Kolomna (Schiffstyp)

Serie Kolomna
Die Kolpino 1975 in Hamburg
Die Kolpino 1975 in Hamburg
Schiffsdaten
BauwerftVEB Schiffswerft „Neptun“, Rostock
Schiffsmaße und Besatzung
Länge102,40 (105,70) m (Lüa)
95,84 (95,72) m (Lpp)
Breite14,40 m
Seitenhöhe7,90 (9,00) m
Tiefgang (max.)6,65 (6,33) m
Vermessungca. 3310 BRT / 1615 NRT
(2520 BRT / 967 NRT)
 
Besatzung43
Maschinenanlage
Maschine1 × SKL LES10 Doppelverbund-Dampfmaschine + 1 × Abdampfturbine
Maschinen­leistungVorlage:Infobox Schiff/Wartung/Leistungsformat1.802 kW (2.450 PS)
Höchst­geschwindigkeit13,3 kn (25 km/h)
Propeller1 × Propeller
Transportkapazitäten
Tragfähigkeitca. 4500 t (3947 t) tdw
Anmerkungen
Daten in Klammern

Thälmann-Pionier und Christo Botev

Der Frachtschiffstyp Kolomna ist der erste in der Deutschen Demokratischen Republik entwickelte Serienfrachtschiffstyp.

Geschichte

(c) Bundesarchiv, Bild 183-19638-0023 / CC-BY-SA 3.0
Ein Kolomna-Typ im Bau

Die Neptun Werft entwickelte den Schiffstyp auf der Basis eines sowjetischen Projektentwurfs. Mit den Schiffen Thälmann-Pionier und Christo Botev sowie der Serie Andizhan werden die Serien zusammenfassend auch als Typ 201 bezeichnet. Die Schiffsserie wurde von 1953 bis 1958 in 19 Einheiten hergestellt. Das Bauprogramm dieses Schiffstyps war gleichzeitig das letzte der DDR mit Dampfmaschinenantrieb, aber schon mit vollständig geschweißten Rümpfen, die in Sektionsbauweise zusammengefügt wurden. Erstes Schiff und Namensgeber der Serie war die nach einer gleichnamigen russischen Stadt benannte und am 21. Februar 1953 an eine sowjetische Reederei übergebene Kolomna mit der Baunummer 201.[1] Die Kolomna blieb bis zum April 1978 in Fahrt und wurde dann abgewrackt. Insgesamt wurde die Mehrzahl der 19 Einheiten an die Sowjetunion geliefert, die beiden im Oktober und November 1954 abgelieferten ersten Neubauten der jungen Flotte der DSR, die Dampfer Rostock und Wismar entstammten dieser Serie.[1] Vier Neubauten gingen nach China.[1] Letztes Schiff der Serie war die am 30. April 1958 abgelieferte Kungur. Die längste Dienstzeit aller Kolomna Schiffe hatte die unter albanischer Flagge fahrende Daijti, welche erst 1997 nach 40 Jahren Fahrzeit im türkischen Aliağa abgebrochen wurde. Noch länger existierte die 1954 gebaute Smela. Sie wurde erst 2006 bei Gemi Yan Sanayi ve Ticaret A.S. in Aliağa abgebrochen, war jedoch schon seit 1992 als Hulk aufgelegt.[1]

Technik

(c) Bundesarchiv, Bild 183-40130-0007 / CC-BY-SA 3.0
Kolomna-Typ im Hafen

Der Schiffsantrieb bestand aus zwei kohlegefeuerten Wasserrohrkesseln mit Ober- und Untertrommel, die mit automatisierter Feuerung und Kohlenförderanlage, Brechern und Elevatoren für Kohle und Schlacke sowie Vakuumschlackenaufzug ausgerüstet waren. Die 1258 kW leistende LES10 Doppelverbund-Dampfmaschine des Magdeburger Herstellers VEB Schwermaschinenbau „Karl Liebknecht“ und die 544 kW Abdampfturbine wirkten direkt auf einen Festpropeller mit einer Drehzahl von bis zu 90 Umdrehungen pro Minute. Allein die Maschinencrew umfasste, trotz der umfangreichen Automation, 18 Mann.

