Klage
Die Klage ist im Zivilprozess sowie in den Verfahren vor den Verwaltungs-, Sozial-, Arbeits- und Finanzgerichten die Verfahrenseinleitung, also der Antrag auf gerichtliche Entscheidung in den Verfahren, in denen aufgrund einer mündlichen Verhandlung durch Urteil entschieden wird. Im Strafverfahren wird die von der Staatsanwaltschaft zu erhebende öffentliche Klage vor einem Gericht auch Anklage genannt. Nach § 113 Abs. 5 Nr. 2 FamFG wird eine Klage in Familiensachen und in der freiwilligen Gerichtsbarkeit Antrag genannt.
Deutschland
Die Klage wird durch einen Schriftsatz an das Gericht (im Verfahren vor den Amtsgerichten auch zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle) und dessen Zustellung an den Beklagten erhoben (§ 253 Abs. 1 ZPO).
Eine Klageeinreichung per normaler E-Mail ist unzulässig, jedoch stehen elektronische Wege der Kommunikation mit dem Gericht (sog. sichere Übermittlungswege nach § 130a Abs. 4 ZPO) sowohl Anwälten (beA) als auch Bürgern (z. B. Mein Justizpostfach, absenderbestätigte De-Mail) offen.
An Stelle einer Klage kann auch ein Antrag auf Durchführung eines gerichtlichen Mahnverfahrens oder ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt werden. Ferner kann eine Klage dadurch erhoben werden, dass der Kläger einen Antrag auf Prozesskostenhilfe stellt und zugleich eine Klageschrift bei Gericht einreicht. Die Klage kann auch bedingt für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe erhoben werden. Sie gilt dann nur als erhoben, wenn das Gericht Prozesskostenhilfe auch bewilligt.
Gemäß § 253 Abs. 5 S. 1 ZPO hat der Kläger die für die Zustellung erforderliche Zahl von Abschriften beizufügen. Eine Missachtung dieser Vorgabe macht die Klage aber nicht unzulässig.
Sofern eine natürliche Person eine Klage elektronisch z. B. mittels einer absenderbestätigten De-Mail bei Gericht einreicht, bedarf es nach § 253 Abs. 5 S. 2 ZPO keiner Beifügung von Abschriften. Da alle Anwälte verpflichtet sind, am elektronischen Rechtsverkehr teilzunehmen, müssen auch Anwälte keine Abschriften einreichen.
Anwaltszwang
In Verfahren vor den Amtsgerichten kann jede natürliche oder juristische Person Prozesse selbst führen (mit Ausnahme bestimmter Verfahren in Familiensachen). Ggf. hilft bei der Formulierung der Klage – und auch bei Schreiben im Laufe des Verfahrens wie der Erwiderung auf die Klage – ein Rechtspfleger der Rechtsantragsstelle des Amtsgerichts kostenlos.[1]
Bei Landgerichten, Oberlandesgerichten und den obersten Gerichten können nur Rechtsanwälte Klagen einreichen und wirksame Verfahrenshandlungen vornehmen, § 78 Abs. 1 ZPO. Alle am Verfahren beteiligte Parteien müssen sich vor diesen Gerichten daher zwingend durch Anwälte vertreten lassen. Wer keinen Anwalt hat, kann den Prozess allein deshalb verlieren.
Mindestinhalt der Klageschrift gemäß § 253 ZPO in Verbindung mit § 130 ZPO
Bezeichnung der Parteien (§ 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO)
Die Bezeichnung einer Partei ist als Teil einer Prozesshandlung auslegungsfähig. Ungenaue Bezeichnungen wie falsche Vornamen oder Firmenbezeichnungen oder Irrtümer über die Rechtsform einer Gesellschaft können berichtigt werden, insbesondere nach gerichtlichem Hinweis gem. § 139 ZPO[2] und stellen keinen Parteiwechsel dar.
Bezeichnung des örtlich und sachlich zuständigen Gerichts (§ 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO)
Die Abteilung des zuständigen Gerichts muss nicht genannt werden, es sei denn, dass vor der Kammer für Handelssachen des Landgerichts verhandelt werden soll (§ 96 Abs. 1 GVG). Die Zuweisung der Klage an die jeweiligen Abteilungen ist Sache der Postverteilerstelle des Gerichts und richtet sich nach dem jeweiligen Geschäftsverteilungsplan.
Angabe des Streitgegenstands (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO)
Der Streitgegenstand setzt sich aus dem Klagegrund und dem Klageantrag zusammen, wie sich aus der gesetzlichen Definition in § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ergibt.
Klageantrag
Der Klageantrag ist die beantragte Rechtsfolge (also z. B. den Beklagten zu Verurteilen, an den Kläger einen bestimmten Betrag zu zahlen oder eine bestimmte Sache herauszugeben). Der Klageantrag umgrenzt nach den Grundsätzen der Dispositionsmaxime den Verfahrensgegenstand. Das Gericht darf insbesondere über den Klageantrag nicht hinausgehen, auch wenn es erkennt, dass der Kläger mehr fordern könnte als er beantragt, § 308 Abs. 1 ZPO.
Ein Antrag, im Falle der Nichtanzeige der Verteidigungsbereitschaft durch den Beklagten ein Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren zu erlassen, kann bereits in der Klageschriftgestellt werden. Anträge die Kostentragungspflicht und die Sicherheitsleistung wegen vorläufiger Vollstreckbarkeit betreffend, sind nicht erforderlich, weil das Gericht darüber gem.§ 308 Abs. 2 ZPO von Amts wegen erkennt.
