Kloster St. Ulrich und Afra (Augsburg)

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Territorium im Heiligen Römischen Reich
Reichsstift St. Ulrich und Afra
Wappen
Wappen Reichsstift St. Ulrich und Afra Augsburg.png
Karte
Reichsstadt Augsburg Territorium - Pfeffel 1746.png
Lage des Klosters und Sitz der Reichsabtei im Süden der Stadt (dunkelrot links neben dem Buchstaben "S" von "AUGSPURG") Karte von Johann Andreas Pfeffel, 1746.
Lage im Reichskreis
Historische Landkarte vom Schwäbische Reichskreis um 1680.jpg Karte von um 1680
AlternativnamenReichsabtei
Entstanden ausbischöflichem Eigenkloster; Reichskloster
HerrschaftsformStändestaat; Wahlmonarchie
Herrscher/
Regierung
Reichsabt
Heutige Region/enDE-BY
ReichstagIm Reichsfürstenrat vertreten durch 1 Kuriatsstimme auf der Rheinischen Prälatenbank
Reichsmatrikelzeitweise (17./18. Jahrhundert) 5 Fußsoldaten oder 20 Gulden
ReichskreisSchwäbischer Reichskreis
Kreistagnicht vertreten
Hauptstädte/
Residenzen
Augsburg, St. Ulrich und Afra
Konfession/
Religionen
römisch-katholisch
Sprache/nDeutsch, Lateinisch
Aufgegangen in1802/03 an Reichsstadt Augsburg und Kurfürstentum Bayern; 1805/05 mir Augsburg ganz an das Königreich Bayern
Stiftskirche und Abtei, Abbildung aus dem Seld-Plan von 1521
Benediktinerabtei St. Ulrich und Afra Illustration von 1627
St. Ulrich und die zur Kaserne umfunktionierten ehemaligen Klostergebäude, ca. 1900
St. Ulrich und Ulrichsviertel, hinter der Kirche steht anstelle des Klosters seit 1975 ein Tagungshotel

Das Kloster Sankt Ulrich und Afra war eine Reichsabtei des Benediktinerordens in der südlichen Altstadt von Augsburg in Bayern auf dem Gelände des heutigen Hauses Sankt Ulrich.

Geschichte

Vom Kloster zur Reichsabtei

Die Anfänge des geistlichen Lebens werden in einer benediktinischen Mönchsgemeinschaft nach 743 vermutet. Besser belegt ist, dass ein hier bestehendes Kollegiatstift St. Afra zwischen 1006 und 1012 (nach Klostertradition 1012) durch Bischof Brun, Bruder Kaiser Heinrichs II., in ein Benediktinerkloster umgewandelt wurde, das unter einem ersten Abt Reginbald neu mit Mönchen aus der Abtei Tegernsee besetzt wurde. Die Kanoniker gingen an die Domkirche. 1323 nahm der spätere Kaiser Ludwig IV. der Bayer das Kloster in Schutz. Im Jahr 1410 erlangte Abt Johannes Kissinger (1403–1428) die Pontifikalien. Die heutige 1474 begonnene[1] ehemalige Abteikirche wurde 1500 bei der Grundsteinlegung des Chores von Kaiser Maximilian I. zum „Reichsgotteshaus“ erklärt. Trotz päpstlicher und kaiserlicher Privilegien konnte sich das Kloster bis zum Ausgang des Mittelalters nicht von der bischöflichen Abhängigkeit befreien.

Berühmtheit erlangte das Kloster durch seine umfangreiche Bibliothek. So entstanden dort in den Schreibstuben Chroniken, Heiligenviten und Notenschrifte. Noch kurz vor ihrer Auflösung verfügte die Abtei über 689 Handschriften und 1000 Frühdrucke. Die meisten Werke sind bis heute erhalten.[2] Durch die Melker Reform im 15. Jahrhundert gelangte das Kloster zu einer zweiten Blüte und war zeitweise eines der bedeutendsten Stifte Süddeutschlands.[3] Auch für die Entwicklung der Kalligrafie und Typografie spielte das Kloster eine prägende Rolle: Mit Beginn des Buchdrucks wurde Günther Zainer 1468 der erste Drucker der Inkunabelzeit in Augsburg. Er leitete die Druckerei des Klosters und schuf gedruckte Bücher von hoher Qualität und Schönheit nach dem Vorbild mittelalterlicher Handschriften. Der Schreiber und Subprior Pater Leonhard Wagner war der bedeutendste Kalligraph der deutschen Renaissance, er entwickelte auch eigene Schriftarten.

