KZ-Außenlager Burgau

Seit 2011 gibt es in Burgau ein Mahnmal für das KZ-Außenlager Burgau (Foto 2018).
KZ-Außenlager Burgau (Bayern)
KZ-Außenlager
Burgau
Lage KZ-Außenlager Burgau in Bayern.

Das KZ-Außenlager Burgau war ein Außenlager des KZ Dachau im gleichnamigen Burgau, einer Stadt im schwäbischen Landkreis Günzburg nahe der Autobahn 8 (MünchenStuttgart).

Das KZ-Außenlager entstand erst in der Schlussphase des Zweiten Weltkriegs, um den Flugzeugbau von Militärflugzeugen der Firma Messerschmitt kriegsbedingt zu verlagern und dezentral zu organisieren. Beginnend im Februar 1945 wurden hier 120 Männer und 1000 Frauen im KZ-Außenlager inhaftiert und mussten Zwangsarbeit leisten, starben zum Teil trotz der kurzen Betriebsdauer an Unterernährung.[1]

Geschichte

In der Nähe des Flugplatzes Leipheim wurde 1940 zunächst eine Flugzeugwerft als Zweigbetrieb der Messerschmitt AG errichtet. Der Erstflug der Me 262, des ersten serienmäßig hergestellten Strahlflugzeugs, fand dort im Juli 1942 statt; ebenfalls ein Teil seiner Produktion. In diesem Zusammenhang entstand später das KZ-Außenlager Burgau.

Die seit März 1944 für Verwaltungsaufgaben von der Firma Messerschmitt benutzten 14 Holzbaracken wurden ab Februar 1945 umfunktioniert. 120 männliche KZ-Häftlinge des Konzentrationslagers Dachau trafen als Vorauskommando ein und mussten das KZ-Außenlager Burgau einrichten.[1] In der Nacht vom 3. zu 4. März und am Tag darauf trafen über 1.000 Häftlinge ein, jüdische Frauen und Mädchen aus Polen und Ungarn, aus den Konzentrationslagern Bergen-Belsen und Ravensbrück.[1] Bereits auf dem 16 Tage dauernden Transport dorthin starben Häftlinge und wurden u. a. am Bahnhof Bayreuth und Bahnhof Augsburg-Hochzoll ausgeladen.[2] Die Arbeits- und Lebensbedingungen in den Kuno-Werken im Scheppacher Forst beim Flugzeugbau und im KZ-Außenlager waren unmenschlich.[1] Als größtes Problem schilderten Häftlinge das Hungern und das Schlafen unter einem Dach ohne Wände. 18 Tote wurden auf dem jüdischen Friedhof in Ichenhausen begraben.[3] Der am Ort tätige Arzt Karl Schäffer, der als Lagerarzt eingesetzt wurde, kümmerte sich mehr um Kranke und Tote als für KZ-Ärzte üblich. So wurden u. a. die 18 Todesfälle standesamtlich registriert.[1]

Das Lager wurde vor den heranrückenden amerikanischen Truppen geräumt. Die Häftlinge, vor allem jüdische Frauen, wurden am 24. April 1945 mit der Bahn bis KZ-Außenlager Kaufering VI – Türkheim abtransportiert, sie mussten zu Fuß weiter Richtung KZ-Außenlager München-Allach gehen. Mindestens 60 Häftlinge kamen bei dem Todesmarsch um. In Allach wurden die Überlebenden schließlich befreit.[4]

Nachkriegszeit

Das KZ-Außenlager wurde nach dem Einmarsch der US-Armee im April 1945 als Gefangenenlager und ab Oktober 1946 zur Unterbringung von Displaced Persons und Heimatvertriebenen benutzt.

Der Lagerkommandant Johann Kresse alias Kullik wurde in den Dachauer Prozessen am 3. März 1947 zu fünf Jahren Haft verurteilt.[1]

Jüdischer Friedhof Ichenhausen (Foto 2010)

Gedenken

Die 18 ungarischen jüdischen KZ-Opfer aus Burgau[5] wurden auf dem bereits vorher bestehenden jüdischen Friedhof Ichenhausen bestattet.[3]

Im April 2011 wurde in Burgau ein kleiner Gedenkstein[6] für das Burgauer KZ-Außenlager und die Verfolgten der NS-Herrschaft eingeweiht.[7]

