Kraftwerk Wynau

Kraftwerk Wynau
Blick in Richtung Westen, Aufnahme 1997
(c) ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Fotograf: Comet Photo AG (Zürich) / Com_FC27-4923-003 / CC BY-SA 4.0
Blick in Richtung Westen, Aufnahme 1997
Lage
Kraftwerk Wynau (Kanton Bern)
Koordinaten626314 / 233936
LandSchweiz Schweiz
Kanton Bern Bern Kanton Solothurn Solothurn
OrtOberwynau
GewässerAare
Höhe Oberwasser400 m ü. M.
Kraftwerk
EigentümerOnyx Energie Mittelland AG
BetreiberBKW
Planungsbeginn1980
Betriebsbeginn1996
Technik
Engpassleistung10,4 Megawatt
Durchschnittliche
Fallhöhe
5 m
Ausbaudurchfluss220 m³/s
Regelarbeitsvermögen51 Millionen kWh/Jahr
Turbinen1 × Rohr-Turbine
Sonstiges
Stand 2020
Kraftwerk Wynau (bis 1992)
Links Maschinenhaus mit angebautem Kesselhaus, Wehr mit Grundablass in der Mitte und Flossrampe rechts. Aufnahme ca. 1925 von Walter Mittelholzer
Links Maschinenhaus mit angebautem Kesselhaus, Wehr mit Grundablass in der Mitte und Flossrampe rechts.
Aufnahme ca. 1925 von Walter Mittelholzer
Lage
Koordinaten626286 / 233839
Höhe Oberwasser410 m ü. M.
Kraftwerk
Planungsbeginn1891
Bauzeit14 Monate
Betriebsbeginn1896
Stilllegung1992
Technik
Engpassleistung6,4 Megawatt
Durchschnittliche
Fallhöhe
4,5 m
Ausbaudurchfluss200 m³/s
Regelarbeitsvermögen41 Millionen kWh/Jahr
Turbinen4 × Kaplan-Turbinen
2 × Propeler-Turbinen
Sonstiges
Stand 2020

Das Wasserkraftwerk Wynau, auch Wynau I genannt, ist ein Laufwasserkraftwerk an der Aare bei Wynau, das 1895 in Betrieb genommen wurde. Betreiber der Anlage ist onyx Energie Mittelland AG. Das 1891 gebaute Kraftwerk wurde 1996 durch einen Neubau ersetzt. Das Maschinenhaus steht am rechten Aareufer, am linken Ufer steht das 1921 gebaute Kraftwerk Schwarzhäusern, das dasselbe Stauwehr benutzt. Der Aufstau und das Maschinenhaus befinden sich im Kanton Bern, das Unterwasser befindet sich hälftig in Bern, hälftig im Solothurn, weil die Kantonsgrenze nach dem Wehr in Flussmitte verläuft.

Geschichte

Das Kraftwerk geht auf die Initiative des Kaufmanns Robert Müller-Landsmann aus Lotzwil zurück. Er kaufte 1891 bei Oberwynau an der Aare ein Stück Land und reichte beim Regierungsstatthalter ein Baugesuch für ein Kraftwerk ein. Die Planung und Finanzierung konnte der Unternehmer nicht selber durchführen, weshalb er das Projekt für 300 000 SFr. an Siemens & Halske aus Berlin verkaufte. Das deutsche Unternehmen richtete aufgrund dieses Auftrags ein Büro in der Schweiz ein und begann 1893 mit dem Bau der Anlage, die sie innerhalb 14 Monaten fertigstellte. Noch während dem Bau gründete im Februar 1895 die Diskonto-Gesellschaft zusammen mit der Basler Handelsbank die Elektrizitätswerke Wynau AG, welche das Kraftwerk betreiben sollte. Das Kraftwerk kostete 2,1 Mio. SFr. und ging am 23. Januar 1896 in Betrieb. Der erste Kunde war die Gemeinde Langenthal, die den Strom für die Strassenbeleuchtung nutzte.[1] Am Anfang gab es kein grosses Interesse an der neuen Energieform, sodass das Werk Absatzschwierigkeiten für den Strom hatte.[2] Das Elektrizitätswerk wurde deshalb bereits 1903 an Langenthal und 27 weitere Gemeinden im Oberaargau verkauft, welche die Stromabnahme garantierten. 1921 stieg die Anzahl beteiligter Gemeinden auf 45 an.

Das Kraftwerk Wynau wurde in den 1920er-Jahren mit dem Kraftwerk Schwarzhäusern auf der anderen Flussseite ergänzt. Ein erster grösserer Umbau erfolgte in den 1930er-Jahren, in den 1990er-Jahren wurde die Anlage durch einen Neubau mit neuem Wehr ersetzt.

