Kirchensur
Kirchensur Gemeinde Amerang | |
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Koordinaten: | 48° 2′ N, 12° 20′ O |
Höhe: | 528 m ü. NHN |
Einwohner: | 38 (2011) |
Postleitzahl: | 83123 |
Vorwahl: | 08074 |
Kirchensur von Nord-Ost |
Das Kirchdorf Kirchensur ist ein Gemeindeteil der Gemeinde Amerang im oberbayerischen Landkreis Rosenheim und eine Gemarkung.
Geografie
Kirchensur liegt im Chiemgau im deutschen Alpenvorland und an der Westseite einer Endmoräne des Inn-Gletschers, die sich in Nord-Süd-Richtung in etwa von der Gemeinde Unterreit bis Bad Endorf und zum Simssee erstreckt.[1][2]
Kirchensur liegt etwa sechs Kilometer nordöstlich von Amerang, sieben Kilometer nordwestlich von Obing, achteinhalb Kilometer östlich von Wasserburg am Inn und vier Kilometer südwestlich von Schnaitsee.
Kirchensur wird vom namensgebenden Surerbach durchflossen, der kurz nach dem Ort zusammen mit dem Surbrunner Bach den Fluss Murn bildet.[3]
Außerdem verläuft die B 304 durch Kirchensur, eine Ortsumfahrung ist nicht geplant.
Geschichte
Der Name des Dorfes bedeutet „Kirche an der Sur“. Das Wort „Sur“ heißt dabei „saures Wasser“ und bezieht sich auf den Dorfbach.[4]
Bis in das frühe 19. Jahrhundert wurde das Dorf auf Karten als „Kirchsur“ oder „Kirchsuhr“ bezeichnet, im Topographischen Atlas vom Königreiche Baiern von 1825 taucht dann erstmals die heutige Schreibweise auf.[5]
In der Antike führte eine Römerstraße durch die heutigen Orte Waging, Otting, Stein, Obing, Kirchensur und Stephanskirchen, die dann bei Straß (Eiselfing) in eine weitere Straße bog und schließlich über den Inn führte.[6]
Kirchensur wurde erstmals um 970 in einer Schenkung der Grafen von Ebersberg als „Sur“ namentlich erwähnt, um 1020 kommt auch der Name „Bruno de Sura“ vor.[7]
Die Bauzeit der Kirche (St. Bartholomäus) ist nicht bestätigt, wahrscheinlich stand sie aber schon vor Anfang des 11. Jahrhunderts. 1558 wurde sie als „sehr baufällig“ beschrieben.
Mitte des 16. Jahrhunderts, zur Zeit des Heiligen Römischen Reichs, gab es in Kirchensur einen Posten für Postreiter zwischen München und Salzburg. Im Juni 1598, als Leonhard I. von Taxis bereits Generaloberstpostmeister der Kaiserlichen Reichspost war, wurde aber die Aufhebung des Postens beschlossen, da zwischen Wasserburg und Salzburg von da an Fußboten genutzt wurden.[8]
Ab dem 13. Jahrhundert war Kirchensur Obmannschaft und gehörte verwaltungsmäßig zum Pfleggericht Kling und zum Schergenamt Eiselfing. Von 1818 (Gemeindeedikt unter König Maximilian I.) bis 1970 (Anschluss an Amerang durch einen Bürgerentscheid) bildete es eine eigene Gemeinde. 1901 umfasste diese Gemeinde Kirchensur 656 Hektar, 1924 wurden die Grenzen verändert.
Der Topograf und Kartograf Adrian von Riedl erwähnt in seinem 1796 erschienenen Reise Atlas von Bajern Kirchensur sowie einige umliegende Ortschaften. Er beschreibt das Dorf selbst als einen Ort von „9 Häuser[n], mit einer Nebenkirche“[9].
