Komi-Syrjänisch

Komi (Komi kyv)

Gesprochen in

Russland
Sprecherca. 262.200
Linguistische
Klassifikation
Offizieller Status
Amtssprache inKomi RepublikRepublik Komi Republik Komi
Sprachcodes
ISO 639-1

kv

ISO 639-2

kom

ISO 639-3

kpv

Komi-Syrjänisch, oft auch nur Syrjänisch, ist einer der beiden Hauptdialekte des Komi. Er wird hauptsächlich in der autonomen Republik Komi in Russland gesprochen. Einige Siedlungen gibt es auch auf der Kola-Halbinsel. Die 1917 eingeführte Schriftsprache basiert auf der Varietät der Hauptstadt Syktywkar, geschrieben wird sie mit dem kyrillischen Alphabet. Seit 1992 hat Komi-Syrjänisch den Status einer Amtssprache in der Republik Komi. Die Zahl der Syrjänen liegt nach der Volkszählung von 1989 etwa bei 344.000. Ethnologue gibt 262.200 Muttersprachler nach einer Quelle von 1993 an.

Die wichtigsten Unterschiede zum Komi-Permjakischen, dem anderen Hauptdialekt, sind phonologischer Natur. Es gibt jedoch auch einige wenige morphologische Unterschiede. Die im Altkomi palatalisierten Laute tʲ und dʲ haben im Syrjänischen ihre Palatalisierung verloren. Einige vokalische Endungen unterscheiden sich und silbenschließendes l ist im Syrjänischen teilweise geschwunden oder hat sich zu v oder w entwickelt (z. B. vëv „Pferd“, vëv-tëg „ohne Pferd“, aber vël-ën „mit einem Pferd“). Letzteres gilt auch für einige permjakische Varietäten, wo jedoch ursprüngliches l in allen Positionen zu v wurde. Alle Komi-Dialekte südlich des Flusses Wytschegda haben allerdings ursprüngliches l erhalten. Im Syrjänischen verschmilzt j am Anfang von Endungen mit davorstehenden palatalisierten Konsonanten (z. B. kanʲnʲas „Katzen“, von kanʲ „Katze“ + -jas „Mehrzahl“), während es im Permjakischen mit allen Konsonanten verschmilzt. Die Betonung ist nur im Syrjänischen frei. Das heißt, dass jede Silbe eines Wortes betont werden kann, ohne dass sich die Bedeutung ändert. Die morphologischen Unterschiede betreffen das Kasussystem. Syrjänisch verfügt über 17 grammatische Fälle, fünf weniger als Permjakisch.

Die Einteilung des Komi in diese beiden Hauptdialekte ist daher relativ schwach und hat hauptsächlich territoriale und politische Gründe. Einige Wissenschaftler nehmen jedoch sogar an, dass die beiden Hauptdialekte des Komi zwei unterschiedliche Sprachen sind.[1]

Bemerkenswert ist im Syrjänischen die große Variation im Pronominalsystem. Für das Personalpronomen der dritten Person Mehrzahl gibt es beispielsweise die Varianten naja, najëzda, nijëzda, nijë, nija, nïa, nïda, nʲida, nʲidajas, sijajas, sijëzda und ënžajas, die alle gleichbedeutend sind.

Schrift und Rechtschreibung

Das Alphabet in Komi (Коми анбур)

Komi wird mit kyrillischen Buchstaben, samt einigen zusätzlichen Zeichen, geschrieben.

MajuskelMinuskelTransliterationIPA
Ааa[ɑ]
Ббb[b]
Ввv[v]
Ггg[g]
Ддd[d]; palatal, [ɟ]
Дждж[dʒ]
Дздзdž'[dʑ]
Ееe[je]; [e] nach C außer [t, d, s, z, n, l]
Ёёë[jo]; [o] nach [c, ɟ, ɕ, ʑ, ɲ, ʎ]
Жжž[ʒ]
Ззz[z]; palatal [ʑ]
Ииi[i], [ʲi]
Ііï[i] nach [t, d, s, z, n, l]
Ййj[j]
Ккk[k]
Ллl[ɫ]; palatal [ʎ]
Ммm[m]
Ннn[n]; palatal [ɲ]
Ооo[o]
Ӧӧö[ə]
Ппp[p]
Ррr[r]
Ссs[s]; palatal [ɕ]
Ттt[t]; palatal [c]
Тштшč[tʃ]
Ууu[u]
Ффf[f]
Ххx[x]
Ццc[ts]
Ччć[tɕ]
Шшš[ʃ]
Щщšč[ɕ], [ɕː]
Ъъ-
Ыыy[ɨ]
Ьь'[ʲ]
Ээè[e]
Ююju[ju]; [u] nach [c, ɟ, ɕ, ʑ, ɲ, ʎ]
Яяja[jɑ]; [a] nach [c, ɟ, ɕ, ʑ, ɲ, ʎ]

Phonologie

Komi verfügt über 33 Phoneme; sieben Vokal- und 26 Konsonantenphoneme. Damit ist das Vokalinventar des Komi typologisch als "groß" zu kategorisieren (WALS), und das Konsonanteninventar als "moderat groß" (WALS).[2][3]

Vokale

In der folgenden Tabelle sind die Vokale im Komi gelistet. Die Symbole in den eckigen Klammern [ ] geben den IPA-Wert des Lautes an, die in den Häkchen < > repräsentieren den Buchstaben.

