Kleine Horde
Kleine Horde (kasach. Кіші жүз/Kişi jüz „jüngere Schüs“) war die Bezeichnung einer kasachischen Stammesföderation des 16. Jahrhunderts. Diese Horde ist auch unter dem Namen Jüngere Horde bekannt.
Vom Zarentum Russland ausgehend nannten auch die übrigen Europäer die Kleine Horde im 18. und 19. Jahrhundert fälschlich Kleine Kirgisen-Horde. Das kam zustande, da das damalige Russland die Kasachen von den slawischen Kosaken (russ. Казак/kazak) unterscheiden wollte. So bezeichneten sie die Kasachen anfänglich als „Kasak-Kirgisen“. Zwischen 1917 und 1920 gehörte das Gebiet der Kleinen Horde zum kasachischen Alasch-Orda-Staat.
Umfang und Stammesstruktur
Wie alle zentralasiatischen Nomadenreiche verfügte auch die Kleine Horde über keine festen und klar definierten Grenzen. Im Wesentlichen umfasste die Kleine Horde den Nordwesten und Westen Kasachstans. Ihre Angehörenden wurden aus nomadisierenden Stämmen gebildet. So gehörten beispielsweise die Clans der Alim-Üly, Bay-Üly und Zhety-Ru zur Kleinen Horde.[1] Mitunter wird der Kleinen Horde fälschlicherweise die Anfang des 19. Jahrhunderts entstandene Bökey-Horde zugerechnet, die sich westlich von ihr, auf dem Territorium der einstigen Nogaier-Horde, befand.
Geschichte
1509 begründete der Dschingiskhanide Qasym Khan das eigenständige Kasachen-Khanat. Nach dessen Tod wurden ab 1518 auf dem Territorium des Khanates drei Apanagen (Teilherrschaften) errichtet, aus denen auch die Kleine Horde entstand.
Als im 18. Jahrhundert die kriegerischen Auseinandersetzungen mit den westmongolischen Dschungaren begannen, erfolgte etwa gleichzeitig auch der Vorstoß des russischen Kaiserreiches nach Zentralasien. So erschlossen Kosakenverbände im Auftrag des Zaren die nördlichen Steppengebiete und es kam zu den ersten blutigen Zusammenstöße zwischen den slawischen Neusiedlern und den kasachischen Nomaden.
1731 unterstellte sich der Khan der Kleinen Horde, Abu'l-Hayr, freiwillig dem Russischen Reich und er wurde ein Vasall des Zaren. Durch die Unterstellung der Horde an den Zaren erhoffte sich der Fürst, dass ihn Russland im Kampf gegen die Dschungaren unterstützen würde. Dennoch blieb das Verhältnis der Kleinen Horde zum Zaren gespalten. Ein Eingreifen der russischen Verbände wurde jedoch nicht nötig, da die benachbarte Qing-Dynastie das Dschungarenreich blutig zerschlug. 1812 wurde westlich von der Kleinen Horde die mit dem Zaren verbündete Bökey-Horde begründet und deren Fürst Bökey wurde als zweiter Herrscher in der Kleinen Horde eingesetzt. 1824 wurde die Kleine Horde aufgelöst und einer russischen Direktverwaltung unterstellt.
Fürstenliste
- Üziak Khan (ein Sohn Janibegs, reg. 1526–1535/7)
- Boliakai Kuyan um 1550
- Aichuvak um 1580
- Irish um 1650
- Adiya bzw. Aitiak um 1680
- Abulhair Khan (1717/28–1748)
- Nürali Khan (1748–1786; nördliches Teil-Khanat, † 1790)
- Sirim Batyr Khan (1748/90; südliches Teil-Khanat, † circa 1802)
- Yesim Khan II. (1790/91)
- Yeraly Khan (1791–1794)
- Yesim Khan III. (1796/97)
- Aishuak Khan (1797–1803, abgedankt)
- Chantore Khan (1803–1809; nördliches Teil-Khanat)
- Karatai Khan (1806–1816; südliches Teil-Khanat)
- Sergazi Khan I.(1812–1824, abgesetzt)
- Aryngazi Khan (1816–1821, † 1833)
- Golamen Tilenshi 1822–1824
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Peter Truhart, Regententabellen II. (Asien), München, New York 1985, S. 1106
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Darstellungskarte des Kasachen-Khanats und seiner Apanagen (Teilherrschaften):
Große Horde
Mittlere Horde
Kleine Horde
Obgleich die Khanate turksprachig waren, führten sich die kasachischen Khane und Unterkhane auf den Mongolenherrscher Dschingis Khan und dessen unmittelbare Erben zurück. Diese fühlten sich als Dschingiskhaniden und so wird das Kasachen-Khanat vielfach auch als turko-mongolisches Nachfolgereich angesehen.
Ursprünglich war das Khanat wie alle zentralasiatischen Steppenreiche der Vergangenheit nomadisch geprägt und wies ursprünglich keine festen und klar definierten Grenzen auf. Desgleichen galt auch für die Teil-Khanate.
Erst ab dem 17. Jahrhundert hatten sich für das Kasachen-Khanat relativ feste Grenzen herausgebildet.
Gebiete kasachischer Raubzüge, die noch im 16. und 17. Jahrhundert im Westen bis ins Russische Reich führten und auch die Siedlungsräume sprach-verwandter Völker (Kasan-Tataren, Baschkiren) nicht verschonten, sind im Westen und Nordwesten durch eine schwarz-gestrichelte Linie dargestellt. Diese gestrichelte Linie setzt sich im Norden, Osten und Süden in Gebiete der turksprachigen Altai-Völker einerseits, und in den westmongolischen Gebieten andererseits fort. Im Südosten, Süden und Südwesten wird durch diese Linie auch Raubzugs-Gebiete in China und dem angrenzenden turkmenischen Gebiete dargestellt.
Die Gebiete innerhalb der gestrichelten schwarzen Linie standen nur selten unter der direkten Oberhoheit der kasachischen Khane; diese führten dort nur eine lose Oberherrschaft aus, in deren Rahmen die dortigen Völker autonom agierten und nur zur Zahlung von Tributleistungen verpflichtet waren.
Im 18. und 19. Jahrhundert wichen zahlreiche Familien kasachischer Stämme in diese Räume aus, als sie vor der russischen Herrschaft und der Zwangssesshaftigkeit flüchteten, um dort weiterhin als Nomaden zu leben.
So bildeten sich in Kalmückien, im südlichen Altaigebirge und der Westmongolei sowie in der zu China gehörenden Dsungarei bis ins 20. Jahrhundert kasachische Minderheiten aus.