Kongress für die Republik (Tunesien)

المؤتمر من أجل الجمهورية
Kongress für die Republik
General­sekretärImed Daïmi
Ehren­vorsitzenderMohamed Chakroun; Moncef Marzouki
Gründung25. Juli 2001[1]
Verbot: 2002[2]
Zulassung: 8. März 2011[1]
Haupt­sitz45 Ali Darghouth, 1000 Tunis
Aus­richtungMitte-links, liberal, säkular, sozialdemokratisch, arabisch-nationalistisch
Farbe(n)Grün, Rot
Parlamentssitze
4/217
(Stand: 2014)
Websitewww.cpr.tn
mottamar.com

Der Kongress für die Republik (arabisch المؤتمر من أجل الجمهورية, DMG al-Muʾtamar min aǧl al-Ǧumhūriyya; französisch Congrès pour la République, Kürzel CPR), kurz bezeichnet als al-Mottamar (‚der Kongress‘) oder „Kongresspartei“, ist eine linksliberale[3] und säkulare politische Partei in Tunesien.

Der CPR wurde am 25. Juli 2001 gegründet[1] und bereits im Jahre 2002 wieder verboten.[2] Am 8. März 2011 wurde die Partei nach der Jasminrevolution wieder zugelassen. Sie wurde von ihrer Gründung an von Moncef Marzouki geführt,[1][4] bis dieser im Dezember 2011 Interims-Staatspräsident Tunesiens wurde. Er ist nun Ehrenvorsitzender der Partei.

Die Ideologie des CPR beruht auf Sozialdemokratie,[5] Liberalismus[6][7] und linkem arabischem Nationalismus.[8][9] Sie wird als säkulare Partei[10][11] und im politischen Spektrum links der Mitte eingeordnet.[9][10][12] Die Parteifarben des CPR sind Grün und Rot.

Das Motto des Kongresses für die Republik lautet Souveränität des Volkes, Würde des Bürgers, Legitimität des Staates (السيادة للشعب، الكرامة للمواطن، الشرعية للدولة,[13] „Souveraineté du peuple, Dignité du citoyen, Légitimité de l’État“).[14] Die Parteizeitung des CPR ist Tunisie Avenir.

Geschichte

Gründung 2001

Moncef Marzouki, Parteigründer und -chef, 2001–2011

Die Gründung des Kongresses für die Republik erfolgte offiziell am 25. Juli 2001,[15] die Erklärung wurde von 31 Personen, darunter der Arzt, Medizinprofessor und Menschenrechtsaktivist Moncef Marzouki als Präsident, Naziha Réjiba (Oum Ziad) als Generalsekretärin, Abderraouf Ayadi als Vizepräsident, Samir Ben Amor als Schatzmeister und Mohamed Chakroun als Ehrenpräsident verkündet.[1]

Der Kongress für die Republik erklärte, dass er auf die Errichtung der ersten demokratisch-republikanischen Regierungsform in Tunesien abziele – unter Einführung der Redefreiheit, der Koalitions- und Vereinigungsfreiheit sowie der Abhaltung von freien und gerechten Wahlen. Dies solle durch nationale und internationale Beobachter, die alle Ebenen des Wahlprozesses überprüfen können, garantiert werden.[15] Der Kongress für die Republik rief auch zur Verabschiedung einer neuen Verfassung, zu einer strikten Trennung der verschiedenen Gewalten, zur Achtung und Garantierung der Menschenrechte, zu Geschlechtergleichheit sowie zur Errichtung eines Verfassungsgerichts zum Schutz individueller und kollektiver Rechte auf.[15] Zudem forderte der CPR die Einhaltung der tunesischen Verpflichtungen gegenüber der Europäischen Union, andererseits rief er auch zur nationalen Selbstbestimmung der Tunesier sowie des palästinensischen Volkes auf.[15]

Illegale Opposition, 2002–2011

Der CPR war ein ideologisch heterogener Zusammenschluss von Gegnern der Regierung Zine El Abidine Ben Ali, dem neben Sozialdemokraten und arabischen Nationalisten auch radikale Linke und Islamisten angehörten.[16]