Die vier Laderäume mit einem Schüttgutvolumen von 5223 m3 und 4943 m3 Ballenraum wurden mit herkömmlichen Scherstöcken, Deckeln und Persenningen seefest verschlossen. Das Ladegeschirr bestand aus zehn Leichtgutladebäumen für jeweils 5 Tonnen und je einem 15 Tonnen und einem 35 Tonnen Schwergutbaum.

Thälmann-Pionier und Christo Botev

(c) Bundesarchiv, Bild 183-46673-0002 / CC-BY-SA 3.0
Die Thälmann-Pionier im Rostocker Hafen

Als Weiterentwicklung der Serie Kolomna wurden 1957 die beiden letzten dampfgetriebenen Schiffsneubauten der DDR, Thälmann-Pionier und Christo Botev hergestellt. Bei grundsätzlich gleicher Auslegung drei Metern mehr Länge aber kleinerer Vermessung erhielten diese beiden Schiffe erheblich moderner und großzügiger gestaltete Aufbauten. Die Antriebsanlagen der beiden Schiffe waren mit einer Ölfeuerung ausgestattet und erreichten eine Leistung von 2024 kW.[2] Durch den Wegfall der Kohlebunker waren die Laderäume mit 5938 m3 Schüttgutvolumen und 5655 m3 Stückgutraum etwas größer geraten.[2] Die Umschlageinrichtungen bestanden aus acht herkömmlichen Ladebäumen ohne Schwergutgeschirr.

Die Thälmann-Pionier wurde am 15. März 1957 an die DSR abgeliefert. Dort wurde sie nach umfangreichen Umbauarbeiten im Jahr 1958 bis zum 12. November 1970 überwiegend im Mittelmeerdienst eingesetzt und danach an die griechische Reederei Symmachia Shipping Cia. Navigation in Piräus verkauft, welche sie bis zu ihrer Verschrottung im Jahr 1979 als Symmachia betrieb.

Die Christo Botev fuhr von 1957 bis 1969 unter bulgarischer Flagge und wurde dann als Solidaritätsgeschenk an die Demokratische Republik Vietnam verschenkt, die sie unter dem Namen Viet Bao weiterbetrieb. Erst 1992 wurde sie schließlich aus dem Register gelöscht.

Weitere Rümpfe

Das Typschiff Kolomna 1969 im Nord-Ostsee-Kanal
(c) Bundesarchiv, Bild 183-46666-0001 / CC-BY-SA 3.0
Die Mikhail Lomonosov

Außer den herkömmlichen Frachtschiffen entstanden auf der Basis des Kolomna-Entwurfs noch weitere Schiffe. Am bekanntesten dürfte das 1957 entstandene Forschungsschiff Mikhail Lomonosov sein. Des Weiteren entstanden neun U-Boot-Depotschiffe der sogenannten Artek-Klasse (russische Bezeichnung: Projekt 233K), von denen zwei an Albanien weitergegeben wurden.

Die Schiffe (Auswahl)

