Kochhart
Kochhart Kochhartgraben, Kochenhartgraben | ||
Kochhart(graben) im NSG „Kochhartgraben und Ammertalhänge“ bei Reusten | ||
Daten | ||
Gewässerkennzahl | DE: 238162 | |
Lage | Baden-Württemberg; Deutschland | |
Flusssystem | Rhein | |
Abfluss über | Ammer → Neckar → Rhein → Nordsee | |
Ursprung | Quelle des Tiefenschleipf: zwischen Ober- und Unterjettingen 48° 32′ 21″ N, 8° 49′ 22″ O | |
Quellhöhe | des Tiefenschleipf: ca. 550 m ü. NHN[1] des Haldengrabens: | |
Mündung | in Reusten in die AmmerKoordinaten: 48° 32′ 26″ N, 8° 55′ 21″ O 48° 32′ 26″ N, 8° 55′ 21″ O | |
Mündungshöhe | ca. 391 m ü. NHN[1] | |
Höhenunterschied | ca. 159 m | |
Sohlgefälle | ca. 10 ‰ | |
Länge | 15,7 km[1] mit linkem Oberlauf Tiefenschleipf | |
Einzugsgebiet | 46,042 km²[1] |
Die Kochhart ist der mit fast 16 Kilometern auf dem Hauptstrang längste Nebenbach des Neckarzuflusses Ammer im mittleren Baden-Württemberg. Er wird auch als Kochhartgraben oder Kochenhartgraben bezeichnet und mündet nach einem Lauf in südöstlicher bis ostnordöstlicher Richtung in Reusten von rechts in die Ammer.
Geographie
Verlauf
Die Kochhart fließt am Nordrand des Gemeindegebietes von Bondorf aus ihrem amtlich als Hauptoberlauf angesehenen linken Oberlauf Tiefenschleipf und ihrem rechten Oberlauf Haldengraben zusammen. Der Tiefenschleipf entsteht zwischen Ober- und Unterjettingen, läuft anfangs östlich, dann länger südöstlich, nimmt zuletzt von rechts und vom Nordrand Mötzingens her das unbeständige Zigeunerbrünnle auf, bis er sich nach 7 km mit dem kürzeren Haldengraben vereint, der am Südrand von Mötzingen entsteht und durchweg etwa ostnordöstlich zieht.
Die Kochhart selbst fließt von da an ostsüdöstlich bis ostnordöstlich durchs Bondorfer Gemeindegebiet, wechselt dann über in das von Hailfingen, wo sie den Ort selbst nördlich passiert und erreicht danach Reusten, wo sie nach 15,7 km ab dem Tiefenschleipf-Ursprung und 8,7 km nach dem Zusammenfluss ihrer Oberläufe von rechts in die Ammer einfließt.
Bemerkenswert ist der untere Abschnitt des Kochhart- oder Kochenhartgrabens bei Reusten, ein ungefähr fünfzig Meter tiefer Geländeeinschnitt mit einem Bach, Felsen und Kalkmagerrasen, der als 107 ha großes Naturschutzgebiet ausgewiesen ist. Es ist mit seinen Kalkfelsen eines der schönsten Täler des Landkreises. Das Naturschutzgebiet „Kochhartgraben und Ammertalhänge“ besteht aus acht Teilgebieten, wobei der Kochhartgraben die größte Fläche einnimmt.[2]
Zuflüsse
Neben kleineren hat die Kochhart unterhalb ihres Zusammenflusses zwei große Zuflüsse, beide von rechts. Der Schelmengraben entsteht bei den Herdweghöfen westlich von Bondorf, durchfließt das Dorf und mündet schließlich östlich von Bondorf, der längere Oberlauf Weihergraben des danach bei Hailfingen mündenden Förenlochgrabens nimmt seinen Anfang im Süden von Bondorf.
