder steuerkräftiger Bevölkerung zu erheblichem Reichtum; die Eingemeindung nach Berlin geschah gegen den Widerstand der betroffenen Gemeinden und des Kreises Teltow.

Die das Urstromtal der Spree nach Süden begrenzende Teltow-Hochfläche gab dem Landkreis den Namen. An der heutigen Stadtgrenze Berlins, östlich von Potsdam, liegt die Stadt Teltow, die bis 1871 Verwaltungssitz war (Ritterstraße 29). Von 1871 bis 1945 befand sich das Landratsamt in der Viktoriastraße 18 in Berlin-Tiergarten, danach in Mahlow.

Das ehemalige Kreisgebiet gehört heute zu den brandenburgischen Landkreisen Potsdam-Mittelmark, Teltow-Fläming und Dahme-Spreewald sowie zu den Berliner Bezirken Spandau, Steglitz-Zehlendorf, Charlottenburg-Wilmersdorf, Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg, Tempelhof-Schöneberg, Neukölln und Treptow-Köpenick.

Verwaltungsgeschichte

Preußen

Das Kreishaus von Teltow in Berlin, Viktoriastraße

In der nachmittelalterlichen Zeit bildete sich in der Mark Brandenburg eine Gliederung in Kreise heraus. Einer dieser historischen Kreise war der Kreis Teltow, seinerzeit auch Teltowische Kreis genannt.[1][2] Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurden dem Kreis Teltow die Herrschaft Zossen und die Herrschaft Teupitz aus der Niederlausitz hinzugefügt. Auf einer Karte des Kreises aus dem Jahre 1788 zeigen sich die drei Teillandschaften. Der Hauptkreis im Norden zwischen Teltow und Mittenwalde (auch „Hoher Teltow“ genannt), der Ämterkreis im Südwesten zwischen Trebbin und Zossen sowie im Osten die Herrschaft Wusterhausen und Teupitz.

Zum Hauptkreis gehörten die Städte Charlottenburg, Köpenick, Mittenwalde und Teltow sowie die königlichen Ämter Gallun, Groß Machnow, Köpenick, Rotzis, Selchow und Waltersdorf, während zum Ämterkreis die Städte Trebbin und Zossen sowie die königlichen Ämter Trebbin und Zossen gehörten.[3]

Im Zuge der preußischen Provinzialbehörden-Verordnung vom 30. April 1815 und der nachfolgenden Kreisreform in der Provinz Brandenburg wurde der Kreis Teltow mit der Herrschaft Storkow 1817 zum Kreis Teltow-Storkow im Regierungsbezirk Potsdam zusammengeschlossen. Der nördliche, an Berlin grenzende Teil des Kreises Teltow-Storkow gehörte bis zum 1. Januar 1822 zum Regierungsbezirk Berlin, der mit diesem Tage aufgelöst wurde. Damit unterstand nunmehr das gesamte Kreisgebiet dem Regierungspräsidenten in Potsdam.

Zum 1. Januar 1836 wurde der Status quo ante wiederhergestellt.[4] Die Herrschaft Storkow bildete zusammen mit dem nördlichen Teil des Kreises Lübben, der Herrschaft Beeskow, den wiederhergestellten Kreis Beeskow-Storkow und der Kreis Teltow erhielt wieder seine historische Abgrenzung.

Das Landratsamt des Kreises war ab 1871 im Provinzständehaus in der Viktoriastraße 18 in Berlin-Tiergarten ansässig.[5]

Im südlichen Umfeld der Hauptstadt des neuen Deutschen Reiches entwickelten sich seit den 1870er Jahren die folgenden Stadtgemeinden so stürmisch, dass sie den Rahmen des Kreises Teltow sprengten und zu eigenen Stadtkreisen erklärt wurden:

Der Austritt der schnell wachsenden Vororte aus dem Kreis wurde von diesem so lange wie möglich verhindert. Für den Landrat war jede „verlorene“ Stadt ein Verlust an Macht und Einfluss. Die Städte mussten sich aus der Kreisangehörigkeit regelrecht „freikaufen“. Die Stadt Rixdorf etwa musste bei ihrem Austritt 1899 eine „Abfindung“ von einer Million Mark an den Kreis zahlen.

