Karaimische Sprache

Karaimisch
Къарай тил

Gesprochen in

Litauen Litauen
Ukraine Ukraine
Polen Polen
Sprecher81 Sprecher (2014)[1]
Linguistische
Klassifikation
Offizieller Status
Amtssprache in
Anerkannte Minderheiten-/
Regionalsprache in
Polen Polen
Sprachcodes
ISO 639-1

ISO 639-2

tut (sonstige Altaische Sprachen)

ISO 639-3

kdr

Die karaimische Sprache (karaimisch Къарай тилQaraj til), kurz Karaimisch, ist eine Turksprache aus dem Zweig der kiptschakischen Sprachen. Sie wird von der ethnisch-religiösen Gruppe der Karäer gesprochen, die sich etwa im 8. Jahrhundert vom Judentum abgespalten hat und heute noch im Baltikum, Osteuropa, der Türkei und auch in Israel einige Anhänger hat. Das ISO3-Sprachkürzel ist kdr.

Alternative Bezeichnungen

Die karaimische Sprache ist auch unter anderen Namen bekannt. So werden auch Karay tili sowie die hebräische Bezeichnung לשון קדרLaschon Kedar, deutsch ‚Sprache der Karäer‘ verwendet. In der türkischen Turkologie wird die Bezeichnung „karaimisches Türkisch“ (Karay Türkçesi) verwendet.

Hauptverbreitungsgebiet

Karaimisch wurde im 20. Jahrhundert in kleinen Sprachinseln in Trakai und Panevėžys (Litauen) und in den Gebieten Luzk und Halytsch (West-Ukraine) und auf der Krim gesprochen.[2] Kleinere Minderheiten finden sich auch in der Türkei und in Israel. Heute wird das Karaimische lediglich in Trakai noch in gewissem Maß gepflegt. Als Beitrag zu seiner Erhaltung erschien 2003 eine CD, die in die Sprache und Kultur einführt.[3] Dagegen ist der Dialekt von Halytsch nahezu ausgestorben.

Von den 2602 Karäern gaben bei der letzten Volkszählung der UdSSR im Jahre 1989 nur noch 503 Karaimisch als Muttersprache an, während es noch 52 als Zweitsprache nannten.

Dialekte

Westkaraimische Dialekte

Die Karaimische Sprache lässt sich in zwei Dialektgruppen aufteilen: West- und Ostkaraimisch. Der westkaraimische Dialekt umfasst die Dialekte der Karäer um Trakai und Vilnius (Nordwestkaraimisch) sowie Luzk und Halytsch (Südwestkaraimisch). Das Westkaraimische weist typische Merkmale im Wortschatz auf, so kommen im Trakai-Karaimischen Dialekt häufig russische, polnische oder litauische Lehnwörter vor, im Halytsch- bzw. Luzk-Karaimischen meistens polnische und ukrainische.

Ostkaraimischer Dialekt

Der ostkaraimische Dialekt wird im Gegensatz zum westkaraimischen Dialekt von auf der Krim lebenden Karäern gesprochen. Das Ostkaraimische weist einen starken Einfluss des Krimtatarischen auf.[4]

Klassifizierung

Die karaimische Sprache wird mit Krim-Tatarisch, Kumykisch und Karatschai-Balkarisch der kiptschak-oghusischen oder westkiptschakischen Gruppe zugerechnet, die zum kiptschakischen oder nordwestlichen Zweig der Turksprachen gehört[5] (siehe auch den Artikel Turksprachen).

Schrift

Seit dem Mittelalter ist Karaimisch eine bedeutende Literatursprache, die überwiegend in hebräischen Buchstaben geschrieben wurde. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gab es eine Phase, in der auch nichtreligiöse Texte auf Karaimisch veröffentlicht wurden. So erschien von 1931 bis 1938 in Luzk die Zeitschrift Karaj Awazy.

