Kaphtor

Kaphtor (ugaritisch kptr, kptrw; altbabylonisch kaptara; altägyptisch Keft, Keftu, Keftiu,[1] hebräisch כַּפְתֹּֽור) ist die alttestamentliche Bezeichnung der Region Kreta.[2] Im 13. Jahrhundert v. Chr. übertrugen die Ägypter die geographische Bezeichnung nur noch auf die Levante. Eine ähnliche Entwicklung der Verortung ist in den Schriften des Alten Testaments auffällig. In der Septuaginta wird Kaphtor später dagegen in der Region Kappadokien angesiedelt.

Mythologische Verbindungen

Ugaritische Baal Bronze-Statue, gefunden in Ras Schamra

In Texten aus Ugarit wird im Zusammenhang der göttlichen Thronübernahme durch Baal das altägyptische Memphis als „Erbland von Kaphtor (kptr)“ erwähnt. Baal besaß im ugaritischen Pantheon vor seinem Aufstieg noch keinen eigenen Palast, weshalb für den Palastbau die Zustimmung des Himmelsgottes Els notwendig war, die Anat, „Schwester des Baal“, bewirken konnte. Den göttlichen Auftrag, Koṯar-Ḫasis („Künstler und Allwissender“) als Baumeister für den Neubau gewinnen zu können, erhielt Athirats Botengott Qidschu-Amrur. Gleichzeitig geht aus der geografischen Beschreibung die Lage Kaphtors hervor:

„[Tr]age [meine Botschaft in] deinem Kopf, [meine Worte] ‚zwischen deinen Augen‘, [Und überquere] tausend [Längen im] Meer zehntausend [Län]gen in den beiden Strömen (= poetisch für „Meer“). [Setze über] Berge, setze über Hügel, setze über die Inseln am Horizont des Himmels (iht mp šmm). Fahre dahin, oh Fischer der Aṯirat, komme an, oh Qidšu-Amrur (= der Botengott der Aṯirat)! Dann wende dich doch nach dem göttlichen Memphis ({q}kpt) in seiner Gesamtheit, nach Kaphtor (kptr), seinem Thronsitz, nach Memphis (ḥkpt), seinem Erbland! Über tausend Längen, zehntausend Längen hin – zu den Füßen des Koṯar verneige dich (dann) und fall nieder, wirf dich zu Boden und ehre ihn! Und sprich zu Koṯar-Ḫasis, wiederhole dem Künstler mit den werkenden Händen: ‚Eine Botschaft meiner Herri[n Dame Aṯiratu:]‘“

KTU 1.3 VI 1–24[3]

In der Region Memphis stand das Hauptheiligtum des Handwerkergottes Ptah. Memphis fungierte zugleich als Sitz des „altägyptischen Hephaistos“. Kaphtor als Sitz des Koṯar-Ḫasis lag bei den „Inseln (der Ägäis) am Horizont des Himmels“. Zypern, früher teilweise als Kaphtor vermutet, kommt bezüglich der ugaritischen Verortung Kaphtors ebenso wenig in Frage wie das Nildelta, da aus den sonstigen ugaritischen Quellen detaillierte Regionsbeschreibungen vorliegen. Die Bemerkungen „Erbland Memphis“ und „Memphis in seiner Gesamtheit“ verweisen auf die göttlichen Beziehungen des „Baumeisters Koṯar-Ḫasis“, der auf Kreta beheimatet war und gemeinsam mit „seinem Erben“ Ptah hinsichtlich handwerklicher Tätigkeiten verehrt wurde.

Biblische Erwähnungen

Nach Am 9,7 [4] und Jer 47,4 [5] das Ursprungsland der Philister. Itamar Singer nimmt an, dass diese Information ursprünglich von den Philistern selbst stammt.[6]

Literatur

  • Berit Hildebrandt: Damos und Basileus: Überlegungen zu Sozialstrukturen in den Dunklen Jahrhunderten Griechenlands. Utz, München 2007, ISBN 3-8316-0737-0.
  • Wolfgang Helck: Zur Keftiu-, Alasia- und Ahhijawa-Frage. In: Hans-Günter Buchholz (Hrsg.): Ägäische Bronzezeit. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1987, ISBN 3-534-07028-3, S. 218–226.
  • Manfried Dietrich: Zypern und die Ägäis nach den Texten aus Ugarit. In: Sabine Rogge: Zypern – Insel im Brennpunkt der Kulturen. Waxmann, Münster 2000, ISBN 3-89325-878-7, S. 63–90.
  • H. Gese: Das Problem Amos 9,7. In: Textgemäss. Aufsätze und Beiträge zur Hermeneutik des Alten Testaments. Festschrift für Ernst Würthwein zum 70. Geburtstag. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1987, ISBN 3-525-53564-3, S. 33–39.
  • Volkmar Fritz: Die Fremdvölkersprüche des Amos. In: Vetus Testamentum. Band 37, Nr. 1, Brill, Leiden/ Köln 1987, ISSN 0042-4935, S. 26–38.
  • Eric H. Cline: The Oxford Handbook of the Bronze age Aegean (ca. 3000–1000 BC). Oxford University Press, Oxford 2010, ISBN 978-0-19-536550-4.

Einzelnachweise

  1. Die Gleichsetzung von „Keftu, Keftiu“ mit Kreta ist in der Forschung zwischenzeitlich unbestritten; gemäß Eric H. Cline: The Oxford Handbook of the Bronze age Aegean (ca. 3000–1000 BC). S. 822.
  2. Berit Hildebrandt: Damos und Basileus. München 2007, S. 53.
  3. Manfried Dietrich: Zypern und die Ägäis nach den Texten aus Ugarit. In: Sabine Rogge (Hrsg.): Zypern – Insel im Brennpunkt der Kulturen. Waxmann, Münster 2000, ISBN 3-89325-878-7, S. 70–71 (online [abgerufen am 19. Oktober 2014]).
  4. „Wohl habe ich Israel aus Ägypten heraufgeführt, aber ebenso die Philister aus Kaphtor und die Aramäer aus Kir.“
  5. „Ja, der Herr vernichtet die Philister, den Rest von der Insel Kaftor“.
  6. Itamar Singer: Towards the image of Dagon the God of the Philistines. In: Syria. Band 69, Nr. 3/ 4, 1992, S. 431–450.

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Baal Ugarit Louvre AO17329.jpg
Figure of Ba'al with raised arm, 14th–12th century BC, found at ancient Ugarit (Ras Shamra site), a city at the far north of the Phoenician coast. Louvre, Paris Strukturierte Daten auf Commons bearbeiten