Karstquelle
Eine Karstquelle ist der Wasseraustrittsort eines Karstgrundwasserleiters in einem Karstsystem. Damit verbunden ist die unterirdische Entwässerung eines größeren Gebietes, was dazu führt, dass Karstquellen häufig eine sehr große Schüttung aufweisen.
Beschreibung
Die Karstquellen treten an Stellen des Karstgrundwasserleiters auf, die einen leichten Austritt aus den verkarsteten Gesteinseinheiten ermöglichen. Sie gehören zum geomorphologischen Formenschatz des Karstes und können verteilt auf einem Höhenhorizont das Wasser an mehreren Stellen abgeben, die Karstquellenlinie.[1][2]
Wenn eine Karstquelle eine trichter- oder kesselartige Form hat, werden solche Wasseraustrittsstellen auch als Quelltopf bezeichnet, was sich in Gewässernamen wie Aachtopf, Blautopf, Brenztopf oder Lonetopf widerspiegelt. Andere Karstquellen entspringen Felswänden, etwa die Kuhfluchtquelle, die Source du Lison, das Tote Weib oder die Rinquelle.
Zum Teil sind besonders große (oder alte) Karstquellen das Ende eines Höhlensystems, an dem ein Höhlenfluss die Erdoberfläche erreicht. So ist es häufig möglich, an der Karstquelle dieses Höhlensystem zu betreten und zu erforschen. Es gibt auch Austrittsstellen von Höhlen (Wasserhöhlen), die noch vollständig, oder jedenfalls bei hohen Niederschlagsmengen, mit Wasser gefüllt sind.
Karstquellen, deren Strömungsrichtung sich je nach Niederschlagsmenge umkehren kann, so dass diese dann als Ponor fungieren, werden als Estavelle bezeichnet. Sie treten typischerweise in Poljen auf und zählen zu den intermittierenden Quellen.[3][4]
Hydrologische Merkmale
Die wichtigste Besonderheit von Karstquellen folgt aus der Tatsache, dass in Gebieten mit karstbildenden Gesteinen (Karbonatgestein oder Evaporite) diese im Laufe der Zeit durch das Oberflächenwasser erodiert werden, weil die gesteinsbildenden Minerale in Lösung gehen. Dadurch bilden sich Hohlräume, in denen sich Wasser stehend und in Bewegung befindet. Die Karstquelle ist der überwiegend oberirdische Wasseraustritt aus solchen natürlichen Hohlraumsystemen. Bei fortschreitender Erosion im Innern eines Karstgrundwasserleiters können sich Karstquellen verändern. Sie treten auf einem tieferen Lageniveau in der Landschaft zutage und bisherige Quellen versiegen.[5][6] Anders als bei Grundwasser erfolgt keine Reinigung,[7] da die Filterwirkung von Lockersedimenten weitgehend ausbleibt. Dadurch können Schadstoffeinträge aller Art und mikrobielle Belastungen eintreten.[8][9] Es kommt dagegen zu einer sehr unterschiedlichen Schüttungsmenge: Unwetter, Schneeschmelze und jahreszeitliche Schwankungen der Niederschlagsmenge sind an der Quelle deutlich bemerkbar.
Eine Besonderheit stellen Karstquellen dar, die nach ihrem unterirdischen Weg im Festland (meistens durch Karbonatgestein) im Meer entspringen. Solche Unterwasser-Karstquellen sind ein Schwerpunkt moderner Forschungen im südeuropäischen Karst, beispielsweise an den Küsten des Mittelmeers.[10] Dort werden sie mit dem serbokroatischen Wort „Vrulje“ bezeichnet.[11]
Karstquellen können in niederschlagsarmen Zeiten trockenfallen, man spricht dann von intermittierenden Quellen. Wieder andere sind die meiste Zeit des Jahres trocken und schütten nur nach starken Niederschlägen.[12] Quellen, die nur in nassen Jahren schütten, werden mitunter Hungerbrunnen genannt, was daran liegt, dass der Volksmund einen Zusammenhang zwischen dem Schütten der Quelle und einem schlechten Ertrag in einem verregneten Jahr sieht.[13]
Die Qualität von Karstquellwasser ist für die Trinkwasserversorgung wegen geringer Reinigung und hoher Härte eher ungeeignet. Zudem steht ungleichmäßige Schüttung einem gleichmäßigen Verbrauch gegenüber, ja sogar niedrige Schüttung im Sommer einem erhöhten Bedarf. Rund 30 % der Bevölkerung in Europa erhalten ihr Trinkwasser aus Karstgebieten, das Wiener Trinkwasser stammt sogar zu 95 % aus Karstquellen in den Nördlichen Kalkalpen, unter anderem über die II. Wiener Hochquellenleitung aus der Kläfferquelle, einer der größten Karstquellen Mitteleuropas.[14]
Weitere Beispiele
Einige ausgewählte Beispiele für Karstquellen:
- Foce del Timavo (Italien)
- Izvor Omble (Kroatien)
- Pießling-Ursprung (Österreich)
- Source du Doubs (Frankreich)
- Su Gologone (Sardinien, Italien)
- Siebenbrünnen (Schweiz)
- Syri i Kaltër (Albanien)
- Vrelo Bune (Bosnien und Herzegowina)
Listen von Karstquellen
- Liste von Karstquellen in Deutschland
- Liste von Karstquellen in Frankreich
- Liste von Karstquellen in Österreich
- Liste von Karstquellen in der Schweiz
- Liste von Karstquellen in den Vereinigten Staaten
Galerie
- Karstquelle der Loue in Frankreich
- Vrelo Bune in Bosnien und Herzegowina
- Hexenbrunnen von Tuhala (estnisch Tuhala nõiakaev) Tuhala, Estland
- Eine submarine Karstquelle (vrulje) nahe Omiš ist an der sich kräuselnden Wasseroberfläche zu erkennen.
