Konziliarismus

Der Konziliarismus (auch konziliare Theorie oder konziliare Bewegung) besagt, dass die Entscheidungen der Konzilien unter bestimmten Voraussetzungen höchste Autorität beanspruchen können, der sich selbst ein Papst beugen müsse. Als Bedingung dafür galt, dass ein Konzil formal korrekt einberufen sein und die ganze Christenheit repräsentieren musste.

Der Konziliarismus entstand im Spätmittelalter und war dem Problem des Großen Abendländischen Schismas geschuldet. Die Via concilii erwies sich als der einzige Weg, die geteilte Christenheit wieder unter einem Papst zu vereinen. Das Konzil von Konstanz legte zu diesem Zweck seine eigene Machtbefugnis im Dekret Haec sancta fest. Ein weiteres Dekret Frequens schrieb die regelmäßige Einberufung von Generalkonzilien in der Zukunft vor.

Innerhalb der katholischen Kirche wurde der Konziliarismus vom Konzil von Konstanz (1414–1418) und in seiner Nachfolge vom Konzil von Basel (1431–1449) vertreten, vom fünften Laterankonzil (1512–1517) jedoch wieder zugunsten des päpstlichen Primats abgelehnt. Bereits Pius II. hatte am 18. Januar 1460 die Bulle Execrabilis verfügt, die eine Appellation an ein allgemeines Konzil gegen den Papst mit der Strafe der Exkommunikation belegte. Damit hatte er dem Konziliarismus ein wichtiges Instrument aus der Hand genommen.

Wichtige Theologen des mittelalterlichen Konziliarismus waren Konrad von Gelnhausen, Heinrich von Langenstein und Jean Gerson. Entscheidenden Einfluss auf die konziliaristische Theorie hatten auch Johannes von Paris, Marsilius von Padua und Wilhelm von Ockham.

Literatur

  • Georg Kreuzer: Die konziliare Idee. In: Iring Fetscher, Herfried Münkler (Hrsg.): Pipers Handbuch der politischen Ideen. Band 2: Mittelalter. Von den Anfängen des Islams bis zur Reformation. Piper, München u. a. 1993, ISBN 3-492-02952-3, S. 447–465.
  • Jürgen Miethke: Konziliarismus. In: Karl-Heinz Braun, Mathias Herweg, Hans W. Hubert, Joachim Schneider, Thomas Zotz (Hgg.): Das Konstanzer Konzil. Essays. 1414 – 1418. Weltereignis des Mittelalters. Theiss Verlag, Darmstadt 2013, ISBN 978-3-8062-2849-6, S. 77–81.
  • Heribert Müller (Hg.): Das Ende des konziliaren Zeitalters (1440–1450). Versuch einer Bilanz (= Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien, Bd. 86). Oldenbourg, München 2012, ISBN 978-3-486-71421-0 (Digitalisat).
  • Hermann Josef Sieben: Die katholische Konzilsidee des lateinischen Mittelalters. Schöningh, Paderborn u. a. 1984, ISBN 3-506-74722-3 (Konziliengeschichte. Reihe B: Untersuchungen).
  • Hermann Josef Sieben: Die katholische Konzilsidee von der Reformation bis zur Aufklärung. Schöningh, Paderborn u. a. 1988, ISBN 3-506-74724-X (Konziliengeschichte. Reihe B: Untersuchungen).
  • Hermann Josef Sieben: Die Konzilsidee im 19. und 20. Jahrhundert. Schöningh, Paderborn u. a. 1993, ISBN 3-506-74725-8 (Konziliengeschichte. Reihe B: Untersuchungen).
  • Hermann Josef Sieben: Vom Apostelkonzil zum Ersten Vatikanum. Studien zur Geschichte der Konzilsidee. Schöningh, Paderborn u. a. 1996, ISBN 3-506-74726-6 (Konziliengeschichte. Reihe B: Untersuchungen).
  • Smolinsky, Heribert: Konziliarismus. In: Lexikon für Theologie und Kirche (LThK). 3. Auflage. 2006. Bd. 6, Sp. 349–351.
  • Ernst Werner: Jan Hus. Welt und Umwelt eines Prager Frühreformators. Böhlau, Weimar 1991, ISBN 3-7400-0129-1 (Forschungen zur mittelalterlichen Geschichte 34).