Kosinussatz
Der Kosinussatz ist einer der fundamentalen Lehrsätze der Geometrie und hier dem Gebiet der Trigonometrie zugehörig. Er ist eng verwandt mit dem Satz des Pythagoras.
Für ebene Dreiecke ist der Kosinussatz sehr einfach zu formulieren, für sphärische benötigt er sechs Winkelfunktionen. In beiden Fällen beinhaltet er drei Identitätsgleichungen, welche die Beziehungen zwischen den Längen der Seiten von Dreiecken und den Kosinuswerten ihrer Winkel darstellen.
Kosinussatz für ebene Dreiecke
Allgemeine Formulierung

Für die drei Seiten , und eines Dreiecks sowie für den der Seite gegenüberliegenden Winkel (d. h. den zwischen den Seiten und liegenden Winkel) gilt:
Umkehrung für den Winkel:
Die beiden anderen Kosinus-Gleichungen:
Gegeben seien die Seiten und sowie der von ihnen eingeschlossene Winkel , dann gilt für die dem Winkel gegenüberliegende Seite :
Gegeben seien die Seiten und sowie der von ihnen eingeschlossene Winkel , dann gilt für die dem Winkel gegenüberliegende Seite :
Die Umkehrungen für die beiden anderen Winkel lauten:
Gleichwertige Formulierung
Die zuvor genannten drei Identitätsgleichungen sind ihrerseits Folgerungen aus den folgenden drei Kosinusformeln und im Rahmen der Trigonometrie der euklidischen Ebene sogar gleichwertig mit[2][3]
Man fasst diese Formeln unter dem Stichwort Projektionssatz[4] oder Projektionssätze[2] zusammen.[5]
Der Satz des Pythagoras als Spezialfall des Kosinussatzes
Mit , also bei einem rechtwinkligen Dreieck, gilt . Dadurch ergibt sich als Spezialfall des Kosinussatzes im rechtwinkligen Dreieck der Satz des Pythagoras:
Der Kosinussatz stellt daher eine Verallgemeinerung des Satzes von Pythagoras dar und wird auch erweiterter Satz des Pythagoras genannt.
Kosinussatz für Kugeldreiecke
Beim sphärischen Kosinussatz für Kugeldreiecke ist die Länge der Dreiecksseiten im Winkelmaß anzugeben, weshalb statt einer Winkelfunktion deren sechs auftreten. Das Analogon zum ebenen Satz
lautet daher
- ,
wobei die Umkehr des Vorzeichens zu beachten ist. Diesem Seiten-Kosinussatz (hier für c, analog für die Seiten a bzw. b) steht der Winkel-Kosinussatz gegenüber:
- ,
worin das erste Vorzeichen negativ ist.
Anwendungen
Zahlenbeispiel
In einem Dreieck sind folgende Seitengrößen bekannt (Bezeichnungen wie üblich):
Gesucht ist die Winkelgröße (Bezeichnungen wie üblich).
Kongruenzsätze
Die Kongruenzsätze SSS und SWS besagen, dass ein Dreieck durch die Vorgabe von drei Seiten oder von zwei Seiten und dem eingeschlossenen Winkel vollständig bestimmt ist. Alternativ kann man auch jeweils zwei Vektoren angeben, aus denen der eingeschlossene Winkel berechnet werden kann. Der Kosinussatz erlaubt es in diesen Fällen, aus den drei gegebenen Stücken ein viertes Stück, nämlich einen Winkel (im Fall SSS) beziehungsweise die dritte Seite (im Fall SWS) zu berechnen. Wenn man anschließend auch die übrigen Winkel eines Dreiecks ermitteln möchte, kann man wahlweise nochmal den Kosinussatz (mit auf den gesuchten Winkel angepassten Seitenbezeichnungen) oder den Sinussatz anwenden. Den letzten Winkel berechnet man am zweckmäßigsten über die Winkelsumme von 180°.
Wenn nur eine Seite und zwei Winkel gegeben sind (Kongruenzsätze SWW oder WSW) oder zwei Seiten und der Gegenwinkel der größeren Seite (Kongruenzsatz SsW), so berechnet man zunächst eines der fehlenden Stücke mit dem Sinussatz und den fehlenden Winkel über die Winkelsumme, bevor man mit dem Kosinussatz die dritte Seite bestimmen kann.
Verallgemeinerung

Mit Vektoren in reellen Skalarprodukträumen, also Vektorräumen mit Skalarprodukt , kann auch der Kosinussatz leicht verallgemeinert werden. Bezeichnet
die Skalarproduktnorm, also die Länge eines Vektors und mit
den Winkel zwischen den beiden Vektoren , dann gilt für die Norm des Vektors :
Beweis
Elementargeometrischer Beweis
Im folgenden Beweis wird vorausgesetzt. Für muss der Beweis geringfügig modifiziert werden. Für ergibt sich der Kosinussatz direkt aus dem Satz des Pythagoras.

