Kleroterion

Kleroterion in der Stoa des Attalos

Das Kleroterion (altgriechisch κληρωτήριον, von altgriechisch κλῆρος ‚Los‘) war eine antike Losmaschine.

Vier Pinakia mit den Namen von zur Losung stehenden Personen im Agora-Museum in Athen

Sie bestand aus einer großen Steinplatte, in der sich in mehreren Spalten angeordnete Schlitze befanden. In diese Schlitze wurden Plättchen (Pinakia, Einzahl Pinakion) mit den Namen der zur Losung stehenden Personen geschoben. An der Seite der Maschine befand sich eine senkrechte Röhre, in die weiße und schwarze Kugeln eingefüllt wurden, die dann in zufälliger Reihenfolge am unteren Ende der Röhre wieder entnommen werden konnten.

Der traditionellen Lehrmeinung zufolge wurde eine trichterartige Vorrichtung am oberen Ende der Röhre mit Kugeln befüllt. Wie an einer Rekonstruktion der Apparatur deutlich wurde, ist eine derartige Funktionsweise jedoch unwahrscheinlich, da sich die Kugeln gegenseitig an der unteren Trichteröffnung blockieren und somit nicht in die Röhre gelangen. (Eine Rekonstruktion befindet sich heute im Buigen-Gymnasium in Herbrechtingen.)

Vermutlich von links nach rechts und von oben nach unten wurde zum Beispiel die Zusammensetzung der Bule bestimmt. Entweder für jede Reihe von Schlitzen oder für jedes einzelne Namensplättchen ließ man eine Kugel aus der Maschine heraus. Kandidaten oder Gruppen, die eine weiße Kugel erhalten hatten, galten als gewählt, Kandidaten oder Gruppen mit einer schwarzen Kugel waren nicht gewählt.

Kleroteria waren zudem im gerichtsprozessualen Alltag Athens im Einsatz. Mittels Los verteilten die Archonten die Geschworenen auf die verhandelnden Gerichte. Die Zuteilung erfolgte auf die Richter, deren Namenstäfelchen in die Losmaschine eingesteckt waren.[1]

Das hier abgebildete Kleroterion aus der Stoa des Attalos auf der Agora in Athen diente wohl der Auslosung der Mitglieder der Boule, da es Schlitze in elf Reihen aufweist – vermutlich für elf Trittyen.

Literatur

  • Sterling Dow: Kleoterion. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Supplementband VII, Stuttgart 1940, Sp. 322–328.
  • Hubertus Buchstein: Lostrommel und Wahlurne – Losverfahren in der parlamentarischen Demokratie. In: Zeitschrift für Parlamentsfragen. Band 44, Nr. 2. Nomos, 2013, ISSN 0340-1758, 2. Losverfahren im politischen System des demokratischen Athen, S. 384–403; hier: 387–388 (nomos-elibrary.de [PDF; 249 kB; abgerufen am 1. Juni 2022]).
  • Yves Sintomer: Das demokratische Experiment – Geschichte des Losverfahrens in der Politik von Athen bis heute. Springer VS, Wiesbaden 2016, ISBN 978-3-658-00730-0, 3.3.1 Die Verwendungsweisen des Losverfahrens, S. 35, 47–49 (292 S., d-nb.info, Inhaltsverzeichnis – französisch: Petite histoire de l'expérimentation démocratique – tirage au sort et politique d'Athènes à nos jours. Paris 2011. Übersetzt von Michael G. Esch).

Weblinks

Commons: Kleroterion – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Uwe Wesel: Geschichte des Rechts: Von den Frühformen bis zur Gegenwart. C.H.Beck, München 2001, ISBN 978-3-406-54716-4. Rnr. 109.

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Pinakia, tabletas de identificación de los ciudadanos (nombre, nombre del padre, demo) para el sorteo de los jurados, siglos V-II a. C. Museo del Ágora antigua de Atenas
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Kleroterion. This device was used for the jury selection system in Athens. Bronze identification tickets were inserted to indicate eligible jurors who were also divided into tribes. By a random process, a whole row would be accepted or rejected for jury service. There was a kleroteria in front of each court. Ancient Agora Museum in Athens.