Karl Schleinzer

Karl Ernst Schleinzer (* 8. Jänner 1924 in Frantschach-Sankt Gertraud im Lavanttal; † 19. Juli 1975 in Bruck an der Mur) war ein österreichischer Politiker und Bundesminister von 1961 bis 1970. Für die Nationalratswahl 1975 war Schleinzer Kanzlerkandidat der ÖVP, jedoch starb er bei einem Verkehrsunfall wenige Monate vor der Wahl.

Leben

Karl Schleinzer wurde am 8. Jänner 1924 als Sohn einer Bauernfamilie in Frantschach-Sankt Gertraud im Lavanttal geboren.[1]

Nach dem Besuch der Volksschule und der Mittelschule absolvierte Karl Schleinzer ein Landwirtschaftsstudium an der Hochschule für Bodenkultur mit Promotion.[2] Am 8. November 1942 beantragte er die Aufnahme in die NSDAP und wurde rückwirkend zum 1. September 1942 aufgenommen (Mitgliedsnummer 9.244.264).[3][4] Im Frühjahr 1943 wurde er zur Wehrmacht einberufen, den Krieg beendete er 1945 als Leutnant der Reserve in britischer Kriegsgefangenschaft. Danach begann er seine berufliche Laufbahn bei der Landwirtschaftskammer Kärnten.[1]

Mit 32 Jahren schaffte er es 1956 als Abgeordneter der ÖVP in den Kärntner Landtag.[1] Vier Jahre später hatte er als Spitzenkandidat der ÖVP das bisher beste Ergebnis bei Landtagswahlen erreicht.[1]

1959 avancierte er zum Landesparteiobmann der Kärntner ÖVP und wurde dann 1960 bis 1961 Landesrat für Land- und Forstwirtschaft sowie Geschäftsführer des Kärntner Bauernbundes. Von 1961 bis 1964 übernahm er unter Bundeskanzler Alfons Gorbach den Posten des Verteidigungsministers. Mit 37 Jahren war er zum Zeitpunkt der Amtsübernahme als Verteidigungsminister das bis dahin jüngste Regierungsmitglied der Zweiten Republik.[1]

Im Anschluss daran wirkte er von 1964 bis 1970 unter Bundeskanzler Josef Klaus, auf dessen Wunsch hin er das Ressort wechselte, als Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft und legte dabei den Baustein der modernen Agrarpolitik in Österreich.[1] Als Landwirtschaftsminister setzte er sich als Erster für die Vernetzung mit der Wirtschaft ein und intensivierte Kontakte im Hinblick auf einen schon damals diskutierten Beitritt Österreichs zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG).[1] Zu seinen zentralen politischen Anliegen zählte etwa die Schaffung und Erhaltung einer leistungsfähigen Agrar- und Ernährungswirtschaft.[1] Des Weiteren bemühte er sich um neue agrarpolitische Konzepte und eine Erweiterung der im Grünen Bericht gemäß Landwirtschaftsgesetz 1960 festgelegten Förderungsmaßnahmen.[1] Bis heute (Stand: 2024) ist mit Schleinzer das sogenannte Strukturpaket (Siedlungsgrundsatzgesetz (1967), Güter- und Seilwegegesetz (1967), Besitzstrukturfonds) verbunden.[1]

Zu Schleinzers Anliegen zählte außerdem die Forcierung der ersten Qualitäts- und Absatzstrategie für die heimische Agrar- und Ernährungswirtschaft oder die Einführung des Qualitätsklassegesetzes (1967), mit dem er sich mit Maßnahmen im Rahmen der Marktordnung und Reformen für eine bessere Abstimmung von Angebot und Nachfrage auf eine intensivere Verbindung zwischen Produzenten und Konsumenten einsetzte.[1]

Nach dem Machtwechsel zur SPÖ war Schleinzer 1970 bis 1971 ÖVP-Generalsekretär unter dem Bundesparteiobmann Hermann Withalm.

Bis zu seinem Tod war Karl Schleinzer stets Abgeordneter zum Nationalrat für die ÖVP. Am 4. Juni 1971 beim außerordentlichen Parteitag in Wien mit 286 von 423 gültigen Stimmen (67 %) zum Bundesparteiobmann der Österreichischen Volkspartei gewählt[5], fungierte er ab damals in dieser Funktion und war Spitzenkandidat der ÖVP für die Nationalratswahl 1975.

Tödlicher Unfall

Am Samstag, den 19. Juli 1975 kehrte Schleinzer vom Urlaub in Rhodos zurück und fuhr anschließend von Wien mit seinem Privatwagen in Richtung Kärnten nach Hause. Bei dieser Fahrt verunglückte er auf der damals berüchtigten Gastarbeiterroute in Bruck an der Mur durch einen Frontalzusammenstoß mit einem türkischen Sattelzug. Der damalige Oberarzt der Chirurgie des Landeskrankenhauses Bruck/Mur, Berger, konnte nur mehr den Tod feststellen. Als Unfallursache wurde Sekundenschlaf vermutet. Es kursierten seinerzeit Gerüchte um mögliche Manipulationen am Ford Granada des damaligen ÖVP-Vorsitzenden. Neben seiner Ehefrau Margarethe, die im Jahr 2007 mit 83 Jahren starb, hinterließ Schleinzer auch noch fünf Kinder mit deren Familien,[6] darunter den angesehenen Wirtschaftsjuristen Karl Schleinzer junior (* 28. März 1946; † 1. Oktober 2022).[7][8]

Am Ort des Unfalls, direkt an der heutigen Leobener Straße in der Nähe zum ersten Kreisverkehrs bei der Leobner Brücke,[9] wurde später eine Gedenktafel errichtet. Diese wurde im Juli 2022, anlässlich des 47. Todestages, an einen neuen Standort verlegt und befindet sich seitdem auf dem Gelände der Höheren Bundeslehranstalt für Forstwirtschaft Bruck/Mur.[10]

Die zu seinem Gedenken errichtete Dr. Karl Schleinzer-Stiftung vergibt Studienförderungen an Studierende der Universität für Bodenkultur.

