Kinderkur

Ehemalige Kinderkurklinik St. Johann, Niendorf, Ostsee

Eine Kinderkur ist eine mehrwöchige Maßnahme der medizinischen Vorsorge, der Rehabilitation oder der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche, die der Gesundheit, Erholung und Therapie von Kindern und Jugendlichen gilt. Kinderkuren werden in der Regel in klimatisch besonderen Lagen (See, Gebirge) in speziellen Vorsorge- und Reha-Einrichtungen für Kinder und Jugendliche durchgeführt.

Anders als bei einer Mutter-Kind-Kur findet die Kinderkur ohne Familienangehörige statt, unter bestimmten Voraussetzungen besteht aber Anspruch auf Mitaufnahme einer Begleitperson (§ 15a Abs. 2 SGB VI).

Eine Kur gilt als angezeigt, wenn die Maßnahmen am Ort nicht mehr ausreichen, um eine Erkrankung zu bessern oder eine Verschlechterung zu verhindern. Das kann zum Beispiel bei Atemwegserkrankungen vorliegen, aber auch psychosoziale Faktoren können eine Rolle spielen.

Deutschland

Mögliche Rechtsgrundlagen sind § 23 SGB V, § 15a SGB VI und § 35a SGB VIII.

Die Vorsorge- und Reha-Einrichtungen müssen von den Krankenkassen nach dem SGB V (§ 107 und § 111) anerkannt sein. Der Hausarzt bescheinigt die Kurbedürftigkeit des Kindes oder stellt auch den Antrag. Die Kosten werden bei Bewilligung von den Krankenkassen bzw. Sozialversicherungsträgern übernommen.

Außerdem können die Kosten von Kurmaßnahmen bei Kindern vom Sozialamt der Kommune gemäß § 37 BSHG (Krankenhilfe) oder vom Jugendamt gemäß § 16 SGB VIII (Förderung der Erziehung in der Familie) übernommen werden, soweit sich nicht die Unterhaltsverpflichteten an den Kosten beteiligen können.

In DDR-Zeiten wurden Kinderkuren wegen Asthma oder Neurodermitis in Veli Losinj und auf Zypern durchgeführt.[1]

In einer ersten empirische Untersuchung des ARD-Politikmagazin Report Mainz wurden zahlreiche Erfahrungsberichte sog. „Verschickungskinder“ ausgewertet, die an den mehrwöchigen, ab den 1950ern verordneten Kinderkuren teilgenommen hatten. Die Untersuchung brachte systematische Misshandlungen zutage – etwa gezwungen worden zu sein, Erbrochenes zu essen – und zeigte Langzeiteffekte der damaligen Kinder auf.[2][3][4][5]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Treffpunkt für ehemalige Kurkinder von Veli Losinj und Zypern. (online)
  2. Ulrich Neumann, Philipp Reichert: Kindererholungskuren „Psychoterror und Folter“. In: tagesschau.de. 3. Dezember 2019, abgerufen am 12. November 2020.
  3. Christoph Gunkel: Misshandlungen in Ferienheimen: „Macht was. Bitte! Bitte!“ In: spiegel.de. 21. September 2019, abgerufen am 12. November 2020.
  4. Video „Wie Kinder in Kurheimen systematisch misshandelt und gedemütigt wurden“, Report Mainz auf YouTube
  5. Video „Erniedrigung statt Erholung: Wie Kinder in Kurheimen gequält und traumatisiert wurden“, Report Mainz auf YouTube

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Autor/Urheber: Überleben, Lizenz: CC BY 3.0
Kinderkurheim St. Johann, nun Fachklinik Maria Meeresstern, Niendorf/Ostsee, Timmendorfer Strand