In der Reformationszeit, mit dem Verbot der katholischen Messe 1537 in Augsburg, entschlossen sich die Mehrzahl der Benediktiner für ein konfessionelles Exil in Unterwittelsbach. Nach der Rückkehr 1548 begann unter Abt Jakob Köplin ein Kampf um die weltliche Unabhängigkeit vom Hochstift Augsburg. 1577 erlangte das Kloster schließlich den Rang einer freien Reichsabtei. Auch nach Erwerb der Reichsunmittelbarkeit galt das Stift in Schwaben nur als Insasse. Das Hochgericht behielt sich die Markgrafschaft Burgau vor.[4] Mit dem Hochstift Augsburg wurde ein Streit um die Reichsstandschaft geführt und erst 1643/44 von Bischof und Kaiser endgültig anerkannt. Obwohl nicht in der Reichsmatrikel verzeichnet, wurde St. Ulrich und Afra im Schwäbischen Reichskreis zur Gestellung von Soldaten herangezogen.

Säkularisation

Das Kloster wurde 1802 im Zuge der Säkularisation aufgelöst. Bereits im September 1802 hatten Soldaten der kurbayerischen Infanterie die Reichsabtei besetzt. Um wenigstens den Fortbestand seines Konvents zu sichern, bat der letzte Reichsabt Gregor Schäffler noch am 20. Oktober 1802 das Kurfürstentum Bayern um die Umwandlung in ein landsässiges Kloster. Mit dem Verzicht des Kurfürstentums Bayern auf das Areal ging die Landeshoheit auf die Reichsstadt Augsburg über.[5] Noch bis 1805 verblieben die Mönche im aufgehobenen Kloster. Der Besitz wurde dann zwischen der Stadt und dem Staat aufgeteilt. Die Abteikirche wurde 1810 zur Stadtpfarrkirche.

1805 wurden ein Militärspital und eine Kaserne für die Kavallerie unter dem Namen Ulrichskaserne in der Klosteranlage eingerichtet. Eine neue Benediktinergemeinschaft in Augsburg wurde 1835 als Abtei St. Stephan gegründet. Die Kaserne blieb bis zum Zweiten Weltkrieg bestehen, als im Februar 1944 bei einem Luftangriff große Teile der Stadt zerstört wurden. Nachdem die Trümmer erst 1968–1971 beseitigt wurden, steht das Tagungshotel Sankt Ulrich der Diözese Augsburg seit 1975 an dieser Stelle.

Territorium

Dem Stift gehörten zeitweise mehr als 300 Siedlungen. Diese waren seit dem 15. Jahrhundert in Baudingbezirke unterteilt, wie Bonstetten, Reinhartshofen, Häder und Erkhausen. Zu den weiteren Besitzungen gehörten die Hofmarken Dasing und Unterliezheim sowie die Herrschaft Finningen. Für Unterliezheim, das unter pfalz-neuburgischer Landeshoheit stand, war der Abt von St. Ulrich und Afra pfalz-neuburgischer Landstand. Wegen hoher Schulden verlor das Stift zwischen 1755 und 1788 einen großen Teil seines Grundbesitzes. 1802 besaß St. Ulrich und Afra in und um Augsburg neben 100 Häusern, Gärten, Wiesen, Änger, Mühlen und die obere Lechbrücke samt Zollhaus.[6]

Liste ehemaliger Besitzungen

Wappen mit Bezug zum Stift

Liste der Äbte

Literatur

  • Norbert Hörberg: Libri sanctae Afrae. St. Ulrich und Afra im 11. und 12. Jahrhundert. Studien zur Geschichte des Augsburger Benediktinerklosters unter besonderer Berücksichtigung der bibliothekarischen Überlieferungen, Göttingen 1981.
  • Manfred Weitlauff (Hrsg.): Benediktinerabtei St. Ulrich und Afra in Augsburg (1012–2012). Geschichte, Kunst, Wirtschaft und Kultur einer ehemaligen Reichsabtei. Festschrift zum tausendjährigen Jubiläum. I. Textband (= Jahrbuch des Vereins für Augsburger Bistumsgeschichte, Band 45), Augsburg 2011, DNB 1021065684.
  • Josef Hemmerle: Die Benediktinerklöster in Bayern (= Germania Benedictina, Bd. 2), Ottobeuren 1970, S. 45–50.
  • Wilhelm Liebhart: Die Reichsabtei St. Ulrich und Afra zu Augsburg. Studien zu Besitz und Herrschaft (1006–1803), München 1982.
  • Michael Hartig: Das Benediktiner-Reichsstift Sankt Ulrich und Afra in Augsburg (1012–1802), Augsburg 1923.
  • Rolf Schmid: Reichenau und St. Gallen. Ihre literarische Überlieferung zur Zeit des Klosterhumanismus in St. Ulrich und Afra zu Augsburg um 1500 (= Konstanzer Arbeitskreis für Mittelalterliche Geschichte: Vorträge und Forschungen, Sonderband 33 ISSN 0933-4467), Thorbecke, Sigmaringen 1985, ISBN 3-7995-6693-7 (Dissertation Universität Augsburg 1982, 211 Seiten Volltext online PDF, kostenfrei, 211 Seiten, 124 MB)
  • Wilhelm Liebhart: Die Reichsstifte – St. Ulrich und Afra in Augsburg in: Kraus, Andreas (Hrsg.): Geschichte Schwabens bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts; 3. Auflage, München 2001, S. 320–325, in: Spindler, Max (Begründer): Handbuch der bayerischen Geschichte, Band III, Teilband 2

