Kirchenmassaker von Suai

(c) José Fernando Real, CC BY-SA 4.0
Die alte Kirche Suais, Schauplatz des Massakers

Bei dem Kirchenmassaker von Suai wurden am 6. September 1999 zahlreiche Zivilisten durch Mitglieder der Miliz Laksaur in der Kirche Nossa Senhora do Rosario[1] in Suai (Osttimor) ermordet. Nur 26 der vermutlich bis zu 200 Opfer konnten identifiziert werden. Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass die Miliz Unterstützung durch die Streitkräfte Indonesiens erhielt.

In der Folge wurden 16 Personen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt. Die Nationalpolizei Osttimors konnte 2009 einen Beschuldigten, Sub-Commander Maternus Bere, festnehmen. Er wurde aber aus politischen Gründen wieder freigelassen und anschließend nach Indonesien abgeschoben.

Hintergrund

Lage von Suai in Osttimor

Das Massaker fand im indonesisch besetzten Osttimor nach dem Unabhängigkeitsreferendum statt, bei dem sich die deutliche Mehrheit der Osttimoresen für die Loslösung von der Besatzungsmacht ausgesprochen hatte. Nach der Verkündung des Ergebnisses brach nochmals eine Gewaltwelle in ganz Osttimor aus, bei der pro-indonesische Milizen (Wanra) und indonesische Sicherheitskräfte Häuser und Infrastruktur zerstörten. Osttimoresen wurden angegriffen und vertrieben. Insgesamt starben bis zum Eingreifen der internationalen Schutztruppe INTERFET etwa 3.000 Menschen.

Geschehen in Suai

Am 6. September 1999 beging die Wanra Laksaur in der Kirche Nossa Senhora do Rosario in Suai ein Massaker an Zivilisten. Zwei Tage nach Bekanntgabe des Ergebnisses des Unabhängigkeitsreferendums attackierte die Miliz die Kirche, in der sich mehrere hundert Flüchtlinge versammelt hatten. So der Bericht der International Commission of Inquiry on East Timor der Vereinten Nationen. Dabei soll die Miliz von regulären indonesischen Soldaten unterstützt worden sein.

Die Angreifer stürmten in die Kirche und griffen die Anwesenden mit Macheten, Messern und Schusswaffen an. In den Privatraum von Pater Hilario feuerten sie mit automatischen Waffen und warfen eine Handgranate. Der Pater und zwei weitere Priester gehörten zu den ersten Opfern.[2] Nur 26 Opfer, die auf der anderen Seite der Grenze im indonesischen Westtimor begraben wurden, konnten identifiziert werden. Laut Augenzeugen liegt die Opferzahl deutlich höher. Man geht von bis zu 200 Toten aus.[3]

Aufarbeitung

Fünf indonesische Beamte versuchte man für dieses Verbrechen zur Verantwortung zu ziehen: Oberstleutnant Liliek Kusardiyanto, Hauptmann Ahmad Syamsudin, Leutnant Sugito, Polizeioberst Gatot Subiaktoro und Distriktchef Herman Sedyono. Die Vereinten Nationen beschuldigten 16 Personen, darunter diese fünf, in einer Anklageschrift der Anklagebehörde Serious Crimes Unit in Dili, insgesamt 27 Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben; inklusive Mord, Massenmord, Vertreibung, Folter und Deportation. Auch dem Milizionär Eurico Guterres wird eine Beteiligung vorgeworfen.

Einer der Sub-Commander (Danki) der Laksaur-Miliz, Maternus Bere, wurde im August 2009 verhaftet, als er aus Westtimor, wo er nun lebte, in Suai zu Besuch war. Er hatte in der Kirche eine Zeremonie für seinen verstorbenen Vater besucht. Einheimische erkannten ihn und versuchten ihn zu lynchen, doch die Polizei konnte Bere festnehmen. Er kam in das Gefängnis Becora in Dili. Allerdings war Bere zu dieser Zeit bereits indonesischer Staatsbürger und Sekretär eines indonesischen Distrikts, weswegen das Nachbarland Protest gegen die Verhaftung erhob. Nur drei Wochen später wurde Bere wieder freigelassen und fand Zuflucht in der Botschaft Indonesiens in Dili. Ende Oktober wurde er nach Indonesien abgeschoben. Justizministerin Lúcia Lobato bestätigte, dass die Entlassung aus politischen Gründen erfolgte.[4] Die Vereinten Nationen, die Katholische Kirche, die Opposition und ein Großteil der Bevölkerung verurteilten die Freilassung.

Schon bald nach dem Abzug der Indonesier wurde eine Gedenkstätte für die Opfer errichtet. Heute ist sie Teil des Muzeum Memorial Resistencia Municipio Covalima (MMRMC).

Sonstiges

Behelfskirche von Suai (2003)

Der ältere Bruder der Politikerin Milena Pires war eines der Todesopfer des Kirchenmassakers von Suai. Sein Leichnam konnte nicht gefunden werden.[5][6] Der ums Leben gekommene Pater Hilario Madeira, der Pfarrer der Gemeinde wurde 2007 posthum mit dem Ordem Dom Martinho Lopes geehrt. Er hatte in der Besatzungszeit auch die Unabhängigkeitskämpfer unterstützt.[7]

Bereits in indonesischer Zeit wurde mit einem Neubau einer Kirche in Suai begonnen, allerdings lag der Rohbau lange Zeit brach. Erst 2012 wurde die neue Ave-Maria-Kirche von Suai eingeweiht. In der Zwischenzeit nutzte die Pfarrgemeinde einen Behelfsbau.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. CAVR - Das Kirchenmassaker von Suai (englisch; PDF; 35 kB)
  2. Lindsay Murdoch: How an alleged war criminal in East Timor escaped justice; The Age, 5. November 2009.
  3. Masters of Terror: Suai church massacre (Memento des Originals vom 23. Februar 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.villagechief.com
  4. ETimor militia leader’s release a ‘political decision’: minister; MSN news, 8. September 2009.
  5. Maggie O’Kane: Return of the Revolutionaries; The Guardian, 15. Januar 2001.
  6. Geoff Thompson: East Timor to go to the polls; (Memento des Originals vom 26. August 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.abc.net.au Sendung der Australian Broadcasting Corporation vom 29. August 2001.
  7. UCAN: East Timor awards medal of honour posthumously to bishop, priests, nuns, 26. Mai 2007, abgerufen am 28. November 2021.

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Gedenksteine für die Opfer des Suai-Massakers 1999
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Suai: In dieser Kirche richteten Milizen am 6. September 1999 ein Blutbad an (Suai Massaker). Mehrere hundert Menschen hatten in der Kirche Zuflucht gesucht, als Bewaffnete eindrangen und wahllos in die Menge schossen. Bezeugt sind 26 Tote, man spricht aber auch von bis zu 200 Toten.
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Alte Ave Maria Kirche von Suai
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Denkmal an das Kirchenmassaker von Suai vor der Kirche Nossa Senhora do Rosario
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Monumento Massacre Setembro negro 1999, Suai
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Alte Ave Maria Kirche von Suai
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Alte Ave Maria Kirche von Suai