Literatur

  • Manfried Rauchensteiner: Die Verteidigungsminister der Zweiten Republik – Serie. Karl Schleinzer. In: Österreichische Militärische Zeitschrift. Heft 2, 2020, S. 162–171.
  • Herbert Bacher (Hrsg.): Karl Schleinzer. Der Mann und das Werk (= Schriften des Karl-v.-Vogelsang-Instituts. Band 1). Böhlau, Wien u. a. 1984, ISBN 3-205-08832-8.
  • Ingrid Böhler: Schleinzer, Karl. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 23, Duncker & Humblot, Berlin 2007, ISBN 978-3-428-11204-3, S. 58 f. (Digitalisat).

Weblinks

Commons: Karl Schleinzer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j k TRAGISCHES ENDE EINES GROSSEN ÖVP-POLITIKERS, abgerufen am 6. Januar 2024
  2. Karl Schleinzer: Das Bergbauerngebiet Limberg. Eine betriebswirtschaftliche Untersuchung. Dissertation. Hochschule für Bodenkultur, Wien 1952, OBV.
  3. Bundesarchiv R 9361-VIII KARTEI/19091124
  4. Michael Wladika, Doris Sottopietra, Helmut Wohnout: Zur Repräsentanz von Politikern und Mandaten mit NS-Vergangenheit in der Österreichischen Volkspartei 1945–1980: Eine gruppenbiographische Untersuchung. Forschungsprojekt im Auftrag des Karl von Vogelsang-Instituts. Wien April 2018, S. 170-74 (vogelsanginstitut.at [PDF]).
  5. „Putsch“ der VP-Jungen mißlang: Schleinzer und Kohlmaier gewählt. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 5. Juni 1971, S. 1.
  6. Der Unfalltod des Kanzlerkandidaten, abgerufen am 6. Januar 2024
  7. Trauer um Aufsichtsrat und Jurist Karl Schleinzer, abgerufen am 6. Januar 2024
  8. Traueranzeige zum Tod Karl Schleinzers, abgerufen am 6. Januar 2024
  9. Stelle bei Google Maps (August 2018)
  10. 47 Jahre nach seinem Tod bekommt Karl Schleinzer einen neuen Gedenkort, abgerufen am 6. Januar 2024

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Wappen der Republik Österreich: Nicht gesetzeskonforme Version des österreichischen Bundeswappens, umgangssprachlich „Bundesadler“, in Anlehnung an die heraldische Beschreibung des Art. 8a Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz mit zwar nach Wappengesetz detailliertem, aber schwarzem statt grauem Gefieder, mit zu grellem Gelb sowie mit inkorrekter Darstellung des Bindenschilds, da die weiße Binde zu breit und der untere rote Balken zu schmal sowie der Spitz, statt halbrund zu sein, zu flach gerundet ist:

Das ursprüngliche Staatswappen wurde in der ersten Republik Österreich im Jahr 1919 eingeführt. Im austrofaschistischen Ständestaat wurde es im Jahr 1934 wieder abgeschafft und, im Rückgriff auf die österreichisch-ungarische Monarchie, durch einen Doppeladler ersetzt. In der wiedererstandenen (zweiten) Republik im Jahr 1945 wurde das Bundeswappen mit dem Wappengesetz in der Fassung StGBl. Nr. 7/1945 in modifizierter Form wieder eingeführt. Der Wappenadler versinnbildlicht, diesem Gesetzestext entsprechend (Art. 1 Abs. 1), „die Zusammenarbeit der wichtigsten werktätigen Schichten: der Arbeiterschaft durch das Symbol des Hammers, der Bauernschaft durch das Symbol der Sichel und des Bürgertums durch das Symbol der den Adlerkopf schmückenden Stadtmauerkrone […]. Dieses Wappen wird zur Erinnerung an die Wiedererringung der Unabhängigkeit Österreichs und den Wiederaufbau des Staatswesens im Jahre 1945 dadurch ergänzt, dass eine gesprengte Eisenkette die beiden Fänge des Adlers umschließt.“

Mit dem Bundesverfassungsgesetz vom 1. Juli 1981, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 geändert wird, BGBl. Nr. 350/1981, wurden die Wappengesetze von 1919 und 1945 außer Kraft gesetzt und dem Text des Bundes-Verfassungsgesetzes mit Artikel 8a B-VG eine Verfassungsbestimmung über die Farben, die Flagge und das Wappen der Republik Österreich hinzugefügt. Mit der Neuverlautbarung des Wappengesetzes mit BGBl. Nr. 159/1984 in § 1 in der grafischen Umsetzung der Anlage 1 wurde das Bundeswappen in seiner aktuellen Version eingeführt.