Literatur

Autobiografisch

  • Eva Langley-Dános: Zug ins Verderben: Von Ravensbrück nach Burgau. Daimon, 2000. ISBN 978-3856305949
  • Sara Tuvel Bernstein: Die Näherin. List, 2001. ISBN 978-3548601144
  • Sala Pawlowicz: I will survive. 1. Auflage. W.W. Norton, New York 1962, OCLC 641465079 (286 S., von Łaskarzew/Polen, Ghettos Łask & Łódź, Częstochowa, Bergen-Belsen, Burgau, Befreiung in Allach)., OCLC 982114593

KZ-Außenlager Burgau

  • Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Band 2: Frühe Lager, Dachau, Emslandlager. C.H. Beck, München 2005, ISBN 3-406-52962-3, S. 301–303 (Zdenek Zofka).
  • Andreas M. Rau: Ende des Schreckens – wie die Bevölkerung im nördlichen Landkreis Günzburg das Kriegsende 1945 erlebte. In: Heimatkundliche Schriftenreihe für den Landkreis Günzburg. Band 42. Historischer Verein Günzburg e.V., Günzburg/Donau 2019, ISBN 978-3-00-062087-4, S. 10, 12, 42, 57, 59–70 (140 S.).
  • Maximilian Czysz: Wunderwaffe aus dem Wald – das Geheimwerk Kuno im Scheppacher Forst und andere Rüstungsstätten der Nazis im Augsburger Land. In: Augsburger Allgemeine exklusiv. 1. Auflage. Presse-Druck- und Verlag, Augsburg 2016, OCLC 965121771, S. 57–106 (154 S., KZ-Außenlager Burgau, auch Gablingen, Kuno AG).
  • Zdenek Zofka: Spuren des Nationalsozialismus: Gedenkstättenarbeit in Bayern – „… erinnert nichts mehr an diese Geschichte“: das KZ-Außenlager Burgau. In: Wolfgang Benz (Hrsg.): Bayerische Landeszentrale für Politische Bildungsarbeit. Band 107. Bayer. Landeszentrale für polit. Bildungsarbeit, München 2000, OCLC 67146184, S. 122–129 (184 S.).
  • Gernot Römer: Für die Vergessenen. KZ-Außenlager in Schwaben - Schwaben in Konzentrationslagern. Wißner Verlag, Augsburg 1984. 232 Seiten. ISBN 978-3896390479, S. 97–104.

Weblinks

Commons: KZ-Außenlager Burgau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fotos und Pläne

  • Burgau. (JPG) In: Lager (KL, Arbeit etc.). bunkerfreunde-muenchen.de, abgerufen am 3. Oktober 2021 (Forschungsprojekt zur Dokumentation und Archivierung historischer Bauten).

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Zdenek Zofka: Frühe Lager, Dachau, Emslandlager. In: Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Band 2. C. H. Beck, München 2005, ISBN 3-406-52962-3, S. 301–303.
  2. Alfred Hausmann: 4. März 1945: Ein Güterzug hält in Hochzoll – Fünf tote Jüdinnen werden ausgeladen. (PDF; 1 MB) In: Forschung. ErinnerungsWerkstatt Augsburg, 3. März 2021, S. 2, 4, 6, abgerufen am 4. Oktober 2021 (über auf dem Transport Verstorbene).
  3. a b Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus. Eine Dokumentation, Band 1. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1995, ISBN 3-89331-208-0, S. 149.
  4. Alois Epple: KZ Türkheim. Das Dachauer Außenlager Kaufering VI. Lorbeer Verlag, Bielefeld 2009, ISBN 978-3-938969-07-6.
  5. Burgau. (JPG) In: Lager (KL, Arbeit etc.). bunkerfreunde-muenchen.de, abgerufen am 3. Oktober 2021 (Forschungsprojekt zur Dokumentation und Archivierung historischer Bauten – hier: KZ-Opfer, Jüdischer Friedhof Ichenhausen).
  6. Burgau. (JPG) In: Lager (KL, Arbeit etc.). bunkerfreunde-muenchen.de, abgerufen am 3. Oktober 2021 (Forschungsprojekt zur Dokumentation und Archivierung historischer Bauten – hier: Überblick Informationstafel und Gedenkstein).
  7. Angela Effenberger: Burgau stellt sich seiner Geschichte, 29. April 2011, Augsburger Allgemeine, Günzburg.


Koordinaten: 48° 25′ 25,5″ N, 10° 24′ 57,8″ O

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Denkmal an das sich in der Nähe befundene Konzentrationslager Burgau