Kirchhoffsche Regeln

Lineare elektrische Netzwerke
Ideales Element

Widerstand Kapazität Reaktanz
  Stromquelle

Elektrisches Bauelement

Reihen- und Parallelschaltung

Netzwerkumformungen

GeneratorsätzeNetzwerksätze

Methoden der Netzwerkanalyse

Zweitor-Parameter

Die Kirchhoffschen Regeln werden im Rahmen der elektrischen Schaltungstechnik bei der Netzwerkanalyse verwendet. Sie unterteilen sich in zwei grundlegende und zusammenhängende Sätze, den Knotenpunktsatz und den Maschensatz, und beschreiben jeweils den Zusammenhang zwischen mehreren elektrischen Strömen und zwischen mehreren elektrischen Spannungen in elektrischen Netzwerken. Sie wurden 1845 von Gustav Robert Kirchhoff formuliert,[1] nachdem sie bereits 1833 von Carl Friedrich Gauß entdeckt worden waren.[2]

Der Knotenpunktsatz (Knotenregel) – 1. Kirchhoffsches Gesetz

In einem Knotenpunkt eines elektrischen Netzwerkes ist die Summe der zufließenden Ströme gleich der Summe der abfließenden Ströme.

Bepfeilt man alle anliegenden Zweigströme so, dass alle zugehörigen Zählpfeile zum Knoten hin oder alle zugehörigen Pfeile vom Knoten weg zeigen, so kann man den Knotenpunktsatz für einen Knoten mit Zweigströmen folgendermaßen aufschreiben:

Diese Regel gilt zunächst für Gleichstromnetzwerke.

Für Wechselstromnetzwerke gilt sie unter der Bedingung, dass man nur konzentrierte Bauelemente verwendet und somit beispielsweise Ladungsspeicherungseffekte in den Knoten und Leitungen aufgrund der dort vorhandenen Kapazitäten ausbleiben.

Anstelle der Zeitwerte kann man auch die Zeigerdarstellungen der Ströme betrachten:

Für ein Netzwerk mit Knoten lassen sich linear unabhängige Knotengleichungen aufstellen.

Erweiterung

Sofern man von konzentrierten Bauelementen ausgeht, gilt die Knotenregel nicht nur für einzelne Knoten, sondern auch für ganze Schaltungen. Allerdings wird davon ausgegangen, dass der Knoten elektrisch neutral bleibt. Möchte man z. B. nur eine Kondensatorplatte betrachten (und nicht den ganzen Kondensator), ist diese Forderung nicht mehr erfüllt. Man müsste die Betrachtung in diesem Fall um den Verschiebungsstrom, der zwischen den Kondensatorplatten fließt, erweitern. Zur Beschreibung dieser nicht mehr quellenfreien Felder muss das ampèresche Gesetz benutzt werden.

Beispiel eines Knotens

Stromknoten mit zu- und abfließenden Strömen

Wie auf dem Bild zu erkennen ist, fließen die Ströme und in den Knoten hinein und die Ströme , und aus dem Knoten heraus. Nach der Knotenregel ergibt sich folgende Formel:

oder umgeformt:

Beispiel eines Netzwerkknotens

Netzwerk mit zu- und abfließenden Strömen

Auch ganze Netzwerke können als Knoten angesehen werden. Im Beispiel fließen die Wechselströme und in den Knoten hinein und der Strom aus dem Knoten heraus.

Es gilt also:

Sind für die zufließenden Ströme folgende komplexe Effektivwerte gegeben (mit der in der Elektrotechnik üblichen imaginären Einheit ):

So ergibt sich für den abfließenden Strom aus der Knotenregel:

Der Maschensatz (Maschenregel) – 2. Kirchhoffsches Gesetz

Beispiel für die Anwendung des Maschensatzes: Die Teilspannungen U1 bis U5 addieren sich zu null. Die in der Darstellung verwendeten Spannungspfeile legen die Zählrichtung für das Vorzeichen fest.

Alle Teilspannungen eines Umlaufs bzw. einer Masche in einem elektrischen Netzwerk addieren sich zu null. Die Richtung des Umlaufes kann beliebig gewählt werden; sie legt dann aber die Vorzeichen der Teilspannungen fest. Soweit Zählpfeile entgegen der Umlaufrichtung zeigen, sind die Spannungen mit umgekehrten Vorzeichen einzusetzen.

In einem Umlauf mit Teilspannungen eines elektrischen Netzes gilt folgende Formel:

Auch diese Regel gilt für beliebig zeitlich abhängige Ströme und für Netzwerke mit nichtlinearen Bauelementen.

In Wechselstromnetzwerken kann die Summe der komplexen Effektivwerte oder komplexen Amplituden der Spannung betrachtet werden:

Die Maschengleichung gilt in diesem Fall jedoch nur für die Klemmenspannungen. Diese entspricht nicht der elektrischen Feldstärke in den Bauelementen selbst (beispielsweise innerhalb des Spulendrahtes).

Ein Netzwerk mit Zweigen und unabhängigen Knotengleichungen hat unabhängige Maschengleichungen.

