Rübsen-Blattwespe
Rübsen-Blattwespe | ||||||||||||
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Eine Rübsen-Blattwespe auf einer Pastinakenblüte. | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Athalia rosae | ||||||||||||
(Linnaeus, 1758) |
Die Rübsen-Blattwespe[1][2][3][4][5][6] oder Kohlrüben-Blattwespe[2][7] (Athalia rosae) ist eine Pflanzenwespe aus der Familie der Echten Blattwespen (Tenthredinidae). Fälschlich wurde die Art auch als „Rübenblattwespe“ bezeichnet, jedoch fressen ihre Larven nicht an Rüben (Beta spp.)[3][8].
Lange Zeit war die Art unter dem Namen Athalia colibri (Christ, 1791)[7][9] bekannt. Die Untersuchung von Material in der Sammlung von Carl von Linné, das als Typenmaterial von rosae gedeutet wurde, resultierte in einem verwirrenden Wechsel der Artbezeichnungen[10]. Demzufolge wurde der Artname rosae einer Athalia-Art zugesprochen, die an Kreuzblütlern[11] jedoch keinesfalls an Rosen (Rosa spp.) frisst.
Merkmale
Die Imagines von Athalia sind 6–8 Millimeter lang. Sie unterscheiden sich von anderen Echte Blattwespen durch 10-gliedrige, leicht gekeulte Fühler. Ihr Kopf ist überwiegend schwarz, Thorax und Abdomen sind überwiegend gelbrot gefärbt, der Vorderrand der Vorderflügel ist breit schwarz, die Spitzen der Tibien und Tarsen sind schwarz geringelt. Bei den meisten Athalia-Arten ist die Oberseite des Thorax ganz oder überwiegend schwarz. Die Rübsen-Blattwespe unterscheidet sich von den anderen europäischen Arten durch das in der Mitte gelbrot gefärbte Mesonotum und Mesoscutellum.
Die Larven werden bis zu 17 mm lang. Sie sind anfangs graugrün, später schwarzgrau und haben die typische Gestalt einer Afterraupe. Der Rumpf trägt keine Warzen oder Beborstung. Die Stigmen liegen in einem hellen Längsband, das anderen europäischen Athalia-Arten fehlt[12].
Vorkommen
Die Tiere sind in Mitteleuropa weit verbreitet[13] und sehr häufig[11]. Insbesondere im Sommer ist sie in Deutschland stellenweise die am häufigsten zu beobachtende Pflanzenwespenart[14]. Die Imagines sind in Gärten und in der offenen Landschaft von Mai bis Oktober häufig auf den Blüten von Doldenblütlern (Apiaceae) zu beobachten. Entgegen Literaturmeldungen[2] wurde die Rübsen-Blattwespe nicht nach Nordamerika und Südafrika eingeschleppt[15][16].
Derzeit werden zwei Unterarten unterschieden: Athalia rosae rosae (Linné, 1758) ist in der Westpaläarktis weit verbreitet, Athalia rosae ruficornis Jakovlev, 1888 kommt in der Ostpaläarktis vor (z. B. China, Indien, Japan, Korea, Nepal)[17].
Lebensweise, Schadauftreten, Bekämpfung
Imagines treten ab Mai bis spät in den Herbst hinein auf. Bei Massenvermehrungen sind Migrationen zu beobachten[14]. Weibchen sind meist häufiger als die Männchen, schlüpfen früher und leben länger[3]. Die Weibchen legen 100–150 Eier in die Blattränder der Wirtspflanzen. Die Larven schlüpfen nach 4–12 Tagen und verursachen zunächst Lochfraß in den Blättern von der Unterseite aus und später meist Kahlfraß. Auch Blüten und Fruchtstände werden gefressen[2]. Die Larve verzehrt täglich etwa die Masse ihres Anfangskörpergewichtes an Blattgewebe[18]. Die Verpuppung erfolgt nach etwa 4 Wochen 2–5 cm tief in der Erde in einem Kokon[2]. Die Länge der Diapause wird in erster Linie durch die Photoperiode und weniger durch die Temperatur[18] oder Trockenheit[19] beeinflusst. Eine zweite Generation der Imagines tritt im Juli–August auf[2][9]. Bei günstigen Witterungsverhältnissen kann es zur Entwicklung von bis zu drei Generationen kommen. Die Entwicklungsgeschwindigkeit ist stark temperaturabhängig, wobei höhere Temperaturen die Embryonalentwicklung und die Gesamtdauer der Fraßperiode verkürzen. Manchmal tritt die erste Generation schädlich auf[3], manchmal eine spätere[12]. Der Massenwechsel wird weitgehend von den Wirtspflanzen beeinflusst[4][20].
