Krösus

Krösus oder Kroisos (altgriechisch ΚροῖσοςKroísos, lateinisch Croesus; * um 590 v. Chr.; † um 541 v. Chr. oder später) war der letzte König des in Kleinasien gelegenen Lydiens. Er regierte von etwa 555 v. Chr. bis 541 v. Chr. und war vor allem für seinen Reichtum und seine Freigiebigkeit bekannt.

Quellenlage

Es gibt zahlreiche Angaben griechischer und lateinischer Autoren, die über Krösus geschrieben haben. Allerdings ist es sehr schwierig, den wahren Kern herauszuschälen und eine historisch zuverlässige Biografie des letzten Lydierherrschers zu rekonstruieren. Erwähnungen des Krösus in zeitgenössischen Quellen sind nicht bekannt. So kommt sein Name weder in den bis jetzt aufgetauchten Keilschrifttexten noch in den wenigen bekannten lydischen Inschriften vor. Im Jahr 2019 veröffentlichten David Sasseville und Katrin Euler eine Untersuchung von Münzen aus Lydien, die offenbar während seiner Herrschaft geprägt wurden, wobei der Name des Herrschers als Qλdãns wiedergegeben wurde.[1] Mögliche eigene Inschriften des Lyderkönigs stellen drei sehr stark verstümmelte griechische Berichte dar, die im Tempel der Artemis in Ephesos auf Säulenbasenscherben gefunden wurden.

Krösus auf dem Scheiterhaufen, Amphora des Myson, Paris, Louvre

Das älteste erhaltene Bildnis des Krösus, das ihn am Scheiterhaufen darstellt, befindet sich auf einer um 490 v. Chr. gefertigten Amphora des Myson. Das diesem ähnliche Motiv der „heroischen Selbstverbrennung“ findet sich auch in den 1896 entdeckten Gedichten des Bakchylides, deren Entstehung auf das Jahr 468 v. Chr. datiert wird, somit die älteste schriftliche Erwähnung des Krösus darstellend. Negativer wird der letzte Lyderkönig im ältesten erhalten gebliebenen Geschichtswerk, jenem des griechischen Historikers Herodot, charakterisiert, das die Hauptquelle sowohl für dessen Leben als auch generell die Geschichte Lydiens ist. Sodann wird Krösus in dem historisch kaum verwertbaren Werk Erziehung des Kyros (Κύρου παιδείαKýrou paideía, deutsch ‚Kyroupädie‘) des griechischen Geschichtsschreibers Xenophon erwähnt[2], sowie in einem erhaltenen, ebenfalls aussageschwachen Fragment der Persika (ΠερσικάPersiká) des Ktesias von Knidos.

Das wohl zuverlässige Werk des lydischen Historikers Xanthos, auf das sich möglicherweise zwei von Krösus handelnde Exzerpte aus der Weltgeschichte des Nikolaos von Damaskus stützen, ist verloren gegangen. Nikolaos verwendete als zusätzliche Quelle für seine Erzählung höchstwahrscheinlich Ktesias. Das über den Lyderkönig berichtende Fragment des Diodor geht wohl auf Ephoros zurück. Schließlich finden sich auch bei Plutarch, Iustinus und vielen späteren Autoren Erwähnungen.[3]

Herkunft und Familie

Krösus, der Mermnaden-Dynastie entstammend, war der älteste Sohn des Alyattes II., des vierten lydischen Königs dieses Geschlechts, und einer namentlich nicht bekannten Karerin. Alyattes hatte noch weitere Söhne mit anderen Frauen, so einen Pantaleon mit einer Ionierin unbekannten Namens.[4] Krösus hatte wohl auch einen Bruder namens Adramyttos, der die Stadt Adramytteion gegründet haben soll.[5] Von den zwei erwähnten Schwestern des Krösus wurde die eine, Aryenis, aufgrund eines Friedensvertrages zwischen Alyattes und Kyaxares II., dem Herrscher der Meder, die Gattin dessen Sohnes, des Astyages. Die andere, nicht namentlich erwähnte Schwester vermählte sich mit einem Melas, deren gemeinsamer Sohn Pindaros, der spätere Tyrann von Ephesos, war.[6]

Die griechischen Historiker erwähnen den Namen der Gattin des Krösus nicht, dennoch zumindest einen Sohn, der demnach Atys geheißen habe. Nicht namentlich angeführt wird ein zweiter, stummer oder taubstummer Sohn, der erst bei der drohenden Hinrichtung seines Vaters nach der Einnahme von Sardes durch die Perser zu sprechen angefangen habe.[7] Laut Xenophon hatte Krösus auch einige Töchter.[8]

Regierungszeit und Lebensdaten

Nach Herodots Angaben bestieg Krösus den Thron im Alter von 35 Jahren und regierte 14 Jahre und 14 Tage, ehe er durch den Perserkönig Kyros II. gestürzt wurde. Er soll begnadigt worden sein und sogar noch die Eroberung Ägyptens durch Kyros’ Sohn Kambyses II. erlebt haben.[9] Laut der Chronik des Eusebius von Caesarea herrschte Krösus 15 Jahre lang von 560 bis 546 v. Chr.[10] Das Ende des Lyderreichs setzen auch Diogenes Laertios, Hieronymus und Solinus in die 58. Olympiade (548 bis 545 v. Chr.),[11] wobei sich Diogenes Laertios auf Sosikrates von Rhodos beruft, während das Marmor Parium das Ende auf 541/540 v. Chr. datiert.

Der in den Nabonaid-Chroniken für das Jahr 547 v. Chr. erwähnte Feldzug des Kyros II. wurde früher meist auf Lydien bezogen, daher Krösus’ Sturz auf 547 v. Chr. datiert, doch wegen der Neulesung der Keilschrifttexte vertritt die moderne Forschung mittlerweile die Ansicht, dieser Eintrag der Chronik beziehe sich auf einen Krieg gegen Urartu, und Kyros II. sei erst später in Lydien eingefallen.[12] Nach diesem Befund wird, in Übereinstimmung mit der Angabe des Marmor Parium, Krösus’ Regierungsende auf das Jahr 541 v. Chr. datiert. Unter Berücksichtigung anderer, von Herodot und Eusebius gegebener Daten wurde Krösus um 591 v. Chr. geboren, regierte etwa 555 bis 541 v. Chr. und starb entweder im letztgenannten Jahre oder, Herodot zufolge, erst nach 526 v. Chr.