Auch die Verleihung von Stadtrechten wurde von den Teltower Behörden nach Möglichkeit verhindert, weil in Schöneberg, Rixdorf und Wilmersdorf sowie in Lichtenberg (Kreis Niederbarnim) jeweils wenige Monate nach der Stadterhebung der Austritt aus dem Kreis folgte. Diese Politik hatte teilweise absurde Folgen. Bei der Eingemeindung nach Berlin 1920 hatte etwa die Landgemeinde Steglitz rund 84.000 Einwohner, aber kein Stadtrecht.

Groß-Berlin-Gesetz

Mit dem Groß-Berlin-Gesetz wurde zum 1. Oktober 1920 der am dichtesten besiedelte Teil des Kreises Teil von Groß-Berlin. Der Kreis Teltow verlor dabei fast 90 Prozent seiner Bevölkerung, etwa 450.000 Einwohner. In Klammern gesetzt ist die Anzahl der Einwohner.

Folgende zuvor zum Kreis Teltow gehörenden Gemeinden und Gutsbezirke fielen dabei an Berlin:

Weimarer Republik und Nationalsozialismus

Die rund 26.000 Einwohner zählende Gemeinde Nowawes bei Potsdam beantragte 1923 Stadtrechte. Der Antrag wurde im Provinziallandtag angenommen, im Kreistag jedoch abgelehnt. Nachdem die Gemeinde versicherte, nicht aus dem Kreis Teltow austreten zu wollen, gestattete die Staatsregierung am 13. Dezember 1924 die Annahme der Städteordnung. Den Status einer Stadt hatte Nowawes nur knapp 15 Jahre, davon das letzte mit dem neuen Namen Babelsberg; denn schon am 1. April 1939 wurde es nach Potsdam eingemeindet, womit der Landkreis zum sechsten Mal seine jeweils größte Stadt abtreten musste.

Zum 30. September 1929 fand im Kreis Teltow wie im übrigen Preußen eine Gebietsreform statt, bei der nahezu alle bisher selbstständigen Gutsbezirke aufgelöst und benachbarten Landgemeinden zugeteilt wurden. Am 1. April 1939 erhielt der Stadtkreis Potsdam vom Kreis Teltow die Stadt Babelsberg und die Gemeinde Drewitz.

Der Kreis Teltow umfasste am 1. Januar 1945 die sechs Städte Königs Wusterhausen, Mittenwalde, Teltow, Teupitz, Trebbin und Zossen sowie 105 weitere Gemeinden und vier Gutsbezirke (Forsten).

Die Gemeinde Mahlow wurde 1945 Sitz der Kreisverwaltung.

Sowjetische Besatzungszone/Deutsche Demokratische Republik

Durch das Gesetz über die Änderung zur Verbesserung der Kreis- und Gemeindegrenzen vom 28. April 1950 kam es am 1. Juli 1950 zu den folgenden Gebietsänderungen:[6]

Am 23. Juli 1952 wurde der Landkreis Teltow aufgelöst. Das Kreisgebiet wurde zwischen den neugebildeten Kreisen Königs Wusterhausen und Zossen aufgeteilt, ein kleiner Teil um die Stadt Teltow wurde dem Kreis Potsdam und ein kleiner Teil um die Stadt Trebbin wurde dem Kreis Luckenwalde zugeordnet.

Bundesrepublik Deutschland

Der heutige Landkreis Teltow-Fläming entstand zum 6. Dezember 1993 aus den drei Landkreisen Jüterbog, Luckenwalde und Zossen.

Einwohnerentwicklung

JahrEinwohnerQuelle
175024.018[7]
180033.231[7]
184662.094[8]
1871107.362[9]
1890221.960[10]
1900268.187[10]
1910438.918[10]
1925122.572[10]
1933149.386[10]
1939169.656[10]
1946175.551[11]

Landräte

  • 1655–1682 Otto von Hake
  • 1682–1712 Cuno Hans von Wilmersdorf
  • 1714–1717 Otto Ludwig von Otterstedt
  • 1717–1749 Hans Georg von Otterstedt
  • 1749–1770 Johann Otto von Wilmersdorf
  • 1770–1790 Alexander Gustav von der Liepe
  • 1791–1819 Wilhelm von Hake
  • 1819–1822 Ernst von Bandemer
  • 1822–1851 Leopold von Albrecht (1797–1873)[12]
  • 1851–1851 Jérôme von Schlotheim (kommissarisch)
  • 1851–1862 Leo von dem Knesebeck (1808–1883)
Für den Zeitraum zwischen 1817 und 1835 beziehen sich die Angaben auf den Kreis Teltow-Storkow.

