Kirch-Beerfurth

Kirch-Beerfurth
Gemeinde Reichelsheim
Koordinaten: 49° 43′ 10″ N, 8° 52′ 8″ O
Höhe: 196 m ü. NN
Fläche:3,2 km²[1]
Einwohner:370 (1970)[1]
Bevölkerungsdichte:116 Einwohner/km²
Eingemeindung:1. Dezember 1970
Eingemeindet nach:Beerfurth
Postleitzahl:64385
Vorwahl:06164

Kirch-Beerfurth ist ein Dorf mit eigener Gemarkung im Odenwald und bildet zusammen mit Pfaffen-Beerfurth den Ortsteil Beerfurth der Gemeinde Reichelsheim im südhessischen Odenwaldkreis.

Geographie

Kirch-Beerfurth liegt in der zum Vorderen Odenwald zählenden Gersprenzniederung nordöstlich des Hauptortes Reichelsheim. Die Gemarkung von Kirch-Beerfurth liegt östlich und rechts der Gersprenz, genau gegenüber von Pfaffen-Beerfurth auf der Westseite des Tals. Beide Orte sind entlang der Brückenstraße zusammengewachsen. Die Nordgrenze der Gemarkung bildet der Bach von dem Vierstöck. Östlich von Kirch-Beerfurth steigt die Gemarkung durch den Südzipfel des kristallinen Böllsteiner Odenwalds zum Morsberg an, der schon im Sandstein-Odenwald liegt und sich mit einer Höhe von 517 Meter als höchster Punkt der Gemarkung weithin sichtbar über die Gersprenz-Niederung erhebt. Der Nordwesthang des Morsberges geht in den kristallinen Vorderen Odenwald über, wo auf einem Bergsporn des 404 Meter hohen Burgbergs die Ruine des Beerfurther Schlösschens zu finden ist.

Die nächstgelegenen Ortschaften sind im Nordwesten Pfaffen-Beerfurth, im Norden Gersprenz, im Nordosten Ober-Kainsbach, im Südosten, etwas weiter entfernt, Ober-Mossau, im Süden Bockenrod und im Südwesten Frohnhofen sowie die Kerngemeinde Reichelsheim.

Geschichte

Chronik

Der früheste erhalten gebliebene urkundliche Nachweis belegt das Bestehen des Ortes Berenforte im Jahr 1324 und Bernffurt an der syte der bache 1443. Am 8. Februar 1335, urkundlich belegt, kauften die Edelknechte Albrecht d. Ä. von Echter, Stammvater der Herren von Echter, und Wortwin von Ungelaube für 40 Pfund Heller den Zehnten zu Beerfurth.[1][2] Am 28. April 1336 wurde dieser Verkauf erneut, diesmal für 72 Pfund Heller, beurkundet.[3]

Der Name Pfaffen Beerfurth ist seit 1650 belegt. Die Herrschaftsverhältnisse der beiden Ortsteile links und rechts der Gersprenz haben sich schon früh auseinanderentwickelt. Das Dorf war real geteilt. Die Teilung wurde endgültig, als das Dorf am Westufer im Jahr 1478 an das Stift vom Heiligen Geist in Heidelberg verkauft wurde, während der Osten unter der Herrschaft der Grafen von Erbach-Erbach und der Fürsten von Löwenstein-Wertheim blieb.[4]