Krösus als Kronprinz

Gemäß dem Fragment des Nikolaos von Damaskus wurde Krösus vom Vater zum Statthalter von Adramytteion ernannt. Missgünstige diffamierten ihn dem Vater gegenüber. Um sich der angelasteten Schuldzuweisungen zu entledigen, plante er, sich eigenständig an einem Feldzug des Vaters gegen Karien zu beteiligen. Allerdings fehlten die dazu erforderlichen Geldmittel, die ihm der als reichster Lyder geltende Kaufmann namens Sadyattes vorstrecken mochte. Dieser wies das Gesuch äußerst unhöflich zurück. Dennoch kam Krösus zu beträchtlichen Geldsummen, übergeben durch einen ionischen Freund namens Pamphaes, der diese seinerseits vom vermögenden Vater Theocharides erhalten hatte. Mit dem dieserart angeworbenen Söldnerheer nahm er am Krieg gegen Karien teil. Dabei konnte er auch die Pläne seiner Verleumder vereiteln.[13]

Auch Herodot berichtet, dass es Versuche gab, Krösus seine Thronfolgerechte streitig zu machen. Ein von dem griechischen Historiker allgemein als Feind bezeichneter Mann soll bestrebt gewesen sein, dafür zu sorgen, dass Krösus’ Halbbruder Pantaleon dem Alyattes auf den Thron folgen würde.[14] Plutarch berichtet hingegen, dass die zweite Gattin des Alyattes dem Krösus nach dem Leben trachtete. Sie habe ihren Mordplan mit vergiftetem Brot realisieren wollen, der jedoch durch die Warnung einer Bäckerin vereitelt worden sei. Das für ihn bestimmte Brot soll Krösus nun den Kindern seiner Stiefmutter zum Verzehr gegeben haben.[15]

Häufig ist in der Forschung die Meinung anzutreffen, dass der von Herodot nicht namentlich genannte Feind des Krösus und der von Nikolaos von Damaskus angeführte Sadyattes identisch seien, da beide nach den Berichten der beiden erwähnten Historiker nach Krösus’ Thronbesteigung ähnliche Strafen erlitten. Laut Nikolaos von Damaskus wurde Sadyattes gänzlich enteignet; sein beschlagnahmtes Hab und Gut weihte Krösus der Artemis, während er seinen Helfer in der Not, Pamphaes, angeblich mit einer Wagenladung Goldes belohnte.[13] Eine ähnliche Handlung setzte Krösus laut Herodot gegenüber seinem Feind, indem er dessen Vermögen als Weihgeschenk der Artemis von Ephesos und den Branchiden darbrachte. Nach Herodot musste der Feind auch einen qualvollen Tod erleiden.[14] Plutarch erzählt, dass Krösus nach Übernahme der Herrschaft die ihm hilfreiche Bäckerin durch Anfertigung eines nach ihr gestalteten goldenen Bildes geehrt habe, und Herodot gibt an, ein solches, drei Ellen hohes Bild der Bäckerin in Delphi als Weihgabe des Krösus gesehen zu haben.[16]

Regierung

Ausdehnung des Herrschaftsgebietes Lydiens in der Mitte des 6. Jahrhunderts v. Chr. unter König Kroisus.[17] Die rote Grenzlinie zeigt eine leicht abweichende Fassung des rekonstruierten Grenzverlaufs.[18]

Als Alyattes starb, war Krösus vielleicht schon eine Weile dessen Mitregent gewesen und folgte ihm gemäß Alyattes’ Verfügung in der Herrschaft über Lydien nach. Er dehnte sein Reich durch Kriege stark aus und griff laut Herodot als erste griechische Stadt Ephesos an. Dort herrschte sein Neffe Pindaros als Tyrann. Dieser soll die Stadttore und -mauern durch Seile mit den Säulen des Artemistempels verbunden und so die Stadt unter die Obhut der Göttin Artemis gestellt haben. Da der Lyderherrscher diesem Tempel durch einen Eid verpflichtet war, ließ er Ephesos ungeschoren und schenkte der Stadt die Freiheit. Sein Neffe musste aber auf seinen Befehl auf die Peloponnes ins Exil gehen.[19]

Nach der Chronologie des Herodot unterjochte Krösus nach seinem Angriff auf Ephesos alle festländischen Städte der Ionier und Aioler. Danach ging er daran, den Schiffbau voranzutreiben, um auch die Inselgriechen unterwerfen zu können. Doch unterließ er dieses Vorhaben – angeblich auf den weisen Rat des Bias von Priene oder (chronologisch unmöglich) des Pittakos von Mitylene – und ging stattdessen mit den Inselgriechen einen Freundschaftsvertrag ein.[20] In der Folge machte sich Krösus die gesamte Westhälfte des kleinasiatischen Festlandes untertan. Sein Reich dehnte sich bis zum Fluss Halys aus, der in seinem Oberlauf bei Mazaka/Pteria (heute Kayseri) die Grenze zum von Astyages regierten Medien bildete. Unter seiner Herrschaft standen laut Herodot u. a. Phryger, Thraker, Bithyner, Karer, Ionier, Dorer, Aitoler und einige weitere Völkerschaften.[21] Kilikien und Lykien gehörten nicht zu seinem Reich.[22]