Kommunalverfassung bis 1945

Der Kreis Teltow gliederte sich in Städte, in Landgemeinden und – bis zu deren nahezu vollständiger Auflösung im Jahre 1929 – in Gutsbezirke. Mit Einführung des preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes vom 15. Dezember 1933 sowie der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 wurde zum 1. April 1935 das Führerprinzip auf Gemeindeebene durchgesetzt. Nach Mittenwalde, Teltow, Teupitz, Trebbin und Zossen wurden auch 1924 Nowawes und 1935 Königs Wusterhausen zur Stadt erhoben. Nowawes wurde 1938 in Babelsberg umbenannt und 1939 Teil der kreisfreien Stadt Potsdam.

Städte und Gemeinden

Stand 1945

Dem Kreis Teltow gehörten 1945 die folgenden Städte und Gemeinden an:

Außerdem bestanden 1945 noch die vier Gutsbezirke Kummersdorf Artillerie-Schießplatz, Kummersdorfer Forst, Wusterhausener Heide und Zehrensdorf.

Vor 1945 aufgelöste Gemeinden

Neben den Eingemeindungen nach Berlin im Rahmen des Groß-Berlin-Gesetzes verloren bis 1945 im Kreis Teltow noch weitere Gemeinden ihre Selbstständigkeit:

Namensänderungen

  • Stolpe wurde 1898 in Wannsee umbenannt.
  • Dergischow wurde am 20. Januar 1937 in Horstfelde umbenannt.
  • Gütergotz wurde am 27. Oktober 1937 in Güterfelde umbenannt.
  • Jachzenbrück wurde am 20. Oktober 1937 in Lindenbrück umbenannt.
  • Mellen wurde 1930 in Mellensee umbenannt.
  • Neuendorf bei Trebbin wurde am 8. Januar 1938 in Wiesenhagen umbenannt.
  • Klein Glienicke wurde 1925 in Neubabelsberg umbenannt.[14]
  • Rotzis wurde am 8. Januar 1938 in Rotberg umbenannt.
  • Schenkendorf bei Großbeeren wurde am 8. Januar 1938 in Schenkenhorst umbenannt.
  • Sputendorf bei Töpchin wurde am 8. Januar 1938 in Sputenberge umbenannt.
  • Wendisch Wilmersdorf wurde am 20. Oktober 1937 in Märkisch Wilmersdorf umbenannt.
  • Hoherlehme wurde 1922 in Wildau umbenannt.
  • Die Berliner Vorortgemeinden Britz, Friedenau, Grunewald, Johannisthal, Lankwitz, Mariendorf, Marienfelde, Niederschöneweide, Schmargendorf, Steglitz, Tempelhof und Treptow erhielten 1912 den Namenszusatz „Berlin-“. Die Gemeinde Groß-Lichterfelde wurde in Berlin-Lichterfelde umbenannt.