VordereZentraleHintere
UngerundetGerundetUngerundetGerundetUngerundetGerundet
Geschlossene[i] <и>[ɨ] <ы>[u] <у ю>
Mittlere[e] <э е>[ɘ] <ӧ>[o] <о ë>
Offene[ɑ] <а я>

Konsonanten

LabialeDentaleAlveolare(Prä-)

Palatale

Velare
Plosive[p] <п>

[b] <б>

[t] <т>

[d] <д>

[c] <ть>

[ɟ] <дь>

[k] <к>

[g] <г>

Affrikaten[t͡s] <ц>[t͡ʃ] <тш>

[d͡ʒ] <дж>

[t͡ɕ] <ч>

[d͡ʑ] <дз>

Frikative[f] <ф>

[v] <в>

[s] <с>

[z] <з>

[ʃ] <ш>

[ʒ] <ж>

[ɕ] <сь>

[ʑ] <зь>

[x] <х>
Nasale[m] <м>[n] <н>[ɲ] <нь>
Vibrant[r] <р>
Laterale[l] <л>[ʎ] <ль>
Approximanten[j] й>

Prosodie

Die Position der Wortbetonung im Syrjänisch-Komi ist frei (im Gegensatz zu den anderen Varianten von Komi). Doch wird generell die erste Silbe stärker betont.

Morphologie

Komi ist eine agglutinierende Sprache.

Nomen

Syrjänisch-Komi verfügt über 17 Kasus, die mittels Suffixe gebildet werden. Ein grammatisches Genus gibt es in Komi nicht. Nomen werden in den Numera Singular und Plural flektiert. Der Singular ist unmarkiert, der Plural ist durch das Suffix /-jas/ gekennzeichnet. Dieses Suffix wird nach palatalem Konsonant -яс geschrieben, nach nicht-palatalen Konsonanten -ъяс. Das Pluralsuffix steht an erster Stelle, das Kasussuffix an zweiter. So wird beispielsweise aus dem Nominativ Singular книга (kniga) „Buch“ der Nominativ Plural книга-яс (kniga-jas); der Genitiv Plural wird durch ein weiteres Suffix markiert: книга-яс-лӧн (kniga-jas-len) „der Bücher“.

KasusSuffixBeispiel
Nominativ-книга (kniga) „Buch“
Akkusativ-/-ӧскнигаöс (knigaes)
Genitiv-лӧнкнигалӧн (knigalen)
Dativ-лыкнигалы (knigali)
Ablativ-лыськнигалысь (knigaliɕ)
Konsekutiv-лакнигала (knigala)
Approximativ-ланькнигалань (knigalaɲ)
Inessiv-ынкнигаын (knigajin)
Elativ-ыськнигаысь (knigajiɕ)
Illativкнигаӧ (knigae)
Prosekutiv-ӧдкнигаӧд (knigaed)
Transitiv-тiкнигатi (knigati)
Terminativ-ӧдзкнигаӧдз (knigaede)
Instrumentalis-ӧнкнигаӧн (knigaen)
Egressiv-сянькнигасянь (knigasjaɲ)
Komitativ-кӧдкнигакӧд (knigaked)
Karitiv-тӧгкнигатӧг (knigateg)

Pronomen

Pronomina werden in Komi in den Kategorien Numerus (Singular und Plural), Person und Kasus flektiert.

Personalpronomen

Das unabhängige Personalpronomen im Nominativ hat folgende Formen:

SingularPlural
1. Persмеми
2. Persтэті
3. Persсійӧнайӧ

Das gesamte Paradigma sieht wie folgt aus:

SingularPlural
123123
Nominativметэсійӧмитiнайӧ
Akkusativменӧтэнӧсійӧсмиянтiянналӧн
Genitivменамтэнадсылӧнмиянӧстiянӧснайӧс
Ablativменьсымтэньсыдсылысьмиянлысьтiяннлысьналысь
Dativменымтэныдсылымиянлытiянлыналысь
Konsekutivмелатэласыламиянлатiянланала
Approximativмеланьтэланьсыланьмиянланьтiянланьналань
Inessivмеынтэынсыынмиянынтiяныннаын
Elativмеысьтэысьсыысьмиянысьтiянысьнаысь
Illativмеӧтэӧсыӧмиянӧтiянӧнаӧ
Prosekutivмеӧдтэӧдсыӧдмиянӧдтiянӧднаӧд
Transitivметiтэтiсытiмиянтiтiянтiнатi
Terminativмеӧдзтэӧдзсыӧдзмиянӧдзтiянӧдзнаӧдз
Instrumentalisмеӧнтэӧнсыӧнмиянӧнтiянӧннаӧн
Egressivмесяньтэсяньсысяньмиянсяньтiянсяньнасянь
Komitativмекӧдтэкӧдсыкӧдмиянкӧдтiянкӧднакӧд
Karitivметӧгтэтӧгсытӧгмиянтӧгтiянтӧгнатӧг

Possessivsuffixe

Durch das Anhängen von Possessivsuffixen an ein Nomen kann der Besitzer angezeigt werden. Das Possessivsuffix erscheint generell zwischen Nomen und Kasussuffix.

