Kalktuffquelle

Kalktuffquelle (Helokrene) bei Thalheim
Kalktuffquelle am Gordale Scar Wasserfall in North Yorkshire (Rhenokrene)
Kalktuffbildung am Tuffbach bei Innsbruck

Eine Kalktuffquelle ist eine Quelle, die durch kalkhaltiges Grundwasser gespeist wird und durch Ausfällungen von Kalksinter (Kalktuff) im unmittelbaren Quellbereich charakterisiert ist. Eine entscheidende Rolle bei der Bildung der Kalktuffe besitzen standorttypische Pflanzen, insbesondere Moose wie Palustriella commutata.

Charakteristik und Entstehung

In Kalktuffquellen tritt ganzjährig kalkhaltiges Quellwasser mit einer Temperatur von 2 bis 7 °C an die Oberfläche. Bei der unterirdischen Passage des einsickernden, schwach sauren Regenwassers in Kalkgesteine wird Kalziumkarbonat gelöst und mit dem Grundwasserstrom abtransportiert. Am Quellaustritt kommt es infolge der Temperaturerhöhung und Druckentlastung – verbunden mit einem Entweichen des im Grundwasser gelösten Kohlendioxids – zur erneuten Ausfällung von Kalziumkarbonat. Dieser Prozess wird durch Algen und Moose verstärkt, die dem Quellwasser zusätzlich durch Photosynthese Kohlendioxid entziehen. Moose und Pflanzen werden mit einer dünnen Kruste von ausgefälltem Kalziumkarbonat überzogen, die Im Laufe der Zeit filigrane, poröse Kalkgesteine bilden.

Quelltypen

Kalktuffquellen kommen bevorzugt als Rhenokrene (Fließquellen) mit einem punktuellen Grundwasseraustritt und Helokrene (Sickerquellen) vor. In Sickerquellen tritt das Grundwasser meist in einem mehr oder weniger großen Quellsumpf langsam an die Oberfläche. Fließquellen können hingegen gewöhnlich eine wesentlich höhere Schüttung aufweisen. Im unmittelbaren Quellbereich von Kalktuffquellen sind sowohl organische bis steinige Substrate zu beobachten.[1]

Flora

Starknervenmoos, (Palustriella commutata)

Im Umfeld der Quellaustritte bildet sich bei optimalen Bedingungen eine charakteristische Quellflora aus. Hierbei dominieren neben Blau- und Kieselalgen vor allem Moose, insbesondere Starknervenmoose. Neben Starknervmoosen (Pallustriella commutata), Farnähnlichen Starknervenmoosen (Cratoneuron filicinum) und Fettglänzenden Ohnnervmoosen (Aneura pinguis) sind Kalktuffquellen häufig auch mit Brunnenkresse (Nasturtium officinale), Riesen-Schachtelhalmen (Equisetum telmateia), Roten Kleingabelzahnmoosen (Dicranella varia), Glieder-Binsen (Juncus articulatus) und Wechselblättrigen Milzkraut (Chrysosplenium alternifolium) vergesellschaftet.

Insbesondere den Starknervenmoosen kommt bei der Bildung der Kalktuffen eine ganz besondere Bedeutung zu. In der Umgebung der Quelle ist diese ansonsten seltene Moosart häufig flächendeckend verbreitet. Die Moospolster vergrößern zum einen Teil die wasserbenetzte Oberfläche und entziehen durch Fotosynthese dem Wasser das gelöste Kohlendioxid und begünstigen damit die Kalkausfällung und somit die Kalktuffbildung. Durch permanente Neubesiedelung gebildeter Kalkkrusten durch die Moose können die Gesteine "wachsen" und bilden die charakteristischen Steinernen Rinnen.[2]

Fauna

Als quelltypische Fauna von Kalktuffquellen sind neben Bachflohkrebsen (Gammarus sp.), Quelljungfern (Cordulegaster sp.), Quellschnecken (Bythinella sp.), Genabelte Puppenschnecken (Lauria cylindracea) auch vereinzelt Zwergdeckelschnecken (Sadleriana) zu finden. Die Larven von bestimmten Arten von Stein- und Köcherfliegen, die auf kalkhaltiges Wasser angewiesen sind, sind ebenfalls an Kalktuffquellen anzutreffen.

