Kränzlin

Kränzlin
Koordinaten: 52° 55′ 41″ N, 12° 44′ 41″ O
Höhe: 45 m
Einwohner:405 (2006)
Eingemeindung:30. Dezember 1997
Postleitzahl:16818
Ruine der Dorfkirche

Kränzlin ist ein Dorf in Brandenburg auf der Ruppiner Platte ungefähr fünf Kilometer westlich von Neuruppin und hat etwa 405 Einwohner (2006). Es gehört zur Gemeinde Märkisch Linden.

Geschichte

Die erste urkundliche Erwähnung der Siedlung stammt aus 1291 als Krencelin. Der Name leitet sich von dem Personennamen Kranschela ab.[1] Um 1490 war Kränzlin ein Teil der im Kern reichsunmittelbaren Herrschaft Ruppin unter der Landesherrschaft der Grafen von Lindow-Ruppin.

„Wie beinah alle Güter im Ruppinschen, bestand auch Kränzlin aus einer ganzen Anzahl von Rittersitzen, und in den Jahrzehnten, die dem Dreißigjährigen Kriege vorausgingen, waren hier vier Familien ansässig: die von Leeste, von der Gröben, von Gühlen und von Fratz.“[2] Theodor Fontane fasst in einem Satz zusammen, was die Geschichte Kränzlins über Jahrhunderte bestimmt hat: die Landwirtschaft, zumal die der Rittergüter, auf denen sich die Landarbeiter verdingten. Im Jahre 1800 lebten in Kränzlin die Familien von neun Ganzbauern, sechs Halbbauern, fünf Kossäten, 33 Einliegern, fünf Handwerker, zwei Wirtsleuten und einem Förster.[3] Bis 1849 gehörte Kränzlin zum Patrimonialgericht Neuruppin.[3]

Kränzlin blieb viele Jahrhunderte ein Gutsdorf, aufgeteilt auf mehrere Rittergüter, um 1857 in Matrikeln dargestellt, Kraenzlin (damalige Schreibweise), Hr. von Ziet(h)en auf Radowitz, Kraenzlin, Hr. (Hermann)[4] Scherz.[5] Die Familie des preußischen Ökonomie-Rats[6] Ernst Hermann Scherz war gut situiert[7] und anerkannt, und so heiratete die Tochter Hedwig 1869 den später noch in den Freiherrenstand nobilitierten Oberstleutnant Hugo Otto Ewald von Eberstein.[8] Beide Kränzliner Gutsfamilien entsendeten zur Erbhuldigung des preußischen Königs 1840 Vertreter.[9]

Auf beiden Gütern wurden um 1875 Branntweinbrennereien[10] betrieben und behielten gleichberechtigt den Status eines kreistagsfähigen Rittergutes. Kränzlin I blieb größtenteils in adeliger Hand, zuletzt lange dem briefadeligen Teil der Familie von Zieten-Wildberg-Radewitz, von Ziethen genannt. Hauptmann Hans Karl Ludwig von Ziethen (1808–1866) wurde 1838 als bereits 1816 legitimierter[11] Sohn des Balthasar Joachim von Zieten-Wildberg in den preußischen Adelsstand erhoben und ehelichte im gleichen Jahr Mathilde von Ramin. Auch besaß er mehrere Besitzungen, die später auf die Nachfahren aufgeteilt wurden. Sein Sohn Viktor Wilhelm Hans von Ziethen war mit Cäcilie Gräfin Zieten verheiratet und lebte als Witwer in Berlin. Der Oberst war Ehrenritter des Johanniterordens und stiftete zur Erbregelung für Kränzlin einen Familienfideikommiss, diesen erbte sein Sohn Hans-Viktor, Jg. 1870.[12] Kurz vor der großen Wirtschaftskrise gehörte Kränzlin I mit 459 ha Viktor von Ziethen mit Wohnsitz in Berlin. Dieses Rittergut Kränzlin I war an Dr. Christoph Ohly[13] verpachtet. Familie Ohly hatte nach Unterlagen aus dem Brandenburgischen Landeshauptarchiv mit Kreditbelastungen zu tun und beantragte 1938 weitere Darlehen zum Bau von vier Werkwohnungen.[14]

