Kolonialwaren
Als Kolonialwaren, auch Colonialwaren (aus dem Englischen: colonial goods), wurden früher, besonders zur Kolonialzeit, überseeische Lebens- und Genussmittel, wie z. B. Zucker, Kaffee, Tabak, Reis, Kakao, Gewürze und Tee bezeichnet. Kolonialwarenhändler importierten diese Produkte, die in Kolonialwarenläden und -handlungen verkauft wurden.
Geschichte
Viele dieser Erzeugnisse stammten von Großplantagen, auf denen Sklaven oder Zwangsarbeiter tätig waren. Auch die Landwirtschaft in den deutschen Kolonien (z. B. die Kaffeeerzeugung in Deutsch-Ostafrika und die Kakaogewinnung in Kamerun, Tabak aus den Südseekolonien) konnten trotz Verbots der Sklaverei im Mutterland faktisch nur durch harte Zwangsarbeit betrieben werden. In Kuba und Brasilien, wichtigen Exportländern für Kaffee, Tabak und Zucker, wurde die Sklaverei offiziell sogar erst 1888 abgeschafft. Aus Deutschland wurde im Gegenzug u. a. Leinen für die Bekleidung der Sklaven exportiert.[1]
Wichtigste Importgüter waren zunächst Rohrzucker (in Deutschland bis zum Ersatz durch Rübenzucker in den 1850er Jahren) und Tabak aus Nordamerika und der Karibik. Das zu Dänemark gehörende Flensburg entwickelte sich seit ca. 1760 durch die Rumimporte aus den dänische Kolonien in Westindien zur „Rumstadt“. Wichtigste deutsche Einfuhrhäfen für Kolonialwaren waren Bremen, Hamburg und (das bis 1864 ebenfalls dänische) Altona, die von ihrer Stellung als zollfreie Freihäfen und der Weiterverarbeitung der Güter stark profitierten. Hier entstanden Kaffeeröstereien, Schokoladen-, Zigarren- und Zigarettenfabriken und in deren Folge spezialisierte Groß- und Einzelhandelsgeschäfte für Kolonialwaren.
Mit dem Einsatz effektiver Dampfschiffe auf den Überseerouten und der Verdichtung des Eisenbahnnetzes (in Deutschland seit den 1870er Jahren) breitete sich der Kolonialwarenhandel auch in kleineren Städten und Dörfern aus, während die saisonalen großstädtischen Märkte teilweise an Bedeutung verloren. Damit wurden Erzeugnisse für alle Gesellschaftsschichten erschwinglich, die vorher den Reichen vorbehalten waren. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts entwickelten sich die spezialisierten Kolonialwarenläden meist weiter zu Lebensmittelgeschäften mit breiterem Angebot, welche wiederum später durch die Supermärkte ersetzt wurden.
Begriff
Der Kolonialwarenhandel wurde statistisch vom Produktenhandel und vom Manufakturwarenhandel abgegrenzt.
Bis in die 1970er Jahre wurde der Begriff Kolonialwarenladen noch verwendet. Sie boten zwar keine Kolonialwaren mehr an, jedoch alle Grundnahrungsmittel, unabhängig vom Herkunftsland, daneben auch Seife, Waschmittel, Petroleum und anderen Haushaltsbedarf. Er entsprach dem Tante-Emma-Laden in Deutschland oder der Schweiz, während in Österreich der Begriff Greißler Verwendung fand. In der Schweiz ist Schwarzenbach Kolonialwaren in Zürich der letzte Kolonialwarenladen[2], in Deutschland der Kolonialwarenladen Wilhelm Holtorf in Bremen. Die Schweizer Migros bezeichnet einen Teil ihres Sortimentes immer noch als Kolonialwaren.[3][4]
Die Bezeichnung ist noch im Namen des in Deutschland weit verbreiteten Einzelhandelsverbandes Edeka zu finden (Einkaufsgenossenschaft der Kolonialwarenhändler im Halleschen Torbezirk zu Berlin – kurz E. d. K.).
Bildergalerie
- Stollwerck-Kolonial-Schokolade (1890)
- Geschäft in Passau nach Renovierung (2005)
- Bäckerei, Conditorei und Kolonialwaren in Roggwil TG, Schweiz
- Rechnungskopf (1924)
- Ehemalige Kaffeerösterei und Kolonialwarengeschäft Unterberger in der Herzog-Friedrich-Straße in Innsbruck
- Hauswand am Gottesauer Platz in Karlsruhe
- Blick in Tabakverpackerei der Van Nelle Fabrik in Rotterdam
Literatur
- Friedrich Wilhelm Schulze: Die Warenkunde des Kolonialwaren-Einzelhandels. Edeka-Verlagsgesellschaft m. b. H., 1. Auflage, Berlin-Wilmersdorf 1930 (2. Auflage 1932).