Siehe auch

Weblinks

Commons: Kloster Sankt Ulrich und Afra (Augsburg) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Baugeschichte - Katholische Stadtpfarrei St. Ulrich und Afra, 86150 Augsburg. Abgerufen am 28. Dezember 2018.
  2. Alois Knoller: Ein Kloster durch 1000 Jahre. Abgerufen am 27. Dezember 2018.
  3. Augsburg, Benediktinerkloster St. Ulrich und Afra | MRFH 165. Abgerufen am 27. Dezember 2018.
  4. Pötzl, Walter (Hrsg.): Der Landkreis Augsburg, Band 3, Herrschaft und Politik. Vom Frühen Mittelalter bis zur Gebietsreform. Augsburg 2003, S. 195.
  5. Haus der Bayerischen Geschichte - Klöster in Bayern. Abgerufen am 27. Dezember 2018.
  6. Alle Lexikonartikel. Abgerufen am 28. Dezember 2018.
  7. Wilhelm Liebhart: ¬Die¬ Reichsabtei Sankt Ulrich und Afra zu Augsburg (= [Historischer Atlas von Bayern / Teil Schwaben / 2]). 1982, ISBN 978-3-7696-9931-9 (bib-bvb.de [abgerufen am 28. Dezember 2018]).

Koordinaten: 48° 21′ 41″ N, 10° 54′ 1,4″ O

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The Abbey of St. Ulrich and St. Afra, 1521.jpg
Illustration from 1521 showing the Imperial abbey of St. Ulrich and St. Afra in Augsburg.
Historische Landkarte vom Schwäbische Reichskreis um 1680.jpg
Historische Landkarte vom Schwäbische Reichskreis um 1680
St. Ulrich und Afra monastery comprex.jpg
View of the abbey church and monastery complex of the former Imperial abbey of St. Ulrich and St. Afra in Augsburg c. 1900. By then, the complex served as army barracks. Most of it was destroyed during the 20th century. Undated photograph.
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Banner of the Holy Roman Empire, double headed eagle with halos (1400-1806)
St. Ulrich und Afra 1627.png
Illustration from c. 1627 showing St. Ulrich and St. Afra Abbey in Augsburg.
Reichsstadt Augsburg Territorium - Pfeffel 1746.png
Detail cropped from a mid 18th century map showing the territory of the Free Imperial City of Augsburg (in red). Augsburg's sovereignty extended only over the city proper and part of the immediate surrounding.

Unlike its main rival Nuremberg, which had succeeded in acquiring an extensive hinterland with dozens of towns and villages, Augsburg, despite its wealth, was never able to expand territorially due to the presence of powerful neighbors: the Duchy of Bavaria to the east (in white on map), the Prince-Bishopric of Augsburg to the South (in pink) and the Austrian-ruled Burgau to the west (in light peach). The territory in green was part of "Fuggerland" a complex of territories that the Fugger, the celebrated Augsburg-based banking and merchant familly, has succeded in acquiring in Swabia since the 16th century.

Cropped out of map four of a multi-map series centered on the Circle of Swabia titled Per Inclyti Circuli Suevici Supremorum Ordinum, etc. published by Augsburg publisher Johann Andreas Pfeffel in 1746.
Wappen Reinhartshofen.png
Wappen von Reinhartshofen in de:Großaitingen
Augsburg Ulrichskirche mit Ulrichsviertel.jpg
Autor/Urheber: Alois Wüst, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Basilika St. Ulrich und Afra in Augsburg mit Blick über das Ulrichsviertel
Wappen Hirblingen.png
Coat of arms of Hirblingen in the Town de:Gersthofen
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Wappen Reichsstift St. Ulrich und Afra Augsburg