In der Kriegspraxis folgte Krösus alten Traditionen. So fanden Befragungen erprobter Orakel statt, und oft war der designierte Thronfolger der eigentliche Kriegsführer. Taktisch suchten die Lyder meist in offenen Feldschlachten den Sieg. Die Bestrafung von eingenommenen Städten war oft hart; manchmal folgte die Exilierung ihrer Einwohner und die Belegung der Stadt mit einem Fluch.[23] Die letztgenannte Maßnahme traf jedenfalls die Stadt Sidene am Granikos in Mysien. Denn dorthin war der Tyrann Glaukias geflohen, und Krösus ließ die Stadt nach ihrer Eroberung verwüsten und untersagte unter Ausstoßung von Verfluchungen, dass sie wiederhergestellt würde.[24] Im übrigen kennt man aber von den Feldzügen des Krösus nur wenige Details. Als Miltiades der Ältere von den Bewohnern von Lampsakos gefangen wurde, schüchterte sie der Lyderkönig derartig ein, dass sie Miltiades wieder in die Freiheit entließen.[25]

Krösus war der erste Monarch Kleinasiens, dem die dortigen Griechenstädte regelmäßig Steuern zahlen mussten. Vor seiner Zeit fanden nur Plünderungszüge und Tributeintreibungen statt.[26] Wahrscheinlich mussten die unterworfenen Länder auch Kontingente für Feldzüge der Lyder stellen. Nur Ephesos und Milet erhielten bessere Konditionen zugestanden; die Milesier waren sogar seine Bundesgenossen.[27] Ilische und ephesische Bevölkerungsteile wurden von den Hügeln in die Täler verpflanzt; unklar ist, ob diese Maßnahme freiwillig oder unter dem Druck von Krösus erfolgte.[28] Ansonsten scheint sich der Lyderkönig nicht weiter in die inneren Angelegenheiten der von ihm unterworfenen Länder eingemischt zu haben.

Auf religionspolitischem Gebiet war Krösus gegenüber den Tempeln der Artemis zu Ephesos und des Apollon zu Didyma sehr freigebig und stiftete auch großzügige Weihegeschenke nach Delphi. Das Artemision zu Ephesos durfte auch seinen altanatolischen Charakter bewahren.

Kampf gegen Kyros II. und Sturz

Erste militärische Konfrontation bei Pteria

Nachdem Kyros II. 550 v. Chr. das Lydien benachbarte Medien erobert hatte und weitere erfolgreiche Feldzüge durchführte, fühlte sich Krösus von dem übermächtig erscheinenden Perserkönig bedroht. Gleichzeitig wollte er sich für den Sturz seines Schwagers Astyages an den Persern rächen und auf Kosten ihres neugegründeten Reiches sein eigenes lydisches Territorium vergrößern. Diese drei Gründe nennt Herodot als hauptsächlichen Anlass für Krösus’ Kriegsinitiative gegen Kyros II.[29] Bevor er zu Felde zog, verbündete er sich mit Sparta, dem babylonischen König Nabonaid und Amasis von Ägypten.[30]

Allerdings musste Krösus gleich zu Anfang seines Unternehmens einen Rückschlag einstecken. Er hatte nämlich dem Eurybatos aus Ephesos eine große Geldsumme übergeben, um damit in der Peloponnes eine Söldnertruppe anzuheuern. Stattdessen überbrachte Eurybatos diese Schätze dem Perserkönig. Dennoch konnte auch der weise Rat des Lyders Sandanis Krösus nicht von seinem kriegerischen Vorhaben abhalten.[31] Bevor er aber seine Offensive startete, befragte er das Orakel von Delphi. Dieses lieferte ihm die zweideutige Weissagung:

„Wenn du den Halys überschreitest, wirst du ein großes Reich zerstören.“

Diese Prophezeiung soll der Lyderkönig in einem für ihn positiven Sinn aufgefasst haben und deshalb ermutigt gewesen sein, das benachbarte Perserreich anzugreifen. So überquerte er den Grenzfluss Halys und fiel in den 40er Jahren[32] des 6. Jahrhunderts v. Chr. in Kappadokien ein. Die Erzählung, dass Krösus die Flussüberschreitung nur gelungen sei, weil er auf den klugen Rat des Thales von Milet den Halys in einen mondförmig hinter dem lydischen Lagerplatz ausgeschaufelten Graben habe abfließen lassen, wurde schon vom Vater der Geschichtsschreibung als unglaubwürdig zurückgewiesen. Nach der Einnahme der Metropole Pteria verwüstete Krösus auch die benachbarten Orte und ließ die Einwohner als Sklaven wegschaffen.[33]

Kyros II. näherte sich aber alsbald mit einer starken Streitmacht dem Kriegsschauplatz. Er forderte die Ionier auf, von den Lydern abzufallen und zu ihm überzugehen. Doch die Griechen kamen diesem Befehl nicht nach; nur Milet verweigerte Krösus die Heeresfolge gegen die Perser und erhielt daher nach deren Sieg als einzige kleinasiatische Griechenstadt die gleichen günstigen Konditionen zugestanden, die sie vorher unter den Lydern genossen hatte.[34] Laut dem sizilianischen Historiker Diodor soll Kyros dagegen dem Krösus durch Herolde mitteilen haben lassen, dass er sich zu ihm begeben und die persische Oberhoheit anerkennen solle; dann würde er ihm vergeben und weiterhin als Statthalter von Lydien regieren lassen. Freilich habe sich der Lyderkönig geweigert, einer so entwürdigenden Forderung nachzukommen und mit einer dementsprechend verletzenden abschlägigen Antwort gekontert.[35]

Jedenfalls fand die erste militärische Konfrontation zwischen den beiden Königen bei Pteria statt. Auf beiden Seiten gab es viele Opfer, doch die Schlacht war noch unentschieden, als es schon dämmerte. Daher wurde sie vorerst beendet, doch soll sich Kyros am nächsten Tag nicht mehr zu einem weiteren Kampf gestellt haben. Allerdings dürfte der nun folgende Rückzug des Lyderkönigs nach Sardes eher die Folge einer Niederlage gewesen sein. Da er offenbar nicht mehr mit weiteren Kampfhandlungen in diesem Jahr rechnete, entließ er die fremden Truppen. Außerdem forderte er seine Verbündeten auf, ihm in fünf Monaten Verstärkungstruppen zu schicken, um mit dieser Unterstützung im nächsten Jahr die militärische Konfrontation mit Kyros erneuern zu können.[36]