Die Larven fressen an Kreuzblütlern[1][11], wie beispielsweise an sämtlichen Kohlarten (Brassica spp., z. B. Raps, Weißer Senf, Rübsen) und sind deswegen Schädlinge in der Landwirtschaft.
Bei Untersuchungen in Thüringen konnten nur für die Raupenfliege (Tachinidae) Tachina rustica Meigen eine Parsitierungsrate von bis zu 74,4 % festgestellt werden. Ein starkes Auftreten von Marienkäfern kann den Athalia-Bestand erheblich vermindern. Die Parasitierung durch Ichneumoniden und Befall durch den Pilz Isaria farinosa spielt in der Kontrolle der Populationsgröße von Rübsen-Blattwespen eine untergeordnete bzw. keine Rolle[5].
Bereits ab zwei Larven je Senfpflanze wurde in der Vergangenheit aus wirtschaftlichen Gründen Bekämpfungsmaßnahmen empfohlen[6]. Diese erfolgt vorzugsweise mit Insektiziden[6][21].
Einzelnachweise
- ↑ a b Taeger, A. 1982: Übersicht über die Biologie der Rübsenblattwespe Athalia rosae (L.) (Hym., Symphyta, Tenthredinidae) und Untersuchungen zur standardisierten Zucht der Art. Diplomarbeit, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Sektion Pflanzenproduktion, LK Phytopathologie und Pflanzenschutz, Halle/Saale, [2]+63+[1] S.
- ↑ a b c d e f Klausnitzer, B. 1978: Hautflügler. In: Fritzsche, R. (Hrsg.): Pflanzenschädlinge. Leipzig, Radebeul, Neumann Verlag 9: 1-212.
- ↑ a b c d Reich, R. 1961: Beiträge zur Biologie der Rübsenblattwespe (Athalia rosae L.). Nachrichtenblatt für den Deutschen Pflanzenschutzdienst, Neue Folge 15(8): 161-175.
- ↑ a b Reich, R. 1961: Untersuchungen über die Epidemiologie der Rübsenblattwespe (Athalia rosae L.). Nachrichtenblatt für den Deutschen Pflanzenschutzdienst, Neue Folge 15(12): 245-252
- ↑ a b Reich, R. 1962: Natürliche Feinde der Rübsenblattwespe (Athalia rosae L.). Nachrichtenblatt für den Deutschen Pflanzenschutzdienst, Neue Folge 16(2): 33-37
- ↑ a b c Reich, R. 1962: Über die Möglichkeiten einer Bekämpfung der Rübsenblattwespe (Athalia rosae L.) vom Standpunkt der Wirtschaftlichkeit. Nachrichtenblatt für den Deutschen Pflanzenschutzdienst, Neue Folge 16(6): 101-111
- ↑ a b Frey, W. 1949: Über die Wirksamkeit neuerer Kontaktinsektizide auf die Kohlrübenblattwespe (Athalia colibri Christ) und die gelbe Stachelbeerblattwespe (Pteronus ribesii Scop.). Anzeiger für Schädlingskunde 22: 129-134.
- ↑ Taeger, A.; Blank, S. M.; Kraus, M. 2011: Unterordnung Symphyta – Pflanzenwespen. Pp. 575-577, 586-617. In: Oehlke, J. (ed.): Hymenoptera – Hautflügler. Pp. 572-681. In: Klausnitzer, B. (ed.): Exkursionsfauna von Deutschland. Band 2. Wirbellose: Insekten. 11., neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg.
- ↑ a b Behr, L. & Eichler, W. 1948: Kahlfraß an Senf durch die Rübenblattwespe (Athalia colibri). Nachrichtenblatt für den Deutschen Pflanzenschutzdienst, Neue Folge 2: 3-5.