Vorkommen

Kalktuffquelle des Dard in Baume-les-Messieurs
Kalksinterterrasse oberhalb der Gütersteiner Wasserfälle

Kalktuffquellen sind genetisch an die Verbreitungsgebiete von karbonatischen Gesteinsformationen (Kalkstein, Dolomit) gebunden. Kalktuffquellen sind ein relativ selten verbreiteter Quelltyp. In Europa treten derartige Quellen beispielsweise in den Kalkalpen, im Bereich des von meist kalkigen Gletscherkiesen bedeckten Alpenvorlandes, in der Fränkischen und Schwäbischen Alb an der Kreideküste Jasmunds,[3] aber auch punktuell in anderen Regionen auf. In Niederösterreich kommen Kalktuffquellen bis in Höhen von 1000 m im Wienerwald, in den Nordöstliche Randalpen und in Ötscher-Dürrenstein vor.[4]

Gefährdung

Kalktuffquellen sind sensible Biotope. Neben der mechanischen Zerstörung der fragilen Kalktuffgebilde durch Trittbelastung von Tieren und Menschen bei der Nutzung der Quelle als Viehtränke oder für touristische Zwecke können Kalktuffquellen durch unterschiedlichste Faktoren gefährdet sein. Neben der Veränderung der hydrologischen und hydrochemischen Charakteristik der Quelle durch Grundwasserabsenkung und damit verbunden eine Verminderung der Quellschüttung, Eutrophierung, Eintrag von Schadstoffen und Düngemittel ins Grundwasser werden in Quelltümpeln immer wieder Materialien (anthropogene Abfälle sowie Baumschnitt aus der Forstwirtschaft) abgelagert, die die Bildung von Kalktuffen unterbinden oder erheblich stören. Auch technische und touristische Quellfassungen sowie Rodungen im Quellbereich können das biologische Gleichgewicht erheblich stören.

Schutz der Kalktuffquellen

Aufgrund der Seltenheit und Kleinflächigkeit der Bildungen, der schützenswerten standortgebunden Flora und Fauna sowie ihres hohen Gefährdungspotentials werden Kalktuffquellen häufig als Biotope, Naturdenkmäler, Geotope, als Natura 2000-Flächen (Cratoneurion: NATURA 2000 – Code: 7220) sowie als prioritär schützenswerter Lebensraum ausgewiesen.[5] In einigen Ländern wurden spezielle Programme zum Schutz und Erhalt von Kalktuffquellen im Rahmen des Natura 2000-Programms aufgelegt.

Bekannte Kalktuffquellen (Auswahl)

Einzelnachweise

  1. kalktuffquellen.de hier:Quelltypen, abgerufen am 6. September 2014.
  2. Ulrich Lagally: Deutschlands längste Rinne: Der Quellkalktuff "Wachsender Felsen" von Usterling in Niederbayern. In: Ernst-Rüdiger Look, Ludger Feldmann: Faszination Geologie: Die bedeutendsten Geotope Deutschlands. Akademie für Geowissenschaften zu Hannover e.V. (Hrsg.)., E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2006, ISBN 3-510-65219-3, S. 164f.
  3. Natura2000 Steckbrief Kalktuffquellen in Mecklenburg-Vorpommern, abgerufen am 6. September 2014.
  4. Naturschutzquellen Niederösterreich:Kalktuffquellen (Memento des Originals vom 6. September 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/noe-naturschutzbund.at, abgerufen am 6. September 2014.
  5. FFH-Steckbrief 7220: Kalktuffquelle, abgerufen am 6. September 2014.
  6. Hans-Dieter Krienke: Die schutzwürdigen Geotope der Inseln Rügen, Hiddensee und Vilm. Brandenburg. geowiss. Beiträge, Heft 7, Kleinmachnow 2000, S. 166f, abgerufen am 6. September 2014.

