Karfreitagsgefecht
Datum | 2. April 2010 |
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Ort | Bei Isa Khel in der Provinz Kundus |
Ausgang | Propagandaerfolg der Aufständischen |
Konfliktparteien | |
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Truppenstärke | |
unbekannt | mind. 70–80 Aufständische |
Verluste | |
ein Dingo zerstört, | mind. fünf Gefallene |
Das Karfreitagsgefecht war am 2. April 2010 ein Feuergefecht im Rahmen des Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan zwischen einer Fallschirmjägereinheit und radikal-islamischen Taliban. Diese wurden unterstützt durch die Islamische Bewegung Usbekistans. In dem Gefecht verloren drei Fallschirmjäger ihr Leben. Beim Karfreitagsgefecht waren deutsche Soldaten zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg an länger anhaltenden Kampfhandlungen beteiligt.
Hintergrund
Zu dem Gefecht kam es im Raum Kundus im Rahmen der dortigen ISAF-Operationsführung und der deutschen Beteiligung am Krieg in Afghanistan.
Verlauf des Gefechtes
Am Karfreitag 2010 hatten Soldaten des Fallschirmjägerbataillons 373 aus Seedorf den Auftrag, Sprengfallen (IED) aufzuklären und zu beseitigen.
Gegen 13 Uhr Ortszeit wurden die 34 Fallschirmjäger, geführt von ihrem Kompaniechef, von 30 bis 40 Aufständischen aus dem Hinterhalt heraus unter massiven Beschuss genommen. Dabei wurden frühzeitig drei Soldaten verwundet, zwei davon schwer, darunter Stabsgefreiter Robert Hartert. Der Kompaniechef forderte Verstärkung an, woraufhin sich eine Reservekompanie aus dem Feldlager Kundus in Marsch setzte.
Mit Aufklärungsdrohnen der Typen Luna und KZO wurde das Gefecht beobachtet. Auch Kampfflugzeuge der US-Streitkräfte befanden sich über dem Gefechtsfeld, konnten aber wegen der Gefahr des Eigenbeschusses nicht eingreifen. Die verwundeten deutschen Soldaten wurden von US-Hubschraubern des Typs Black Hawk unter Beschuss in einer heißen Landezone aufgenommen und in das deutsche Einsatzlazarett in Kundus ausgeflogen. Beim Versuch, sich vom Feind zu lösen, geriet ein Dingo gegen 14:50 Uhr in eine Sprengfalle. Dabei wurden vier Fallschirmjäger verwundet (drei davon schwer), unter ihnen auch Hauptfeldwebel Nils Bruns und Hauptgefreiter Martin Augustyniak.[1][2]
Parallel dazu griffen rund 40 Aufständische um 15:35 Uhr ein nahes Lager der afghanischen Polizei an; dieser Angriff konnte abgewehrt werden.
Im weiteren Verlauf des Gefechtes der deutschen Fallschirmjäger mit den Aufständischen wurden vier weitere Soldaten verwundet. Erst nach acht Stunden Gefecht konnte die Reservekompanie die Fallschirmjäger ablösen, die daraufhin in das Feldlager Kundus zurückkehrten, das sie gegen 21:50 Uhr erreichten. Im Laufe des Gefechtes wurden durch die Bundeswehrsoldaten über 25.000 Schuss abgegeben.[3] Das Gefecht dauerte neun Stunden.[2] Eine Schilderung des Gefechts und eine kritische Stellungnahme eines der beteiligten Soldaten findet sich im NDR-Podcast „Killed in Action – Deutschland im Krieg“.[4]
Im Rahmen der Operation Tür wurden die Türen des zerstörten Gefechtsfahrzeuges vom Typ Dingo am 9. September 2011 durch Panzergrenadiere einer Kampfeinheit der Task Force Kunduz III (Ausbildungs- und Schutzbataillon) in Isa Khel geborgen[5] und später am Ehrenhain der 2. Infanteriekompanie im Feldlager Kundus aufgestellt.[6] Inzwischen haben sie ihren Platz in einem Gedenkraum des Fallschirmjägerregiments in Seedorf gefunden.[7]
Verluste
Hauptfeldwebel Nils Bruns (35 Jahre), Stabsgefreiter Robert Hartert (25) und Hauptgefreiter Martin Augustyniak (28) fielen im Karfreitagsgefecht.[2] Ihrer wird unter anderem im Wald der Erinnerung gedacht, in dem sich heute der Ehrenhain Kundus befindet. In Bielefeld-Quelle wurde nach einiger politischer Diskussion ein Platz zur Erinnerung an den Hauptgefreiten Martin Kadir Augustyniak nach ihm benannt und mit einem Gedenkstein und einer Informationsstele[8] gestaltet.[9][10][11]
Zivile Pick-ups mit Soldaten der afghanischen Armee wurden von einem Schützenpanzer Marder der Reservekompanie irrtümlich beschossen. Die deutschen Soldaten hatten während des Anmarschs einen weiteren Angriff durch Aufständische befürchtet und Anhaltesignale gegeben. Da diese nicht beachtet wurden, erfolgte der Beschuss und sechs der Soldaten wurden getötet.
