Klaus Steilmann

Klaus Steilmann (2007)

Klaus Steilmann (* 12. Juni 1929 in Neustrelitz; † 14. November 2009 in Bochum) war ein deutscher Textilunternehmer. Er gehörte zu den prägenden Personen der Wirtschaft im Nachkriegsdeutschland.[1] Einer breiteren Öffentlichkeit war Steilmann auch als Präsident des Fußballvereins SG Wattenscheid 09 bekannt.

Leben und Wirken

Herkunft, Ausbildung und frühe berufliche Laufbahn

Steilmann wurde als Sohn eines Gutsverwalters in Mecklenburg geboren. Nach dem Krieg holte er 1951 in Berlin sein Abitur nach. Nebenbei arbeitete er bei C&A und machte dort eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann.[1] Von 1955 bis 1957 war Steilmann dann Stellvertreter des Mantelkonfektionärs Josef Meyer.

Unternehmensgründung und Ausbau zur Steilmann-Gruppe

Mit einem Darlehen in Höhe von 40.000 Mark von C&A gründete er 1958 in Wattenscheid die Klaus Steilmann GmbH & Co. KG und begann in einer Näherei mit 40 Mitarbeitern Damenmäntel und Kostüme zu produzieren. Das Unternehmen erzielte schon bald einen Umsatz von 7,2 Millionen DM. Die Steilmann-Gruppe entwickelte sich durch die Produktion preiswerter Mode in den folgenden Jahrzehnten zum größten Textilunternehmen Europas. Das Motto des Unternehmens war "Mode für Millionen, nicht für Millionäre".[2] 1985 vertrieb sie ihr Sortiment u. a. an C&A, Peek & Cloppenburg, Karstadt, Kaufhof und Marks & Spencer, belieferte auch die Exquisit-Läden in der Deutschen Demokratischen Republik[3] und erzielte einen Umsatz von 1,1 Milliarden Mark.[1] Ab 1987 gab es auch eine Kooperation mit Karl Lagerfeld.[2]

Ab Anfang der 1990er Jahre geriet das Unternehmen jedoch durch die Globalisierung unter starken Konkurrenzdruck und in der Folge in wirtschaftliche Bedrängnis, weil Steilmann gegen die Ratschläge von Weggefährten, die ihn als bescheidenen Patriarchen alter Schule schilderten, aus Verbundenheit zur Belegschaft zu lange an der teureren Produktion in Deutschland festgehalten hatte.[4][5] 1993 ließ Steilmann auch in der Ukraine und 1994 in Vietnam produzieren und belieferte weiterhin u. a. C&A und Peek & Cloppenburg. Steilmann gab die Geschäftsführung 1999 an den ehemaligen Boss-Vorstandschef Joachim Vogt ab.[6] Im Jahr 2003 stieg die italienische Radici-Gruppe in das Unternehmen ein. Die Insolvenz konnte jedoch im Oktober 2006 nur durch die vollständige Übernahme aller Steilmann-Anteile durch Radici abgewendet werden.

Weitere Mitgliedschaften und Engagements

Von Steilmann stammen mehrere Abhandlungen über Unternehmensführung. 1989 wurde Steilmann Deutschlands erster Konsul der Ukraine.[7] 1991 hatte Steilmann die Position des Präsidenten der European Largest Textile and Apparel Companies (ELTAC) inne.[8]

Er war zudem Stifter des Lehrstuhls für Umweltpolitik an der privaten Universität Witten/Herdecke und seit 1992 Mitglied des Club of Rome.

