Kühn (Orgelbauer)

Kühn war eine deutsche Orgelbauerfamilie des 19. und 20. Jahrhunderts, die in Schmiedefeld, Schleusingen und Merseburg ansässig war.

Geschichte

Das Familienunternehmen wurde 1874 von Theodor Kühn (1840–1902) in Schmiedefeld begründet. Dort übernahm er die Werkstatt von Johann Michael Schmidt (* 11. August 1798; † 14. Juni 1876), die dieser 1837 in der Amtsgasse 5 eröffnet hatte.[1] Theodor Kühn war 1864 Geselle von Urban Kreutzbach und wirkte 1873–1874 als Geschäftsführer der Firma Friedrich Wilhelm Holland in Schmiedefeld. Nachdem Kühn seinen eigenen Betrieb 20 Jahre lang geführt hatte, übergab er ihn 1894 seinem Sohn Alfred Kühn (* 20. Juni 1866 in Schmiedefeld; † 1945 in Schleusingen). Dieser führte die väterliche Werkstatt bis 1908 in Schmiedefeld fort und überführte sie dann nach Schleusingen, wo er ihr bis 1936 vorstand. Sein Bruder Ernst Kühn (* 1875 in Schmiedefeld; † 1942 in Schleusingen) arbeitete im Betrieb mit, trat aber nicht als eigenständiger Orgelbauer hervor.[2]

Gustav Kühn (1902–1990), Sohn von Ernst Kühn, wurde 1936 Inhaber der Schleusinger Werkstatt. Sein Bruder Rudolf Kühn (1898–1952) gründete 1935 in Merseburg eine eigene Werkstatt. Nach seinem Tod wurde sein Sohn Gerhard Kühn (1925–1994) Inhaber der Firma, die unter dem Namen „Kühn Orgelbau“ firmierte. Sie wurde am 31. Oktober 1992 aufgelöst, nachdem ein Enkel sich ein halbes Jahr erfolglos bemüht hatte, das Unternehmen zu retten.[3]

Werkliste (Auswahl)

JahrOrtKircheBildManualeRegisterBemerkungen
1865Einhausen (Thüringen)Kirche EinhausenI/P15Neubau durch Theodor Kühn
1865RömhildStiftskircheRömhild Stiftskirche 04.JPGII/P25Umbau der Orgel von Johann Moritz Weiße (1862) durch Theodor Kühn, der Rückpositiv durch ein Oberwerk ersetzt und die Disposition erweiterte; 1980 Rekonstruktion der Weiße-Orgel
1874ExdorfDorfkirche ExdorfDorfkirche Exdorf, innen.jpgII/P21Neubau durch Theodor Kühn
1875Wiedersbach (Auengrund)St. Johannes der Täufer und St. Blasius
Wiedersbach-Ev-Kirche02.jpg
(c) Störfix, CC BY-SA 3.0 de
II/P12Neubau durch Theodor Kühn; derzeit nicht bespielbar
1876–1878ReuriethDorfkirche ReuriethII/P18Neubau durch Theodor Kühn; weitgehend erhalten
um 1880Poppenhausen (Heldburg)St. MarienI/P10Neubau durch Theodor Kühn
1881Simmershausen (Römhild)St. MarienII/P14Neubau durch Theodor Kühn unter Einbeziehung von Pfeifen aus der Vorgängerorgel von Caspar Schippel (1711)
1883Wiedersbach (Auengrund)St. Johannes der Täufer und St. Blasius
Wiedersbach-Ev-Kirche02.jpg
(c) Störfix, CC BY-SA 3.0 de
II/P12Neubau durch Theodor Kühn
1886VeilsdorfSt. Trinitatis (Veilsdorf)II/P21Neubau durch Theodor Kühn; erste Orgel in Thüringen mit pneumatischen Kegelladen[4]
1887OberstadtDorfkirche OberstadtII/P16Neubau durch Theodor Kühn; nach 1945 Umdisponierung durch Gustav Kühn
1894SchleusingenSt. JohannisSchleusingen St. Johannis 03.jpgII/P36Erweiterungsumbau der Orgel von Nicolaus Seeber (1726) durch Alfred Kühn, 1940–1941 Erweiterung durch Rudolf Kühn auf III/P/49; etwa 60 % der Register erhalten
1896SchleusingenKreuzkircheII/P12Neubau durch Alfred Kühn; 1949 und 1960 Umbauten
1898BehrungenSt. PetrusII/P22Neubau durch Alfred Kühn
1899ZiegenrückSt. Bartholomäus und St. NikolausZiegenrück St. Bartholomäus und St. Nikolaus 03.jpgII/P22Neubau durch Alfred Kühn
um 1950Franziskanerkloster HalberstadtSt. AndreasII/P19Neubau durch Gustav Kühn; 1997 ersetzt
1953BachfeldSt. MatthäusI/P9Neubau durch Gustav Kühn
1962MerseburgMerseburger DomMerseburger Dom 01.jpgIV/P81Umdisponierung der Orgel von Friedrich Ladegast (1866) hinter barockem Prospekt (um 1700) durch Kühn Orgelbau (Gerhard Kühn)[5]
1967EffelderSt. AlbanEffelder St. Alban 04.jpgIII/P38Erweiterungsumbau der Orgel der Gebr. Krell (um 1920) durch Gerhard Kühn mit elektropneumatischen Kegelladen hinter neuem Gehäuse, 1997 Restaurierung durch Karl Brode & Sohn
1970GeismarFranziskanerkircheIII/P35Neubau durch Kühn Orgelbau (Gerhard Kühn); 2000 ersetzt
1972Bernterode (Breitenworbis)St. MartinBernterode St. Martin 04.jpgII/P19Neubau durch Kühn Orgelbau (Gerhard Kühn)
1975WeißenbornSt. MichaelWeißenborn St. Michael 04.jpgII/P23Neubau durch Kühn Orgelbau (Gerhard Kühn)
1985MagdeburgSt. MechthildII/P16Neubau durch Kühn Orgelbau (Gerhard Kühn)[6]