Literatur

  • Heiko Rein: Naturschätze der Rhön: Kalkniedermoore und Kalktuffquellen: Lebensräume des Biosphärenreservates Rhön im Schutzgebietsnetz NATURA 2000 Naturschätze der Rhön, LIFE-Projekt Rhön der EU, 1997, 11 S.

Weblinks

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Goredale scar waterfall.jpg
Autor/Urheber: Lupin, Lizenz: CC-BY-SA-3.0
Wasser dringt aus einer Schichtfuge des Karst von Malham in North Yorkshire, England. Dabei reichert sich unter Beteiligung von Moosen aus dem mit Kalk saturiertem Wasser wieder ausgefällter Kalk an. Der Kalk bildet Krusten um das Moos. So entstehen allmählich so genannte Kalktuffpolster.
Kalksinterterrasse am-Albtrauf.jpg
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Ca. 125m lange Kalktuffterrasse (syn. Kalksinterterrasse) am Albtrauf in der Nähe des Uracher Wasserfalls.
Nach einer Schichtquelle im „seichten Karst" der Schicht „Untere Felsenkalke (Kimmeridgium, ki2)" wachsen auf alten Kalktuff-Moosmatten frische Moospolster heran. Die Moos-Assimilation aus dem Karstwasser steigert die Ablagerung von calciumcarbonat enorm (durch Ausfällung).
Kalktuff Moos-tropfnass Rinnenwald Schwaebische-Alb.jpg
Autor/Urheber: Ustill, Lizenz: CC BY-SA 3.0 de
Kalktuff-Ansammlung. Extrem viel Wasser speicherndes Moos (meist: Palustriella commutata) wird von CaCO3 (Kalziumkarbonat) überzogen, das chemisch aus dem Karstwasser ausfällt. Moose und getrockneter Kalk bildet eine relativ stabile Krustenstruktur, auf der das Moos erneut sprießen kann (vgl. die fortgeschrittene Verkrustung im Foto: Image:Kalktuff-Mosscrusts.jpg).

Auch im Gewann „Rinnenwald“, einem bewaldeten Seitental der Oberen Lenninger Lauter, Schwäbische Alb tritt die Kalktuffstruktur akkumulierend auf, weil die Erosionswirkung bei mittlerer Hangneigung und kleiner Wassermenge schwach ist. Das Gebilde ist hier bis zu 3 m hoch. Soweit das obenauf fließende Karstwasser nicht seitlich abperlt, fließt es weiter – führt dann aber immer weniger gelösten Kalk mit.

Dieses vielfach dokumentierte Gebilde geht im Hang des Rinnenwalds in eine weltweit seltene Formation der so genannten „Steinernen Rinne“ über, eine bis zu 60 cm hohe Formation, die für die verkarsteten Gebiete Süddeutschlands (Baden-Württemberg und Bayern), sowie die Türkei und Mexiko dokumentiert ist.
0 Baume-les-Messieurs - Cascade.JPG
Autor/Urheber: Jean-Pol GRANDMONT, Lizenz: CC BY 3.0
Baume-les-Messieurs (France), the Dard river resurgence forming the tuff waterfall at the bottom of the Reculée du cirque de Baume.
Steinerne Rinne Thalheim 06.jpg
Autor/Urheber: Derzno, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Steinerne Rinne, Thalheim, Happurg, Ausweisung des LSG "Südlicher Jura mit Moritzberg und Umgebung"
Tuffbach Innsbruck.jpg
Autor/Urheber: Hermann Hammer (User:Haneburger), Lizenz: CC0
Der Tuffbach beim Innsbrucker Alpenzoo mit Bildung von Kalksinter im Bereich der Moose