Geologische Beschreibung
Der Kochhartgraben ist, weil der lokale Muschelkalk stark verkarstet ist, weithin ein Trockental. Sein Einzugsgebiet liegt im Regenschatten des Schwarzwaldes und ist mit einer jährlichen Niederschlagsmenge von knapp unter 700 mm eines der trockeneren Gebiete in Baden-Württemberg. Der von mehreren Quellen im Lettenkeuper gespeiste, von Westen her kommende kleine Bach versickert bei Hailfingen nach und nach im Untergrund. Früher floss gar kein Wasser oberirdisch über die Gemarkungsgrenzen nach Reusten (Schmidt 1923). Heute sorgt die an der Straße von Hailfingen nach Tailfingen liegende, mechanisch-biologische Kläranlage für den Stadtteil Hailfingen der Stadt Rottenburg am Neckar und die Gemeinde Bondorf für einen kontinuierlichen Wasserzufluss. Aus der Kläranlage fließen bei Trockenwetter 400 bis 600 m³ Wasser pro Tag ab. Auch dieses Wasser versickert zwar zu einem großen Teil, doch trocknet der Bach im weiteren Talverlauf nirgendwo mehr völlig aus.[3]
Ammer und Kochhart haben sich bei Reusten tief in eine Muschelkalkschicht eingegraben – die Kochhart formte dabei den Kochhartgraben. Beide Bäche durchschneiden den so genannten Reustener Sattel, der sich vor rund fünf Millionen Jahren im Pliozän aufwölbte. Damals hoben sich auch Schwäbische Alb und Schwarzwald und Ammer und Kochhart flossen wohl schon auf den heutigen Strecken. Der Untergrund stieg so langsam empor, dass ihnen genügend Zeit blieb, sich ins Gestein einzutiefen, ohne ihren Lauf ändern zu müssen.[4]
Am Ende des Kochharttals befindet sich der etwa 500 Meter lange, schmale linke Mündungssporn Kirchberg über Reusten, benannt nach einer Kirche, die früher beim Friedhof auf der Höhe stand. Dort etwa ist das Zentrum des ovalen, im Durchmesser zwei bis vier Kilometer großen Muschelkalk-Sattels und man hat an der Stelle guten Längsblick in die beiden Canyons, die Ammer und Kochhart in diesen eingeschnitten haben.
Vegetation
Die linke Talseite des Kochhartgrabens ist verhältnismäßig steil. Auf ihrer ganzen Länge ein Südhang, ist sie mit einem Halb-Trockenrasen bedeckt und wurde seit jeher als Schafweide genutzt. Die ganztägige Besonnung sorgt für einen Reichtum an Pflanzenarten: Küchenschellen, Frühlingsfingerkraut, blaue Scilla, Zypressenwolfsmilch, Sichelblättriges Hasenohr, Bocks-Riemenzunge, das Helmknabenkraut, die Händelwurz, deutscher Enzian, Fransenenziane, Kalk-, Gold- und Silberdistel.[5]
Geschichte
Der aus dem Hauptmuschelkalk herausgetretene Kirchberg zählt zu den ältesten Siedlungsgebieten Württembergs, hier wurden Funde aus der Stein- und Bronzezeit entdeckt. Auch eine umfangreiche mittelalterliche Burganlage ist hier nachgewiesen. Ungefähr 6,5 m nordwestlich der Kirchhofmauer quert ein etwa 20 m langer, in der Mitte noch 0,5 m hoher Wall den Rücken. Vor ihm ist kein Graben, doch zwischen Wall und Kirchhofstor liegt eine flache Mulde. Demnach handelt es sich wahrscheinlich um den Außenwall eines jetzt aufgefüllten Abschnittgrabens. Der eigentliche Stirnwall der Anlage dürfte sich bereits innerhalb des Friedhofs befunden haben. Auf halber Höhe der steilen Südwestseite des Berges zog früher ein weiterer Wall entlang, der in neuerer Zeit durch den dort betriebenen Steinbruch zerstört wurde. Man erkennt noch verschiedene Wälle, über die der Weg westlich am Friedhof vorbeiführt.
Die Burg Kräheneck, deren Grundriss fünfeckig war, errichteten die Grafen von Nagold und später Tübingen durch den Ausbau einer alemannischen Fluchtburg als Gerichtsstandort; sie wurde ungefähr von 1000 bis 1200 n. Chr. genutzt. Kräheneck war eine typische Zungenburg, die an drei Seiten durch ihre natürliche Lage geschützt war. In den Jahren 1921 bis 1929 unternahm die Universität Tübingen hier Ausgrabungen.