- This file is not in the public domain. Therefore you are requested to use the following next to the image if you reuse this file: © Yann Forget / Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0Karstquelle des Flusses Sorgue bei Fontaine-de-Vaucluse. Das Wasser tritt hier aus einer Tiefe von 315 Metern an die Oberfläche.
Weiterführende Literatur
- Tobias Geyer: Process-based characterisation of flow and transport in karst aquifers at catchment scale. Dissertation an der Georg-August-Universität Göttingen, Göttingen 2008, online auf www.ediss.uni-goettingen.de (PDF, englisch)
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Hans Murawski, Wilhelm Meyer: Geologisches Wörterbuch. 12. Auflage, Spektrum Verlag, Heidelberg 2010, S. 84 (Stichwort Karst).
- ↑ Vladimír Panoš: Karsologická a speleologická terminologie. Žilina (Knižné centrum) 2001, S. 30 (Eintrag: čára pramenní krasová).
- ↑ Hans Murawski, Wilhelm Meyer: Geologisches Wörterbuch. 12. Auflage, Spektrum Verlag, Heidelberg 2010, S. 44 (Stichwort Estavelle).
- ↑ Vladimír Panoš: Karsologická a speleologická terminologie. Žilina (Knižné centrum) 2001, S. 43 (Eintrag: estavela).
- ↑ Hans Murawski, Wilhelm Meyer: Geologisches Wörterbuch. 12. Auflage, Spektrum Verlag, Heidelberg 2010, S. 133 (Stichworte Quelle, Quellschüttung).
- ↑ Radim Kettner: Allgemeine Geologie III. Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1959, S. 240.
- ↑ Anonymus: Quellwasser. auf www.trinkwasser.svgw.ch (deutsch, französisch, italienisch).
- ↑ Fridtjof Bauer: Karstwasser als Trinkwasser – Gefährdung und Schutz. In: Verband Österreichischer Höhlenforscher (Hrsg.): Die Höhle. Band 35, 1984, S. 105–108, hier S. 106 (zobodat.at [PDF] PDF-Dokument S. 2).
- ↑ Michael Besmer, Frederik Hammes: Trinkwasser aus Karstgebieten und mikrobiologische Trinkwassersicherheit. Regionale Wasserversorgung Basel-Landschaft 21. Liestal und Dübendorf 2016. online auf www.baselland.ch (PDF) S. 5–7; PDF-Dokument S. 11–13.
- ↑ Radim Kettner: Allgemeine Geologie III. Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1959, S. 242.
- ↑ Hans Murawski, Wilhelm Meyer: Geologisches Wörterbuch. 12. Auflage, Spektrum Verlag, Heidelberg 2010, S. 133 (Stichwort Quelle), S. 183 (Stichwort Vrulje).
- ↑ National Cave and Karst Research Institute: Springs. New Mexico Institute of Mining and Technology, auf www.nckri.org (englisch).
- ↑ Bernhard Nerreter: Hungerbrunnen im Leinleitertal aktiv. auf www.fhkf.de.
- ↑ Wiener Trinkwasser aus sensiblen Karstquellen. In: Der Standard, 2. April 2003, abgerufen am 23. Juni 2022.
- ↑ S. Sorensen: Abbildung der Quelle.
Auf dieser Seite verwendete Medien
Autor/Urheber: Ivar Leidus, Lizenz: CC BY-SA 3.0 ee
"Hexenbrunnen von Tuhala" (Estland). Wasser bricht aus dem Karstquelle nur für einen kurzen Zeitraum und nicht jedes Jahr. Nach heftigem Regen oder während der Schneeschmelze kommt es (meist im Frühling) zu einem Naturschauspiel: bei starkem Anschwellen des Flusses Tuhala, der hier unterirdisch verläuft, treten bis zu 100 Liter Wasser pro Sekunde aus dem Brunnen heraus.
Autor/Urheber: Isiwal, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Diese Datei zeigt das Naturdenkmal in Oberösterreich mit der ID nd103.
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Fontaine de Vaucluse en crue.
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Quelle der Buna in Blagaj
Autor/Urheber: Rainer Pinhack, Lizenz: CC BY-SA 3.0 de
submarine Karstquelle (Vrulja), in der südkroatischen „Vrulja Bay“ bei Brela. Das Süßwasser großer Karstwasser-Gänge strömt unmittelbar an der steilen Felsküste ins Meer. Süßwasser ist leichter (physikalisch weniger dicht) als Salzwasser und steigt – wenn der Wasserdruck stark genug ist – sichtbar bis an die Oberfläche. Je nach Verlauf des Karstwasser-Gangs und je nach Wasserdruck dringt mindestens geringfügig, u.U. auch viel, Salzwasser ein – auch durch tektonische Risse und Klüfte in den Gesteinsschichten.
Den Adriaküsten von Slowenien, Kroatien, Montenegro und Albanien liegt das ca. 800 km lange, verkarstete Dinarische Gebirge vor. Daher gibt es an diesen Küsten zahlreiche küstennahe und submarine Quellen.
© Freak-Line-Community / Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0
Die Quelle der Loue im französischen Jura
Autor/Urheber: Ssch, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Der Aachtopf, wasserreichste Karstquelle Deutschlands, Quelle der Radolfzeller Aach.