Kollegium Kalksburg

Kollegium Kalksburg
SchulformVolksschule, Gymnasium, Realgymnasium
Gründung1856
OrtKalksburg
BundeslandWien
StaatÖsterreich
Koordinaten48° 8′ 7″ N, 16° 14′ 45″ O
TrägerVereinigung von Ordensschulen Österreichs
Websitewww.kalksburg.at

Das Kollegium Kalksburg, auch bekannt als Collegium Immaculatae Virginis, ist eine römisch-katholische Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht im 23. Wiener Gemeindebezirk Liesing.

Geschichte

Collegium Immaculatae Virginis (um 1900)
In der Anlage

An Stelle des Kollegiumsgebäudes befand sich das im 18. Jahrhundert erbaute Schloss Mon Pérou. Es war der Landsitz von Fürstin Carolina von Trautson, einer Hofdame Maria Theresias, und wurde 1791 vom Hofjuwelier Franz von Mack erworben. Franz von Mack ließ den noch heute bestehenden Landschaftsgarten um das Schloss anlegen. Die Jesuiten erwarben das Schloss 1856 von August Godeffroy, dem Ehemann einer Enkelin Franz von Macks. Die Transaktion wurde von Kaiser Franz Joseph finanziell unterstützt.[1]

Das Hauptgebäude des Kollegiums wurde schrittweise und teilweise auf den Grundmauern des Schlosses Mon Pérou erbaut. Am 3. Oktober 1856 wurde der heutige untere Teil des Patrestraktes durch Kardinal Joseph Othmar von Rauscher der Unbefleckten Empfängnis geweiht, die kurz davor als römisch-katholisches Glaubensdogma verkündet worden war. Das Haus wurde von 68 Zöglingen bezogen. 1857 erfolgte die bauliche Erweiterung durch den heutigen Pfortenteil und einen spiegelbildlichen Teil zum Patrestrakt und 1858/59 wurde der dreistöckige Konviktsbau (das heutige Gymnasium) ausgeführt. Ein vom Bereich der ehemaligen Werkstätten ausgehender Großbrand vernichtete 1875 einen Teil des Gebäudes. Im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts erfolgten Umbauten, die Aufstockung des Konvikt- und Patrestraktes sowie der Bau des Musikhauses mit Turnsaal vor dem Konviktsgebäude. Die erste Ausgabe der Schulzeitschrift Kalksburger Korrespondenz erschien 1886. Im Jahr 1897 erhielt die Schule das Öffentlichkeitsrecht für alle Klassen sowie das Recht Reifeprüfungen abzuhalten, nachdem sie bereits 1891 das Öffentlichkeitsrecht für die ersten drei Klassen verliehen bekommen hatte. Von 1902 bis zu seinem Tod 1931 wirkte Pater Anton Straub als Priester und Theologe im Kollegium. 1904 wurde Karl Maria von Andlau (1865–1935) Rektor des Hauses. Später war er Ordensprovinzial und ein Vertrauter des Kaisers Karl I. von Österreich.

Nach dem Anschluss 1938 wurde das Jesuitenkollegium von den Nationalsozialisten aufgelöst. Bis 1945 war eine Polizeischule der Ordnungspolizei im Kollegiumsgebäude untergebracht. Nach dem Zweiten Weltkrieg räumten die Besatzungstruppen das Haus 1947. Im Herbst desselben Jahres wurde der Schulbetrieb wieder aufgenommen, von 1948 bis 1951 wurde ein Teil des Kollegsgebäudes weiterhin von der Sowjetarmee genutzt. Im Juli 1954 wurde die erste Nachkriegsmatura abgenommen. Die ersten Halbinternen gab es 1964, dem Jahr mit der geringsten Schüleranzahl (241) nach dem Krieg. 1968 besuchte der Generalobere des Jesuitenordens Pedro Arrupe Kalksburg. 1968 war auch das Jahr, in dem das Jesuitenkolleg Stella Matutina in Feldkirch geschlossen wurde. Wesentliche Veränderungen wurden unter dem Rektor Rudolf Reichlin-Meldegg (selbst Altkalksburger) in Angriff genommen.