Im Steinbruch am Kirchberg, den die Stadt Tübingen von 1932 bis 1970 zur Schottergewinnung betrieb, liegt heute ein See, der direkt an den Kirchberg stößt.[6]
Nutzung
Bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts baute man auf einem großen Teil der Hänge Wein an; nicht nur am Südhang des Kochhartgrabens – hier bis 1828 –, sondern auch am Breiten Berg zwischen Altingen und Reusten, im Augental und am Kornberg an der Straße zwischen Poltringen und Reusten. Weinbergmauerreste lassen dies bis heute erkennen. Danach nutzte man die Hänge für den Anbau von Streuobst und legte hier Gärten an; überwiegend jedoch machte man aus ihnen Schafweiden. Ein großer Teil liegt heute brach.
Muschelkalk wurde im vorigen Jahrhundert in Steinbrüchen abgebaut, zur Schottergewinnung und seltener auch zur Gewinnung von Bausteinen aus dem anstehenden Nodosuskalk. Die inzwischen aufgelassenen Brüche liegen zum Teil heute noch brach, in ihren Gruben stehen Grundwasserseen. Den von 1935 bis 1944 abgebauten Muschelkalk vom westlichen Teil der Halde auf Hailfinger Gemarkung verwendete man zum Bau eines Militärflugplatzes,[7] der Bruch war das KZ-Außenlager Hailfingen-Tailfingen.
Autobahnbrücke
Die Autobahn A 81 überquert den Kochhart-Graben, der auch Kochenhartgraben genannt wird, zwischen den Ausfahrten Herrenberg und Rottenburg am Neckar auf einer 30 Meter hohen und 252 Meter langen Autobahnbrücke[8].
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) (Hinweise)
- ↑ Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: Kurze Beschreibung mit Link auf Übersichtskarte und Schutzgebietsverordnung) (
- ↑ Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: „Pflege und Entwicklungsplan zum Naturschutzgebiet. Kochhartgraben und Ammertalhänge“, herausgegeben von der Bezirksstelle für Naturschutz und Landschaftspflege Tübingen (PDF; 20 kB)) (
- ↑ „Die Erde wirft in Reusten Wellen“, Schwäbisches Tagblatt das.magazin (Memento des Originals vom 8. Mai 2008 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Gerhard Strnisko „Naturschutz im Tübinger Gau“ (PDF; 4,8 MB)
- ↑ Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: Landschaftsschutzgebiet Kirchberg und Kochhartgraben) (
- ↑ Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: Auszug aus dem Pflege und Entwicklungsplan zum Naturschutzgebiet (PDF; 20 kB)) (
- ↑ Kochhartgrabenbrücke
Weblinks
Auf dieser Seite verwendete Medien
Panaoramabild des Kochhardgraben vom 10. August 2008; Naturschutzgebiet „Kochhartgraben und Ammertalhänge“
Autor/Urheber: Bonho1962, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Blick ins Kochharttal vom Kirchberg in Reusten aus (Naturschutzgebiet „Kochhartgraben und Ammertalhänge“).
Autor/Urheber: Bonho1962, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Schafe im Kochharttal (NSG Kochhartgraben und Ammertalhänge). Sie sind wichtig, um den Halb-Trockenrasen vor Verbuschung zu schützen.
Autor/Urheber: BStef77, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Der Kirchberg in Reusten im Landkreis Tübingen
(c) Tom188, CC-BY-SA-3.0
Kochhartgraben bei Reusten; Naturschutzgebiet „Kochhartgraben und Ammertalhänge“
Autor/Urheber: Bonho1962, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Ein Schild am Zugang zum Naturschutzgebiet Kochhartgraben und Ammertalhänge
Autor/Urheber: Michael Apel, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Kochhart(graben) im Naturschutzgebiet „Kochhartgraben und Ammertalhänge“ bei Reusten
Autor/Urheber: Bonho1962, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Kochhartgraben bei Reusten am 11. Januar 2009. Man erkennt deutlich den nach Süden ausgerichten Hang mit Halbtrockenrasen, auf dem der Schnee schneller schmilzt. Naturschutzgebiet „Kochhartgraben und Ammertalhänge“.