Im Jahr 2000 entstand aus den Elektrizitätswerke Wynau AG, die Onyx Energie Mittelland AG, an der 2006 die BKW die Mehrheit erwarb. Sie wird seit da als eigenständige Tochtergesellschaft der BKW geführt.[3]

Technik

Erstes Kraftwerk

Das Kraftwerk nutzt die Gefällstufe zwischen Bannwil und der Kantonsgrenze zwischen Bern und Solothurn aus. Das ursprüngliche Wehr war 125 m lang und sperrte den Fluss senkrecht ab, sodass ein 4,5 km langer Aufstau entstand. Es war mit Floßgasse und Fischtreppe versehen.[4]

In einer Bucht am rechten Flussufer war das Maschinenhaus angeordnet, in dessen Saal 1895 fünf vertikalachsige Jonval-Turbinen standen. Die von Rieter gelieferten Maschinen erbrachten zusammen eine Leistung von 3000 PS. 1908 wurde eine sechste Turbine eingebaut. In der Mitte des Maschinensaals waren zwischen den Hauptturbinen die beiden Erregerturbinen angeordnet.[4]

Maschinensaal im Jahre 1899

Die Turbinen trieben über Kegelradgetriebe horizontalachsige Generatoren an – eine Anordnung, die gewählt wurde, weil der Bau von schnelllaufenden Turbinen noch nicht ausgereift war.[5] Anfänglich hatten die Turbinen zusammen eine Leistung von 2,2 MW und erzeugten jährlich 18 GWh.[6] In einem Nebengebäude wurde 1906 eine 700 kW-Dampfturbine aufgestellt,[7] die als Reserve bei ungenügender Leistung oder Ausfall des Wasserkraftwerks genutzt wurde. Auf alten Bildern ist der Schornstein des Kesselhauses sichtbar.[6]

Die Leistung des Kraftwerks genügte schon bald nicht mehr, sodass in den Jahren 1921 bis 1923 auf der linken Uferseite das Kraftwerk Schwarzhäusern gebaut wurde. Es nutzt dieselbe Wehranlage wie das Kraftwerk Wynau und ist mit vier Propeller-Turbinen ausgerüstet. Die Anlage leistete bei Eröffnung 6,2 MW.[6]

Über die Jahre wurde die Leistung der Turbinen des Kraftwerks Wynau gesteigert. Bis 1926 waren alle Jonval-Turbinen durch Francis-Turbinen von Bell ersetzt. Es standen fünf einstufige Francis-Turbinen zu 800 PS im Einsatz, bei Hochwasser wurde die sechste Turbine, eine dreistufige Francis-Turbine mit einer Leistung von 1500 PS in Betrieb genommen.[4]

1932 wurde zusätzlich als thermische Reserve ein Dieselgenerator aufgestellt, der eine Leistung von 2,7 MW hatte.[6]

In den Jahren 1936 und 1937 wurde das Werk auf schnelllaufende Turbinen mit Schirmgeneratoren umgebaut und die Leistung des Kraftwerks gesteigert werden. Es standen vier Kaplan-Turbinen und zwei Propeller-Turbinen im Einsatz, die Ateliers de constructions mécaniques de Vevey (ACMV) geliefert worden waren. Die Turbinen hatten zusammen eine Leistung von 11 100 PS, die Generatoren konnten maximal 6,8 MW abgeben. Nach dem Umbau erreichte die durchschnittliche Jahresproduktion 35 GWh.[6]

Neubau 1996

Die bestehende Anlage wurde 1992 stillgelegt und durch eine neue ersetzt, die 1996 in Betrieb ging. Das Wehr wurde neu angelegt und das Maschinenhaus in das Wehr integriert. Die sechs Turbinen wurden durch eine einzige ersetzt,[1] die maximal 10,4 MW leistet.

Stollenprojekt Wynau

Ein weiterer Ausbau der Wasserkraft in Wynau wäre möglich durch den Bau eines 2900 m langen Stollens durch das Wynauer Feld, der das Wasser erst in Murgenthal wieder an die Aare zurückgeben würde. Im Maschinenhaus wäre neben der bereits eingebauten Turbine eine weitere Turbine mit 220 m³/s Schluckvermögen eingebaut worden, die eine Leistung von 16 MW gehabt hätte. Dadurch wäre das Regelarbeitsvermögen der Anlage auf 139 Mio. kWh pro Jahr gestiegen, womit die Produktion nochmals wesentlich gesteigert würde.[8]

