Klaus Zweiling

Klaus Zweiling (* 18. Februar 1900 in Berlin-Moabit; † 18. November 1968 in Leipzig) war ein deutscher marxistischer Philosoph und Präsident der Vereinigung der Philosophischen Institutionen der DDR.

Biografie

Klaus Zweiling besuchte das Bismarck-Gymnasium in Berlin-Wilmersdorf (1909–1917), machte sein Notabitur 1917 und arbeitete anschließend im landwirtschaftlichen Hilfsdienst. Sein Kriegsdienst währte von September bis November 1918. Nach dem Krieg folgte das Studium der Mathematik und Physik in Berlin und, ab September 1920, in Göttingen (1918–1922). Er hörte auch Vorlesungen in Geschichte, Nationalökonomie, Philosophie und Presserecht. Seine Studien schloss er mit einer Promotion bei Max Born (Über die Anwendung graphischer Methoden bei der Bahnbestimmung der Himmelskörper)[1] und Prüfungen bei Carl Runge (angewandte Mathematik), Richard Courant (theoretische Mathematik) und Max Born (theoretische Physik) ab.

Zweiling war in Göttingen zu einem Anhänger von Leonard Nelson geworden. Zweiling war 1920, während des Kapp-Putsches in die USPD eingetreten (am 15. März). Im Dezember 1920 trat er nicht mit der USPD-Mehrheit in die VKPD ein. Er entschied sich im Frühjahr 1921, dem aus der KPD ausgeschlossenen Paul Levi zu folgen. 1922 wurde Zweiling bei der Wiedervereinigung der Rest-USPD mit der SPD Mitglied der Sozialdemokraten. Von 1924 bis 1931 arbeitete er als Redakteur für verschiedene sozialdemokratische Tageszeitungen, zunächst beim Volkswille in Münster, dann bei der Volkszeitung für das Vogtland in Plauen. In dieser Zeit entwickelte er sich vom Neukantianer zum Marxisten und beteiligte sich am Klassenkampf, der wichtigsten Zeitschrift der SPD-Linken.

1931 nahm er an der Gründung der SPD-Linksabspaltung SAPD teil, hier arbeitete er u. a. in der Bezirksleitung Zwickau-Plauen und der Redaktion der Sozialistischen Arbeiter-Zeitung und legte gemeinsam mit Fritz Sternberg auf dem ersten Parteitag der SAPD 1932 einen Programmentwurf vor. 1933 zählte Zweiling zur linken Parteimehrheit, welche den Auflösungskurs der Vorsitzenden Kurt Rosenfeld und Max Seydewitz ablehnte, und wurde im März 1933 in den in der Illegalität agierenden Parteivorstand gewählt. Im August 1933 von der Gestapo verhaftet, wurde Zweiling unter dem Vorwurf der Vorbereitung zum Hochverrat zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. 1943 wurde Zweiling in eine Bewährungseinheit eingezogen.

Nach Karl-Eugen Kurrer leistete er auch Beiträge zum Bauingenieurwesen. Nach der Entlassung aus der Haft 1936 und Berufsverbot schlug er sich als Berater von Ingenieuren in mathematischen Fragen durch. Der Prüfingenieur Arno Schleusner vertraute ihm die Überprüfung der Stabilität der abgespannten Stahl-Kragarm-Konstruktion beim Flughafen Berlin-Tempelhof an, was er mit einer Variationsmethode löste.[2] Zweiling durfte die Ergebnisse nicht publizieren, Schleusner erklärte sich aber bereit sie unter seinem Namen in Der Stahlbau 1938 zu veröffentlichen.[3] In der Literatur wird er zitiert für die Lösung von Problemen mit elastischen Platten mit biharmonischen Polynomen und über die Konvergenz von Näherungsmethoden bei der Behandlung der Knicklast von Stützen mit variablem Flächenträgheitsmoment nach Luigi Vianello und Friedrich Engesser. Nach dem Krieg veröffentlichte er zwei Monographien, eine über elastische Stabilität (1953) und eine über biharmonische Polynome und ihre Anwendung (1952).