In den Teildreiecken soll der Satz des Pythagoras angewandt werden, um einen Rechenausdruck für zu finden. Dazu benötigt man die Quadrate der Kathetenlängen dieses Teildreiecks:
- (Satz des Pythagoras für das rechte Teildreieck)
- (binomische Formel)
Nach Pythagoras gilt für das linke Teildreieck:
Es müssen also die beiden oben gefundenen Rechenausdrücke addiert werden:
Zusätzlich gilt
mit der Folgerung
- .
Einsetzen dieses Zwischenergebnisses in die Gleichung für ergibt die Behauptung:
Trigonometrischer Beweis
Variante 1

Zeichnet man das Lot auf der Seite ein (Figur 1), dann wird diese in zwei Abschnitte geteilt und es gilt:
Multiplikation mit ergibt
Analog erhält man für die beiden anderen Seiten die Gleichungen
Addiert man diese beiden Gleichungen, dann folgt daraus
Weil die rechte Seite der letzten Gleichung und die rechte Seite von übereinstimmen, kann man die beiden linken Seiten gleichsetzen:
Variante 2

Hier ist der Rechenaufwand geringer, da die benötigten Informationen großenteils in die Beweisfigur (Figur 2) verlagert sind.
Nach dem Sehnensatz ergibt sich folgende Äquivalenzkette:[6]
Beweis mittels des Satz des Ptolemäus

Das Dreieck mit den Seitenlängen , und wird seinem Umkreis einbeschrieben (Figur 3). Wird das Dreieck an der Mittelsenkrechten zu gespiegelt, dann ist das gespiegelte Dreieck kongruent zum Dreieck und hat denselben Umkreis, denn der Umkreismittelpunkt liegt auf der Mittelsenkrechten. Der Punkt liegt also auch auf diesem Umkreis. Weil die Dreiecke und kongruent sind, gilt und . Ist der Lotfußpunkt von auf die Seite und der Lotfußpunkt von auf die Seite , dann sind die Höhen und gleich lang und die rechtwinkligen Dreiecke und sind nach dem Kongruenzsatz SSW kongruent. Es gilt also . Daraus folgt
Die Punkte , , und bilden ein Sehnenviereck zum gegebenen Umkreis. Nun folgt der Kosinussatz aus dem Satz des Ptolemäus für das Sehnenviereck :
Beweis mittels Vektorrechnung

Für ein Dreieck mit Winkel in definiert man die folgenden Vektoren:
- .
Damit gilt für die drei Vektoren die Beziehung und für die Seitenlängen des Dreieck gilt:
Mit den Rechenregeln für das Skalarprodukt und seiner geometrischen Definition erhält man dann:[7]
Siehe auch
- Sinussatz
- Tangenssatz
- Geometrie auf der Kugeloberfläche
- Dschamschid Masʿud al-Kaschi
- Formelsammlung Trigonometrie
Literatur
- Ilka Agricola, Thomas Friedrich: Elementargeometrie. Fachwissen für Studium und Mathematikunterricht (= Studium). 4., überarbeitete Auflage. Springer Spektrum, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-658-06730-4, doi:10.1007/978-3-658-06731-1.
- Heinrich Behnke, Friedrich Bachmann, Kuno Fladt, Wilhelm Süss (Hrsg.): Grundzüge der Mathematik. Band II. Geometrie. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1960.
- I. N. Bronstein, K. A. Semendjajev, G. Musiol, H. Mühlig (Hrsg.): Taschenbuch der Mathematik. 7., vollständig überarbeitete und ergänzte Auflage. Verlag Harri Deutsch, Frankfurt am Main 2008, ISBN 978-3-8171-2007-9.
- Hanfried Lenz: Grundlagen der Elementarmathematik. 3., überarbeitete Auflage. Hanser Verlag, München (u. a.) 1976, ISBN 3-446-12160-9.
- Manfred Leppig (Hrsg.): Lernstufen Mathematik. 1. Auflage. Girardet, Essen 1981, ISBN 3-7736-2005-5, S. 192–193.
Weblinks
- Kosinussatz – Illustration und Beweis auf www.arndt-bruenner.de
- Herleitung des Kosinussatzes sowie Anwendung (Video)
- Law of Cosines – 2 Beweise auf proofwiki.org (englisch)
Einzelnachweise
- ↑ Beweis siehe auch: Wikibooks-Beweisarchiv
- ↑ a b Helmuth Gericke, F. Raith: Vektoren und Trigonometrie. in: H. Behnke et al.: Grundzüge der Mathematik. Band II. Geometrie., 1960, S. 266 ff
- ↑ Hanfried Lenz: Grundlagen der Elementarmathematik., 1976, S. 236
- ↑ I. N. Bronstein, K. A. Semendjajev et al.: Taschenbuch der Mathematik. 2008, S. 146
- ↑ Als Folgerung aus dem Projektionssatz ergibt sich noch eine weitere interessante Kosinusformel; siehe Beweisarchiv.
- ↑ Roger B. Nelsen: Beweise ohne Worte, Deutschsprachige Ausgabe herausgegeben von Nicola Oswald, Springer Spektrum, Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016, ISBN 978-3-662-50330-0, Seite 41
- ↑ Steffen Goebbels, Stefan Ritter: Mathematik verstehen und anwenden. 3. Auflage. Springer, Berlin, Heidelberg 2018, ISBN 978-3-662-57393-8, S. 439.
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Law of cosines
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Dreieck mit Höhe und markierten Strecken . Der Winkel ist auch eingezeichnet.
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generalized law oosines
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illustration for a vector proof of the cosine law
Diagram used in a proof of the Law of cosines using Ptolemy's theorem
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Dreieck mit beschrifteten Eckpunkten, Seiten und Winkeln.