Hintergrund

Ein einfacher Stromkreis

Beide kirchhoffschen Regeln sind Schlussfolgerungen aus physikalischen Erhaltungssätzen, der 1. und 3. maxwellschen Gleichung:

  • Die Knotenpunktregel beschreibt die Erhaltung der elektrischen Ladung und sagt aus, dass in den Knoten weder Ladungen vernichtet noch zwischengespeichert werden.
  • Die Maschenregel beschreibt die Erhaltung der elektrischen Energie in der Elektrostatik. Darin gilt, dass eine Ladung bei einem einmaligen Umlauf des Stromkreises insgesamt keine Arbeit am elektrischen Feld verrichtet. So bewegen sich in dem nebenstehenden einfachen Stromkreis die Ladungen innerhalb des Widerstandes mit dem elektrischen Feld, und innerhalb der Spannungsquelle bewegen sie sich dem Feld entgegen.

Die Maschenregel ist formal eine Schlussfolgerung aus dem Induktionsgesetz. Sie gilt nur für den Fall, dass innerhalb der Masche keine Änderung des magnetischen Flusses erfolgt () und somit auch auf magnetischem Weg keine Energie in das Netzwerk eingespeist oder von dort entnommen wird. Bei Abwesenheit von magnetischen Wechselfeldern liefert das Induktionsgesetz

,

was exakt der Aussage der Maschenregel entspricht. Der Ausdruck bezeichnet dabei die Umlaufspannung für einen Weg, der die Bauelemente umgeht, aber deren Pole enthält.[3]

Bei der Anwendung der kirchhoffschen Gleichungen ist allgemein zu beachten, dass alle Verbindungen zwischen den einzelnen Stromkreiselementen als ideal leitend vorausgesetzt werden. Außerdem werden die Bauelemente als konzentrierte Bauelemente angesehen. Konzentrierte Bauelemente lassen sich in ihrem elektrischen Verhalten vollständig durch die an den Anschlüssen fließenden Ströme und außen anliegenden Spannungen beschreiben. Sollten in der zu untersuchenden Schaltung nicht konzentrierte Bauelemente vorkommen, so müssen diese durch Ersatzschaltungen konzentrierter Stromkreiselemente ersetzt werden.

Für praktische Anwendungen wurde die Darstellung der allgemeinen kirchhoffschen Regeln verschiedenartig modifiziert. So beschreibt unter anderem der im englischsprachigen Raum gebräuchliche Satz von Millman ein auf den kirchhoffschen Regeln basierendes Verfahren, um die Summenspannung von mehreren parallel geschalteten Spannungs- und Stromquellen zu ermitteln.

Erfassung zeitveränderlicher externer Magnetfelder

Wenn durch die Maschen eines Netzwerks mit feldkapselnden[4] passiven oder aktiven Elementen (z. B. Widerstände, Kondensatoren, Spulen, Dioden, Elektromotoren, Kraftwerksgeneratoren, elektrochemische Zellen, Thermoelemente, Photozellen usw.) externe (nicht durch die Ströme des Netzwerks erregte) zeitveränderliche Flüsse treten, ist die Hauptvoraussetzung des Kirchhoff’schen Maschensatzes (nämlich ) verletzt. Dann gilt für eine Masche die mit dem Induktionsgesetz herleitbare Spannungsgleichung

.

Die linke Seite der Gleichung ist genau wie oben (d. h. ohne äußeres Magnetfeld) mit den Klemmenspannungen der Elemente zu bilden. Dabei kann der Umlaufsinn der Summierung nicht mehr willkürlich gewählt werden, sondern ist rechtsschraubend mit der Bezugsrichtung des magnetischen Flusses zu orientieren.

Der Fall tritt z. B. bei geomagnetisch induzierten Strömen auf.

Literatur

  • Karl Küpfmüller, Gerhard Kohn: Theoretische Elektrotechnik und Elektronik. 14. Auflage. Springer, 1993, ISBN 3-540-56500-0.
  • Gustav Robert Kirchhoff: Ueber den Durchgang eines elektrischen Stromes durch eine Ebene, insbesondere durch eine kreisförmige. In: Annalen der Physik und Chemie. Band LXIV, 1845, S. 497–514 (Gallica).
  • Gert Hagmann: Grundlagen der Elektrotechnik. 15. Auflage. AULA-Verlag. Wiebelsheim, ISBN 978-3-89104-747-7
Commons: Kirchhoffsche Regeln – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Gustav Robert Kirchhoff: Ueber den Durchgang eines elektrischen Stromes durch eine Ebene, insbesondere durch eine kreisförmige. In: Annalen der Physik und Chemie. Band LXIV, 1845, S. 513 (Gallica).
  2. Dunnington: Gauss – Titan of Science. American Mathematical Society, S. 161.
  3. Richard P. Feynman, Robert B. Leighton, Matthew Sands: Elektromagnetismus und Struktur der Materie. Definitive Edition (= Feynman Vorlesungen über Physik. Band II). 5., verbesserte Auflage. Oldenbourg Verlag, München; Wien 2007, ISBN 978-3-486-58107-2, Abschnitt 22.3, S. 419 f. (The Feynman Lectures on Physics Website – englisch: The Feynman Lectures on Physics. 2006. Übersetzt von Marlis Mitter).
  4. Gemeint sind Elemente, deren elektromagnetische Felder sich allenfalls durch vernachlässigbare Streueffekte nach außen bemerkbar machen.