Einnahme von Sardes

Doch Kyros zögerte nicht lange und zog mit seiner Armee in Eilmärschen hinter Krösus her. Da die Lyder gute Reiter waren und geschickt zu Pferde kämpften, schickte nun Krösus dem Perserheer lydische Kavallerieverbände entgegen. Auf den Rat seines medischen Feldherrn Harpagos soll Kyros aber Reiter auf Kamelen an die Spitze seiner Truppen gestellt haben, da Pferde den Kamelgeruch nicht ausstehen konnten. Mit dieser Kriegslist wurde die lydische Kavallerie vor den Stadttoren von Sardes geschlagen und die Perser schritten nun an die Belagerung der Stadt. Doch Krösus gelang es, noch einmal Boten mit der Bitte um Hilfstruppen zu seinen Verbündeten zu schicken.[37]

Laut Herodot wurde Sardes nach zweiwöchiger Belagerung von den Persern eingenommen. Gemäß diesem Historiker gelang die Eroberung durch einen Überraschungseffekt. Ein lydischer Soldat kletterte nämlich zur Zurückholung des ihm hinuntergefallenen Helms an einer für unersteigbar erachteten, steil abfallenden Seite des Burgfelsens hinunter und auch wieder hinauf. Diese Begebenheit beobachtete ein Marder namens Hyroiades und erklomm am nächsten Tag mit vielen weiteren beherzten Persern an derselben Stelle den Burgfelsen. So sei Sardes erobert worden.[38] Nur eine Umgestaltung dieses Berichts von Herodot stellt jener des Historikers Xenophon dar.[39] Dagegen weicht das erhaltene Fragment des Ktesias sehr stark von dieser Erzählung ab. Es berichtet, dass der Perserkönig angeblich einen Sohn des Krösus als Geisel bekam, ehe er Sardes eroberte. Da aber der Lyderkönig untreue Absichten gegenüber Kyros gehegt habe, soll der Perserkönig den Sohn des Krösus umbringen haben lassen, wobei dessen Eltern hätten zuschauen müssen. Dies habe seine Mutter nicht ausgehalten, sondern sei von der Stadtmauer hinabgesprungen. Die Perser hätten dann ihnen nachgebildete Holzpuppen an Stangen über die Mauerkrone von Sardes gehalten und damit Panik unter den Belagerten ausgelöst, so dass die Stadt auf diese Weise in die Hände von Kyros geriet.[40]

Das weitere Schicksal des Krösus

Das lydische Reich ging mit der Eroberung seiner Hauptstadt 541 v. Chr. zu Ende. Aufgrund der stark voneinander abweichenden Darstellungen der griechischen Historiker über das Schicksal des Krösus dürfte heute nicht mehr zweifelsfrei festgestellt werden können, ob er von Kyros amnestiert oder getötet wurde. Die letztere Variante berichtet Eusebius von Caesarea,[41] während Krösus nach den Angaben der anderen Autoren überlebte. Das zu Eusebius entgegengesetzte Extrem findet sich in der Darstellung von Xenophon: Bei der Gefangennahme des Krösus habe sich zwischen Kyros und dem Lyderkönig eine freundschaftliche Konversation entsponnen, und Krösus habe den Perserkönig künftig überallhin als Berater begleitet.[39]

Nach allen anderen Berichten außer Eusebius und Xenophon geriet Krösus nach der Eroberung von Sardes in Todesgefahr, aus der er durch das Eingreifen himmlischer Mächte befreit wurde. Der älteste erhaltene Gewährsmann Bakchylides berichtet, dass Krösus nach dem Fall von Sardes seine Selbstverbrennung gemeinsam mit seiner Familie geplant habe. Deshalb habe er sich mit Gattin und Töchtern auf einen vor seinem Palast erbauten Scheiterhaufen gestellt und zu den Göttern gefleht. Als aber ein Diener auf seinen Befehl das Feuer entfachte, habe es Zeus durch einen schnell einsetzenden Regen gelöscht und Krösus sei mit seiner Familie durch Apollon zu den Hyperboräern entrückt worden.[42] Diese Geschichte ist auf einem alten Vasenbild bildnerisch umgesetzt. Man sieht den prächtig geschmückten Krösus auf einem am oberen Ende eines Scheiterhaufens positionierten Sessel sitzen, während ein Diener offenbar das Holz mit einer Fackel entzündet.

Die Erzählung von Herodot lautet dahingehend, dass nach dem Fall der lydischen Hauptstadt ein persischer Soldat Krösus töten wollte, da er nicht wusste, um wen es sich handelte. Der bis dahin sprachunfähige Sohn des Krösus begann angesichts der drohenden Gefahr, in der sich sein Vater befand, plötzlich zu sprechen und bat den Soldaten um die Verschonung von Krösus. Der einstige lydische Herrscher wurde also nicht gleich getötet, sondern vor den siegreichen Perserkönig geführt, der aber den Befehl zu seiner Verbrennung gab. Auf dem Scheiterhaufen erinnerte sich Krösus an die Warnung des Solon, die der Weise einst bei einem Besuch an ihn gerichtet hatte: „Keiner ist vor seinem Tode glücklich zu preisen.“ Nun rief er dreimal den Namen des Weisen, was sich Kyros nicht erklären konnte. Er forderte von Krösus Aufklärung, der sich zuerst weigerte, dann aber doch von seiner früheren Begegnung mit Solon berichtete. Der Perserkönig zog daraufhin seinen Exekutionsbefehl reuig zurück, doch ließen sich die Flammen nicht mehr löschen. Nun flehte Krösus in seiner Not den von ihm sehr verehrten Gott Apollon an, der rasch einen Wetterumschwung von heiterem Himmel zu einem Platzregen bewirkte, so dass die Flammen erloschen. Der Lyderkönig durfte nun den Scheiterhaufen verlassen und gewann Kyros durch kluge Worte für sich.[43]