Literatur

  • Hans Erich Kubach, Joachim Seeger: Die Kunstdenkmäler des Kreises Teltow, in: Die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg, Deutscher Kunstverlag, Berlin 1941.
  • Willy Spatz: Der Teltow. 3. Teil: Geschichte der Ortschaften des Kreises Teltow, Berlin 1912. Reprint, in: Brandenburgische Landesgeschichte Band 57, Klaus D. Becker, Potsdam 2022. ISBN 978-3-88372-379-2.
  • Hermann Cramer: Die Kreise Sternberg, Lebus, Beeskow-Storkow und Teltow in: Beiträge zur Geschichte des Bergbaues in der Provinz Brandenburg. Band 1, Waisenhauses, Halle 1872–1976. Reprint Klaus D. Becker, Potsdam 2011. ISBN 978-3-88372-000-5.
  • Willy Spatz: Der Teltow. 2. Teil: Vom Ende des dreißigjährigen Krieges bis zum Jahre 1920, Berlin 1920. Reprint, in: Brandenburgische Landesgeschichte, Band 55, Klaus D. Becker, Potsdam 2022. ISBN 978-3-88372-377-8.
  • Adolf Hannemann: Der Kreis Teltow, seine Geschichte, seine Verwaltung, seine Entwicklung und seine Einrichtungen. Selbstverlag Kreisausschuß des Kreises Teltow, Berlin 1931.
  • Willy Spatz: Der Teltow. 1. Teil: Von der ältesten Zeit bis zum Ende des großen oder dreißigjährigen Krieges, Berlin 1905. Reprint, Brandenburgische Landesgeschichte Band 51, Klaus D. Becker, Potsdam 2022. ISBN 978-3-88372-365-5.
  • Adreßbuch der Kreises Teltow 1927, Rob. Rohde GmbH, Berlin 1927. SLB Brandenburg DOK.

Weblinks

Commons: Landkreis Teltow – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ingo Materna, Wolfgang Ribbe (Hrsg.): Brandenburgische Geschichte. Akademie Verlag, Berlin 1995, ISBN 3-05-002508-5, Grenzen und Verwaltungsgliederung, S. 32 ff. (Digitalisat [abgerufen am 5. Mai 2016]).
  2. Johann Heinrich Jacobi: Geographisch-statistisch-historische Tabellen. 3.1. Ernst Felisch, Berlin 1794 (Digitalisat).
  3. Friedrich Herzberg: Kurzer Abriss der Geographie der Königlich-Preussischen Staaten, Verlag der Buchhandlung der Königlichen Realschule, Berlin 1790, S. 25 ff. Digitalisat
  4. Bekanntmachung wegen theilweiser Wiederherstellung früherer Kreisgrenzen in Bezug auf die Regierungsbezirke Potsdam und Frankfurt. Amts-Blatt der Königlichen Regierung zu Potsdam und der Stadt Berlin, Jahrgang 1835, Stück 51 vom 11. Dezember 1835, S. 318.
  5. Claudia Wilke: Die Landräte der Kreise Teltow und Niederbarnim im Kaiserreich. Eine biographisch-verwaltungsgeschichtliche Studie zur Leistungsverwaltung in der Provinz Brandenburg, in: Brandenburgische historische Studien; Band 2, Verlag für Berlin-Brandenburg, Potsdam 1998, S. 35 ff. ISBN 3-930850-70-2.
  6. Statistisches Bundesamt: Gemeinden 1994 und ihre Veränderungen seit 01.01.1948 in den neuen Ländern. Metzler-Poeschel, Stuttgart 1995, ISBN 3-8246-0321-7.
  7. a b Friedrich Wilhelm August Bratring: Statistisch-topographische Beschreibung der gesammten Mark Brandenburg. Band 2. Friedrich Maurer, Berlin 1805, Kap. Kreis Teltow, S. 327 ff. (Digitalisat).
  8. F. W. C. Dieterici: Mittheilungen des Statistischen Bureau's in Berlin, Zweiter Jahrgang 1849, (Einwohnerzahlen der Kreise), Hrsg. Königliches Statistisches Bureau, E. S. Mittler & Sohn, Berlin 1849, S. 313. Digitalisat
  9. Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Brandenburg und ihre Bevölkerung 1871
  10. a b c d e f Michael Rademacher: Landkreis Teltow. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  11. Volkszählung 1946
  12. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Briefadeligen Häuser 1917, Jg. 11, Justus Perthes, Gotha 1916, S. 8. Digitalisat
  13. Beilage zum 39sten Stück des Amtsblattes pro 1873 der Königlichen Regierung zu Potsdam und der Stadt Berlin, A. W. Hayn`schen Erben, Potsdam 1873, S. 230.
  14. Lieselott Enders, Margot Beck: Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Kreis Teltow. Band IV. Klaus-D. Becker, Potsdam 2011, ISBN 978-3-941919-81-5, Klein Glienicke, S. 85 (Digitalisat [abgerufen am 4. April 2016]).

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