Auf dieser Seite verwendete Medien

Y-parameter button.svg
Autor/Urheber: SpinningSpark, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Button image for use in templates - y-parameters
Parallel inductor button.svg
Autor/Urheber: SpinningSpark, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Button image for use in templates - Inductors in parallel
Delta-Y button.svg
Autor/Urheber: SpinningSpark, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Button image for use in templates - Δ-Y transform
Y-delta button.svg
Autor/Urheber: SpinningSpark, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Button image for use in templates - Y-Δ transform
Strom knopf.svg
(c) The original uploader, CC BY-SA 3.0
Stromquelle mit Button
Norton knopf.svg
(c) The original uploader, CC BY-SA 3.0
Norton-Theorem mit Button
Star-polygon button.svg
Autor/Urheber: SpinningSpark, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Button image for use in templates - star-polygon transform
Parallel Widerstand knopf.svg
(c) The original uploader, CC BY-SA 3.0
Parallelschaltung von Widerständen als Button
Susceptance button.svg
Autor/Urheber: SpinningSpark, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Button image for use in templates - Susceptance
Stromknoten.svg
Knoten mit zufließenden und abfließenden Strömen, für Kirchhoffsche Regel
Konduktanz knopf.svg
(c) The original uploader, CC BY-SA 3.0
Leitfähigkeitselement
KVL button.svg
Autor/Urheber: SpinningSpark, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Button image for use in templates - Kirchoff's voltage law
Z-parameter button.svg
Autor/Urheber: SpinningSpark, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Button image for use in templates - z-parameters
Admittance button.svg
Autor/Urheber: SpinningSpark, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Button image for use in templates - Admittance
Dual button.svg
Autor/Urheber: SpinningSpark, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Button image for use in templates - dual network
H-parameter button.svg
Autor/Urheber: SpinningSpark, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Button image for use in templates - h-parameters
S-parameter button.svg
Autor/Urheber: Spinningspark in der Wikipedia auf Englisch, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Button image for use in templates - s-parameters
Series capacitor button.svg
Autor/Urheber: SpinningSpark, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Button image for use in templates - Capacitors in series
Tellegen button.svg
Autor/Urheber: SpinningSpark, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Button image for use in templates - Tellegen's theorem
Spannung knopf.svg
(c) The original uploader, CC BY-SA 3.0
Spannungsquelle mit Button
Thevenin knopf.svg
(c) The original uploader, CC BY-SA 3.0
Thevenin Theorem mit Button
Superposition button.svg
Autor/Urheber: SpinningSpark, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Button image for use in templates - Superposition theorem
G-parameter button.svg
Autor/Urheber: SpinningSpark, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Button image for use in templates - g-parameters
Masche und Knoten.svg
Autor/Urheber: Saure, in accordance with Kirchhoff_law2.svg, Lizenz: CC0
Masche und Knoten in einer elektrischen Schaltung
KCL button.svg
Autor/Urheber: SpinningSpark, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Button image for use in templates - Kirchoff's current law
Parallel capacitor button.svg
Autor/Urheber: SpinningSpark, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Button image for use in templates - Capacitors in parallel
Inductor button.svg
Autor/Urheber: SpinningSpark, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Button image for use in templates - Inductor
Reactance button.svg
Autor/Urheber: SpinningSpark, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Button image for use in templates - Reactance
Ohm's law knopf.svg
Autor/Urheber:

Der ursprünglich hochladende Benutzer war Spinningspark in der Wikipedia auf Englisch

  • derivative work: Wdwd
, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Button image for use in templates - Ohm's law with letter "U" for voltage
Impedance button.svg
Autor/Urheber: SpinningSpark, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Button image for use in templates - Impedance
Series inductor button.svg
Autor/Urheber: SpinningSpark, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Button image for use in templates - Inductors in series
Capacitor button.svg
Autor/Urheber: SpinningSpark, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Button image for use in templates - Capacitor
Abcd-parameter button.svg
Autor/Urheber: SpinningSpark, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Button image for use in templates - ABCD-parameters
Reihen Widerstand knopf.svg
(c) The original uploader, CC BY-SA 3.0
Reihenschaltung von Widerständen als Button
Widerstand knopf.svg
(c) The original uploader, CC BY-SA 3.0
Symbol des elektrischen Widerstands als Button
Netzwerkknoten.png
(c) Henno, CC BY-SA 3.0
Elektrisches Netzwerk als Knoten mit zu- und abfließenden Strömen (selbst erstellt / GNU-FDL)
Maschenregel.svg
Grafik zur Erläuterung der Maschenregel
Millman knopf.svg
(c) The original uploader, CC BY-SA 3.0
Satz von Millman mit Button