Kloster Gerode
Das Kloster Gerode (lat. Abbatia Sancti Michaelis et Beatae Mariae Virginis Gerodensis) ist eine ehemalige Benediktinerabtei im Eichsfeld in Thüringen, etwa einen Kilometer südlich von Weißenborn-Lüderode. Es wurde um 1100 als erstes Kloster des kurmainzischen Eichsfeldes – nach dem damals schon über ein Jahrhundert bestehenden St.-Martins-Stift in Heiligenstadt – gestiftet.
Lage
Das Kloster Gerode liegt an der Kreisstraße 203 südlich von Weißenborn-Lüderode ungefähr 12 Kilometer nordöstlich von Leinefelde-Worbis im Nordosten des Eichsfeldes. Das Kloster und der dazugehörige Ort Gerode befinden sich in einem Tal unterhalb des Winkelberges (415 m), etwas südlich entspringt die Geroder Eller.
Geschichte
Mittelalter
Als Stifter des Klosters wird der Graf Widelo und dessen Sohn Rüdiger genannt, welche es mit Gütern aus ihrem eigenen Besitz ausstatteten. Die meisten der übertragenen Güter lagen in der Nähe des Klosters und gewährten ihm aufgrund des Umfangs einen frühen Wohlstand: unter anderem das Dorf Gerode, dazu Güter (in Fuhrbach, Widelrode, Kißenrode) sowie den Zehnten und einige Hufen in weiteren Orten. In einem Nekrologium in Gerode war der Name Rudegerus comes verzeichnet.[1] Da beim Tod der beiden Grafen das Kloster noch nicht vollendet war, wurde der Bau von Richardis und ihren Söhnen fortgeführt. Richardis war die Witwe des Markgrafen Rudolf von Stade, wobei es jedoch ungewiss ist, wie die Grafen von Stade zu Besitz im Eichsfeld gelangten. Sie übertrug dem Kloster einen Hof in Budstedt mit Ministerialen und Höfe in Hildenhagen, Immental und Jützenbach. Als Gründerin, beziehungsweise Vollenderin des Klosters übergab Richardis dasselbe mit Bewilligung ihrer Kinder 1124 in Erfurt dem Erzbischof Adalbert von Mainz als Eigentum und behielt für sich selbst lediglich das Schutzrecht vor.[2] Zusätzlich übertrug sie dem Erzbischof die Burg Harburg. Als Zeichen der Unterwerfung unter den erzbischöflichen Stuhl sollte das Kloster jedes Jahr zum Martinstag einen goldenen Bizanz, oder ein Vierding Silber zahlen.
Im Spätmittelalter wurden das Kloster und seine Besitzungen durch Kriege und Fehden sowie die Pest stark in Mitleidenschaft gezogen. 1467 trat die Abtei der Reformkongregation von Bursfelde bei. Der Bauernkrieg 1525 und der hier ab 1622 wütende Dreißigjährige Krieg hatten verheerende Folgen. Nachdem sich die Mainzer Regierung bereits 1790 mit dem Gedanken beschäftigt hatte, die Benediktinerabtei aufzuheben, erfolgte 1803 die Säkularisation durch das Königreich Preußen, zu dem das Eichsfeld seit 1802 gehörte. Die Wertgegenstände wurden an andere Klöster und Kirchen verteilt. Die ehemaligen Klostergebäude wurden nun eine Staatsdomäne. Der Landbesitz bestand zu diesem Zeitpunkt aus 960 Morgen Ackerland, 144 Morgen Wiesen, 33 Morgen Garten, 2400 Morgen Wald und 234 Morgen Land beim Vorwerk Fuhrbach und 300 Morgen Land beim Ohlenroder Hof in Gieboldehausen.[3]
Während der klösterlichen Zeit bestand zum Benediktiner-Nonnenkloster Zella – genannt Friedenspring – im Unstrut-Hainich-Kreis am Südrand des Eichsfeldes eine enge organisatorische Bindung; das Kloster Gerode stellte die Pröpste des Klosters Zella.