Gymnasialdirektoren seit 1969
1969–1994Erich Schmutz
1994–2004Walter Schauer
2004–2017Michael Dobeš
seit 2017Irene Pichler

Mit Erich Schmutz übernahm 1969 erstmals ein Laie das Amt des Gymnasialdirektors, das bislang von Jesuiten ausgeübt wurde. Mit der Errichtung eines neuen Turnsaals kam es 1972 erstmals nach 75 Jahren wieder zu einer baulichen Erweiterung des Hauses. Die Koedukation von Knaben und Mädchen wurde 1983 eingeführt. 1990 wurde das Internat aufgelassen. Aus personellen Gründen strebten die Jesuiten die Bildung der Vereinigung von Ordensschulen Österreichs an. Das Kollegium wurde 1993 zur ersten Schule, die von diesem Trägerverein geführt wurde. Im selben Jahr wurde zusätzlich eine Volksschule eingerichtet, die mit zwei ersten Schulklassen das Schuljahr 1993/94 begann. 1999 gestaltete das Kollegium Kalksburg die Parkanlage Willergasse und errichtete die Skulptur Lebende Liesing. Im darauf folgenden Jahr war die Schule Science-Week-Preisträger und führte die Ausstellung Lebende Liesing in der Volkshalle des Wiener Rathauses durch. 1999 erfolgte der Ausbau des vierten Stocks zum Zentrum für Werken und Bildnerische Erziehung und 2001 wurde der neue Bibliothekstrakt mit angeschlossenem EDV-Saal und Schülerbuffet eröffnet. Ein Jahr darauf wurde die Fassade des Osttrakts renoviert. Der Turnsaal von 1972 wurde 2003 durch einen doppelstöckigen Neubau mit einer Kletterwand ersetzt. Zur 150-Jahr-Feier des Kollegiums im Jahr 2006 fanden zahlreiche Veranstaltungen statt, darunter eine Festmesse mit Kardinal Christoph Schönborn und eine Wallfahrt zur Basilika von Mariazell.

Im Zuge der Klasnic-Kommission, die sich mit der Aufklärung von sexuellem Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen befasste, wurden auch Fälle im Kollegium Kalksburg[2][3] untersucht. Unter anderem berichtete der ehemalige Schüler André Heller in zahlreichen Interviews von grenzwertigen Erfahrungen und gab an, Missbrauch sei „Teil einer schrecklichen Realität[4]“ gewesen.

Lage und Architektur

Hauptgebäude

Marienstatue vor dem Hauptgebäude

Das Areal des Kollegiums befindet sich im Süden Kalksburgs am Rand des Waldgebiets des Wienerwalds. Das langgestreckte Hauptgebäude ist über eine Brücke über den Liesingbach erreichbar. Es besteht aus dem viergeschoßigen Schultrakt und dem westlich in Form eines Ehrenhofs anschließenden Konvikts- und Patrestrakt. Zum Hauptgebäude gehören mehrere Kapellen. Die Marianische Kongregationskapelle und die Konviktskapelle wurden von 1895 bis 1897 errichtet und besitzen eine großteils aus der Erbauungszeit stammende Einrichtung. In der Konviktskapelle im Schultrakt ist am Altarretabel ein Maria-Immaculata-Bild von Leopold Kupelwieser angebracht und die Fenster über den Arkaden wurden von der Tiroler Glasmalereianstalt hergestellt, in der Kongregationskapelle befindet sich der Reisealtar von Napoléon Bonaparte. Die Kollegskapelle an der Rückfront des Konvikts- und Patrestrakts weist ein Fresko von Bengt Olof Kälde aus 1986 auf. Die ehemalige Schutzengelkapelle schließlich ist ein schlichter Raum aus dem Jahr 1900.[5]

Parkanlage und Nebengebäude

Silbermedaille 1906 zur 50-Jahr-Feier des Jesuitenkollegiums Kalksburg bei Wien. Vorderseite mit den Schulgebäuden.

Die Parkanlage des Kollegiums geht auf den Mack’schen Landschaftsgarten aus dem 18. Jahrhundert zurück. Beim so genannten Monument handelt es sich um einen im Stil des Architekten Claude-Nicolas Ledoux errichteten runden Pavillon im Park. Die Obelisken mit Kugel und Stern an den Innenwänden verweisen auf freimaurerische Symbolik. Die auf einer Anhöhe gelegene Michaelskapelle wurde 1858/59 durch Umbau und Erweiterung eines von Mack errichteten Dianatempels fertiggestellt. Außerdem befinden sich in der Parkanlage eine kleine chinesische Pagode, der so genannte Chineser, und der so genannte Rauchertempel, ein anlässlich der Weltausstellung 1873 in Wien für Griechenland errichteter, ursprünglich offener Pavillon, der den Schülern der 7. und 8. Gymnasialklassen als Freizeitraum diente und in dem das Rauchen im Gegensatz zum restlichen Gebäude nicht verboten war. Im ehemaligen „kleinen Garten“ Franz von Macks steht das 1787 erbaute Steinhaus, das zu den bedeutendsten profanen Bauwerken der Neugotik in Österreich zählt. Es besitzt eine bemerkenswerte Innenausstattung.[6]

Das Gelände des Kollegiums umfasst einige Sportanlagen, darunter einen großen Fußballplatz mit Tribüne, der von einer 375 Meter langen Laufbahn umgeben ist, und zwei weitere Fußballtrainingsplätze, einen Basketballplatz, ein Beachvolleyballfeld, ein Kugelstoßareal und vier Turnsäle. Früher gab es hinter dem Kollegiumsgebäude einen kleinen Schilift, zwei Tennisplätze und eine Bobbahn.