SingularPlural
PersonSuffixBeispielSuffixBeispiel
1-ӧ(й)вок-ӧй ‚mein Bruder‘-нымвокным ‚unser Bruder‘
2-ыдвокыд ‚dein Bruder‘-ныдвокныд ‚euer Bruder‘
3-ысвокыс ‚ihr/sein Bruder‘-ныдвокныс ‚ihr Bruder‘

Abgesehen von Nomen kann das Possessivsuffix in bestimmten syntaktischen Positionen auch an Adjektive angehängt werden, um Definiertheit auszudrücken.

Reflexivpronomina

Reziprokes Pronomen

Komi verfügt über ein bipartitives reziprokes Pronomen ӧта-мӧд „einander“. Das reziproke Pronomen kann für Kasus und Person markiert werden.

Demonstrativpronomen

Demonstrativpronomina in Komi unterscheiden zwischen zwei Entfernungen, nahe und fern: тайӧ „diese(s/r) (hier/nahe)“ und сійӧ „diese(s/r) (dort)“. Wenn Demonstrativpronomina pronominal verwendet werden, können sie in den Kategorien Numerus und Kasus flektiert werden.

Verben

Verben in Komi werden in den Kategorien Numerus (Singular/Plural), Person, Tempus (Präsens, Präteritum, Perfekt, Plusquamperfekt, Futur) und Modus (Indikativ/Imperativ) flektiert. Die Markierung geschieht durch Suffixe, die oft synkratisch sind, das heißt mehrere Kategorien gleichzeitig markieren.

мунны „gehen“
PräsensPräteritum
SingularPluralSingularPlural
1мун-aмун-аммун-імун-ім
2мун-анмун-анныдмун-інмун-інныд
3мун-ӧмун-ӧнымун-і(с)мун-і(с)ны

Das Futur ist identisch mit den Formen des Präsens bis auf den Vokal (a statt ö) in der dritten Person. Perfekt und Plusquamperfekt sind syntaktische (zusammengesetzte) Formen.

Negationsverb

Negation wird in Komi, wie auch in anderen uralischen Sprachen, nicht mit einem Negationspartikel (vgl. Deutsch „nicht“, Englisch „not“) ausgedrückt, sondern mit einem negierten Hilfsverb „nicht.sein“. Dieses Negationsverb wird in Komi in den Kategorien Numerus, Person und Tempus flektiert. Siehe folgende Tabelle:

„Ich gehe nicht“„Du gehst nicht“„Ich ging nicht“
огмунонмунэгмун
1SG.NEG.PRÄSENSgeh2SG.NEG.PRÄSENSgeh1SG.NEG.PRÄTERITUMgeh

Das Paradigma des Negationshilfsverbes „nicht.sein“ ist wie folgt:

PersonPräsensPräteritum
1SGогэг
2SGонэн
3SGозэз
1PLог(ӧ)эгӧ
2PLон(ӧ)энӧ
3PLозэз

Zahlwörter

Das Zahlensystem in Komi ist ein Dezimalsystem, das heißt, es beruht auf einem Zehnersystem. Die Zahlen in Komi sind:

1ӧтік11дас ӧтік30комын
2кык12дас кык40нелямын
3куим13дас куим50ветымын
4нёль14дас нёль60квайтымын
5вит15дас вит70сизимдас
6квайт16дас квайт80кыкьямысдас
7сизим17дасс изим90ӧкмысдас
8кыкьямыс18дас кыкьямыс100сё
9ӧкмыс19дас ӧкмыс1000сюрс
10дас20кызь


Einzelnachweise

  1. Hausenberg 1998, Seite 305f.
  2. Chapter Consonant Inventories (englisch) WALS. Abgerufen am 13. Juni 2019.
  3. Chapter Vowel Quality Inventories (englisch) WALS. Abgerufen am 13. Juni 2019.

Literatur

Grammatiken

  • Anu-Reet Hausenberg: Komi. In: Daniel Abondolo (Hrsg.) The Uralic Languages. Routledge, London 1998, ISBN 0-415-08198-X, (Routledge language family descriptions), S. 305–326.
  • Károly Rédei: Syrjänische Chrestomathie Mit Grammatik Und Glossar. Studia Uralica 1, Verband der Wissenschaftlichen Gesellschaften Österreichs, Wien 1978.
  • Wiedemann, Ferdinand Johann. 1884. Grammatik der syrjänischen Sprache mit Berücksichtigung ihrer Dialekte und des Wotjakischen. St. Petersburg: Eggers & Co : J. Glasunow.

Wörterbücher

Weblinks

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