Vögte
Die Aufgabe von Schutzvögten bestand in der Absicherung weltlicher Interessen des Klosters gegenüber der Außenwelt, der rechtlichen Vertretung vor Gericht und auch dem bewaffneten Schutz selbst. Als Gegenleistung der Mönche wurden Messen gehalten und für die Schutzherren gebetet. Die Schutzvogtei über das neu gegründete Kloster übernahm zunächst die Stifterfamilie. Danach waren es in 12. Jahrhundert die Grafen von Gleichen, im 13. Jahrhundert die Grafen von Beichlingen, nach 1300 die Grafen von Hohnstein und im 14. bis 15. Jahrhundert die Herzöge von Braunschweig.[4]
Nach der Säkularisation 1802
Erster Generalpächter der preußischen Domäne mit dem Vorwerk Fuhrbach von insgesamt 931 ha wurde 1805 der Oberamtmann Konrad Heinrich Goldmann. Nach seinem Tod folgten ihm als Pächter:
- von 1837 bis 1868: Amtsrat Gustav Wilhelm Felber auf Teistungenburg (Schwiegersohn des K. H. Goldmann)
- von 1868 bis 1871: Ökonom Julius Felber (Sohn des G. W. Felber)
- von 1871 bis 1898: Oberamtmann Max Jordan (2. Ehemann der Johanna Felber, geb. Gremse auf Teistungenburg)
- von 1898 bis 1927: Oberamtmann Ernst Lorenz
- von 1927 bis 1945: Konrad Lorenz (Sohn des E. Lorenz)
Während des Zweiten Weltkrieges mussten auch hier seit 1939 mehr als 20 Frauen und Männer aus Polen und der Ukraine im landwirtschaftlichen Betrieb Zwangsarbeit verrichten.[5]
Nutzung in der DDR-Zeit
1946 wurde die Staatsdomäne aufgelöst und im Zuge der Bodenreform analog dem privaten Großgrundbesitz an Kleinbauern aufgeteilt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die nicht zerstörten Gebäude in der DDR zunächst als Kinderheim (1952–1956), als Jugendwerkhof (1959–1961), als Unterkunft der NVA (1962–1967) und schließlich als Schulungs- und Ferienzentrum des RFT Leipzig genutzt.
Gegenwärtige Situation
Seit 1994 sind die Gebäude und der Park im Eigentum eines gemeinnützigen Vereins. Der als Naturdenkmal ausgewiesene Park enthält in seiner Holzartenzusammensetzung und Größe einen einzigartigen Bestand. Man findet 13 Eschen, die vorwiegend in Teichnähe stehen, zwei Trauerweiden, zwei Bergahornstämme, vier Kastanien, alle verweisen auf ein Alter von über 200 Jahren. Zur Anlage gehört die noch in Resten erhaltene einst 900 Meter lange Umfassungsmauer.[6]
Äbte von Gerode
- Eberhard als erster Abt[7]
- 1143 Herimann[8]
- 1147, 1154 Eberhard (v. Gunzelin v. Grosus)[9]
- 1308 Eckebert[10]
- 1372–1429: Heinrich von Wintzingerode
- 1429–1448: Herwig von Wintzingerode[11]
- 1556–1583: Rumpold Collart von Linden
- 1583–1602: Jodocus Römer
- 1602–1625: Nikolaus Probst
- 1625–163?: Johannes Brewer
- 163?–1642: Nikolaus Dildenius
- 1642–1655: Johannes Wachelius
- 1655–1676: Johannes Placidius Fischer
- 1676–1690: Thomas Weinrich
- 1690–1704: Nikolaus Richartz
- 1704–1709: Bonifatius Wachtel
- 1724–1747: Augustinus Streicher
- 1748–1759: Antonius Wüstefeld
- 1759–1787: Anselm Otto
- 1787–1803: Edmund Otto[12]
Pröpste des Klosters Zella, welche aus Gerode stammen
- 1643–1658: P. Matthias Gries
- 1682–1704: P. Bonifatius Wachtel
- 1705–1714: P. Odo Thüne
- 1722–1744: P. Hieronymus Weiss
- 1744–1748: P. Antonius Wüstefeld
- 1748–1762: P. Odo Wegerich
- 1762–1773: P. Bonifatius Kesting
- 1777–1804: P. Joseph Klapproth[12]
Gericht Gerode
Das Gericht oder Stift Gerode war vermutlich im Frühmittelalter ein Teil des Ohmfeldgaues und bildete auch nach Inbesitznahme durch Kurmainz einen eigenen Gerichtsbezirk mit folgenden Orten: Bischofferode, Jützenbach, Holungen, Lüderode und Weißenborn. Darüber hinaus besaß das Kloster die Hoheit über mehr als 10 wüste Orte (zum Beispiel Ascha, Fischbach, Solebach, Wenigenbischofferode).[13] Zur Gerichtsbarkeit mit Blutbann zählte auch eine Richtstätte auf dem Galgenberg nördlich von Weißenborn-Lüderode. Die Rechtsprechung wurde zunächst von Vögten wahrgenommen, unter anderem waren es die Grafen von Gleichen Ernst I. (1143), Ernst II. und Erwin II. (1154).