Besitzer von Kränzlin II mit Rittergut Söffin II samt 434 ha war die Familie Scherz, schon in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Erich Scherz sen., Jg. 1864, erlernte nach dem Abitur die Landwirtschaft.[15] Erich Scherz[16] junior (* 28. Mai 1899; † N. N.), SA-Sturmführer und ab dem 1. Mai 1933 Mitglied Nr. 2.629.684 der NSDAP.[17] Rittmeister a. D. Scherz ließ sein Gut ebenfalls teilweise verpachtet, respektive durch Inspektoren leiten.[18] Für das Rittergut der Familie Scherz lag seit 1924 und bis 1947 führend eine Kreditakte vor.[19]

In den Jahren 1942 bis 1944 starben hier mindestens vier polnische Männer, die als Zwangsarbeiter in der Landwirtschaft eingesetzt waren. Die Gräber der betroffenen waren bereits 1970 auf dem hiesigen Friedhof nicht mehr auffindbar, dafür jedoch das Grab eines weiteren Polen aus dem Jahre 1941. Dieses ist jedoch heute ebenfalls nicht mehr zu sehen.[20]

1946 wurde der Rittergutsbesitz enteignet und an 119 Neubauern verteilt.[21] Bereits 1953 mussten diese ihr Land wieder abtreten und in eine LPG einbringen.[3]

Kränzlin schloss sich am 30. Dezember 1997 freiwillig mit weiteren selbständigen Gemeinden zur Gemeinde Märkisch Linden zusammen.[22]

Bevölkerungsentwicklung

Die höchste Einwohnerzahl hatte Kränzlin nach dem Zweiten Weltkrieg infolge der Aufnahme von Flüchtlingen und Vertriebenen vor allem aus Hinterpommern, West- und Ostpreußen und Schlesien.[3]

JahrEinwohner
1766278
1800304
1840448
1895564
1925481
1939468
1946728
1964571
2006450

Sehenswürdigkeiten

Dorfkirche

Eines der wenigen Wahrzeichen des Dorfes, die Kirche, wurde zu DDR-Zeiten stark beschädigt und seit der Deutschen Wiedervereinigung wieder teilweise instand gesetzt. Der Verein zur Förderung der Erhaltung und Wiederherstellung der Kirche in Kränzlin e. V. hat dazu einen wesentlichen Beitrag geleistet. So haben die Vereinsmitglieder die Erhaltung der Kirche unterstützt und tatkräftig mitgeholfen, die mittelalterliche Feldsteinkirche zu erhalten.

Neben der Kirche befindet sich das Pfarrhaus, in dem Karl Friedrich Schinkel ein und aus ging, da seine ältere Schwester Sophie Eleonore Elisabeth mit dem hier von 1793 bis 1806 wirkenden Pfarrer Gotthilf Friedrich Tobias Wagner verheiratet war.[2]

In seinem Buch „Norden“ beschreibt Louis-Ferdinand Céline diesen Ort und seine Einwohner. In den apokalyptischen Zuständen des Kriegsjahres 1944 werden alle gesellschaftlichen Schichten (Adel, Bürger, Bauern) als egoistisch und dekadent beschrieben.[23] Célines anarchistisches Welt- und Menschenbild lässt die Einwohner von Kränzlin und Neuruppin in dieser Zeit alles andere als gut wegkommen.[24]

Literatur

  • Lieselott Enders: Kränzlin. In: Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil II: Ruppin. Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1970, S. 131–134 (= Veröffentlichungen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs, Band 7). 2. Auflage: Klaus D. Becker, Potsdam 2011, ISBN 978-3-941919-79-2.
  • Louis Ferdinand Céline: Norden. Roman („Nord“). Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1985, ISBN 978-3-499-15499-7 (übersetzt von Werner Bökenkamp).
  • Oliver Hermann, Edzard Rust: Kränzlin. In: Peter Michael Hahn, Hellmut Lorenz: Herrenhäuser in Brandenburg und der Niederlausitz. Nicolaische Verlagsbuchhandlung Beuermann, Berlin 2000, ISBN 978-3-87584-024-7 S. 314–316; gesamt 2 Bände: Einführung und Katalog. Kommentierte Neuausgabe des Ansichtenwerks von Alexander Duncker (1857–1883), 856 S., 275 farbige, 825 SW-Abb.