Diese Darstellung des Herodot war eine der Vorlagen für das erhaltene Fragment des Nikolaos von Damaskus, der aber aus einer anderen Quelle Ergänzungen mitteilt und generell die Handlung dramatischer gestaltet. So taucht bei ihm die weissagende Sibylle mit einer Warnung an die Perser auf sowie die Erwähnung des Verbots des persischen Propheten Zoroaster, durch Verbrennung von Menschen eine Verunreinigung des Feuers zu verursachen.[44] Ganz fabelhaft stellt sich der Bericht des Ktesias dar, in dem zwar kein Scheiterhaufen vorkommt, der aber von einer wundersamen, mehrmaligen Befreiung des Krösus von seinen Fesseln spricht, so dass ihn der Perserkönig schließlich amnestiert habe.[45]

Es liegen nur vereinzelte Informationen über Krösus’ weiteres Leben nach seiner angeblichen Begnadigung vor. Laut dem Bericht des Herodot begleitete Krösus den Perserkönig von seiner eroberten Residenz Sardes nach Ekbatana, als die Nachricht von der Rebellion des eben besiegten Lydien eintraf. In diesem Zusammenhang gab Krösus dem Kyros den Rat und die Bitte, den Lydern zu verzeihen und sie nur zu entwaffnen, aber nicht zu versklaven.[46] Unheilvoll für Kyros war dagegen Krösus’ Ratschlag, den Kampf gegen die Massagetenkönigin Tomyris in ihrem Lande zu führen, weil der Perserkönig 530 v. Chr. in diesem Krieg umkam. Lebend kamen aber aus diesem Feldzug Krösus und der zum Thronfolger ausersehene Kambyses II. davon, weil sie Kyros noch vor der für ihn tödlich verlaufenden Schlacht gegen Tomyris nach Persien heimgeschickt hatte.[47] Angeblich nahm Krösus auch noch 526 v. Chr. am siegreichen Feldzug des Kambyses gegen Ägypten teil und war bei der Eroberung von Memphis anwesend.[48] Als Kambyses später die anwesenden Perser nach einem Vergleich von ihm mit seinem Vater fragte, schmeichelten ihm seine Landsleute, doch Krösus bemerkte, dass ihm auf die Größe von Kyros noch ein Thronfolger (wie Kambyses) fehle; über diese Antwort soll sich der Perserkönig gefreut haben. Doch als Krösus das despotische Benehmen und einige Untaten des Kambyses rügte, wurde dieser zornig und wollte ihn mit dem Bogen erschießen. Doch dem einstigen Lyderkönig gelang die Flucht, und er wurde von einigen Dienern versteckt. Als Kambyses sich wieder nach Krösus sehnte, wurde ihm dessen Überleben mitgeteilt. Der Perserkönig freute sich zwar, ließ aber die Diener, die Krösus geholfen hatten, hinrichten.[49] Keine Angaben macht Herodot über die Todesumstände von Krösus.

Laut Ktesias wäre Krösus nach dem Willen des Kyros Herrscher der bedeutenden Stadt Barene, die unweit von Ekbatana lag, geworden.

Reichtum

Lydische Goldmünze des Krösus, etwa 550 v. Chr., British Museum, London

Neben seiner Niederlage gegen Kyros ist Krösus auch durch seinen sagenhaften Reichtum in die Geschichte eingegangen.[50] Seine Schätze bezog der Lyderkönig aus dem natürlichen Rohstoffreichtum Kleinasiens, vor allem das aus dem Fluss Paktolos und in den Bergwerken zwischen Atarneus und Pergamon gewonnene Gold. Die Tributzahlungen der eroberten griechischen Städte und die Steuerleistungen aus Handel und Wirtschaft stellten eine weitere Einnahmequelle dar.[51] Zwar war Krösus gemessen an der Zahl seiner Untertanen relativ reich, allerdings war sein Vermögen mit dem der persischen Könige nicht annähernd vergleichbar. Die Legende seines unermesslichen Reichtums lässt sich vielmehr auf die lydische Erfindung des gemünzten Geldes zurückführen, die wahrscheinlich unter der Regierungszeit seines Vaters Alyattes II. erfolgte. In der gesamten damals bekannten Welt verbreitet, erweckten die Elektronmünzen mit seinem Siegel, einem Stier und einem Löwen, den Eindruck großen Reichtums. Diese Goldprägungen wurden nach dem Lyderkönig als Kroiseios bezeichnet. Der in Sardes stehende prächtige Palast des Krösus war sehr bekannt; er wurde von den Einwohnern der Hauptstadt als Altersheim und Treffpunkt der Gerusia verwendet.[52]

Orakelbefragungen

Krösus suchte mit detektivischem Spürsinn herauszufinden, welche der damals bekanntesten Orakelstätten am besten weissagen konnten. Zu diesem Zweck sandte er Boten unter anderem nach Abai, Delphi, Dodona und zu Amphiaraos, aber auch zum nichtgriechischen Orakel des Ammon in Nordafrika. Seinen Abgesandten hatte Krösus aufgetragen, genau am hundertsten Tag nach ihrer Abreise die Frage zu stellen, womit er, der Lyderkönig, gerade beschäftigt sei. Nur die Pythia zu Delphi konnte die richtige Antwort erteilen, dass sich Krösus gerade eine Schildkröte und Lammfleisch in einem ehernen Kessel zubereitete. Auch der Orakelspruch des Amphiaraos, den Herodot nicht kannte, scheint Krösus zufriedengestellt zu haben; die anderen Sprüche waren offenbar gänzlich falsch.[53] Der Anlass für diese Prüfung soll darin gelegen haben, dass Krösus jenes Orakel, das sich bewähren sollte, nach seinen Aussichten für einen Sieg in einer militärischen Konfrontation gegen das aufstrebende Perserreich zu befragen beabsichtigte. Nachdem er reiche Geschenke übersandt hatte, ließ er dazu in Delphi und bei Amphiaraos nachfragen. Beide Orakel sollen die gleichen Prophezeiungen gegeben haben. Neben dem schon erwähnten, bekannten Spruch, dass er, wenn er den Halys überschreite, „ein großes Reich“ zerstören werde, erhielt Krösus auf die Frage, ob er sich einen Bündnispartner verschaffen solle, die Antwort, um die Freundschaft des mächtigsten unter den griechischen Völkern zu werben.[54] Während letztere Replik eine billige Weisheit auf eine überflüssige Frage darstellte, wurde die erste Aussage bereits im Altertum als Musterbeispiel irreführender Zweideutigkeit gewertet.[55]