Nach Angaben des Chefs des afghanischen Geheimdienstes sind mindestens fünf Taliban bei dem Gefecht ums Leben gekommen, darunter auch ein lokaler Anführer.[12]
Auszeichnungen
Mario Kunert, Philipp Oliver Pordzik, Ralf Rönckendorf, Maik Mutschke, Robert Hartert und Martin Kadir Augustyniak wurden für ihren Einsatz mit dem Ehrenkreuz der Bundeswehr für Tapferkeit ausgezeichnet.[13]
Nils Bruns, Ulrike Hödel und Gerhard Haben erhielten aufgrund ihrer herausragenden Leistungen das Ehrenkreuz der Bundeswehr in Gold in besonderer Ausführung.[14]
Den US-amerikanischen Soldaten Robert McDonough, Steven Husted, Jason LaCrosse, Nelson Visaya, Jason Brown, Sean Johnson, Eric Wells, Travis Brown, William Ebel, Antonio Gattis, Steven Shumaker, Matthew Baker, Todd Marchese und Gregory Martinez wurde aufgrund ihrer herausragenden Leistungen bei der Rettung der Verwundeten ebenfalls das Ehrenkreuz in Gold in besonderer Ausführung verliehen.[15][16] LaCrosse wurde außerdem mit dem Silver Star ausgezeichnet, die anderen (außer Baker und Martinez) erhielten das Distinguished Flying Cross.[17]
Ralf Rönckendorf, der einem Kameraden unter Beschuss das Leben rettete und sein Augenlicht verlor, wurde 2011 mit dem Bambi geehrt.[18]
Wendepunkt für Geschichte der Bundeswehr
Der damalige Verteidigungsminister Thomas de Maizière sagte nach dem Gefecht: „Kundus, das ist für uns der Ort, an dem die Bundeswehr zum ersten Mal gekämpft hat, lernen musste, zu kämpfen. Das war eine Zäsur – nicht nur für die Bundeswehr, sondern auch für die deutsche Gesellschaft.“[19]
Literatur
- Christoph Reuter: In der Kill-Zone. Das Karfreitags-Gefecht 2010 bei Isa Chel. In: Pallasch. Zeitschrift für Militärgeschichte. Bd. 16 (2012), Heft 42, S. 137–142.
- Joachim Hoppe, Sascha Brinkmann, Wolfgang Schröder: Feindkontakt: Gefechtsberichte aus Afghanistan. 2. Auflage. Mittler Verlag, 2014, ISBN 978-3-8132-0954-9 (eBook (2015): ISBN 978-3-8132-1015-6).
- Christoph Heinzle, Kai Küstner: Killed in Action – Deutschland im Krieg. NDR Info, 30. August 2019 (Podcast, 6 Folgen, 193 Minuten).
Weblinks
- Thomas Wiegold: Karfreitagsgefecht vor fünf Jahren: Der Wendepunkt für die Truppe? augengeradeaus.net, 2. April 2015 .
- Redaktion der Bundeswehr: Wir werden sie nie vergessen: Gedenken am Ehrenmal – Bundeswehr. Kanal der Bundeswehr bei Youtube, 15. November 2015 .
- Chris Helmecke: Gefallen und verwundet im Kampf: Deutsche Soldaten im Karfreitagsgefecht 2010. In: Militärgeschichte: Zeitschrift für historische Bildung. Februar 2018 .
- Redaktion der Bundeswehr: Wald der Erinnerung – persönliche Einblicke – Bundeswehr. Kanal der Bundeswehr bei Youtube, 2. April 2015 .
- Ulrike Jenssen: Fünf Jahre „Karfreitagsgefecht“: Der Erinnerung ganz nah. bundeswehr.de, 15. Dezember 2017 .
Einzelnachweise
- ↑ Videobericht der WELT, ca. 2 Min.
