Kassitenzeit

Der Alte Orient
Das Stadttor Nimruds
Zeitleiste nach kalibrierten C14-Daten
Epipaläolithikum12000–9500 v. Chr.
Kebarien
Natufien
Khiamien
Präkeramisches Neolithikum9500–6400 v. Chr.
PPNA9500–8800 v. Chr.
PPNB8800–7000 v. Chr.
PPNC[1]7000–6400 v. Chr.
Keramisches Neolithikum6400–5800 v. Chr.
Umm Dabaghiyah-Kultur6000–5800 v. Chr.
Hassuna-Kultur5800–5260 v. Chr.
Samarra-Kultur[2]5500–5000 v. Chr.
Übergang zum Chalkolithikum5800–4500 v. Chr.
Halaf-Kultur[3]5500–5000 v. Chr.
Chalkolithikum4500–3600 v. Chr.
Obed-Zeit5000–4000 v. Chr.
Uruk-Zeit4000–3100/3000 v. Chr.
Frühbronzezeit3000–2000 v. Chr.
Dschemdet-Nasr-Zeit3000–2800 v. Chr.
Frühdynastikum2900/2800–2340 v. Chr.
Akkadzeit2340–2200 v. Chr.
Neusumerische/Ur-III-Zeit2340–2000 v. Chr.
Mittelbronzezeit2000–1550 v. Chr.
Isin-Larsa-Zeit[2]/altassyrische Zeit[3]2000–1800 v. Chr.
Altbabylonische Zeit1800–1595 v. Chr.
Spätbronzezeit1550–1150 v. Chr.
Kassitenzeit[2]1580–1200 v. Chr.
Mittelassyrische Zeit[3]1400–1000 v. Chr.
Eisenzeit1150–600 v. Chr.
Isin-II-Zeit[2]1160–1026 v. Chr.
Neuassyrische Zeit1000–600 v. Chr.
Neubabylonische Zeit1025–627 v. Chr.
Spätbabylonische Zeit626–539 v. Chr.
Achämenidenzeit539–330 v. Chr.
Jahreszahlen nach der mittleren Chronologie (gerundet)

Als Kassitenzeit (auch mittelbabylonische Zeit) wird ein vier Jahrhunderte umfassender Zeitraum in der altorientalischen Geschichte bezeichnet, der im Wesentlichen der Spätbronzezeit in jener Region entspricht. Sie schließt sich an ein „dunkles Jahrhundert“ nach der Eroberung Babylons durch den Hethiterkönig Muršili I. 1595 v. Chr. an und endet in einem allgemeinen Zusammenbruch im 12. Jahrhundert v. Chr. Der Begriff wird vor allem für den südlichen Teil Mesopotamiens verwendet; für das nördliche Mesopotamien spricht man von der mittelassyrischen Zeit.

Geschichtliche Entwicklung

Nach dem Ende der 1. Dynastie von Babylon sind aus Babylonien für rund 170 Jahre kaum historische Quellen verfügbar. Bekannt ist jedoch insbesondere aus der Königsliste A und der synchronen Chronik, dass diese Zeit von heftigen Kämpfen um die Vorherrschaft in Südmesopotamien geprägt war. Dabei setzten sich die Kassiten, ein ehemals nomadisch lebendes Volk, das mit der ansässigen Bevölkerung koexistierte, zunehmend durch. König Ulam-buriaš gelang ein Sieg über die Meerlanddynastie, womit die Kassiten ihre Vorherrschaft endgültig sicherten.

Unter ihnen wurden alte Traditionen fortgeführt. Insbesondere verwendeten sie die aus altbabylonischer Zeit bekannte Herrschertitulatur sowie die Akkadische Sprache, so dass ihre eigene Sprache kaum bekannt ist. Die politische Einigung Babyloniens, das nun Karduniaš genannt wurde, ermöglichte dessen ökonomischen Aufstieg. Am Ende des 15. Jahrhunderts v. Chr. trat Babylonien dann als international bedeutender Staat auf. Insbesondere die Herrscher Kara-indaš und Kuri-galzu I. korrespondierten mit den Pharaonen Amenophis II. und Thutmosis IV. Als neue Hauptstadt wurde Dur-Kurigalzu gegründet.

In der Folgezeit kam es zu langandauernden Rivalitäten mit dem nördlichen Nachbarn Assyrien. Mit Aššur-bel-nišešu wurde der Tigris als gemeinsame Grenze vertraglich festgelegt. Ab Aššur-uballiṭ I. verfolgte Assyrien jedoch eine zunehmend expansive Politik. Es kam zu großen Schlachten bei Sugaga am Tigris sowie Kilizu, in denen die Assyrer jeweils unterlagen. Die Lage entspannte sich erst wieder, als beide Länder mit eigenen Problemen zu kämpfen hatten: Babylonien mit Kriegen gegen Elamer und Aramäer; Assyrien mit Kämpfen gegen die sog. Bergländer, Katmuḫḫu und Nomaden. Ab dem frühen 13. Jahrhundert v. Chr. gewann Assyrien zunehmend die Oberhand, bis Tukulti-Ninurta I. schließlich Babylon eroberte. Durch Enlil-nādin-šumi kam erneut eine kassitische Dynastie an die Macht, die mit einer Invasion durch Šutruk-Naḫḫunte II. ihr endgültiges Ende fand und an die sich die Isin-II-Zeit anschloss.