1988 gehörte Steilmann dem Aufsichtsrat der Etienne Aigner AG an.[9] 1990 wurde er von der Treuhandanstalt zum Aufsichtsratschef der Kunststoffe, Leder, Pelze AG (KLP) in Leipzig bestimmt.[3]

Steilmann war ein erklärter Gegner der Eingemeindung Wattenscheids 1975 nach Bochum und fuhr deshalb ein Auto mit Essener Kennzeichen.[2]

SG Wattenscheid und Sportförderung

Als Präsident des Fußballvereins SG Wattenscheid 09 holte er 1974 den argentinischen Star Carlos Babington in die zweite Liga und führte den Klub schließlich 1990 in die Bundesliga. Außerdem rief er ein Sportinternat ins Leben, das heutige Klaus-Steilmann-Haus,[2] ein Teil des Olympiastützpunkt Westfalen. Athleten der TV Wattenscheid 01 Leichtathletik wie Michael Möllenbeck, Marc Blume und andere konnten dank seiner Unterstützung auch international Medaillenränge erreichen.

Persönliches

Zusammen mit seiner Ehefrau Ingrid hatte Steilmann drei Töchter: Britta Steilmann, Cornelia Steilmann und Ute Steilmann.

Schriften

  • Systemtransformation aus Unternehmersicht. Praktische Schritte für einen marktwirtschaftlichen Neubeginn in Osteuropa. 1993
  • Vom Säulendenken zu vernetztem Denken. 1994
  • Wettbewerbskritik aus Unternehmersicht: Wirtschaft, Umwelt und Soziales erfolgreich vernetzen. 1995
  • Neue Philosophie der Gesellschaft. 3 Bände in Russisch, 1998/99
  • Regeln für Unternehmer. 1999

Auszeichnungen und Ehrungen

Weitere Auszeichnungen und Ehrungen[15]:

Der Olympiastützpunkt Wattenscheid taufte 2001 sein Sportinternat direkt am Lohrheidestadion in Wattenscheid auf den Namen Klaus-Steilmann-Haus. Das Klaus-Steilmann-Berufskolleg (ehemals Kaufmännische Schule 2) an der Westenfelder Straße in Wattenscheid wurde ebenfalls nach ihm benannt.

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Stefan Weber: Mode für Millionen, nicht für Millionäre. Abgerufen am 28. November 2020.
  2. a b c d 600 Jahre Wattenscheid, gestern & heute, WAZ Beilage, März 2017
  3. a b Gabor Steingart: „Die wollen mich raus haben“. In: Der Spiegel. Nr. 9, 1991 (online).
  4. Stefan Weber: Klaus Steilmann – Mode für Millionen, nicht für Millionäre. In: sueddeutsche.de. 17. Mai 2010, abgerufen am 30. Dezember 2016.
  5. Brigitte Koch: Klaus Steilmann. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16. November 2009, S. 16.
  6. Der neue Chef kommt von Boss: Ab 1. Oktober übernimmt Joachim Vogt den Bekleidungsriesen. Abgerufen am 28. November 2020.
  7. Ralf Drews: Weltbürger aus Wattenscheid: Klaus Steilmann wird 80. 10. Juni 2009, abgerufen am 28. Dezember 2020 (deutsch).
  8. a b DBU - Deutscher Umweltpreis 1999 - Prof. Dr. E. h. Klaus Steilmann † | Stichwort: Umweltstandards in der Textilindustrie | Deutscher Umweltpreis. Abgerufen am 28. Dezember 2020.
  9. UNTERNEHMEN: Chaos im Haus. In: Der Spiegel. Nr. 27, 1986 (online).
  10. Walter Habel, Wer ist Wer?. Lübeck 1993.
  11. Liste der Ehrenringträgerinnen und Ehrenringträger der Stadt Bochum
  12. Barbara Dreifert: Kleine Uni große Wirkung. In: commUnicatio. Oktober 1993, abgerufen am 28. Juni 2023.
  13. Verdienstordenträgerinnen und -träger seit 1986. Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen, abgerufen am 28. Juni 2023.liste sortiert (Memento vom 31. März 2019 im Internet Archive)
  14. Pressemitteilung
  15. Todesanzeige in der Frankfurter Allgemeinen vom 18. November 2009.

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Autor/Urheber: Ulli Weber, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Prof. Dr. Ing. h.c. Klaus Steilmann, 2007.