- ↑ Malaise, R.; Benson, R. B. 1934: The Linnean Types of Sawflies (Hymenoptera, Symphyta). Arkiv för Zoologi 26(4[A20]): 1-14.
- ↑ a b c Taeger, A.; Altenhofer, E.; Blank, S. M.; Jansen, E.; Kraus, M.; Pschorn-Walcher, H.; Ritzau, C. 1998: Kommentare zur Biologie, Verbreitung und Gefährdung der Pflanzenwespen Deutschlands (Hymenoptera, Symphyta). Pp. 49-135. In: Taeger, A. & Blank, S. M. (eds): Pflanzenwespen Deutschlands (Hymenoptera, Symphyta). Kommentierte Bestandsaufnahme. Goecke & Evers, Keltern.
- ↑ a b Lorenz, H. & Kraus, M. 1957: Die Larvalsystematik der Blattwespen (Tenthredinoidea und Megalodontoidea). Abhandlungen zur Larvalsystematik der Insekten 1: 1-389.
- ↑ Taeger, A.; Blank, S. M.; Liston, A. D. 2006: European Sawflies (Hymenoptera: Symphyta) – A Species Checklist for the Countries. Pp. 399-504. In: Blank, S. M.; Schmidt, S.; Taeger, A. (eds.): Recent Sawfly Research: Synthesis and Prospects. Goecke & Evers, Keltern
- ↑ a b Scholz, A. 2004: Ökofaunistische Untersuchungen zur Bedeutung von Habitatinseln, insbesondere Feldgehölzen, in der Agrarlandschaft, untersucht am Beispiel der Pflanzenwespen (Symphyta), Grabwespen (Sphecidae) und Schwebfliegen (Syrphidae). Tharandt, Technische Universität Dresden, Dissertation [1-6]+1-177, I-LIV.
- ↑ Blank, S.M., Groll, E.K., Liston, A.D., Prous, M. & Taeger, A. 2012: ECatSym – Electronic World Catalog of Symphyta (Insecta, Hymenoptera). Program version 4.0 beta, data version 39 (18. Dezember 2012). Digital Entomological Information, Müncheberg. http://sdei.senckenberg.de/ecatsym/
- ↑ Smith, D. R. 1979: Suborder Symphyta. Pp. 3-137. In: Krombein, K. V.; Hurd, P. D., Jr.; Smith, D. R. and Burks, B. D. (eds): Catalog of Hymenoptera in America North of Mexico. Volume 1, Symphyta and Apocrita (Parasitica). Smithsonian Institution Press, Washington D.C. 1: xvi + 1198.
- ↑ Taeger, A.; Blank, S. M.; Liston, A. D. 2010: World Catalog of Symphyta (Hymenoptera). Zootaxa 2580: 1-1064. http://www.mapress.com/zootaxa/2010/f/z02580p1064f.pdf
- ↑ a b Ohnesorge, B. 1979: Beobachtungen zur Biologie der Rübsenblattwespe Athalia rosae L. (Hymenoptera, Tenthredinidae). Anzeiger für Schädlingskunde, Pflanzenschutz Umweltschutz 52: 70-73.
- ↑ Reich, R. 1961: Zur Diapause der Rübsenblattwespe (Athalia rosae L.). Nachrichtenblatt für den Deutschen Pflanzenschutzdienst, Neue Folge 15(9): 195-197.
- ↑ Reich, R. 1961: Ermittlung der Befallsgebiete und Häufigkeit des Auftretens der Rübsenblattwespe (Athalia rosae L.) in den Bezirken Erfurt, Gera und Suhl. Nachrichtenblatt für den Deutschen Pflanzenschutzdienst, Neue Folge 15(4): 70-73
- ↑ Baur, R.; Heller, W.; Neuweiler, R. 2006: Pflanzenschutzmittel für Kohlrabi 2006. Produits phytosanitaires pour Chou-pomme 2006. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 22. Juli 2007 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
Weblinks
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Autor/Urheber: Michael Becker, Lizenz: CC-BY-SA-3.0
Athalia rosae auf Pastinaca sativa bei Neuss (Deutschland).
Autor/Urheber: Donald Hobern from Copenhagen, Denmark, Lizenz: CC BY 2.0
Athalia rosae (Linnaeus, 1758), larva, Søborg, Denmark, 8 August 2015