35 Jahre später, im Jahr 1831, bestand Kirchensur aus 9 Häusern, der Filialkirche und dem Schulgebäude, sowie einem Wirtshaus und einer Germ- (bairisch für Hefe) und Essigsiederei.[10]
1876, zur Zeit des Deutschen Kaiserreichs, hatte die Gemeinde Kirchensur 245 Einwohner. In diesem Jahr wurde ein eigenes Schulhaus errichtet, wo Unterricht bis zur Eingliederung in die Eiselfinger Verbandschule 1969 stattfand.[11]
Anfang des Ersten Weltkrieges standen in dem Dorf etwa 15 Gebäude, heute (Stand: 2010) sind es bereits 41 Gebäude mit eigenen Hausnummern.[12]
Im Ersten Weltkrieg fielen 14 Bürger aus Kirchensur, nach dem Zweiten Weltkrieg fehlten weitere 19 Männer, gefallen oder vermisst. Durch die Unterbringung zahlreicher Flüchtlingsfamilien stieg die Einwohnerzahl der Gemeinde nach dem Krieg auf über 300 an, sank aber nach der Abwanderung dieser wieder.[13]
Bis heute gibt es in Kirchensur eine eigene Freiwillige Feuerwehr und einen Schützenverein.[14][15]
Trivia
- Im Jahr 1859 erregte eine Gerichtsverhandlung gegen eine in Kirchensur tätige Köchin über die Landesgrenzen hinweg Aufsehen. Diese wurde des Giftmordes an der Frau des Wirtes – mit dem sie wohl ein Verhältnis hatte – beschuldigt, dann aber vom königlichen Schwurgericht freigesprochen.[16][17]
- Für das 1876 errichtete Schulhaus wurden insgesamt 10.368 Mark und 57 Pfennig (85 % für das Hauptgebäude, 15 % für das Nebengebäude) veranschlagt.[11]
- Im Juni 1876 wurden Kirchensur sowie die umliegenden Orte Frabertsham und Durrhausen von einem starken Unwetter heimgesucht, bei dem die komplette Saat des Jahres vernichtet wurde.[18]
- Bei einer bayerischen Viehzählung im Jahr 1878 wurden in Kirchensur 36 Viehhaltungen gelistet. Insgesamt gab es in der Gemeinde 33 Pferde, 343 Rinder (darunter 190 Kühe), 185 Schafe, 38 Schweine, zwei Ziegen und 56 Bienenstöcke.[19]
- 2017 errichtete der Telefonica-Konzern zwischen Kirchensur und Frabertsham (Gemeinde Obing) einen etwa 40 Meter hohen Mobilfunkmasten.[20]
Einzelnachweise
- ↑ Franz Bayberger: Der Inngletscher von Kufstein bis Haag. In: Dr. A. Petermann's Mittheilungen aus Justus Perthes' Geogr.anstalt. Ergänzungsband 15, Nr. 70. J. Perthes, 1882, S. 24 ff. (google.de [abgerufen am 12. März 2021]).
- ↑ Tangram Heightmapper. Abgerufen am 24. Oktober 2018 (amerikanisches Englisch).
- ↑ BayernAtlas. In: bayernatlas.de. Abgerufen am 3. September 2016.
- ↑ Michael Braun: Beiträge zur Geschichte der Pfarrei Schnaitsee. Selbstverlag, Reichertshausen a. d. Ilm 1928, S. 16.
- ↑ Johann Georg Mayr: Topographischer Atlas vom Königreiche Baiern - Wasserburg. (Nicht mehr online verfügbar.) Topographisches Bureau, 1825, ehemals im ; abgerufen am 18. Januar 2021. (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven.)
- ↑ Michael Braun: Beiträge zur Geschichte der Pfarrei Schnaitsee. Selbstverlag, Reichertshausen a. d. Ilm 1928, S. 10.
- ↑ Michael Braun: Beiträge zur Geschichte der Pfarrei Schnaitsee. Selbstverlag, Reichertshausen a. d. Ilm 1928, S. 18.