Weblinks

Commons: Kränzlin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Theodor Fontane: Notizbücher. Genetisch-kritische und kommentierte Edition. Hrsg. von Gabriele Radecke. Göttingen 2018; Notizbuch A1: Kränzlin

Einzelnachweise

  1. Märkische Oderzeitung. Frankfurt/Oder vom 11. August 2006, S. 8.
  2. a b Theodor Fontane: Kränzlin. In: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Band 1: Die Grafschaft Ruppin. Abschnitt Auf dem Plateau.
  3. a b c d Lieselott Enders: Kränzlin. In: Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Weimar 1970, Teil II: Ruppin, S. 132–133.
  4. Jahresbericht über das Städtische Gymnasium und die Vorschule zu Spandow. 1871. D., Chronik der Schule. Druck von E. Hopf Spandau, Spandow 1871, S. 26 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 22. Juli 2022]).
  5. Hand-Matrikel der in sämmtlichen Kreisen des Preussischen Staats auf Kreis- und Landtagen vertretenen Rittergüter. 1857. In: Karl Friedrich Rauer (Hrsg.): Vorgänger der GAB. 1. Auflage. Provinz Brandenburg, Kreis Ruppin. Selbstverlag, Berlin 1857, S. 72 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 22. Juli 2022]).
  6. Louis Ferdinand Freiherr von Eberstein (Hrsg.): Entwurf einer zusammenhängenden Stammreihe des fränkischen Geschlechts Eberstein von den in den ältesten Urkunden erscheinenden Vorvätern an bis zur Gegenwart. 3. Auflage. Karl Friedrich August von Eberstein, k. pr. Generalmajor z. D., 14. Sohn Hugo. Wilhelm Baensch, Berlin 1887, S. 98–99 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 22. Juli 2022]).
  7. Kurt Winkelsesser: 2. Brandenburgisches Geschlechterbuch. In: Bernhard Koerner (Hrsg.): Deutsches Geschlechterbuch. Genealogisches Handbuch bürgerlicher Familien. Reprint erschienen Auflage. Band 150, Scherz. C. A. Starke, Limburg an der Lahn 1969, ISBN 978-3-7980-0150-3, S. 365–373 (google.de [abgerufen am 22. Juli 2022]).
  8. Marcelli Janecki (Hrsg.): Handbuch des preußischen Adels. 1893. Band 2, von Eberstein. Ernst Siegfried Mittler und Sohn, Berlin 1893, S. 197–198 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 22. Juli 2022]).
  9. Karl Streckfuß: Der Preussens Huldigungsfest, nach amtlichen und andern sichern Nachrichten. 1840. Beilage H., I. Aus der Provinz Brandenburg. d. Ritterschaft. Enslin’sche Buchhandlung (Ferd. Müller), E. H. Schroeder, Berlin 1840, S. 49 (google.de [abgerufen am 23. Juli 2022]).
  10. M. Stern: Adressbuch der Gruben, Hütten, Maschinenfabriken, mechan. Werkstätten und techn. Bureaux in Deutschland und der oest.-ung. Monarchie. 1876. C. Verzeichnis der Branntweinbrennereien und Spiritusfabriken. Königreich Preussen. A. Provinz Brandenburg, Reg. - Bezirk Potsdam. Haupt-Bezirk Neu-Ruppin. Bezirk: Neu-Ruppin. Kränzlin. F. Lorber, Leipzig 1876, S. 192 (google.de [abgerufen am 23. Juli 2022]).
  11. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Briefadeligen Häuser. 1913. In: "Der Gotha". 7. Auflage. Ziethen, Stammreihe. Justus Perthes, Gotha November 1912, S. 893 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 22. Juli 2022]).
  12. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser. 1900. In: "Der Gotha". 1. Auflage. Zieten, Ast Radewitz. Haus Radewitz (Ziethen). Justus Perthes, Gotha 10. Januar 1900, S. 948–949 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 22. Juli 2022]).