Bei Auflösung des alten Reichs am Anfang des 19. Jahrhunderts gehörte die westliche Hälfte infolge der Säkularisierung durch die Reformation inzwischen der Kurpfalz und seit dem Reichsdeputationshauptschluss 1803 zur Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, seit 1806 „Großherzogtum Hessen“. Die östliche Hälfte war weiter ein Kondominat zwischen der Standesherrschaft Löwenstein-Wertheim, deren Anteil durch deren Amt Kirch-Beerfurth verwaltet wurde und der Standesherrschaft Erbach, die ihren Anteil durch das Amt Reichenberg verwaltete. Nachdem sich der Staat und die Standesherren darüber geeinigt hatten, konnte Kirch-Beerfurth 1822 in den Landratsbezirk Erbach eingegliedert werden. Nachdem sich der Staat und die Standesherren darüber geeinigt hatten, konnte Langenbrombach 1822 in den Landratsbezirk Erbach eingegliedert werden. Ab 1852 gehörte es zum Kreis Erbach (ab 1939: „Landkreis Erbach“), der – mit leichten Grenzberichtigungen – seit 1972 Odenwaldkreis heißt. Nach 1822 nahm die erstinstanzliche Rechtsprechung für Langenbrombach das Landgericht Michelstadt wahr, ab 1879 das Amtsgericht Michelstadt.

Eisenbahn

Vom 10. Oktober 1887 bis August 1964 war Kirch-Beerfurth mit dem Bahnhof Kirch- und Pfaffenbeerfurth (Streckenkilometer 14,9) an die Strecke der Gersprenztalbahn (Reinheim-Reichelsheimer-Eisenbahn) angeschlossen.

Post

Am 17. Mai 1907 sind mit den Posthilfsstellen in Unter-Gersprenz und Kirch-Beerfurth Telegraphenanstalten nebst öffentlicher Sprechstelle und Unfallmeldestelle vereinigt worden (Centralanzeiger für den Odenwald vom 28. Mai 1907). 1953 wurde eine Poststelle in Kirch-Beerfurth im Haus Heidelberger Str. 24 eröffnet die am 30. November 1970 geschlossen wurde. Vom 20. Dezember 1996 bis 31. Dezember 1997 wurde eine Postagentur in der örtlichen Tankstelle betrieben. Diese ersetzte die bisherige Postfiliale in Pfaffen-Beerfurth.

Schule

1907 wird in Kirch-Beerfurth ein neues einklassiges Schulhaus mit Lehrerwohnung erbaut. Das Gebäude diente bis 1963 als Schule und ist seit 1990 Versammlungsraum für die örtlichen Vereine.

Kirche

Am 1. Oktober 1962 wurde das selbständige evangelische Kirchspiel Beerfurth gegründet. Ihm gehörten jetzt die Gemeinden Kirch-Beerfurth, Pfaffen-Beerfurth, Gersprenz und Ober-Kainsbach an. 1964 fand die Grundsteinlegung für den Bau der evangelischen Kirche in Kirch-Beerfurth statt. Als erste Pfarrerin war Frau Marianne Queckbörner tätig.

Kreditinstitut

1965 eröffnete die Volksbank Gersprenztal eG eine Zweigstelle in Kirch-Beerfurth.

Gebietsreform

Im Zuge der Gebietsreform in Hessen fusionierten die Gemeinden Kirch-Beerfurth und Pfaffen-Beerfurth zum 1. Dezember 1970 freiwillig zur Gemeinde Beerfurth.[5] Damals hatte der Ort 370 Einwohner. Seit der durch Landesgesetz erfolgten Eingliederung der neu geschaffenen Gemeinde nach Reichelsheim am 1. August 1972 bilden Kirch-Beerfurth und Pfaffen-Beerfurth gemeinsam den Ortsbezirk Beerfurth mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung.[6]

Territorialgeschichte und Verwaltung im Überblick

Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Kirch-Beerfurth lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][7][8]

Einwohnerentwicklung

  • 1961: 328 evangelische (= 91,36 %), 28 katholische (= 7,80 %) Einwohner[1]
Kirch-Beerfurth: Einwohnerzahlen von 1834 bis 1970
Jahr  Einwohner
1834
  
326
1840
  
347
1846
  
315
1852
  
302
1858
  
260
1864
  
309
1871
  
308
1875
  
313
1885
  
328
1895
  
350
1905
  
302
1910
  
305
1925
  
291
1939
  
310
1946
  
422
1950
  
434
1956
  
389
1961
  
359
1967
  
361
1970
  
370
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: [1]