In der Zwischenkriegszeit wurde in Polen eine sich an der polnischen Orthographie orientierenden (ch, cz, ć, dz, dź, ł, ń, sz, ś, w, y, ż, ź + ö, ü, ť, ď) lateinischen Schrift für die westkaraimischen Dialekte verwendet.[6]

In der sowjetischen Zeit wurde Karaimisch mit der kyrillischen Schrift geschrieben, so auch in einer 1964 auf Russisch erschienenen Grammatik.[7] Nach der Unabhängigkeit Litauens ist man in Trakai zur lateinischen Schrift übergegangen, wobei sich die Orthographie teilweise an der litauischen (und zum Teil auch) orientiert.[8] Eine ans Türkische angelehnte Schreibweise findet sich in einer kurzen Darstellung des Trakai-Dialekts auf Englisch, die 2006 veröffentlicht wurde.[9]

Lateinisches Alphabet

A aB ʙC cÇ çD dE eF fG g
H hI iJ jQ qƢ ƣL lM mN n
Ꞑ ꞑO oƟ ɵP pS sŞ şЬ ьK k
U uV vY yR rT tX xZ zƵ ƶ

Kyrillisches Alphabet

А аБ бВ вГ гГъ гъД дДж джЕ е
Ж жЗ зИ иЙ йК кКъ къЛ лМ м
Н нНъ нъО оӦ ӧП пР рС сТ т
У уӰ ӱФ фХ хХъ хъЦ цЧ чШ ш
Ъ ъЫ ыЬ ьЭ эЮ юЯ я

Textbeispiel

„Jazyn Trochta astry šatyr. Kujaš jarytat da avier iśsi. Kiop karaj kieliat' Trochka tynč alma da šatyrlanma. Ištyrynadlar otrač usnu da čomunadlar giol'dia. Sioźliejd'liar dostlarba. Kiečkorun olturadlar Paryžda da bijaniad'liar kiorkliu kiermiańbie da giol'bie. Ėrtianbyla da ėr kišiliar baradlar balych tutma.“[10]

Weblinks

  • Miloš Okuka, Gerald Krenn (Hrsg.): Lexikon der Sprachen des europäischen Ostens (= Wieser-Enzyklopädie des europäischen Ostens. Band 10). Wieser Verlag, Klagenfurt/Celovec 2002, ISBN 3-85129-510-2, Wolfgang Schulze: Karaimisch, S. 787–791 (aau.at [PDF; 179 kB]).

Einzelnachweise

  1. Karaimisch bei Ethnologue
  2. Miloš Okuka, Gerald Krenn (Hrsg.): Lexikon der Sprachen des europäischen Ostens (= Wieser-Enzyklopädie des europäischen Ostens. Band 10). Wieser Verlag, Klagenfurt/Celovec 2002, ISBN 3-85129-510-2, Wolfgang Schulze: Karaimisch, S. 787–791 (aau.at [PDF; 179 kB]).
  3. Éva Ágnes Csató, David Nathan: Spoken Karaim. Tokyo University of Foreign Studies / SOAS, University of London 2003; vgl. David Nathan: The Spoken Karaim CD: Sound, Text, Lexicon and “Active Morphology” for Language Learning Multimedia (PDF)
  4. Karaimi Polscy - Język. Abgerufen am 23. September 2022 (polnisch).
  5. Heinz F. Wendt: Fischer Lexikon Sprachen, 1987, S. 328–329, und Helmut Glück (Hrsg.): Metzler Lexikon Sprache, 1993, S. 657.
  6. e-tilimiz.karaimi.org - Ortografia. Abgerufen am 23. September 2022 (polnisch).
  7. K. M. Musaev: Grammatika karaimskogo jazyka. Nauka, Moskau 1964.
  8. Éva Ágnes Csató: Lithuanian Karaim. In: Journal of Endagered Languages, Jg. 1 (2012), S. 33–45, hier 33 f. (tehlikedekidiller.com (Memento des Originals vom 21. Februar 2019 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.dergi.tehlikedekidiller.com).
  9. Timur Kocaoğlu: Karay: The Trakai Dialect. LINCOM Europa, München 2006.
  10. e-tilimiz.karaimi.org - Wymowa - „Ochumach”. Abgerufen am 23. September 2022 (polnisch).

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