- ↑ a b c Deutsche Fallschirmjäger Feuergefecht. Aus: Der Krieg bleibt. ZDF-Dokumentation. Auf: YouTube. 12. August 2011. (Video; 11 min)
- ↑ bezogen auf die Kräfte in Stärke 34 – 3 + 4 Ausfälle bei 3 MG und 31 G36 eine durchschnittliche Schussanzahl von über 700 Schuss
- ↑ NDR: Killed in Action (Folge 4): Der Hinterhalt. In: Website. NDR, abgerufen am 29. Mai 2021.
- ↑ „Operation Tür“: Bergung in den frühen Morgenstunden. Abgerufen am 10. Juli 2021 (deutsch).
- ↑ Marcel Bohnert & Andy Neumann: Panzergrenadiere im Kampfeinsatz in Afghanistan, in: Freundeskreis der Panzergrenadiertruppe (Hrsg.): Panzergrenadiere. Eine Truppengattung im Wandel der Zeiten, Munster u. a. 2016, ISBN 3-933802-35-0, S. 43ff.
- ↑ Marcel Bohnert: Afghanistan-Rückkehrer: Ich war in einem Krieg, den es nicht geben durfte. In: Der Spiegel. 7. August 2021, abgerufen am 8. August 2021.
- ↑ In Gedenken an Martin Augustyniak Veteranenkultur. In: Veteranenkultur. Abgerufen am 11. Februar 2021 (deutsch).
- ↑ Für Martin Augustyniak: Ein Platz in der Heimat, BUNDESWEHR
- ↑ Platzlage und Fotos
- ↑ Alexander Menden: Platz für einen Gefallenen, Süddeutsche Zeitung 28. August 2020, S. 6
- ↑ Taliban-Angriff auf die Bundeswehr: Blutiger Karfreitag in Camp Kunduz. Spiegel Online, 2. April 2010.
- ↑ BMVg.de: Ehrenkreuze für Tapferkeit und Einsatzmedaillen Gefecht verliehen. (Nicht mehr online verfügbar.) In: .bmvg.de. Archiviert vom Original am 29. November 2014; abgerufen am 26. März 2016.
- ↑ Sanitätsdienst Bundeswehr: Aushändigung Ehrenkreuz. In: .sanitaetsdienst-bundeswehr.de. Abgerufen am 26. März 2016.
- ↑ Gemeinsam gekämpft: Deutsch-amerikanisches Wiedersehen nach überstandener Gefahr. In: deutschesheer.de. Abgerufen am 26. März 2016.
- ↑ Fourteen U.S. Army Europe aviators to receive Bundeswehr medal for valor. (Nicht mehr online verfügbar.) In: www.eur.army.mil. Archiviert vom Original am 11. September 2015; abgerufen am 26. März 2016 (englisch).
- ↑ Medevac soldiers honored for their heroism during ceremony. The Stars and Stripes, 13. Dezember 2010
- ↑ Sonderpreis für gebürtigen Brüsewitzer. In: svz.de. Abgerufen am 1. Juli 2022.
- ↑ Taliban erobern Kundus – den Symbolort deutscher Afghanistan-Politik. In: Tagesspiegel. 8. August 2021, abgerufen am 11. Februar 2022.
Auf dieser Seite verwendete Medien
BERLIN - Army Chief Warrant Officer 3 Jason Lacrosse, Joint Multinational Readiness Center Falcons instructor pilot, Hohenfels, Germany, reunites with German soldiers here Sept. 11, 2012 at the Berlin Air Show. Three of the German soldiers were rescued by Lacrosse and fellow soldiers in Afghanistan and the fourth was a member of the Joint Tactical Air Command that was involved in the operation. From left to right: Hauptfeldwebel Naef Adebahr (WIA), Hauptfeldwebel Ralf Rönckendorf, unknown, Army Chief Warrant Officer 3 Jason Lacrosse, Stabsgefreiter Maik Mutschke
The Shahada written in white on a black background. The first known flag was the previous one seen behind Bin Laden in Khost during 1996 or 1998
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14 U.S. MEDEVAC crewmen are awarded the German Gold Cross for risking their lives to come to the rescue of German soldiers during a firefight in Kunduz, Afghanistan. Germany’s Gold Cross medal is one of the nation’s highest awards for valor and this is the first time in history foreigners have ever received the award
Autor/Urheber: Wiegold.de, Lizenz: CC BY-SA 4.0
GELTOW/POTSDAM 14nov2014 - Der "Wald der Erinnerung" auf dem Gelände des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr in Geltow bei Potsdam, eingeweiht am 15.11.2014, erinnert an im Auslandseinsatz ums Leben gekommene deutsche Soldaten.Der Ehrenhain/Gedenkstein aus Kundus/Afghanistan Foto Thomas Wiegold