Archäologie

Die materielle Kultur der Kassitenzeit ist durch archäologische Funde aus zahlreichen Ausgrabungen dokumentiert. Spezifisch kassitische Formen sind dennoch kaum bekannt. Wichtigste Fundorte für diese Epoche sind Aqarquf, Tell Abū Ḥabbah, Nuffar, Išān Bahrīyāt, Telloh, Tell el-Hiba, Tell el-Muqejjir, Tell Zubeidi, Tell Imlihiye sowie Tall al-Uhaymir.

Architektur

Zikkurat von Aqarquf

Wohnhäuser dieser Epoche wurden vor allem in Tell el-Muqejjir (Ur) freigelegt. Insgesamt hat sich dabei gegenüber der vorausgehenden Epoche wenig verändert. Bedeutende Bauwerke sind der Palast von Aqarquf sowie der dortige Tempelkomplex. Bekannt ist außerdem der von Kara-indaš in Uruk (Warka) errichtete Inanna-Tempel, dessen Fassade im Vorderasiatischen Museum in Berlin ausgestellt ist.

Kunsthandwerk

Als neue Gattung des Kunsthandwerks treten Kudurrus auf. Sie wurden wegen ihrer Inschriften lange Zeit als Grenzsteine bezeichnet, waren jedoch Urkunden über Landschenkungen. Vermutlich handelte es sich um besonders kunstvoll ausgestaltete Kopien von ursprünglich auf Tontafeln festgehaltenen keilschriftrechtlichen Dokumenten, die in Tempeln aufgestellt wurden.

Glyptik

In der Glyptik traten einige Neuerungen auf. So sind in kassitischer Zeit insgesamt vier stilistische Gruppen von Siegeln unterscheidbar. Besonders in der frühen mittelbabylonischen Zeit werden Formen der altbabylonischen Zeit weiter benutzt, jedoch vereinfacht. Später treten dann vermehrt Siegel mit Darstellungen von Tieren und Pflanzen auf, die auch stark vereinfacht vorkommen. Schließlich wurden so genannte „pseudo-kassitische“ Siegel verwendet, die aus Fritte gefertigt waren und ebenfalls vereinfachte altbabylonische Motive zeigten. Neben Rollsiegeln waren dabei auch Siegelringe in Gebrauch.

Wirtschaft

Das Reich war, bei auf einige eng umgrenzte Gebiete, weniger urban als seine Vorgänger und eher dörflich strukturiert. Dies hatte auch einen Einfluss auf die Wirtschaftsweise. Im Umfeld der urbanen Zentren blieben große landwirtschaftliche und von Sklaven bearbeitete Güter bestehen. Im Umfeld der Dörfer wurden kleinere Einheiten von einzelnen Haushalten bearbeitet. Die kassitischen Herrscher bemühten sich um Zugriff auf untergenutzte Gebiete, die sie dann als große Güter an Beamte und andere Akteure im königlichen Dienst verpachteten.[4]

Anmerkungen

  1. in der Levante
  2. a b c d in Südmesopotamien
  3. a b c in Nordmesopotamien
  4. Michael Jursa: Agriculture in Bronze Age Mesopotamia. In: David Hollander, Timothy Howe: A companion to ancient agriculture. John Wiley & Sons, 2021. S. 165f.

Literatur

  • Marc Van de Mieroop: A History of the Ancient Near East. Ca. 3000–323 BC. 2nd edition. Blackwell, Malden MA u. a. 2007, ISBN 1-405-14910-8, S. 171–205.
  • Dominique Collon: First Impressions. Cylinder seals in the ancient Near East. British Museum Publications, London 1987, ISBN 0-7141-1121-X.

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The Gate of Nimrud (Metropolitan Museum).jpg
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From the gate of Nimrud.

A human-headed winged bull and winged lion (lamassu), Neo-Assyrian from the reign of Ashurnasirpal II; 883–859 B.C. Mesopotamia, Nimrud (ancient Kalhu) Alabaster (gypsum); H. 10 ft. 3 1/2 in. (313.7 cm) Gift of John D. Rockefeller Jr., 1932 (32.143.1–.2) Location: Metropolitan Museum of Art, New York.

From the 9th to the 7th century B.C., the kings of Assyria ruled over a vast empire centered in northern Iraq. The great Assyrian king Ashurnasirpal II (r. 883–859 B.C.) undertook a vast building program at Nimrud, ancient Kalhu. Until it became the capital city under Ashurnasirpal, Nimrud had been no more than a provincial town.

The new capital occupied an area of about nine hundred acres, around which Ashurnasirpal constructed a mudbrick wall that was 120 feet thick, 42 feet high, and five miles long. In the southwest corner of this enclosure was the acropolis, where the temples, palaces, and administrative offices of the empire were located. In 879 B.C. Ashurnasirpal held a festival for 69,574 people to celebrate the construction of the new capital, and the event was documented by an inscription that read: "...the happy people of all the lands together with the people of Kalhu—for ten days I feasted, wined, bathed, and honored them and sent them back to their home in peace and joy."
The ziggurat at Aqar Quf.jpg
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The ziggurat at Aqar Quf rises 180 feet above the desert west of Baghdad.