Kantonsallegorie

Basilea auf einem Plakat von Emil Beurmann, 1892

Kantonsallegorien sind allegorische Frauenfiguren, welche schweizerische Kantone versinnbildlichen.

In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts tauchen in den städtischen Kantonen und zugewandten Orten der Eidgenossenschaft allegorische Frauengestalten mit dem jeweiligen Standeswappen und anderen Attributen (z. B. Mauerkrone, Lanze) auf. Dadurch drückten die jeweiligen Orte ihren Anspruch auf einen souveränen Status aus, nachdem den eidgenössischen Orten im Westfälischen Frieden (1648) «Freiheit und Exemtion» vom Heiligen Römischen Reich gewährt worden war.

Bekannte Beispiele für Kantonsallegorien sind die Berna (für Bern), die Basilea (für Basel), die Geneva (für Genf), die Tigurina Virgo (für Zürich) und die Lucerna (für Luzern). Sie stellten damit Staats- und Stadtallegorien in einem dar. Generell finden sich Kantonsallegorien vor allem in reformierten Stadtorten, während die katholischen Orte, insbesondere die ländlichen Kantone, andere Formen der figürlichen Repräsentation bevorzugten, namentlich durch Heilige.

Im 19. Jahrhundert entstanden neue Kantonsallegorien in Kantonen, die zuvor Untertanengebiete gebildet hatten, etwa die Argovia im Kanton Aargau oder die Thurgovia im Kanton Thurgau.

Nach der Errichtung des schweizerischen Bundesstaates (1848) verloren die Kantonsallegorien an Bedeutung, da sie nun ihre Stellung als «souveräne Jungfrauen» an die Landesallegorie Helvetia einbüssten, die als Verkörperung der Eidgenossenschaft ebenfalls in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts erstmals aufgetaucht war.

Kantonsallegorien finden sich am häufigsten auf Medaillen. Im späten 19. Jahrhundert traten Kantonsallegorien auch regelmässig in Festumzügen und historischen Festspielen auf.

Literatur

  • Stefan Hess: Der „Basler Ratstisch“ von Johann Christian Frisch. Staatskunst und Schnitzkunst um 1675 (= Basler Kostbarkeiten. 28). Baumann, Basel 2007, ISBN 978-3-9523034-5-0.
  • Thomas Maissen: Die Geburt der Republic. Staatsverständnis und Repräsentation in der frühneuzeitlichen Eidgenossenschaft (= Historische Semantik. Bd. 4). Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 2006, ISBN 3-525-36706-6 (Zugleich: Zürich, Univ., Habil.-Schr., 2001).
  • Stefan Hess, Tomas Lochman (Hrsg.): Basilea. Ein Beispiel städtischer Repräsentation in weiblicher Gestalt. Schwabe, Basel 2001, ISBN 3-7965-1737-4.
  • Ueli Friedländer: Schweizer Medaillen aus altem Privatbesitz. Mit einer medaillengeschichtlichen Einleitung von Dietrich W.H.Schwarz. Zürich 1989.
  • Jean L. Martin: Medailles suisses. = Medaillen der Schweiz. = Medaglie svizzere. Band 1–4. Martin, Lausanne 1979–1995.
  • Stefan Hess, Tomas Lochman: Basilea. Aufstieg und Fall einer Stadtpersonifikation. In: Basler Stadtbuch 2001, S. 262–266.
  • Stefan Hess: Die souveräne Stadtrepublik und ihr weibliches Antlitz. Zur Genese von Basels Stadtpersonifikation. In: Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde. Bd. 115 (2015), S. 99–153.
  • Dario Gamboni, Georg Germann (Hrsg.): Zeichen der Freiheit. Das Bild der Republik in der Kunst des 16. bis 18. Jahrhunderts. 21. Kunstausstellung des Europarates 1991, Bernisches Historisches Museum und Kunstmuseum Bern, 1. Juni bis 15. September 1991. Stämpfli, Bern 1991, ISBN 3-7272-9185-0.

Siehe auch

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