Koronarangiographie

Darstellung der Herzkranzgefäße mittels Kontrastmittel – dargestellt ist die linke Koronararterie mit ihren zwei Hauptästen: im Anfangsbereich der nach unten abzweigende Ramus circumflexus (RCX); in Fortsetzung des Hauptstamms der Ramus interventricularis anterior (RIVA), der in dieser Abbildung zwei kaliberstarke Diagonaläste abgibt.
Diese Koronarangiographie zeigt Einengungen der linken Koronararterie (Arteria coronaria sinistra), daneben Drahtschlingen einer Cerclage nach vorangegangener Sternotomie[1]
Angiographie der rechten Koronararterie (RCA) vor (links) und nach einer Koronarangioplastie (PTCA)

Die Koronarangiographie ist eine Angiographie der Herzkranzgefäße und damit eine spezielle Form der Röntgenuntersuchung, bei der die Koronararterien abgebildet werden. Sie wird im Rahmen einer Herzkatheteruntersuchung durchgeführt. Röntgenstrahlen machen ein Röntgenkontrastmittel, das in die Lumina der Herzkranzgefäße über einen Herzkatheter injiziert wird, sichtbar. Dokumentiert werden die Aufnahmen heute auf digitalen Speichermedien und nur noch selten als Film- oder Videomaterial.

Indikation

Diese Form der Angiographie dient zur Diagnostik der Gestalt der Herzkranzgefäße, insbesondere zur Lokalisierung von Stenosen (Verengungen) der Koronararterien sowie deren Einschätzung nach Art und Ausmaß. Koronarstenosen können in derselben Sitzung mit einem Ballonkatheter aufgedehnt werden (Perkutane transluminale coronare Angioplastie, PTCA) und mit Hilfe eines eingesetzten Stents dauerhaft offen gehalten werden. Über eine Füllung des linken Herzens mit Kontrastmittel lassen sich Störungen des Kontraktionsablaufs des Herzens unter Durchleuchtung sichtbar machen (Lävokardiographie).

Die diagnostische Koronarangiographie ist bei Patienten angezeigt,

  • die ein akutes Koronarsyndrom entwickelt haben
  • die unter medikamentöser Therapie eine anhaltende höhergradige Angina Pectoris (CCS Klasse III und IV) aufweisen
  • mit krankhaftem Ergebnis der nichtinvasiven Untersuchungen, unabhängig von der Schwere der Angina Pectoris
  • die einen plötzlichen Herzstillstand oder lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen (ventrikuläre Arrhythmie) überlebt haben
  • mit Symptomen einer chronischen Herzinsuffizienz.

Beurteilung

Zur Beschreibung einer Engstelle wird die Einengung des Gefäßdurchmessers (Stenosegrad), die Morphologie der Enge sowie der noch bestehende Fluss verwendet.

Stenosegrad

Das Ausmaß einer Stenose wird angegeben als der durch die Verengung verlorene Anteil des ursprünglichen Lumens. Prozentangaben beziehen sich dabei zumeist auf den Gefäßdurchmesser, nicht auf die Querschnittsfläche des Gefäßes. Eine Verringerung des Durchmessers um 75 % bedeutet, dass die als lichte Weite des durchströmten Restlumens gemessene Strecke noch 25 % des ehemaligen Durchmessers beträgt. Dem entspricht in Bezug auf die Querschnittsfläche eine Einengung auf rund 6 %. Nach Empfehlung der American Heart Association werden für die Schweregrade üblicherweise folgende Einteilungen verwendet:[2]

Grad[3]StenoseBeschreibung
DurchmesserQuerschnitt (Fläche)
0< 25 %< 44 %Konturunregelmäßigkeiten, diffuse Koronarsklerose
I25 – 50 %45 – 75 %geringgradige oder unterkritische Stenose
II50 – 75 %75 – 94 %mittelgradige Stenose
III75 – 90 % und > 90 %94 – 99 % und > 99 %hochgradige oder kritische Stenose
IV100 %kompletter Verschluss

Stenosemorphologie

Entsprechend Empfehlung der ACC/AHA wird folgende Klassifikation zur Beschreibung von Engstellen verwendet[4][2]:

Stenose-TypBeschreibung
Akonzentrisch, kurzstreckig (≤ 1 cm), gut erreichbar, gerades Gefäßsegment, regelmäßige Kontur, wenig kalzifiziert
Bexzentrische, längerstreckig oder tubulär (1–2 cm), mittelgradig anguliert (45–90°), im Bereich eines Ostiums, eines Seitenastes oder einer Gefäßaufzweigung (Bifurkation), mittel- bis schwer kalzifiziert, Thrombus.
B1 = 1 Kriterium erfüllt; B2 = 2 oder mehr Kriterien erfüllt
Cdiffuse Läsion, langstreckig (> 2 cm) ausgeprägt geschlängeltes Gefäß, extrem anguliertes Segment (>90°), ohne Schutzmöglichkeit eines bedeutsamen Seitenastes, degenerierter Venenbypass
C1 = 1 Kriterium erfüllt; C2 = 2 oder mehr Kriterien erfüllt

Koronarfluss (TIMI-Klassifikation)

Nach der Thrombolysis in myocardial Infarction-Klassifikation (TIMI) wird semiquantitativ der Koronarfluss im Umfeld eines Gefäßverschlusses bzw. einer Enge (Stenose) beschrieben.[4]

TIMI-FlussBeschreibung
0kein antegrader Fluss distal des Verschlusses
1Kontrastmittel lässt sich distal darstellen, füllt jedoch nicht das gesamte Gefäßbett
2Kontrastmittel füllt distal das gesamte Gefäß aus, An- und Abstrom sind jedoch verzögert
3normaler Fluss

Risiken und Komplikationen

Hauptartikel: Risiken und Komplikationen der Herzkatheteruntersuchung

Die Risiken einer Koronarangiographie sind insgesamt als mäßig zu bezeichnen. Eine Risikozunahme entsteht insbesondere durch Fettleibigkeit, eine eingeschränkte Nierenfunktion und eine generalisierte Arteriosklerose. Die häufigste, in den meisten Fällen gut beherrschbare, Komplikation ist eine Einblutung an der Punktionsstelle. Im Weiteren können Probleme durch das verwendete iodhaltige Kontrastmittel auftreten (z. B. Nierenschäden, allergische Reaktionen, Entgleisungen einer Schilddrüsenüberfunktion, vorübergehende neurologische Symptome). In seltenen Fällen kann es auch zu Einrissen der Herzkranzgefäße mit lebensbedrohlichen Einblutungen in den Herzbeutel (Perikardtamponade) und zu Herzinfarkten kommen. Auch Schlaganfälle kommen in sehr seltenen Fällen vor.

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. M. A. Pantaleo, A. Mandrioli u. a.: Development of coronary artery stenosis in a patient with metastatic renal cell carcinoma treated with sorafenib. (PDF; 333 kB) In: BMC Cancer. 2012, 12:231 doi:10.1186/1471-2407-12-231 (Open Access)
  2. a b Krakau, I. / Lapp, H. (Hrsg.): Das Herzkatheterbuch - Diagnostische und interventionelle Kathetertechnik. 2. Auflage. Thieme, Stuttgart, New York 2005, ISBN 3-13-112412-1, S. 171–173 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Harrison (Hrsg.): Innere Medizin. 16. Auflage. 2005.
  4. a b Mewis, Riessen, Spyridopoulos (Hrsg.): Kardiologie compact - Alles für Station und Facharztprüfung. 2. Auflage. Thieme, Stuttgart, New York 2006, ISBN 3-13-130742-0, S. 116–117 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).

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(c) Bleiglass at the English Wikipedia, CC BY-SA 3.0
Coronary angiogram, showing the circulation in the left main coronary artery and its branches
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Scan von 2 Videoprints einer selbst durchgeführten Prozedur
Angiography coronary stenosis 01.jpg
Autor/Urheber:

Maria A Pantaleo, Anna Mandrioli, Maristella Saponara, Margherita Nannini, Giovanna Erente, Cristian Lolli and Guido Biasco : Development of coronary artery stenosis in a patient with metastatic renal cell carcinoma treated with sorafenib. BMC Cancer, 2012, 12:231 doi:10.1186/1471-2407-12-231

Published: 11 June 2012, Lizenz: CC BY 2.0
Coronary angiography of a critical sub-occlusion of the common trunk of the left coronary artery and the circumflex artery. (See arrows)