VEB „Neptun“ Serie Kolomna und Varianten
BaunameAusführungBaunummerIMO-NummerAblieferungAuftraggeberUmbenennungen und Verbleib
KolomnaStückgutschiff20151919071953Baltic Shipping Company, Leningrad1978 in der UdSSR verschrottet.
KalugaStückgutschiff202-1954UdSSR?
SmelaStückgutschiff203-1954UdSSR?
NeshinStückgutschiff204-1954UdSSR?
KashiraStückgutschiff20551830151954UdSSRam 14. Juni 1980 zum Abbruch in Gijón eingetroffen.
RostockStückgutschiff206-1954DSR, Rostock24. August 1965 Smaragdi, 1968 Lion of Chaeronea, 1985 Abbruch in Griechenland
WismarStückgutschiff207-1954DSR, Rostock?
KrasnoaemeyskStückgutschiff208-1954UdSSR1956 Militärtransportschiff Megra, 1990 außer Dienst.
KotlasStückgutschiff20951950181955UdSSR1987 stationäres Trainingsschiff, 2011 noch in Betrieb der Murmanskoje Basseinowoje Awarino-Spassatelnoje Uprawlenije (MBASU) in Archangelsk.
KuznetskStückgutschiff21056190621955UdSSR1964 Militärtransportschiff Svanetiya, später U-Boot-Depotschiff, 1994 außer Dienst, 2001 in Murmansk verschrottet.
KamenskStückgutschiff21151806611955UdSSR1983 aufgelegt, im September 2000 noch in Betrieb als stationäres Trainingsschiff in Sankt Petersburg.
ArzamasStückgutschiff21250253801955UdSSR1984 verschrottet.
BalashovStückgutschiff21350343671955Latvian Shipping Company, Rigaab 1. Oktober 1985 bei Desguaces y Salvamentos in Aviles verschrottet.
AtrekU-Boot-Depotschiff215-30. Dezember 1955-später Wohnschiff PKZ-206, Februar 1986 nach Explosion an Bord in Ara-Guba gesunken.
AngarskStückgutschiff21450171511956Baltic Shipping Company, Leningrad1980 in der UdSSR verschrottet.
AratU-Boot-Depotschiff216-3. April 1956-(Brandwache)
BRN76U-Boot-Depotschiff219-24. August 1956-Ayakhta, 1962 als Thamrin an Indonesien, 1993 außer Dienst.
BRN77U-Boot-Depotschiff220-30. September 1956-1993 außer Dienst.
BRN78U-Boot-Depotschiff221-30. November 1956-Bahmut
BRN79U-Boot-Depotschiff222-31. Dezember 1956-1991 außer Dienst.
BRN40U-Boot-Depotschiff227-8. Oktober 1957-1961 BRN80, Vladimir Nemchinov, 1968 als Stückgutschiff Djati an Albanien, April 1997 verschrottet.
BRN41U-Boot-Depotschiff228-27. November 1957-BRN81, Evgeniy Osipov, später Wohnschiff PKZ-217
Mikhail LomonosovForschungsschiff161-1957UdSSR?
Thälmann-PionierStückgutschiff?535782415. März 1957DSR, Rostock1970 Symmachia, ab 18. März 1977 in Piräus aufgelegt, ab September 1979 in Eleusis verschrottet.
Christo BotevStückgutschiff?50719511957Bulgarien1969 Viet Bao, 1992 im Register gelöscht.
KalachStückgutschiff231-1958UdSSRals Ho Ping 44 an China
SerovStückgutschiff232-1958UdSSRals Ho Ping 45 an China
KizilStückgutschiff233-1958UdSSRals Ho Ping 155 an China
KungurStückgutschiff234-1958UdSSRals Ho Ping 156 an China
KolpinoStückgutschiff239-1958UdSSR1985 außer Dienst gestellt
Daten: Lloyd’s Register of Shipping[3]

Literatur

  • Krieger, Michael J.: Tramp-Schiffe. Legenden aus der Welt der alten Frachter. Pietsch Verlag, Stuttgart 1988, ISBN 3-613-50082-5.
  • Neumann, Manfred; Strobel, Dietrich: Vom Kutter zum Containerschiff. Schiffe von DDR-Werften in Text und Bild. 1. Auflage. VEB Verlag Technik, Berlin 1981.