Nach der Befreiung trat Zweiling 1945 der KPD bei und war zunächst Redakteur bei deren Deutscher Volkszeitung, von 1946 bis 1950 Chefredakteur des theoretischen Organs Die Einheit der durch die Zwangsvereinigung von SPD und KPD entstandene SED. 1950 wurde ihm im Rahmen einer Kampagne gegen frühere SAPD-Mitglieder „Schädlingsarbeit auf dem Gebiet der Ideologie“ vorgeworfen, er habe das „Eindringen parteifeindlicher, kleinbürgerlicher und sogar trotzkistischer Anschauungen zugelassen“. Von seinen bisherigen Funktionen entbunden und politisch kaltgestellt, leitete er 1949 bis 1955 den Verlag Technik.

1955 wurde Zweiling, der sich 1948 habilitiert hatte, zum ordentlichen Professor für dialektischen Materialismus an die Humboldt-Universität zu Berlin berufen. Er hielt in dieser Zeit eine umfassende Einführungsvorlesung mit dem Titel Der marxistische philosophische Materialismus und widmete sich der Analyse der philosophischen Probleme der Physik. Er verließ Berlin im Jahr 1960 und ging an die Universität Leipzig. Anlässlich seines 60. Geburtstages erhielt er den Vaterländischen Verdienstorden in Silber.[4] 1965 wurde er emeritiert. Im selben Jahr verstarb seine Frau. Zweiling nahm sich Ende 1968 das Leben. Zu seinem bekanntesten akademischen Schüler entwickelte sich Herbert Hörz.

Er wurde auf dem Berliner Zentralfriedhof Friedrichsfelde beigesetzt.

Publikationen

  • Ueber die Anwendung graphischer Methoden bei der Bahnbestimmung der Himmelskörper, in: Jahrbuch der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät, Göttingen 1923, DNB 365656119 (Dissertation Universität Göttingen 1923).
  • Aufstieg und Niedergang der kapitalistischen Gesellschaft. Gesellschaftsgeschichtliche Skizze. E. Laub'sche Verlagshandlung, Berlin / Otto Klemm, Leipzig 1927, DNB 578532948.
  • als Otto Erbe Pseudonym: Der Sieg des Faschismus in Deutschland und die Aufgaben der Arbeiterklasse. Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands, Auslandsvertretung, Paris 1933, DNB 578532956,
  • Grundlagen einer Theorie der biharmonischen Polynome. Berlin: Verlag Technik 1952.
  • Gleichgewicht und Stabilität. Kritische Untersuchung einiger wichtiger Probleme der Elastizitätstheorie. Berlin: Verlag Technik 1953
  • Freiheit und Notwendigkeit. Berlin 1956
  • Der Leninsche Materiebegriff und seine Bestätigung durch die moderne Atomphysik. Berlin: 1957.
  • Die deutsche Philosophie von 1895–1917. Berlin 1962

Literatur

  • Martin Dickhoff: Zweiling, Klaus. In: Autorenkollektiv mit Erhard Lange und Dietrich Alexander (Hrsg.): Philosophenlexikon. 4. Auflage. Dietz, Berlin 1987, ISBN 3-320-00529-4, S. 964–966.
  • Hans-Christoph Rauh: Zweiling, Klaus. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 2. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
  • Peter Ruben: Klaus Zweiling, der Lehrer. In: Volker Gerhardt, Hans-Christoph Rauh (Hrsg.): Anfänge der DDR-Philosophie. Ansprüche, Ohnmacht, Scheitern (= Forschungen zur DDR-Gesellschaft). Ch. Links, Berlin 2001, ISBN 3-86153-225-5, S. 360–387.
  • Zweiling, Klaus auf research.uni-leipzig.de
  • Karl-Eugen Kurrer: The History of the Theory of Structures. Searching for Equilibrium. Berlin: Ernst & Sohn 2018, S. 1088f. (Biografie), ISBN 978-3-433-03229-9.

Einzelnachweise

  1. Klaus Zweiling im Mathematics Genealogy Project (englisch) Vorlage:MathGenealogyProject/Wartung/id verwendet
  2. Kurrer, K.-E.: The History of the Theory of Structures. Searching for Equilibrium. Berlin: Ernst & Sohn 2018, S. 929f., ISBN 978-3-433-03229-9.
  3. A. Schleusner, Das Prinzip der virtuellen Verrückungen und die Variationsprinzipien der Elastizitätstheorie, Stahlbau, Band 11, 1938, Nr. 24, S. 185–192
  4. Vaterländischer Verdienstorden verliehen. In: Neues Deutschland. 17. März 1960, S. 2.