Kunstsammlung

Die Kunstsammlung im Kollegium Kalksburg umfasst vor allem zahlreiche Gemälde, die zwischen der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und Ende des 19. Jahrhunderts geschaffen wurden. Es handelt sich dabei etwa um Porträts, darunter solche von Franz von Mack und seiner Ehefrau, und um Darstellungen aus dem Leben von Jesuitenheiligen. Bemerkenswert sind das Gemälde Kreuzigung des Barockmalers Martin Johann Schmidt und das Kalksburger Kreuz, das 1911 vom Stahlschneider Michael Blümelhuber geschaffen wurde. Weiters besitzt das Kollegium eine ausgedehnte biologische und eine ethnographische Sammlung.

Bekannte ehemalige Schüler

NameMaturajahrAnmerkung
Johann Christoph Allmayer-Beck1936Historiker
Vilmos AporBischof von Győr, 1997 seliggesprochen
Johannes Attems1966Bankmanager
Ladislaus Batthyány-StrattmannArzt, 2003 seliggesprochen
Kurt Bergmann1955Journalist und Politiker (ÖVP)
Stefano Bernardin1995Schauspieler
Martin Bolldorf1966Botschafter zum Heiligen Stuhl, Kommandant des Malteser-Hospitaldienstes
Haymon Maria ButtingerSchauspieler
Franz FühmannSchriftsteller
André HellerChansonnier, Aktionskünstler, Kulturmanager, Autor und Schauspieler
Robert HochnerJournalist und ORF-Moderator (Zeit im Bild 2)
Wolfgang Jilly1959Botschafter
Daniel Kehlmann1993Schriftsteller
Johannes Kleinhappl1918katholischer Priester und Moraltheologe
Herbert Knötzl1987Kabarettist (Projekt X)
Giuseppe KoschierFußball-Nationalspieler, Schneidermeister
Alex KristanStimmenimitator und Kabarettist
Guido del Mestri1930apostolischer Nuntius
Michael MohappSchauspieler und Kabarettist
Karl NehammerPolitiker (ÖVP)
Cornelius Obonya1987Schauspieler, Musical-Darsteller und Kabarettist
Iris Ortner1992Unternehmerin (IGO Ortner Gruppe)
Robert PalfraderKabarettist
Alexander Pereira1966Kulturmanager
Theodor Piffl-Perčević1930Politiker (ÖVP)
Clemens von PirquetUniversitätsprofessor, Kinderarzt und Forscher
Heribert Rahdjian1956Politiker (Die Grünen)
Erwin Rasinger1970Arzt und Politiker (ÖVP)
Alfred zu Salm-ReifferscheidtPolitiker
Hannes-Jörg Schmiedmayer1978Quantenphysiker, Wittgenstein-Preis-Träger 2006
Felix Römer1978Schauspieler, Autor
Ivo Stanek1955Wirtschaftstreibender
Ernst Emanuel von Silva-Tarouca1878?österreichisch-böhmischer Dendrologe, Reichsratsabgeordneter
Werner Trock1982Beamter
Rudolf Ullik1918/19Kriegsmatura; Arzt und Maler
Gerald Votava1988Kabarettist (Projekt X)
Franz WeiserTheologe und Schriftsteller
Hermann Withalm1930Politiker (ÖVP)
Marlene Zeidler-Beck2006Politikerin (ÖVP)
Marie-Claire Zimmermann1993ORF-Moderatorin (Zeit im Bild 2)
Josef von Seilern und AspangOrnithologe
Prinz Ferdinand von und zu Liechtenstein1919Bankier, Mitglied des österreichischen olympischen Teams

Literatur

  • Ladislaus Velics: Das Cabinet für kirchliche Kunst im Collegium S. J. zu Kalksburg bei Wien. Kaiserlich-königliche Hof- u. Staatsdruckerei, Wien 1900

Behandlung in Kunst und Kultur

Das Kollegium Kalksburg findet im 2023 veröffentlichten Schulroman Echtzeitalter vom Autor Tonio Schachinger Erwähnung.[7]

Weblinks

Commons: Kollegium Kalksburg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Belege