Gegen den Bau dieses Ausleitkraftwerkes erhoben die Umweltverbände Einsprache, weil das Aareknie Wolfwil-Wynau seit 1996 im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung aufgeführt ist. Das Bundesgericht bewertete im Entscheid von 2003 die Schutzwürdigkeit der Landschaft höher als die Notwendigkeit, die Stromproduktion zu steigern. An dem änderte sich auch nichts, nachdem nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima manche Staaten den Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen. 2013 bewertete die BKW den Weiterausbau der Wasserkraft als unattraktiv wegen billig aus dem Ausland importiertem Ökostrom, sodass das 100 Mio. SFr.-Projekt nicht besonders aktiv weiterverfolgt wird.[9]

Verteilnetz

Von den Generatoren wurde eine Ausgangsspannung von 450 V bei einer Frequenz von 50 Hz erzeugt. Sie wurde für die Übertragung in die Ortsnetze von luftgekühlten Transformatoren auf 9 kV erhöht. In den Ortschaften wurde sie wieder heruntertransformiert, sodass Spannungen von 125 V, 220 V und 500 V zur Verfügung gestellt werden konnten.[6]

1943 versorgten die Elektrizitätswerke Wynau ein Gebiet von 494 km², das 62 Gemeinden mit im gesamten 71 000 Einwohnern umfasste. Die höchste abgegebene Leistung betrug 13,8 MW, der jährliche Energieverbrauch 13,8 GWh.[6]

Neben der allgemeinen Versorgung lieferte das Kraftwerk auch Gleichstrom für die 1200V-Fahrleitung der Langenthal-Jura-Bahn (LJB),[4] der mit einer Umformeranlage erzeugt wurde.

Weblinks

Commons: Kraftwerk Wynau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Kraftwerke Wynau und Schwarzhäusern. onyx Energie Mittelland, abgerufen am 16. Mai 2020.
  2. Nikiaus Baer: Energiereiche Vergangenheit. In: Siemens (Hrsg.): Monitor. Februar 2008, S. 23 (siemens.ch [PDF; abgerufen am 16. Mai 2020]).
  3. Walter Ryser: Einblicke in eine verborgene Energiewelt. In: Unter-Emmentaler. Abgerufen am 16. Mai 2020 (deutsch).
  4. a b c d W.E. Bossard: Die Wasserkräfte der Schweiz. Hrsg.: EDA, Abteilung für Wasserwirtschaft. 1. Januar 1914, S. 39 (admin.ch).
  5. R. Hofmann: Die Propeller-Turbinen des neuen Elektrizitätswerkes Wynau. 1924, S. 175, doi:10.5169/SEALS-82880.
  6. a b c d e f g Die Elektrizitätswerke Wynau. In: Berner Woche. Band 34, Nr. 51, 1944, doi:10.5169/SEALS-649623.
  7. Elektrizitätswerk Wynau der Elektrizitätswerke Wnyau A.-G. Langenthal - Werk I (rechtsufriges Werk). In: Schweizerischer Wasserwirtschaftsverband (Hrsg.): Führer durch die Schweizerische Wasserwirtschaft. Band 1, 1926, S. 554.
  8. IUB Engineering (Hrsg.): Neuanlage Kraftwerk Wynau. 1997 (engineering-group.ch [PDF]).
  9. Stefan Stöcklin: Energie: Der Stollen des Anstosses. In: Beobachter. 12. August 2013, abgerufen am 16. Mai 2020.

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Die quadratische Nationalfahne der Schweiz, in transparentem rechteckigem (2:3) Feld.
Wynau, Flusskraftwerk Com FC27-4923-003.jpg
(c) ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Fotograf: Comet Photo AG (Zürich) / Com_FC27-4923-003 / CC BY-SA 4.0
Blick in Richtung Westen. Links Kraftwerk Wynau neu gebaut 1992 bis 1996, rechts Kraftwerk Schwarzhäusern
Kraftwerke Wynau I, LBS MH03-1369 (cropped).tif
Blick in Richtung Westen. Kraftwerk Wynau I mit Wehr, in der Mitte des Wehrs der Grundablass, rechts die Flossrampe
Wynau-maschinensaal-1899-siemens.jpg
Maschinensaal des Krafterks Wynau mit vn Siemens & Halske gelieferter elektrischer Ausrüstung
Reliefkarte Bern blank.png
Autor/Urheber: Tschubby, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Reliefkarte des Kantons Bern
Kraftwerk Wynau 1996.jpg
(c) ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Fotograf: Comet Photo AG (Zürich) / Com_FC27-4923-003 / CC BY-SA 4.0
Kraftwerk Wynau I, neu gebautes Maschinenhaus mit neuem Stauwehr im Jahre 1996 in Betrieb genommen. Rechts ist noch die Hausecke des Kraftwerks Wynau II zu sehen. Blick nach Westen.
Kraftwerke bei Wynau LBS MH03-1369 (cropped).tif
Blick in Richtung Westen. Links Kraftwerk Wynau, rechts Kraftwerk Schwarzhäusern