Zwei weitere Orakelbefragungen durch Krösus werden von Herodot etwas ausführlicher geschildert. In einem Fall wollte er von der delphischen Pythia wissen, ob er noch lange als Herrscher am Thron sitzen werde. Sie antwortete angeblich, dass er, wenn einmal ein Maulesel der König der Meder würde, zum steinigen Hermos fliehen und nicht den Vorwurf der Feigheit fürchten solle.[56] Gemeint war aber mit dem Maulesel, was Krösus wohl nicht ahnen konnte, niemand anderer als Kyros II., der damals bereits (medischer und) persischer Herrscher war. Denn Kyros sei laut Herodot aus der Ehe der medischen Königstochter Mandane und des hierarchisch unter ihr stehenden Persers Kambyses hervorgegangen.

Die vierte von Herodot erwähnte Befragung des delphischen Orakels bezog sich auf die Stummheit von Krösus’ Sohn. Pythia soll geantwortet haben, dass sein Sohn erst an seinem unglücklichsten Tag reden werde.[57] Auch diese Prophezeiung soll in Erfüllung gegangen sein, als sich (s. o.) ein persischer Soldat nach der Einnahme der lydischen Hauptstadt in Tötungsabsicht auf Krösus stürzte. Damals rettete ihm angeblich sein Sohn mit der Bitte, seinen Vater nicht zu töten, das Leben.

Als Krösus dann in persische Gefangenschaft geraten, aber letztendlich von seinem Scheiterhaufen wieder heruntergeholt worden war, bat er Kyros angeblich, seine Fesseln nach Delphi schicken zu dürfen, um dem dort verehrten Gott wegen seiner irreführenden Prophezeiungen, die ihn erst in die Hand der Perser gebracht hätten, Vorwürfe zu machen. Doch die Pythia nahm ihren Gott in Schutz, indem sie vorbrachte, dass es dem fünften Nachkommen des Gyges bestimmt war, für dessen Mord an seinem Herrn zu büßen; dieser Nachkomme sei aber Krösus gewesen, und niemand könne seinem Schicksal entkommen. Immerhin habe der delphische Gott die Eroberung von Sardes noch drei Jahre über die bestimmte Zeit hinausschieben können. Außerdem machte Pythia geltend, dass Krösus den Sinn der vom Orakel verkündeten Weissagungen falsch aufgefasst habe. Mit dieser Argumentation soll der Ex-König überzeugt worden sein, dass er und nicht der delphische Gott sich im Unrecht befand.[58]

Auch Xenophon berichtet über Anfragen von Krösus an das Orakel zu Delphi. Als Kyros Auskunft darüber verlangte, bekannte Krösus laut Xenophon gleich, dass er allein schuld an seinem Unglück sei. Denn zuerst habe er sich durch eine abgeschmackte Prüfung – damit wird offensichtlich auf die von Herodot erwähnte Orakelfrage über das Zubereiten des Lamm- und Schildkrötenfleisches angespielt – den Zorn des Gottes zugezogen, so dass dieser keine Fragen mehr beantwortete. Durch teure Weihgaben habe er dann wieder das Wohlwollen des Orakels gewonnen, das ihm wahre Prophezeiungen zuteilwerden habe lassen, etwa, dass er Nachwuchs erhalten werde. Allerdings starb der eine Sohn namens Atys schon in jungen Jahren, und der andere konnte nicht sprechen. Traurig darüber habe er vom Orakel wissen wollen, wie er denn nun noch ein glückliches Leben führen könne. Die Antwort, dass er sich zuerst selbst erkennen müsse, habe er für leicht erfüllbar gehalten, doch seien alle seine weiteren Handlungen unglücklich verlaufen, da er eben die geforderte Selbsterkenntnis die ganze Zeit über nicht besessen, sondern erst jetzt erworben habe.[59]

Auch wenn die Berichte von Herodot und Xenophon ziemlich romanhaft anmuten, dürfte doch im Kern stimmen, dass Krösus öfters Orakelbefragungen vornahm. Laut dem Marmor Parium schickte er 555/554 v. Chr. Gesandte nach Delphi, und laut Eusebius von Caesarea testete er 550/549 v. Chr. die Orakelsprüche. Weil nach den Angaben von Herodot[60] ein von Krösus als Weihgeschenk gestifteter goldener Löwe beim Brand des Tempels zu Delphi (548 v. Chr.) beschädigt und daher an einem anderen Ort neu aufgestellt wurde, muss der Lyderkönig jedenfalls vor 548 v. Chr. mit seinen Fragen an Pythia begonnen haben.[61]

Krösus und Solon: Das Motiv der Hybris

Eine anekdotische Zuspitzung stellt Herodots Bericht über eine angebliche Unterhaltung zwischen Krösus und Solon anlässlich eines Aufenthaltes des Weisen beim Lyderkönig dar.

In dieser Erzählung wird Krösus als eitler Herrscher beschrieben, der seinen einfachen Gast respektvoll aufnimmt und bewirtet, dann aber durch seine prachtvollen Schatzkammern führt und ihn fragt, wen er nach seinen ausgedehnten Reisen für den glücklichsten Menschen halte. Er erwartet insgeheim, dass nun sein Name falle. Doch der Weise führt Tellos an, dessen Lebensgeschichte bis zu seinem Heldentod für Athen er kurz anreißt. Krösus fragt weiter und hofft, wenigstens nun genannt zu werden. Solon aber nennt an nächster Stelle die Brüder Kleobis und Biton, die den schweren Prozessionswagen ihrer Mutter als Priesterin der Hera mit eigener Körperkraft bis zum Tempel gezogen hätten, damit diese das Fest für die Göttin rechtzeitig eröffnen hätte können, und die – auf die Bitte der Mutter an Hera, ihre Kinder dafür zu belohnen – noch in der gleichen Nacht ruhmvoll entschlafen seien. Nun fragt Krösus seinen Gast, ob er denn sein eigenes Glück nicht einmal mit jenem dieser schlichten Leute als gleichwertig erachte. Solon führt aus, dass das Schicksal (die Tyche) launisch sei und er den König erst dann glücklich nennen könne, wenn dieser sein Leben auch so beschlossen habe. Es sei notwendig, das Ende abzuwarten, da viele Leute zuerst vom Glück begünstigt und am Schluss doch zu Grunde gerichtet worden wären. Krösus aber hält ihn für töricht und entlässt ihn ungehalten.[62]