Im Jahre 2002 wurde daher der Kongress für die Republik verboten.[2] Der Präsident des CPR, Marzouki, floh ins Exil nach Paris.[17] Allerdings führte die Partei ihre Tätigkeiten fort und existierte de facto als Partei für Auslandstunesier in Frankreich bis 2011.[2]

Nach der Revolution 2011

Nach der Absetzung von Präsident Ben Ali durch den geschäftsführenden Präsidenten Fouad Mebazaâ während der Proteste in Tunesien 2010 kündigte der Präsident des CPR Moncef Marzouki an, dass er nach Tunesien zurückkehren werde und ein Kandidat bei den nächsten Wahlen in Tunesien sein werde.[2] Er kehrte am 18. Januar 2011 nach Tunesien zurück. Am 8. März erhielt die Partei die Zulassung durch das Innenministerium.[18]

In der Kampagne zur Wahl zur Verfassunggebenden Versammlung im Oktober 2011, der ersten freien Wahl nach dem Sturz Ben Alis, musste der CPR mit deutlich weniger finanziellen Mitteln auskommen als andere Parteien. Er machte dennoch einen intensiven Wahlkampf, der auf dem begeisterten Engagement seiner überwiegend jungen Basismitglieder baute. Das Wahlsymbol der Partei (eine Notwendigkeit in Tunesien, wo viele Wähler Analphabeten sind) war eine rote Brille. Sie erinnert an Moncef Marzoukis charakteristische Brille. Jüngere Anhänger des CPR waren dafür bekannt, rote Brillen zu tragen, um ihre Unterstützung für Marzouki zu zeigen.[19][20] Letztendlich gewann die Partei 8,7 % der Wählerstimmen und 29 der 217 Sitze und nahm damit – mit großem Abstand – den zweiten Platz hinter der siegreichen islamistischen Ennahda-Bewegung ein.[21]

Anschließend bildete sie eine Drei-Parteien-Koalition („Troika“) mit Ennahda und dem sozialdemokratischen Ettakatol (FDTL). Gemäß einer Absprache der Koalitionsparteien, die drei höchsten Staatsämter (Parlamentspräsident, Staatspräsident und Premierminister) unter sich aufzuteilen, wählte die Verfassunggebende Versammlung Moncef Marzouki am 12. Dezember 2011 zum Interims-Präsidenten Tunesiens. In der am 24. Dezember vereidigten Regierung des Islamisten Hamadi Jebali stellte der CPR sechs Kabinettsmitglieder.[22] Als Nachfolger Marzoukis wählte die Partei Abderraouf Ayadi zum neuen Generalsekretär, Marzouki wurde Ehrenvorsitzender.

Im Mai 2012 spaltete sich die Kongresspartei: Der Generalsekretär Abderraouf Ayadi und 12 CPR-Abgeordnete traten aus dem CPR aus und gründeten eine neue Partei, die sich zunächst „Unabhängiger Demokratischer Kongress“ und dann Wafa-Bewegung nannte.[23] Sie gaben an, die Prinzipien der CPR fortführen wollen, die durch Korruption und Nepotismus einiger Mitglieder gefährdet seien.[24] Weitere Abgeordnete verlor der Kongress im August 2012, als zwei ihrer Mitglieder zur neu gegründeten, anti-islamistischen Partei Nidaa Tounes überliefen.[25]