- Ulrike Gleixner, Alexandra Kemmerer, Michael Matthiesen, Hermann Parzinger (Hrsg.): Kolonialwaren. In: Zeitschrift für Ideengeschichte, Jg. XV, Quartalsheft 1 (Frühjahr 2021), C.H. Beck, München 2021 (Auszug), ZDB-ID 2271417-0.
Weblinks
- Private Seite über Kolonialwaren und Kolonialwarenläden in Freiburg i. Brsg. sowie Rezensionen zum Thema.
- Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache: Kolonialwarenladen.
Einzelnachweise
- ↑ Horst Rössler: Bremer Kaufleute und die transatlantische Sklavenökonomie 1790–1865. In: Staatsarchiv Bremen (Hrsg.): Bremisches Jahrbuch, Band 95 (2016), S. 75–106 (Digitalisat).
- ↑ Heini Hofmann: Kuriosum: Der letzte Kolonialwarenladen der Schweiz. In: Luzerner Zeitung. 11. Mai 2018, abgerufen am 7. November 2019.
- ↑ Die Rückkehr der Kolonialwaren (Neumarkt 3) – Saiten – Ostschweizer Kulturmagazin und Veranstaltungskalender. Abgerufen am 15. Juni 2020 (deutsch).
- ↑ Neubau Migros Wittenbach. Abgerufen am 15. Juni 2020.
Auf dieser Seite verwendete Medien
Stollwerck-chocolate - packaging from 1890
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Passau, Residenzplatz
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Bäckerei Conditorei Kolonialwaren – Haus in Roggwil TG
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ehemalige Kaffeerösterei und Kolonialwarengeschäft Unterberger in der Herzog-Friedrich-Straße in de:Innsbruck
Autor/Urheber: Chrischerf, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Hauswand mit der Aufschrift „Kolonialwaren“ am Gottesauer Platz in Karlsruhe
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Kopf eines Rechnungs-Vordruckes der Firma Beckey & Miehe, die ihr "Comptoir u. Speicher in der Ferdinandstraße 31 und 31A in Hannover betrieb. Das 1878 gegründete Unternehmen handelte mit Kolonialwaren, "Droguen, Thee, Gewürzen, Farbwaaren u. Landesproducte en gros
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Adolf Schaper in Hannover, Inhaber Karl Nottbohm", betrieb laut Handelserlaubnis von 1916 und 1917 eine "Großhandlung in Kolonialwaren und Landesprodukten". Standort der Läger war Am Postkamp 1 sowie Celler Straße 1, während das Kontorhaus sich in der Karolinenstraße 16 befand.
Autor/Urheber: Drc4891 (Diskussion), Lizenz: CC BY-SA 4.0
Gemischtwarenladen Drögemüller, Böddenstedt; erster Halb-Selbstbedienungsladen im Kreis Uelzen (um 1955)
Autor/Urheber: Nationaal Archief, Lizenz: CC0
Collectie / Archief : Fotocollectie Arbeidsinspectie
Reportage / Serie : De erven de wed. J. van Nelle te Rotterdam
Beschrijving : Kijkje in de afdeling tabakspakkerij van Van Nelle te Rotterdam
Datum : ongedateerd
Locatie : Rotterdam, Zuid-Holland
Trefwoorden : tabakspakkerijen
Fotograaf : [onbekend]
Auteursrechthebbende : Nationaal Archief
Materiaalsoort : Negatief (zwart/wit)
Nummer archiefinventaris : bekijk toegang 2.24.03
Inventarisnummer : 2256
Autor/Urheber: Ch.Pagenkopf, Lizenz: CC BY 2.0
Historische Reklame in der noch nicht sanierten Altstadt von Wismar
Autor/Urheber: Michael Sander, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Ein Fassadenrelief an einem Handelshaus in Gotha (Thüringen).
Stereoskopie als im Lichtdruck vervielfältigte Ansichtskarte der Firma Knackstedt & Näther mit der fortlaufenden Nummer 669, hier mit einem Blick auf Sklaven - Männer, Frauen und Kinder - die, lange vor der Erklärung der Menschenrechte, auf der Insel Kuba um 1900 zur Arbeit in einer Zuckerrohr-Plantage unter Androhung schlimmster Strafen gezwungen wurden. Keiner der "Arbeitssklaven" wagt es, die Zwangsarbeit zu unterbrechen oder den Fotografen auch nur anzublicken ...
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Hamburger Kolonialwarenladen um 1830. Objekt im Museum für Hamburgische Geschichte.