Die von Herodot im weiteren Verlauf dargestellte Tragödie des Lyderkönigs ist – gemäß seinen Solon in den Mund gelegten Ausführungen – als eine Vergeltung (Nemesis) für seine Hybris zu verstehen. Auf Grund seiner Charakterschwächen – Eitelkeit und Verblendung – glaubt er, dass ihn allein sein Reichtum und seine Herrschaft glücklich machten und versteht nicht Solons Warnungen. Dann wird er von zahlreichen Schicksalsschlägen getroffen und deutet auf Grund seiner Verblendung auch den Spruch der Pythia falsch, so dass er zum verhängnisvollen Feldzug gegen Kyros verleitet wird. Erst als er dem Feuertod entgegensieht, kehrt die Warnung des Solon wieder in sein Gedächtnis zurück und sein Ausruf „O Solon, Solon!“ samt dem Bericht von dessen Warnung bewirkt seine Rettung. Künftig fungiert er nun selbst als weiser Berater des Perserkönigs.

In den ältesten Quellen – Bakchylides und Pindar[63] – war Krösus noch positiver als frommer Monarch gezeichnet worden, der nach seinem Sturz durch Selbstverbrennung einen heroischen Tod habe sterben wollen. Wahrscheinlich hatte es schon eine vor-herodoteische Kroisos-Tragödie seit Anfang des 5. Jahrhunderts v. Chr. gegeben.[64]

Plutarch berichtet zwar, dass manche Leute nicht glaubten, dass das Treffen zwischen Krösus und Solon tatsächlich stattgefunden habe; er selbst hielt es aber wie die meisten antiken Autoren für historisch. Er veränderte Herodots Bericht ein wenig und fügte die Gestalt des griechischen Fabeldichters Aisopos (Äsop) dazu, ohne dadurch die ursprüngliche Geschichte unkenntlich zu machen.[65]

Dass nicht nur Solon, sondern auch andere Angehörige der Sieben Weisen mit Krösus in Kontakt gestanden hätten, berichtete bereits Herodot, der Bias von Priene oder Pittakos von Mytilene sowie Thales von Milet namentlich anführt; es seien sogar alle damals lebenden griechischen Weisen bei verschiedenen Gelegenheiten nach Sardes gereist.[66] Nach Diodor hielten sich außer Solon am Hof von Krösus noch Anacharsis, Bias und Pittakos auf; sie alle wurden vom Lyderkönig sehr geachtet.[67] Da Krösus jedoch eitel auftrat und Schmeichler reichlich belohnte, die Weisen seine Fragen aber ehrlich und sachlich, ohne Lobhudelei, beantworteten, war er von ihnen schwer enttäuscht. Für einen Agon der Sieben Weisen soll der Lyderkönig eine goldene Phiale als Preis versprochen haben.[68] Zitiert werden auch drei angeblich von Solon, Pittakos und Anacharsis stammende, an Krösus gerichtete Briefe, die freilich sämtlich unecht sind.[69]

Metapher

In der deutschen Umgangssprache wird ein reicher, im Luxus lebender Mensch in der Anlehnung an das historische Vorbild als Krösus bezeichnet; daher stammt auch die Redewendung „Bin ich Krösus?“, mit der finanzielle Ansprüche abgewehrt werden sollen.

Künstlerische Umsetzungen

Claude Vignon: Krösus und Solon (c. 1634)

Reinhard Keiser brachte im Jahr 1710 eine Oper mit dem Titel Der hochmütige, gestürzte und wieder erhabene Croesus in der Oper am Gänsemarkt in Hamburg heraus; Gotthold Ephraim Lessing hat sie in seiner Hamburgischen Dramaturgie besprochen.

1779 wurde in Neapel die Oper Creso in Media des Mozart-Zeitgenossen Joseph Schuster (1748–1812) uraufgeführt. Die Handlung spielt während eines Feldzugs, den Krösus gegen die Perser in Medien führt.

Literatur

Weblinks

Commons: Krösus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Krösus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Anmerkungen