  13. Amtsblatt für den Regierungsbezirk Potsdam 1928. In: Königlichen Regierung in Potsdam (Hrsg.): Öffentliche Bekanntmachungen. Ausgabe B ohne Anzeiger, 12. 1928. 204. Großbetrieb. 29. A. W. Hayns Erben, Potsdam 24. März 1928, S. 63 (google.de [abgerufen am 23. Juli 2022]).
  14. BLHA (Hrsg.): Darlehen für Mathilde von Reuter und Dr. Chr. Ohly zum Bau von vier Werkwohnungen auf Rittergut Kränzlin, Grundbuch der Rittergüter Band 7, Bl. 29; 1938-1944 (Akte). Rep., 2A I SW 2914. Eigenverlag, Kränzlin, Potsdam 1944, S. 1 f. (brandenburg.de [abgerufen am 22. Juli 2022]).
  15. Otto Heine: Ritter-Akademie zu Brandenburg. XXX. Zu der am 22. März 1886 vormittags um 10 Uhr in der Aula der Ritter-Akademie stattfindenden Feier des Allerhöchsten Geburtstages Seiner Majestät des Kaisers und Königs ladet mit Bericht über das Schuljahr von Ostern 1885 bis Ostern 1886 ehrerbietigst und ergbenst ein, der Direktor. 1886. Progr. No. 66/68 Auflage. IV. Statistische Mitteilungen. C. Abiturienten, Nr. 4. Druck Gustav Matthes, Brandenburg a. d. Havel 27. Oktober 1887, S. 17 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 22. Juli 2022]).
  16. Ritterakademie zu Brandenburg (Havel). LIX. Bericht über das Schuljahr von Ostern 1914 bis Ostern 1915. 1915. Progr. Nr. 89 Auflage. D. Schülerverzeichnis nach der Buchstabenfolge. (Schuljahr 1914/15), Obertertia. 14. Ad. Alterthum, Brandenburg (Havel) 15. März 1915, S. 17 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 22. Juli 2022]).
  17. Kai Krüger: Wirtschaftswunder und Mangelwirtschaft Zur Produktion einer Erfolgsgeschichte in der deutschen Geschichtskultur. Transcript Verlag, Bielefeld 2020, ISBN 978-3-8394-5219-6, S. 224.
  18. Ernst Seyfert, Hans Wehner, Alexander Haußknecht: Niekammer`Landwirtschaftliche Güter-Adreßbücher, VII, Provinz Brandenburg. 1929. Verzeichnis der Rittergüter, Güter und Höfe über 20 ha, nach amtlichen Angaben. In: Niekammer (Hrsg.): Letzte Ausgabe der Reihe Niekammer. 4. Auflage. Niekammer Adressbuch G.m.b.H., Leipzig 1929, S. 101 (martin-opitz-bibliothek.de [abgerufen am 23. Juli 2022]).
  19. BLHA (Hrsg.): Kreditakte für das Rittergut Kränzlin, Grundbuch der Rittergüter des Kreises Ruppin, Band 3, Bl. 8, später Band 7, Bl. 33 \ Eigentümer: Scherz, Erich; 1924-1947 (Akte). Rep., 53A ML Kredit 933. Eigenverlag, Kränzlin, Potsdam 1947, S. 1 f. (brandenburg.de [abgerufen am 22. Juli 2022]).
  20. Regina Scheer: Der Umgang mit den Denkmälern. Eine Recherche in Brandenburg. (PDF; 1,5 MB) (Nicht mehr online verfügbar.) Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung und Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, 2003, archiviert vom Original am 2. Dezember 2007; abgerufen am 13. Oktober 2013.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.politische-bildung-brandenburg.de
  21. Dietrich Zühlke: Ruppiner Land. Ergebnisse der heimatkundlichen Bestandsaufnahme in den Gebieten von Zühlen, Dierberg, Neuruppin und Lindow. Akademie-Verlag, Berlin 1981. S. 109.
  22. Änderungen bei den Gemeinden, siehe 1997. StBA.
  23. Merlin Thomas: Louis-Ferdinand Céline. New Directions, New York 1980, ISBN 0-8112-0754-4, S. 210.
  24. Lucette Destouches, Veronique Robert: Mein Leben mit Céline („Céline secret“). Piper, München 2003, ISBN 978-3-492-04420-2. (übersetzt von Carina von Enzenberg).

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