Klagegrund
Der Klagegrund ist der tatsächliche Sachverhalt, aus dem diese Rechtsfolge hergeleitet wird (also z. B.: Die Parteien schlossen einen Kaufvertrag und der Beklagte hat den Kaufpreis nicht gezahlt). Für die Zulässigkeit der Klage kommt nicht darauf an, ob der maßgebende Lebenssachverhalt bereits in der Klageschrift vollständig beschrieben oder der Klageanspruch schlüssig oder substantiiert dargelegt worden ist.[3] Vielmehr ist es – entsprechend dem Zweck der Klageerhebung, dem Schuldner den Willen des Gläubigers zur Durchsetzung seiner Forderungen zu verdeutlichen – im Allgemeinen ausreichend, wenn der Anspruch als solcher identifizierbar ist.[4] Für die Zulässigkeit der Klage ist also weder erforderlich, dass ein Anspruch schlüssig dargelegt wurde, noch dass der Vortrag ausreichend substantiiert ist. Beides sind Fragen, die erst die Begründetheit der Klage betreffen.
Rechtsausführungen sind in der Klageschrift nicht unbedingt erforderlich, weil es Aufgabe des Gerichts ist, aus dem vorgetragenen Sachverhalt die entsprechenden rechtlichen Schlüsse zu ziehen („iura novit curia“; lat. „das Gericht kennt das Gesetz“). In der Praxis sind rechtliche Ausführungen in der Klageschrift je nach Sachverhalt dennoch die Regel.
Eigenhändige Unterschrift des Klägers bzw. Prozessbevollmächtigten (§ 130 Nr. 6 ZPO)
Das Unterschrifterfordernis ist bei vorbereitenden Schriftsätzen nach überwiegender Auffassung Soll-Vorschrift, bei bestimmenden Schriftsätzen – zu denen die Klageschrift gehört – dagegen zwingend.[5]
Da Anwälte seit dem 1. Januar 2022 Klagen und Schriftsätze mittels elektronischem Rechtsverkehr an die Gerichte senden müssen, sind handschriftliche Unterschriften nicht mehr notwendig aber auch nicht mehr ausreichend. Die Klageschrift muss gemäß § 130a Abs. 3 Satz 1 ZPO entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person (einfach) signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden.
Sofern Privatpersonen eine Klage mittels des kostenlosen Diensts Mein Justizpostfach oder per kostenpflichtiger absenderbestätigter De-Mail einreichen, ist nach § 130a ZPO ebenfalls keine eigenhändige Unterschrift mehr nötig.
Fakultativer Inhalt einer Klageschrift
§§ 253, 130 ZPO enthalten weitere Sollvorschriften über den Inhalt einer Klageschrift, die also nicht zwingend sind.
- Angaben über den Wert des Streitgegenstandes zwecks Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit § 253;
- Erklärung zur Besetzung des Gerichts § 253 (in der Praxis entbehrlich, da im Gegensatz zur früher geltenden Rechtslage der Einzelrichter ipso iure zuständig ist);
- Äußerung dazu, ob gegen die Durchführung einer Videoverhandlung (§ 128a) Bedenken bestehen.
- Bezeichnung der Beweismittel, § 130
Für Klagen im Sozialrecht gilt die Formvorschrift des § 92 SGG.
Folgen von Mängeln der Klageschrift
Die fehlerhafter Parteiangabe führt dazu, dass die Klage nicht zugestellt werden kann. Die weiteren Mängel bzgl. des zwingenden Inhalts der Klageschrift führen zur Abweisung als unzulässig. Dabei kommt es aber auf den Schluss der mündlichen Verhandlung an. Der Kläger kann also Mängel noch nachbessern. Das Gericht muss den Kläger auf Mängel der Klage gem. § 139 Abs. 2 ZPO so früh wie möglich hinweisen.
Österreich
In Österreich stellt sich – im Sinne des oben gewährten, kursorischen Grobüberblicks über die deutsche Rechtslage – die Situation ähnlich dar. Die Klage ist auch hier der verfahrenseinleitende Schriftsatz im „klassischen“ Zivilprozess – also der erste Schriftsatz, mit dem vor allem der Streitgegenstand und die Verfahrensparteien determiniert werden und mit dem der Kläger (zunächst dem Gericht gegenüber) kundtut, was er aus welchem Grund vom Beklagten begehrt (z. B. verkürzt: Zahlung von 400,00 €, weil der Beklagte kausal, rechtswidrig und schuldhaft dem Kläger einen Schaden in dieser Höhe verursacht hat). Im Gerichtsakt – betreffend dieses Verfahren – hat die Klage auch folgerichtig die ON (Ordnungsnummer) 1.
Die Norm, in der die Klage unmittelbar geregelt ist, ist § 226 ZPO, doch haben auch andere Normen zentrale Bedeutung für die Klage.
Siehe auch
- Klageart
- Leistungsklage
- Gestaltungsklage
- Feststellungsklage
- Anklage für die Verfahrenseinleitung in einem Strafverfahren
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Zivilprozess: Anwaltszwang und Rechtsantragsstelle. In: Justizportal Nordrhein-Westfalen. Abgerufen am 11. Juli 2020.
- ↑ Herbert Krumscheid: § 5 Klageerhebung. 4. Parteiwechsel und Parteierweiterung. Haufe.de, abgerufen am 21. Mai 2022.
- ↑ BGH, Urteil vom 13. Juli 1959 – III ZR 27/58 –, research.wolterskluwer-online.de = NJW 1959, 1819; BGH, Urteil vom 02. März 1979 – I ZR 29/77 –, research.wolterskluwer-online.de = VersR 1979, 764
- ↑ BGH, Urteil vom 18. Juli 2000 – X ZR 62/98 –, openjur.de
- ↑ BGH Beschluss vom 6. Dezember 2022 – VIII ZA 12/22 –, juris.bundesgerichtshof.de = NJW-RR 2023, 209