  1. Katrin Euler, David Sasseville: Die Identität des lydischen Qλdãns und seine kulturgeschichtlichen Folgen. In: Kadmos. 2019, Nr. 58, S. 125–156.
  2. Diese Schrift ist vom Genre her weniger als Geschichtsschreibung, vielmehr als Belehrung anhand der Geschichte verfasst (siehe auch: Fürstenspiegel, Politische Bildung).
  3. Franz Heinrich Weißbach: Kroisos. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Supplementband V, Stuttgart 1931, Sp. 455–472, hier: 456. Peter Högemann, Christiane Schmidt: Kroisos. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 6, Metzler, Stuttgart 1999, ISBN 3-476-01476-2, Sp. 858–860, hier: 859.
  4. Herodot, Historien 1,92; Nikolaos von Damaskus bei Felix Jacoby: Die Fragmente der griechischen Historiker (FGrH). Nr. 90, F 65; Plutarch, de Pythiae orac. 16
  5. Aristoteles bei Stephanos von Byzanz, Ethnika und Johannes Lydos, De mensibus 4,18
  6. Herodot, Historien 1,73f.; Aelianus, Varia historia 3,26
  7. Herodot, Historien 1,34; 1,85; Cicero, de divinatione 1,121; Plinius der Ältere, Naturgeschichte 11,270; u. a.
  8. Xenophon, Erziehung des Kyros 7,2,26
  9. Herodot, Historien 1,26; 1,86; 3,34
  10. Eusebius von Caesarea, Chronik 32f., 151 und 188f. ed. Karst.
  11. Diogenes Laertios, Über Leben und Lehren berühmter Philosophen 1,38; Hieronymus, Chronik 1,102f.; 2,203; 2,299 ed. Helm; Solinus, collectanea rerum memorabilium 1,112
  12. Diese Lesung bildet die neue Grundlage aller zukünftigen Auswertungen in Robert Rollinger: The Median ‘Empire’, the End of Urartu and Cyrus the Great’s Campaign in 547 BC (Nabonidus Chronicle II 16). In: Proceedings of the 1st International Conference on Ancient Cultural Relations between Iran and West-Asia. Teheran 2004, S. 5–6 doi:10.2143/AWE.7.0.2033252.
  13. a b Nikolaos von Damaskus, FGrH 90 F 65
  14. a b Herodot, Historien 1,92
  15. Plutarch, de Pythiae orac. 16
  16. Herodot, Historien 1,51; Plutarch, de Pythiae orac. 16
  17. Lydian Period. ( 900 – 547 BCE.). Thracian Ltd, 3. April 2011, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 25. August 2011; abgerufen am 22. August 2011 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ancientanatolia.com
  18. Tore Kjeilen: Lydia. LookLex Encyclopaedia, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 29. August 2011; abgerufen am 22. August 2011 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/i-cias.com
  19. Herodot, Historien 1,26; Polyainos, Strategika 6,50; Aelianus, varia historia 3,26
  20. Herodot, Historien 1,27; Polyainos, Strategika 1,26
  21. Herodot, Historien 1,28
  22. Herodot, Historien 1,28; Strabon, Geographika 12,1,3
  23. Herodot, Historien 1,76; Strabo, Geographika 13,1,42
  24. Strabo, Geographika 13,1,11; 13,1,42
  25. Herodot, Historien 6,37
  26. Herodot, Historien 1,6; 1,27
  27. Herodot, Historien 1,22; 1,141
  28. Strabo, Geographika 13,1,25; 14,1,21. Die Verlegung von Siedlungen in Fluchtpositionen in den Bergen war bei Piratengefahr die ganze Antike über anzutreffen, ebenso wie die Rückkehr in die Nähe der Anbaugebiete, wenn diese Drohung wegfiel.
  29. Herodot, Historien 1,46; 1,73; 1,75
  30. Herodot, Historien 1,6; 1,69; 1,77
  31. Herodot, Historien 1,71
  32. Josef Wiesehöfer: Die Geschichte Irans von den Achaimeniden bis in frühislamische Zeit. In: Wilfried Seipel (Hrsg.): 7000 Jahre persische Kunst. Meisterwerke aus dem Iranischen Nationalmuseum in Teheran: Eine Ausstellung des Kunsthistorischen Museums Wien und des Iranischen Nationalmuseums in Teheran. Kunsthistorisches Museum, Wien 2001, ISBN 3-85497-018-8, S. 54–74, hier: S. 55.
  33. Herodot, Historien 1,75–76
  34. Herodot, Historien 1,76; 1,141; Diogenes Laertios, Über Leben und Lehren berühmter Philosophen 1,25
  35. Diodor, Bibliotheke 9,31,4
  36. Herodot, Historien 1,76–77
  37. Herodot, Historien 1,79–81
  38. Herodot, Historien 1,84
  39. a b Xenophon, Erziehung des Kyros 7,2
  40. Ktesias, Persica Fragment 23
  41. Eusebius von Caesarea, Chronik 33 ed. Karst.
  42. Bakchylides 3,23–62
  43. Herodot, Historien 1,85–91; danach Diodor, Bibliotheke 9,34; Plutarch, Solon 28
  44. Nikolaos von Damaskus, FGrH 90 F 68
  45. Ktesias, Persika Fragment 23
  46. Herodot, Historien 1,153; 1,155–156
  47. Herodot, Historien 1,207–208
  48. Herodot, Historien 3,14
  49. Herodot, Historien 3,34; 3,36
  50. Herodot, Historien 1,30 und 32 sowie viele weitere Quellen
  51. Strabo, Geographika 13,4,5; 14,5,28; u. a.
  52. Vitruv, Zehn Bücher über Architektur 2,9; Plinius der Ältere, Naturgeschichte 35,172
  53. Herodot, Historien 1,46–49
  54. Herodot, Historien 1,53
  55. Aristoteles, rhetorica 3,5,4; Cicero, de divinatione 2,115; u. a.
  56. Herodot, Historien 1,55
  57. Herodot, Historien 1,85
  58. Herodot, Historien 1,90–91
  59. Xenophon, Erziehung des Kyros 7,2,15 ff.
  60. Herodot, Historien 1,50
  61. F. H. Weissbach: Kroisos. In: RE. Supplementband V, Sp. 470.
  62. Herodot, Historien 1,29–33
  63. Pindar, Pythische Oden 1,94
  64. Franz Heinrich Weißbach: Kroisos. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Supplementband V, Stuttgart 1931, Sp. 455–472, hier: 471. Peter Högemann, Christiane Schmidt: Kroisos. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 6, Metzler, Stuttgart 1999, ISBN 3-476-01476-2, Sp. 858–860, hier: 859.
  65. Plutarch, Solon 27–28
  66. Herodot, Historien 1,27; 1,29; 1,75
  67. Diodor, Bibliotheke 9,26–28
  68. Plutarch, Solon 4,7; Diogenes Laertios, Über Leben und Lehren berühmter Philosophen 1,30
  69. Diogenes Laertios, Über Leben und Lehren berühmter Philosophen 1,67; 1,81; 1,105
VorgängerAmtNachfolger
Alyattes II.König von Lydien
555–541 v. Chr.

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Kroisos stake Louvre G197.jpg
Croesus at the stake. Side A from an Attic red-figure amphora, ca. 500–490 BC. From en:Vulci.
British Museum gold coin of Croesus.jpg
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Gold coin of Croesus, Lydian, around 550 BC, from modern Turkey.
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Der Rand des braunen Gebiet ist die Grenze von Lydien in der Mitte des 6. Jahrhunderts v. Chr.. Die rote Grenzlinie zeigt eine leicht geänderte Fassung des Grenzverlaufs.