Literatur
- Carl Duval: Das Eichsfeld, oder historisch-romantische Beschreibung aller Städte, Burgen, Schlösser, Klöster, Dörfer und sonstiger beachtungswerther Punkte des Eichsfeldes. Eupel, Sondershausen 1845; Nachdruck: Harro von Hirschheydt Verlag, Hannover-Dören 1979, ISBN 3-7777-0002-9, S. 242–271.
- Alois Brümann: Kurze Geschichte der Äbte des Klosters Gerode. In: Unser Eichsfeld, Bd. 29 (1933), S. 176–185.
- Christof Montag: Kloster Gerode, eine ehemalige Benediktinerabtei auf dem Eichsfelde. Mecke, Duderstadt 1938.
- Bernhard Opfermann: Das Totenbuch von Kloster Zella für 1550–1810. In: Eichsfelder Heimathefte, Heft 3, herausgegeben vom Kulturbund der DDR, Kreisleitung Worbis. Eichsfelddruck Heiligenstadt, Heiligenstadt 1979, S. 229–238.
- Bernhard Opfermann: Die Klöster des Eichsfeldes. Die Ergebnisse der Forschung. F.W. Cordier, Heiligenstadt, 3., bearbeitete und erweiterte Aufl. 1998, ISBN 3-929413-46-9, S. 46–75.
- Norbert Jörg Wiemuth: Die Benediktinerabtei „St. Marien und St. Michael“ in Gerode in ihren Anfängen. In: Eichsfeld-Jahrbuch, Jg. 7 (1999), S. 5–45.
- Reinhard Wagner (Hrsg.): 875 Jahre Kloster Gerode (Festschrift). Gerode 1999.
- Josef Keppler: Vor 200 Jahren – die Auflösung der eichsfeldischen Männerklöster durch preußische Kabinettsordre, Teil 2: Das Benediktinerkloster Gerode. In: Eichsfelder Heimatzeitschrift, Bd. 47 (2003), Heft 4, S. 122–124.
- Paul Lauerwald: Die Münztätigkeit der eichsfeldischen Benediktinerabtei Gerode. In: Eichsfeld-Jahrbuch, Jg. 13 (2005), S. 37–46.
- Helmut Flachenecker: Das Benediktinerkloster Gerode: Ein altgläubiges Kloster und seine gefährdete innere und äußere Autonomie im 16. Jahrhundert. In: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktiner-Ordens und seiner Zweige, Bd. 120. EOS-Verlag, St. Ottilien 2009, S. 115–126.
- Paul Lauerwald: Das Kloster Gerode und die Reichsstadt Nordhausen. Streit um die Zinsen für ein der Reichsstadt gewährtes Darlehen. In: Eichsfeld-Jahrbuch, Jg. 18 (2010), S. 27–35.
- Helmut Flachenecker, Georg Kohlstedt: Art. Gerode. In: Christof Römer, Monika Lücke: Die Mönchsklöster der Benediktiner in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen (= Germania Benedictina, Bd. 10). EOS-Verlag, Sankt Ottilien 2012, S. 443–463.
Weblinks
- Kloster Gerode bei „Ausflugsziele im Harz“
- Kloster Gerode bei „Weg der Mitte“
Einzelnachweise
- ↑ Johann Wolf: Eichsfeldische Kirchengeschichte : mit Urkunden. Göttingen 1816, S. 73.
- ↑ Carl Duval: Das Eichsfeld oder historisch-romantische Beschreibung aller Städte, Burgen, Schlösser, Klöster, Dörfer und sonstiger beachtenswerter Punkte des Eichsfeldes. Eupel, Sondershausen 1845, S. 244.
