Kekinowin

Kekinowin: Bildtafel aus dem Buch der Schrift von Carl Faulmann, Erstdruck 1880

Kekinowin ist die Bezeichnung für eine ideographische Bilderschrift der Ojibwa-Indianer, die zur großen Algonkin-Sprachfamilie gehören und auch Chippewa oder Anishinabe genannt werden.

Charakteristika

Das Kekinowin ist mit der Sprache nicht unmittelbar verbunden und für die Kommunikation völlig bedeutungslos. Seine einzelnen Zeichen (Ideogramme) sind mit einem gewissen Gut an Gedanken und Ideen verknüpft, das das gesamte kulturelle Leben der Indianer umfasst. Die Zeichen sind also ein mnemotechnisches Mittel, nur reine Gedächtnisstützen, um viele Dinge in der Erinnerung zu bewahren und abrufen zu können wie Überlieferungen, Zeremonien, Rituale, Gesänge, Tänze, Zaubersprüche und dergleichen. Nach Haarmann ist die Funktionsweise des Kekinowin mit der des Walam Olum zu vergleichen, der Stammeschronik der Lenni Lenape, in Deutschland Delawaren genannt.

Schreibmaterial

Die Zeichen werden u. a. auf Stoffen, Tierhäuten – meist gegerbte Büffel- und Hirschfelle – und Birkenrinde dargestellt. (Birkenrinde, die wohl am häufigsten benutzt wird, ist auch früher in Europa als Material für Beschriftungen verwendet worden; berühmt ist dafür eine Birkenrindenschrift aus dem mittelalterlichen Nowgorod.)

Eingeweihter Personenkreis

Für die Allgemeinheit ist das Kekinowin völlig unverständlich, ein Geheimnis, in das nur sehr wenige Menschen eingeweiht sind, in der Regel Medizinmänner (Schamanen), die auch oft noch Häuptlinge sind. Diese außergewöhnlichen Männer sind, wenn auch unterschiedlich ausgeprägt, Propheten, Ärzte, Dichter, Tänzer und Sänger. Sie nur als Zauberer zu bezeichnen, wie es meistens geschieht, ist wohl ein ganzes Stück zu kurz gegriffen. Denn es sind nicht nur Zaubersprüche, sondern Geschichten von manchmal epischen Ausmaßen, die sie sprechen, Überlieferungen und Welterfahrungen, die sie mit ihren Liedern, Tänzen und Zeremonien wiedergeben.

Betätigungsfelder der Medizinmänner

Die verschiedenen Betätigungsfelder der Medizinmänner zeigt folgende Übersicht (mit den indianischen Bezeichnungen nach Faulmann):

  • Medáwin (Arzneikunst, Heilkunde)
  • das hohe Yesukáwin (Prophezeiung)
  • das kleine Yesukáwin (Geisterbeschwörung)
  • Wábino (magische Gesänge und Tänze)
  • Keossáwin (Jagd-Medizin)
  • Nundobewunewun (Kampfeinstimmung)
  • Sadzawin (Liebes-Medizin)
  • Muzzinábikon (Geschichte, Überlieferung)

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Kekinowin: Bildtafel aus dem Buch der Schrift von Carl Faulmann, Erstdruck 1880

Kekiwin

Neben dem Kekinowin besitzen die Ojibwa noch eine zweite Bilderschrift, die Kekiwin heißt. Die Zeichen dieser Schrift sind Piktogramme und somit allgemein verständlich.

Literatur

  • Werner Müller: Indianische Welterfahrung, Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 1991, ISBN 3-608-93172-4
  • Carl Faulmann: Das Buch der Schrift: enthaltend die Schriftzeichen und Alphabete aller Zeiten und aller Völker des Erdkeises, Greno Verlagsgesellschaft mbH, Nördlingen 1985, (Nachdruck der Wiener Ausgabe von 1880), ISBN 3-921568-51-X
  • Harald Haarmann: Geschichte der Schrift, Verlag C. H. Beck oHG, München 2002, ISBN 978-3-406-59218-8

Weblinks

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