Kosmodrom Plessezk

Koordinaten: 62° 55′ 12″ N, 40° 28′ 1″ O

Karte: Europa
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Kosmodrom Plessezk
(c) Mil.ru, CC BY 4.0
Das Kosmodrom im Jahr 2015
Eine Zyklon-3-Rakete startet in Plessezk, 15. August 1991

Das Kosmodrom Plessezk (russisch Космодро́м «Плесе́цк», auch Plesezk oder Plesetsk transkribiert) ist ein Weltraumbahnhof in der Oblast Archangelsk im Nordwesten Russlands. Neben Tests von Interkontinentalraketen ist Plessezk besonders auf den Start von Satelliten auf polare und Molnija- Orbits spezialisiert.

Lage

Das Kosmodrom befindet sich etwa 800 Kilometer nördlich von Moskau und 180 Kilometer südlich der Oblasthauptstadt Archangelsk inmitten borealer Nadelwälder (Taiga). Das Kosmodrom liegt im Plessezki rajon innerhalb des Stadtkreises Mirny (gorodskoi okrug Mirny). Etwa 20 Kilometer südwestlich des Kosmodroms befindet sich mit der Geschlossenen Stadt Mirny das administrative Zentrum des Stadtkreises. Die namensgebende Siedlung städtischen Typs Plessezk liegt wie Mirny südlich des Kosmodroms, an der Bahnstrecke Wologda – Archangelsk.

Geschichte

Das Kosmodrom Plessezk wurde Ende der 1950er Jahre zunächst als Basis Angara für militärische Interkontinentalraketen eingerichtet. Zunächst war dort eine Einheit des ersten Raketentyps R-7 stationiert.

Mit dem Start einer Rakete vom Typ Wostok-2 am 17. März 1966[1] nahm das Plessezker Kosmodrom den Betrieb auf. Es diente seitdem hauptsächlich dem Start militärischer Satelliten, wie Aufklärungssatelliten. Daneben werden von Plessezk zivile Satelliten auf polare Umlaufbahnen gestartet. Bemannte Raketenstarts wurden von Plessezk nicht durchgeführt.

Von Plessezk wurden die meisten russischen Satelliten gestartet. Auch eine Startrampe für die im Juli beziehungsweise Dezember 2014 erstmals gestarteten Angara-Raketen wurde errichtet.

Am 22. Juli 2015 wurde das Kosmodrom Plessezk mit dem Suworow-Orden ausgezeichnet.[2]

Startanlagen

Am Kosmodrom Plessezk wurden oder werden folgende Startplätze für orbitale Trägerraketen genutzt. Die erste Zahl bezeichnet dabei jeweils einen Startkomplex und die zweite eine dort befindliche Startrampe.[3]

RampeRaketeNutzungszeitraumAnmerkungen
16/2Molnija
Sojus-U
1981–2007
1983–2012
32/1
32/2
Zyklon-31981–2009
35/1Angara 1.2
Angara A5
seit 2014
seit 2014
aktiv
41/1
43/3
43/4
R-7A
Wostok
Woschod
Sojus-M
Molnija
Sojus-U
Sojus-2.1
1965–1967
1966–1983
1966–1975
1971
1970–2001
1973–2002
seit 2010

43/3 aktiv
43/4 aktiv
132/1
132/2
Kosmos 3M1967–2010
133/1Kosmos 2I1967–2002
133/3Kosmos 3M
Rockot
1985–1994
2002–2019
158Start1993–1995

Darüber hinaus bestehen diverse Startplätze für Interkontinentalraketen.

Raketenstarts

Unglücksfälle

  • Am 26. Juni 1973 kamen bei der Explosion einer startklaren Kosmos-3M-Rakete neun Personen ums Leben.
  • Am 18. März 1980 starben bei der Explosion einer Wostok-2M-Rakete 48 Menschen. Eine Erste Investigation schob die Schuld für dieses Unglück auf unverantwortlichen Umgang der Bodenmannschaft mit Flüssigsauerstoff, jedoch lieferte eine zweite Untersuchung zutage, das die wahre Ursache des Desasters vermutlich war, das bei der Herstellung der dritten Raketenstufe bleihaltiges Lot anstelle von zinnhaltigem in einem Filter des Wasserstoffperoxidtanks verwendet wurde. Das Blei des Lötmittels fungierte als Katalysator für den Zerfall des Wasserstoffperoxids, welches zuerst einen Brand auslöste, der schließlich zur Explosion der Rakete und der vollständigen Zerstörung der Startrampe führte. Sowjetische Medien vertuschten den Vorfall und meldeten den erfolgreichen Start der Rakete. In westlichen Medien wurde die Katastrophe überhaupt erst nach Fall des Eisernen Vorhangs durch deklassifiziertes Material bekannt.
  • Am 15. Oktober 2002 explodierte eine Sojus-U-Rakete Sekunden nach dem Start. In einem benachbarten Gebäude wurde ein Soldat durch die Druckwelle getötet.
  • Am 9. November 2013 wurden durch einen Unfall beim Reinigen eines mit Distickstofftetroxid gefüllten Kraftstofftanks zwei Soldaten getötet und drei weitere verletzt.[4][5]

Nutzung durch ESA

Die ESA-Satelliten Sentinel-3A (2016), Sentinel-5P (2017) und Sentinel-3B (2018) wurden im Rahmen des Erdbeobachtungsprogramms GMES mit Rockot-Trägerraketen von Plessezk aus gestartet.

Stadt Mirny

Im Zuge des Baus des Kosmodroms entstand die nahegelegene Stadt Mirny, als Wohnort für die militärischen und zivilen Bediensteten. In den Wäldern nördlich des Kosmodroms gingen derart zahlreich Raketenstufen nieder, dass sie in den 1990er-Jahren, als die staatliche Überwachung des Gebietes nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion kaum noch zu spüren war, oft von den Jägern unter den Einwohnern des Gebietes zwecks Verwertung des Schrotts eingesammelt wurden. Für den Selbstgebrauch stellten sie daraus Schlitten und Boote her, den Rest konnten sie gegen gutes Geld verkaufen.[6]

Weblinks

Commons: Plessezk – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Краткая информация о космодроме "Плесецк". Kosmodrom Plessezk, abgerufen am 9. September 2019.
  2. Министр обороны России вручил орден Суворова коллективу космодрома Плесецк, function.mil.ru (russisch)
  3. Kosmodrom Plessezk in der Encyclopedia Astronautica (englisch)
  4. Soldaten ersticken auf Weltraumbahnhof – Abgerufen am: 9. April 2016
  5. Lenta.ru: По факту гибели военных на космодроме Плесецк завели дело. Lenta.ru, abgerufen am 13. November 2013
  6. Raketensammler im hohen Norden, dekoder.org, 1. November 2018

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1-й Государственный испытательный космодром Министерства обороны Российской Федерации
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