Literatur

  • Hermann Fischer: 100 Jahre Bund deutscher Orgelbaumeister. Orgelbau-Fachverlag, Lauffen 1991, ISBN 3-921848-18-0.
  • Uwe Pape, Wolfram Hackel (Hrsg.): Lexikon norddeutscher Orgelbauer. Band 3: Sachsen-Anhalt und Umgebung. Pape, Berlin 2015, ISBN 978-3-921140-98-7, S. 333–335.
  • Uwe Pape, Wolfram Hackel (Hrsg.): Lexikon norddeutscher Orgelbauer. Band 2: Sachsen und Umgebung. Pape, Berlin 2012, ISBN 978-3-921140-92-5, S. 212–214.
  • Uwe Pape (Hrsg.): Lexikon norddeutscher Orgelbauer. 2. Auflage. Band 1: Thüringen und Umgebung. Pape, Berlin 2019, ISBN 978-3-921140-86-4, S. 346–347.

Einzelnachweise

  1. Johann Michael Schmidt, abgerufen am 3. August 2022.
  2. Pape: Lexikon norddeutscher Orgelbauer. Bd. 1: Thüringen und Umgebung. 2019, S. 160.
  3. Pape, Hackel: Lexikon norddeutscher Orgelbauer. Bd. 2: Sachsen und Umgebung. 2012, S. 213.
  4. Orgel in Veilsdorf, abgerufen am 2. August 2022.
  5. Karl-Heinz Göttert, Eckhard Isenberg: Orgelführer Deutschland. Bärenreiter, Kassel 1998, ISBN 3-7618-1347-3, S. 77.
  6. Orgel von St. Mechthild, Magdeburg, abgerufen am 3. August 2022 (PDF; 635 kB).

Auf dieser Seite verwendete Medien

Poppenhausen-St-Marien-05.jpg
(c) Foto: Störfix, Lizenz: Creative Commons by-sa 3.0 de
Evangelisch-lutherische Kirche St. Marien in Poppenhausen, 1858. Tag des offenen Denkmals.
Bernterode St. Martin 04.jpg
Autor/Urheber: ErwinMeier, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Orgel von Gerhard Kühn (1972, II/P 19) in St. Martin Bernterode (Breitenworbis)
Ziegenrück St. Bartholomäus und St. Nikolaus 03.jpg
Autor/Urheber: ErwinMeier, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Orgel von Alfred Kühn (1899) in der Stadtkirche St. Bartholomäus und St. Nikolaus, Ziegenrück (II/P 22)[1]
Wiedersbach-Ev-Kirche02.jpg
(c) Störfix, CC BY-SA 3.0 de
Orgel, St. Johannes der Täufer und St. Blasius in Wiedersbach
Schleusingen St. Johannis 03.jpg
Autor/Urheber: ErwinMeier, Lizenz: CC BY-SA 3.0
die Orgel in St. Johannis (Schleusingen) wurde 2009 durch Hey Orgelbau neu erbaut im alten Gehäuse von Nicolaus Seeber (1726)
Dorfkirche Exdorf, innen.jpg
Autor/Urheber: Winfried Gaenssler, Lizenz: CC BY-SA 3.0
In der Exdorfer Dorfkirche
Effelder St. Alban 04.jpg
Autor/Urheber: ErwinMeier, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Orgel von Karl Brode (1997, III/P 44) in St. Alban (Effelder)
Merseburger Dom 01.jpg
Autor/Urheber: Thomas Hummel, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Merseburger Dom, Ladegast-Orgel im historischen Gehäuse (1693-1717) von Zacharias Thayßner
Weißenborn St. Michael 04.jpg
Autor/Urheber: ErwinMeier, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Orgel von Kühn Orgelbau (Merseburg 1975, II/P 23) in St. Michael (Weißenborn)
Römhild Stiftskirche 04.JPG
Autor/Urheber: Einsamer Schütze, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Stiftskirche Römhild