Wappen

DEU Kirch-Beerfurth COA.svg

Blasonierung: „In gespaltenem und zweimal geteiltem Schild (Gold und Rot umgesetzt) eine geschweifte blaue Spitze, belegt mit einem silbernen Kastell.“[9]

Das Wappen wurde der damaligen Gemeinde Kirch-Beerfurth im Landkreis Erbach am 24. April 1961 durch den Hessischen Innenminister genehmigt. Gestaltet wurde es durch den Bad Nauheimer Heraldiker Heinz Ritt.

Das rot-goldene Schild wurde aus dem Wappen der Herren von Rodenstein übernommen. Das Kastell symbolisiert das in der Kirch-Beerfurther Gemarkung liegende Beerfurther Schlösschen.

Verkehr

Durch Kirch-Beerfurth führt die Bundesstraße 47/Bundesstraße 38 und verbindet den Ort mit der Kerngemeinde Reichelsheim. Die B 47 kommt von Bensheim an der Bergstraße und Lindenfels im Westen und führt über den Abzweig in Ober-Gersprenz kurvenreich nach Osten über die Spreng nach Michelstadt und Erbach (Odenwald) im Mümlingtal. Nach Norden führt die B 38 in Richtung Dieburg und Darmstadt und nach Süden über das Gumpener Kreuz zur Weschnitzsenke bis Weinheim und Heidelberg.

Persönlichkeiten

  • Peter Leideritz, * 5. Januar 1911 in Kirch-Beerfurth, SS-Obersturmführer, im Zweiten Weltkrieg Chef der Sicherheitspolizei in Kolomea und Leiter der dortigen „Judenaktionen“,[10] am 22. Februar 1949 in Polen als Kriegsverbrecher hingerichtet.

Literatur

  • Martin Kempf: Genealogie der Grafen von Ingelheim gen. Echter von und zu Mespelbrunn. In: Aschaffenburger Jahrbuch für Geschichte, Landeskunde und Kunst des Untermaingebietes, Band 20, Aschaffenburg 1999, Geschichts- und Kunstverein Aschaffenburg e. V. ISBN 3-87965-081-0, S. 11–17f.
  • Literatur über Kirch-Beerfurth nach Register nach GND In: Hessische Bibliographie

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Kirch-Beerfurth, Odenwaldkreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 27. Mai 2021). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. Simon (1858), 3. Teil, S. 29, Urkunde XXVII.
  3. Simon (1858), 3. Teil, S. 29 f., Urkunde XXVIII.
  4. Geschichte von Beerfurth. Gewerbeverein Beerfurth, archiviert vom Original am 16. Februar 2012; abgerufen im Jahr 2012.
  5. Zusammenschluss der Gemeinden Kirch-Beerfurth und Pfaffen-Beerfurth im Landkreis Erbach zu der neuen Gemeinde „Beerfurth“ vom 16. November 1970. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1970 Nr. 48, S. 2253, Punkt 2250 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 5,6 MB]).
  6. Hauptsatzung § 6. (PDF; 281 kB) Gemeinde Reichelsheim, abgerufen im Oktober 2020.
  7. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006;.
  8. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 1. Großherzoglicher Staatsverlag, Darmstadt 1862, DNB 013163434, OCLC 894925483, S. 43 ff. (Online bei google books).
  9. Genehmigung eines Wappens der Gemeinde Kirch-Beerfurth im Landkreis Erbach, Regierungsbezirk Darmstadt vom 24. April 1961. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1961 Nr. 18, S. 497, Punkt 487 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 4,1 MB]).
  10. Dieter Pohl: Nationalsozialistische Judenverfolgung in Ostgalizien 1941–1944. Organisation und Durchführung eines staatlichen Massenverbrechens. Oldenbourg, München 1996, ISBN 3-486-56233-9, S. 191

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