Kampfabstimmung

Kampfabstimmung oder Alternativabstimmung (oder Kampfkandidatur bei Personenwahlen; in der Schweiz Sprengkandidatur) ist ein Ausdruck aus der Politik und bezeichnet in Deutschland eine Abstimmung einer Versammlung oder eines Gremiums, bei der mehrere Möglichkeiten zur Auswahl stehen.[1] Allerdings wird der Begriff Kampfabstimmung nur verwendet, wenn beide Optionen eine Chance auf eine Mehrheit haben.[2] Ansonsten spricht man bei Kandidaturen von Zählkandidaten.

Eine Kampfabstimmung ist eine Spezialform der Abstimmung, bei welcher die Vorbereitung und der Verlauf einer Abstimmung umkämpft und der Ausgang der Abstimmung offen ist. Eine solche Situation ergibt sich dann, wenn bei den involvierten Akteuren (Akteur im soziologischen Sinne) wenig Information über die realen Kräfteverhältnisse vorhanden ist, wenn sich zwei oder mehr Gruppierungen mit etwa gleichen Aussichten auf eine Mehrheit gegenüberstehen oder wenn eine stark mobilisierte Minderheit einer passiven Mehrheit gegenübersteht und diese daher proportional höhere Erfolgschancen bei einer Abstimmung erwarten kann, als ihre tatsächliche Kraft zu einem Zeitpunkt vor der Abstimmung erwarten lässt.

Der Begriff ist im Pressejargon verbreitet und findet in Massenmedien Verwendung. Er wird vor allem zur Abgrenzung zu Abstimmungen, deren Verlauf und Ausgang mit hoher Wahrscheinlichkeit vorhersehbar sind, eingesetzt.

Von Kampfabstimmungen wird auch bei Abstimmungen gesprochen, welche von einer untergeordneten Ebene gegen den Willen der Führungsebene erzwungen werden, was typischerweise in vielen Organisationen – in Firmen wie in Vereinen – satzungsgemäß möglich ist, aber meist nur in Ausnahmefällen zur Anwendung gelangt.

Kampfabstimmungen in der Praxis der Parteiendemokratie

Auch wenn Abstimmungen in einer Demokratie das übliche Mittel der Entscheidungsfindung sind, sind Kampfabstimmungen in Parteien die Ausnahme. Bezüglich der Programmatik der Partei ist es notwendig, einen möglichst breiten Konsens zu finden. Eine Partei, die in inhaltlichen Fragen tief gespalten ist, ist im Parteienwettbewerb benachteiligt. In der Öffentlichkeit werden Kampfabstimmungen imageschädigend als Zeichen der Zerstrittenheit gewertet.[3]

Daher ist es in allen Parteien üblich, Parteiprogramme so zu gestalten, dass lediglich Einzelfragen in Kampfabstimmungen entschieden werden, das Gesamtprogramm jedoch mit breiter Mehrheit ohne Alternativentwürfe angenommen wird. Organisatorisch wird dies durch Antragskommissionen unterstützt.

Bei Kandidaturen für öffentliche Ämter und Mandate (hier hat der Wahlvorbereitungsausschuss die vergleichbare Funktion) sind Kampfkandidaturen wesentlich häufiger, wenn der alte Amtsinhaber nicht mehr antritt. Auch sind Kampfkandidaturen wesentlich häufiger, wenn die Wahlchancen hoch sind.[4]

Beispiele

Literatur

  • Bodo Zeuner: Kandidatenaufstellung zur Bundestagswahl 1965. Untersuchungen zur innerparteilichen Willensbildung und zur politischen Führungsauslese (= Studien zur Regierungslehre und internationalen Politik. Bd. 2). Nijhoff, Den Haag 1970, ISBN 90-247-0506-1 (Zugleich: Berlin, Freie Universität, philos. Dissertation, 1968).

Weblinks

Wiktionary: Kampfabstimmung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Bodo Zeuner: Kandidatenaufstellung zur Bundestagswahl 1965. 1970, S. 27.
  2. Kampfabstimmung in Duden online.
  3. Jürgen Rupp: Wie unregierbar ist die Republik? Die neokonservative Sozialstaatskritik in Deutschland. Books on Demand, Norderstedt 2008, ISBN 978-3-8370-4828-5, S. 67, Online.
  4. z. B. Bodo Zeuner: Kandidatenaufstellung zur Bundestagswahl 1965. 1970, S. 39.
  5. Joachim Frite-Vannahme: Bernhard Vogel tritt zurück. In: Die Zeit. 18. November 1988, abgerufen am 25. Mai 2012.
  6. Anja Wunsch: Scharping verliert Parteivorsitz. In: Rheinische Post. 16. November 2004, abgerufen am 25. Mai 2012.
  7. Kampfabstimmung – Nahles wird SPD-Generalsekretärin. In: SPIEGEL Online vom 31. Oktober 2005.
  8. Das destruktive Misstrauensvotum. In: SPIEGEL Online vom 25. September 2018.