Bei der ersten regulären Wahl unter der neuen Verfassung im Oktober 2014 erhielt der CPR nur noch vier der 217 Sitze. Bei der folgenden Präsidentschaftswahl qualifizierte sich Marzouki als Amtsinhaber zwar für die Stichwahl, unterlag aber Beji Caid Essebsi von Nidaa Tounes.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e Première liste des membres fondateurs du CPR. Congrès pour la République, 25. Juli 2001, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 17. Januar 2011 (französisch).@1@2Vorlage:Toter Link/www.cprtunisie.net (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  2. a b c d e Sonia Farid: Moncef Marzouki declares presidential candidacy. In: al-Arabiya News. 16. Januar 2011, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 17. Januar 2011.@1@2Vorlage:Toter Link/www.alarabiya.net (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  3. Elisabeth Braune: Des Volkes Stimme! Tunesien nach den Wahlen zur Verfassungsgebenden Versammlung. Friedrich-Ebert-Stiftung Tunis, November 2011, S. 1.
  4. al-Maktab as-Siyāsī. Parteioffizielle. Congrès pour la République, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 8. September 2011; (arabisch).
  5. Anna Antonakis-Nashif: Legitimitäts- und Verfassungskrise in Tunesien. SWP-Aktuell, Nr. 49, Stiftung Wissenschaft und Politik, August 2013, S. 2.
  6. Roger Owen: Egypt and Tunisia. From the Revolutionary Overthrow of Dictatorships to the Struggle to Establish a New Constitutional Order. In: The New Middle East: Protest and Revolution in the Arab World. Cambridge University Press, New York 2014, S. 261.
  7. Marina Ottaway: Who Will Lead Tunisia? Carnegie Endowment for International Peace, 28. Januar 2011, abgerufen am 21. Oktober 2011.
  8. Muna Duzdar: Tunesien – Eine Revolution und zwei Konterrevolutionen. (Memento desOriginals vom 28. Oktober 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/diezukunft.at In: DieZukunft.at, 05/2012.
  9. a b Sigrid Faath: Nach dem Wahlsieg der Islamisten in Tunesien – Zwischen Zuversicht und Angst. In: Qantara.de, 7. November 2011.
  10. a b Tunisia: Key players. In: BBC News Online. 27. Februar 2011, abgerufen am 30. Mai 2011.
  11. Tunisia: who are the opposition leaders? In: The Daily Telegraph. 18. Januar 2011, abgerufen am 4. Februar 2011.
  12. Sam Bollier: Who are Tunisia’s political parties? al-Dschasira, 9. Oktober 2011, abgerufen am 21. Oktober 2011.
  13. Site du CPR. CPR-Webseite. Congrès pour la République, abgerufen am 4. Mai 2011 (arabisch).
  14. Qui sommes-nous ? Congrès pour la République, 2001, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 17. Januar 2011 (französisch).@1@2Vorlage:Toter Link/cprtunisie.net (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  15. a b c d Moncef Marzouki: Déclaration constitutive. Congrès pour la République, 24. Juli 2001, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 17. Januar 2011 (französisch).@1@2Vorlage:Toter Link/www.cprtunisie.net (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  16. Abdelhak Azzouzi: Autoritarisme et aléas de la transition démocratique dans les pays du Maghreb. L’Harmattan, 2006, S. 203.
  17. Angelique Chrisafis: Tunisian elections: the key parties. In: The Guardian. 19. Oktober 2011, abgerufen am 22. Oktober 2011.
  18. Tunisie – 31 partis politiques autorisés. In: BusinessNews.com.tn, 8. März 2011.
  19. Gero von Randow: Mit Facebook und Scharia. In: Zeit Online, 21. Oktober 2011.
  20. „Marzouki Fans“, The Guardian, 21. Oktober 2011. Abgerufen am 23. Oktober 2011.
  21. Kenneth Perkins: A History of Modern Tunisia. 2. Auflage, Cambridge University Press, New York 2014, S. 248.
  22. Perkins: A History of Modern Tunisia. 2014, S. 252–253.
  23. Wafa Movement / Independent Democratic Congress. OPEMAM – Observatory on Politics and Elections in the Arab and Muslim World.
  24. Afifa Ltifi: Tunisia’s Second Largest Democratic Party Divides. (Memento vom 21. Juli 2012 im Internet Archive) In: Tunisia-live.net, 17. Mai 2012.
  25. Tunisie – Abdelaziz Kotti et Dhamir Manai rejoignent Nida Tounes. In: BusinessNews.com.tn, 23. August 2012.

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Chatham House

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