Kompilationsfilm

Ein Kompilationsfilm ist ein aus bereits vorhandenem (Archiv)-Material montierter Film.[1]

Im dokumentarischen Kompilationsfilm wird das Material zur Vermittlung und Verdeutlichung einer intendierten Aussage des Autors (Filmemachers) ausgewählt, geschnitten und zumeist auch kommentiert. Die jeweilige Kompilation ist bewusst ausgewählt und die Form der Montage ist zumeist gleichermaßen von künstlerischen wie argumentativen Prämissen geprägt. Zur Ergänzung können Interviews, Spielszenen und anderes neu gefilmtes Material verwendet werden.

Als Propagandafilme wurden Kompilationsfilme schon während des Ersten Weltkriegs produziert. Die wichtigste Gruppe unter den Kompilationsfilmen bilden heute die zeitgeschichtlichen Dokumentarfilme.

Es existiert aber auch die Tradition des Avantgarde- bzw. experimentellen Kompilationsfilm. Im experimentellen Kompilationsfilm wird häufig neben den überlieferten Materialien aus bereits gezeigten Filmen auch Ausschussmaterial, Found Footage oder Ähnliches eingearbeitet. Wenn dabei das gefundene, angeeignete Material dominiert, spricht man meistens von Found-Footage-Filmen. Diese rücken im Unterschied zum klassischen Kompilationsfilm mehr den formal-ästhetischen Zustand des gefundenen Materials in den Mittelpunkt, und weniger dessen inhaltliche Aspekte.[2] Meistens lösen sie das Material völlig aus seinem ursprünglichen Kontext, und deuten es durch die Montage neu.

Zudem gibt es auch den nostalgischen Kompilationsfilm, der zum Beispiel Szenen aus alten Spielfilmen neu präsentiert.[3] In diesem werden Passagen aus anderen Filmen zusammengefügt und meist mit einer Moderation unterlegt. Der thematische Schwerpunkt kann ein Filmgenre sein (z. B. Musical, Komödie, Horrorfilm), Filme eines Produktionsstudios oder eines Schauspielers. Diese Sonderform wird auch Anthologiefilm genannt.

Eine Variante des Kompilations-Spielfilms ist ein Zusammenschnitt aus Kurzspielfilmen, Folgen aus Fernsehserien oder aus den so genannten Serials. So wurden in den 1930er Jahren in den USA mehrere Folgen aus Serials zusammengefügt und als Spielfilm ausgewertet (Beispiele Flash Gordon und Buck Rogers).

Gelegentlich werden auch Episodenfilme als Kompilationsfilm bezeichnet.[4]

Beispielfilme

Dokumentarischer Kompilationsfilm

Spielfilm- und Kurzfilmkompilationen

  • Die Große Metro-Lachparade (The Big Parade of Comedy, Robert Youngson, USA 1964)
  • That’s Entertainment! (Jack Haley jun., USA 1974)
  • Laurel & Hardy – Ein Tollpatsch kommt selten allein (Dance of the Cuckoos, Alan Douglas, USA/Frankreich/BRD 1982)
  • That’s Dancing! (Jack Haley Jr., USA 1985)
  • Als die Liebe laufen lernte (Michael Strauven, Deutschland, 1988)

Zusammenschnitte aus Fernsehserienepisoden

Siehe auch

Literatur

  • Jay Leyda: Filme aus Filmen: Eine Studie zum Kompilationsfilm. Henschelverlag, Berlin 1967. Das Buch erschien zuerst in Ostberlin, wo Leyda in den 1960ern arbeitete.
  • Patrik Sjöberg: The World in Pieces: A Study of Compilation Film. Dissertation Stockholm University. Aura förlag, Stockholm 2001, ISBN 91-628-5045-8.
  • Jay Leyda: Films Beget Films: A Study of the Compilation Film. Hill and Wang, New York 1971, ISBN 0-8090-1355-X.
  • Hilmar Hoffmann: Und die Fahne führt uns in die Ewigkeit. Propaganda im NS-Film. Fischer Taschenbuch, Frankfurt 1988, ISBN 3-596-24404-8.
  • Michael Zryd: Found-Footage-Film als diskursive Mediengeschichte. Montage AV 11/1/2002

Einzelnachweise

  1. Hans Jürgen Wulff: Kompilationsfilm I. Lexikon der Filmbegriffe, Universität Kiel, 7. Februar 2012, abgerufen am 4. Juni 2019.
  2. Ansgar Schlichter, Philipp Brunner: Found Footage Film. Lexikon der Filmbegriffe, Universität Kiel, 13. Oktober 2012, abgerufen am 4. Juni 2019.
  3. Hans Jürgen Wulff: Kompilationsfilm II. Lexikon der Filmbegriffe, Universität Kiel, 13. Oktober 2012, abgerufen am 4. Juni 2019.
  4. Anthologiefilm. In: Lexikon der Filmbegriffe. Bender Verlag, abgerufen am 8. September 2010.

Weblinks