- ↑ Monika und Gerd Leuckefeld: Über einige Domänen im Eichsfeld zwischen 1807 und 1814. In: Eichsfeld-Jahrbuch. ISSN 1610-6741, Jg. 17, 2009, S. 189.
- ↑ Georg Kohlstedt: Die unterschiedliche Rolle des Adels gegenüber den Klöstern. In: In: Eichsfelder Heimatzeitschrift. 49. Jg. 2005, S. 247
- ↑ Thüringer Verband der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten und Studienkreis deutscher Widerstand 1933–1945 (Hrsg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933–1945. Band 8: Thüringen. Erfurt 2003, ISBN 3-88864-343-0, S. 34.
- ↑ Ewald Heerda: Die Parkanlage von Gerode. In: Entdeckungen im Eichsfeld. Wissenswertes aus Wald und Flur. Selbstverlag des Autors, Heiligenstadt 1993, S. 36.
- ↑ Johann Wolf: Eichsfeldische Kirchengeschichte : mit 134 Urkunden. Göttingen 1816, S. 13 VIII.
- ↑ RIplus Regg. EB Mainz 1 [n. 1777], in: Regesta Imperii Online. (regesta-imperii.de, abgerufen am 8. September 2017)
- ↑ RIplus Regg. EB Mainz 1 [n. 1942], in: Regesta Imperii Online. (regesta-imperii.de, abgerufen am 8. September 2017)
- ↑ RIplus Regg. EB Mainz 1,1 n. 1183, in: Regesta Imperii Online. (regesta-imperii.de, abgerufen am 8. September 2017)
- ↑ Bernhard Opfermann: Gestalten des Eichsfeldes. St. Benno-Verlag, Leipzig und Verlag F.W. Cordier, Heiligenstadt 1968, S. 328.
- ↑ a b Bernhard Opfermann: Das Totenbuch von Kloster Zella für 1550 –1810. In: Kulturbund der DDR, Kreisleitung Worbis (Hrsg.): Eichsfelder Heimathefte. Heft 3. Eichsfelddruck Heiligenstadt, Heiligenstadt 1979, S. 233.
- ↑ Johann Wolf: Politische Geschichte des Eichsfeldes mit Urkunden erläutert. Band 1, Göttingen 1792, §16 Seite 25, §74 Seiten 116–119.
Koordinaten: 51° 31′ N, 10° 25′ O
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Autor/Urheber: Homanns Erben (Die holländische Konkurrenz auf dem deutschen Landkartenmarkt hatte im 17. Jahrhundert in Deutschland kaum einen Kartenverlag aufkommen lassen. In Nürnberg etablierte sich aber als Nebenzweig der Kupferstecherkunst seit 1650 ein Kartenzeichnergewerbe. Dabei wurden vor allem ausländische Karten kopiert. Erst später, zu Beginn des 18. Jahrhunderts, schaffte ein Kartograph den Durchbruch: Johann Baptist Homann. 1702 eröffnete er in der freien Reichsstadt Nürnberg seinen Kartenverlag. Auch er lebte zuerst von dem Kopieren anderer Karten. Aber zunehmend brachte er auch eigene Originale auf den Markt. Bis 1724 hatte er bald 200 eigene Karten geschaffen. Homanns Großer Atlas aus dem Jahr 1716 umfasste immerhin schon 126 Tafeln. Die Homann-Karten sind heute noch ein Begriff. Nach seinem Tod 1724 übernahm sein Sohn Johann Christoph Homann den Verlag. Aber auch er starb schon 1730. Nun übernahm J. M. Franz und der Schwiegersohn des Johann Baptist Homann, Ebersperger als Homannsche Erben die Firma. Bekannte Kartographen, wie J. G.Gregorii, Johann Hübner, E. D. Hauber, J. G. Doppelmayr, G. M. Lowitz, J. M. Hase und T. Mayer pflegten das Erbe und schufen neue Karten.), Lizenz: CC BY-SA 4.0
Ausschnitt aus der historischen Karte "Tractus Eichsfeldiae": das Kurmainzische Stift Gerode
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Die Ruine der Klosterkirche Gerode
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Eingang zum ehemaligen Kloster Gerode