  1. Ferdinand Opll: Liesing: Geschichte des 23. Wiener Gemeindebezirks und seiner alten Orte. Jugend und Volk, Wien 1982, ISBN 3-7141-6217-8, S. 99
  2. Schulbrüder bestreiten Missbrauchs-Vorwürf. In: derStandard.at. Abgerufen am 25. März 2016.
  3. Missbrauchsopfer klagt Jesuiten und Lehrer. In: kurier.at. Abgerufen am 25. März 2016.
  4. André Heller: Missbrauch im Jesuiten-Internat miterlebt. In: DiePresse.com. Abgerufen am 25. März 2016.
  5. Dehio-Handbuch Wien. X. bis XIX. und XXI. bis XXIII. Bezirk. Hrsg. v. Bundesdenkmalamt. Anton Schroll, Wien 1996, ISBN 3-7031-0693-X, S. 691–693
  6. Dehio-Handbuch Wien. X. bis XIX. und XXI. bis XXIII. Bezirk. Hrsg. v. Bundesdenkmalamt. Anton Schroll, Wien 1996, ISBN 3-7031-0693-X, S. 723
  7. Tonio Schachinger: Echtzeitalter. 1. Auflage. Rowohlt, Hamburg 2023, ISBN 978-3-498-00317-3, S. 27.

Auf dieser Seite verwendete Medien

Austria Bundesadler.svg
Wappen der Republik Österreich: Nicht gesetzeskonforme Version des österreichischen Bundeswappens, umgangssprachlich „Bundesadler“, in Anlehnung an die heraldische Beschreibung des Art. 8a Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz mit zwar nach Wappengesetz detailliertem, aber schwarzem statt grauem Gefieder, mit zu grellem Gelb sowie mit inkorrekter Darstellung des Bindenschilds, da die weiße Binde zu breit und der untere rote Balken zu schmal sowie der Spitz, statt halbrund zu sein, zu flach gerundet ist:

Das ursprüngliche Staatswappen wurde in der ersten Republik Österreich im Jahr 1919 eingeführt. Im austrofaschistischen Ständestaat wurde es im Jahr 1934 wieder abgeschafft und, im Rückgriff auf die österreichisch-ungarische Monarchie, durch einen Doppeladler ersetzt. In der wiedererstandenen (zweiten) Republik im Jahr 1945 wurde das Bundeswappen mit dem Wappengesetz in der Fassung StGBl. Nr. 7/1945 in modifizierter Form wieder eingeführt. Der Wappenadler versinnbildlicht, diesem Gesetzestext entsprechend (Art. 1 Abs. 1), „die Zusammenarbeit der wichtigsten werktätigen Schichten: der Arbeiterschaft durch das Symbol des Hammers, der Bauernschaft durch das Symbol der Sichel und des Bürgertums durch das Symbol der den Adlerkopf schmückenden Stadtmauerkrone […]. Dieses Wappen wird zur Erinnerung an die Wiedererringung der Unabhängigkeit Österreichs und den Wiederaufbau des Staatswesens im Jahre 1945 dadurch ergänzt, dass eine gesprengte Eisenkette die beiden Fänge des Adlers umschließt.“

Mit dem Bundesverfassungsgesetz vom 1. Juli 1981, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 geändert wird, BGBl. Nr. 350/1981, wurden die Wappengesetze von 1919 und 1945 außer Kraft gesetzt und dem Text des Bundes-Verfassungsgesetzes mit Artikel 8a B-VG eine Verfassungsbestimmung über die Farben, die Flagge und das Wappen der Republik Österreich hinzugefügt. Mit der Neuverlautbarung des Wappengesetzes mit BGBl. Nr. 159/1984 in § 1 in der grafischen Umsetzung der Anlage 1 wurde das Bundeswappen in seiner aktuellen Version eingeführt.
Wien 23 Kollegium Kalksburg b.jpg
Autor/Urheber: Gugerell, Lizenz: CC0
Kollegium Kalksburg in Wien 23
Wien 23 Kollegium Kalksburg d.jpg
Autor/Urheber: Gugerell, Lizenz: CC0
Kollegium Kalksburg in Wien 23
Collegium Immaculatae Virginis Kalksburg 1900.png
Autor/Urheber:

unbekannt

, Lizenz: PD-alt-100

Collegium Immaculatae Virginis, Kalksburg

Jesuit College Silver Medal 1906 Commemorating 50 Years Kollegium Kalksburg near Vienna.Obverse..jpg
Medallion d.= 36mm. 19 g Ag

View of the School within mountains near Vienna, "KALKSBURG" in exergue, curved above "1856 - 1906."/ Maria Immaculata standing on Satan, around: "TOTA PULCHRA ES AMICA MEA ET MACULA NON EST IN TE". Wurzbach 4201.

Condition: EXTREMELY FINE, original loop, old patina.
Wien 23 Kollegium Kalksburg c.jpg
Autor/Urheber: Gugerell, Lizenz: CC0
Kollegium Kalksburg in Wien 23