Einzelnachweise

  1. a b c d Schiffsdaten. In: Miramar Ship Index. Rodger Barrington Haworth, abgerufen am 3. September 2009 (englisch, nur Startseite verlinkt, kostenpflichtig).
  2. a b Alfred Dudszus, Alfred Köpcke: Das große Buch der Schiffstypen. Dampfschiffe, Motorschiffe, Meerestechnik von den Anfängen der maschinengetriebenen Schiffe bis zur Gegenwart. transpress Pietsch, Berlin Stuttgart 1990, ISBN 3-344-00374-7, S. 274–275.
  3. Lloyd’s Register of Shipping, London (verschiedene Jahrgänge)

Siehe auch

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Kolpino 1975 in Hamburg
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Es folgt die historische Originalbeschreibung, die das Bundesarchiv aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann allerdings fehlerhaft, tendenziös, überholt oder politisch extrem sein.
Rostock, Hafen, Frachter Zentralbild Löwe 6.7.1957 Frachter "Thälmann-Pionier" löscht Ladung aus Albanien - Der Frachter "Thälmann-Pionier", der am 3.7.1957 nach einer mehrwöchigen Mittelmeerreise im Rostocker Hafen festmachte, löscht gegenwärtig eine aus Albanien mitgebrachte Ladung von 549 Tonnen Frühkartoffeln, die in der befreundeten Volksrepublik unter Mithilfe deutscher Spezialisten für die DDR angebaut wurden. Mit dem erweiterten Kartoffelanbau in Albanien wird eine umfangreichere Exportmöglichkeit für das Land im Süden geschaffen und für die Bevölkerung der DDR eine bessere Versorgung mit Frühkartoffeln gewährleistet. Das für den erweiterten Kartoffelanbau notwendige Pflanzgut sowie die Mineraldüngemittel stellte die DDR zur Verfügung. UBz: Der Frachter "Thälmann-Pionier" am Kai des Hafens.
Bundesarchiv Bild 183-19638-0023, Rostock, Neptun-Werft, Ausrüstung.jpg
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Rostock, Neptun-Werft, Ausrüstung Zentralbild-Quasch.-19.8.1952 Aus der Arbeit der Neptun-Werft. Zu den 66 SAG-Betrieben, die von der Sowjetunion an die Regierung der DDR übergeben wurden, gehört auch die Neptunwerft in Rostock, die größte Werft unserer Republik. Die Kollegen der Neptun-Werft wollen das Loggerprogramm für 1952 mit der Ablieferung des 54. Loggers am 20. November vorfristig erfüllen und mit der Erprobung des ersten Frachters am "Tag der Aktivisten" beginnen, sowie den Stapellauf des zweiten Frachters am 15. September erreichen. UBz: Der am 1. Mai 1952 vom Stapel gelaufene Frachter wird in der Ausrüstung fertiggestellt.
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Rostock, Hafen, sowjetisches Forschungsschiff Zentralbild-Levermann; Rostock-20.6.1957 Sowjetisches Forschungsschiff "Michail Lomonossow" auf Probefahrt. Ein modernes Forschungsschiff, das im Auftrag der Akademie der Wissenschaften der UdSSR in der Rostocker Neptunwerft gebaut wurde, ist zu seiner ersten Probefahrt ausgelaufen. Es wurde auf den Namen des hervorragenden russischen Naturforschers "Michail Lomonossow" getauft. Das schnittige Forschungsschiff soll während des III. Internationalen Geophysikalischen Jahres, das im Juli 1957 beginnt, ozeanographische Forschungen im Atlantischen Ozean von den Ufern Grönlands bis zur Antarktis durchführen. Es wird unter anderem gemeinsam mit Fahrzeugen der Bundesrepublik und Frankreichs Untersuchungen im Bereich des Atlantischen Ozeans zwischen dem 30. und 70. Breitengrad und dem 40. Längengrad durch einem vom Internationalen Rat zum Studium der Meere in Kopenhagen bestätigten Programm anstellen. UBz: Die "Michail Lomonossow" auf Probefahrt
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