- ↑ Die geöffneten Archive für die Geschichte des Königreichs Baiern. Eine Zeitschrift hrsg. von königl. Baierischen Archivsbeamten. Red. Joseph Alois Fink. F. S. Hübschmann, 1821, S. 303 (google.de [abgerufen am 2. Juni 2018]).
- ↑ Adrian von Riedl: Chaussée von München nach Salzburg. In: Reise Atlas von Bajern oder Geographisch-geometrische Darstellung aller bajrischen Haupt- und Landstraßen mit den daranliegenden Ortschaften und Gegenden. Joseph Lentner, 1796, S. 11 (google.de [abgerufen am 12. März 2021]).
- ↑ Repertorium des topographischen Atlasblattes ...: Wasserburg. 78. In: Repertorium des topographischen Atlasblattes. 1831, S. 38 (google.de [abgerufen am 11. November 2017]).
- ↑ a b Wasserburger Anzeiger: 1876. In: Wasserburger Anzeiger. Dempf, 1876, S. 154.
- ↑ Konrad Linner: Haus- und Hofgeschichte 1366–2010. 1. Auflage. Eigenverlag, 2010, S. 340–351.
- ↑ Simon Dieplinger, Jolanda Engelbrecht: Gemeinde Amerang - Kirchensur. 2017, abgerufen am 10. November 2017.
- ↑ Gemeinde Amerang - Freiwillige Feuerwehr Kirchensur. Abgerufen am 10. November 2017.
- ↑ www.kirchensur.de. Abgerufen am 10. November 2017.
- ↑ Bayerischer Kurier: 1859,9/12. 1859 (google.de [abgerufen am 13. Januar 2021]).
- ↑ Tagespost Graz. NS-Gauverl. u. Dr. Steiermark GmbH, 1860 (google.de [abgerufen am 13. Januar 2021]).
- ↑ Landshuter Zeitung. 2.; 28. Auflage. Thomann, 1876, S. 852 (google.de [abgerufen am 15. Oktober 2018]).
- ↑ Viehzählung vom 10. Januar 1878 in Bayern. Ackermann, 10. Januar 1878, S. 18 (google.de [abgerufen am 12. November 2017]).
- ↑ Xaver Eichstädter: "Hier im Dorf breitet sich Unsicherheit aus". In: wasserburg24.de. 4. April 2017 (wasserburg24.de [abgerufen am 10. November 2017]).
Weblinks
- Homepage von Kirchensur
- Kirchensur in der Ortsdatenbank der Bayerischen Landesbibliothek Online. Bayerische Staatsbibliothek
Auf dieser Seite verwendete Medien
Autor/Urheber: Mathe.bacher, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Dies ist ein Foto des bayerischen Baudenkmals mit der BLfD-Aktennummer
Philipp Apian - Bairische Landtafeln von 1568 (Tafel 19)
ca. 1:140.000, Gesamtgröße des Originals 156 x 159 cm, je Blatt 43 x 33 cm
Auf der Basis der „Großen Karte“ ließ Philipp Apian 1566 von Jost Amman Holzschnitte im kleineren Maßstab von 1:144.000 anfertigen. Diese so genannten Bairischen Landtafeln, aufgeteilt in 24 Holzschnitte, verlegte Apian in seiner eigenen Druckerei. Die Genauigkeit der Landkarten wurde erst im 19. Jahrhundert übertroffen. Noch Napoleon benutzte sie für den Einmarsch in Bayern.
Ein Originaldruck der Karte ist im Stadtmuseum Ingolstadt ausgestellt, die Druckstöcke befinden sich heute im Bayerischen Nationalmuseum in München.
Abraham Ortelius verbreitete kolorierte Kupferstiche dieser Landtafeln in Buchform „ex tabula Philippi Apiani“.Autor/Urheber: Mathe.bacher, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Der Ort Kirchensur im Juni von Nord-Ost, im Hintergrund die Alpen und die Kirche von Stephanskirchen.
Auszug aus dem 1796 erschienenen Reise Atlas von Bajern vom Topografen und Kartografen Adrian von Riedl