Königliches Hoftheater Dresden

Gottfried Sempers erstes Hoftheater
J. C. A. Richter: Sempers Hoftheater
Uraufführung von Wagners Rienzi (1842) im Königlichen Hoftheater in Dresden
Blick auf die Brühlsche Terrasse um 1865, von links nach rechts: Brühlsche Galerie, Hausmannsturm, Brühlsche Bibliothek (verdeckt), Katholische Hofkirche, Sempergalerie (verdeckt), Königliches Hoftheater, davor die alte Augustusbrücke.
Der Rietschelgiebel war Teil des Fassadenschmucks des Hoftheaters und blieb auf der Ortenburg in Bautzen erhalten.

Das Königliche Hoftheater Dresden (auch Altes Hoftheater) war der Vorgängerbau der heutigen Semperoper, der zwischen 1841 und 1869 als Haus für Oper und Schauspiel in der königlich sächsischen Residenzstadt Dresden diente.

Geschichte

Von 1838 bis 1841 errichtete der Architekt Gottfried Semper als Nachfolgebau des bisherigen Morettischen Hoftheaters ein repräsentatives Opernhaus, das neue Königliche Hoftheater. Er nahm den von Matthäus Daniel Pöppelmann erdachten Forumplan zur Grundlage seiner wohldurchdachten städtebaulichen Lösung. Die Eröffnung erfolgte am 12. April 1841 mit Carl Maria von Webers Jubelouvertüre und Johann Wolfgang von Goethes Drama Torquato Tasso.

In den folgenden Jahren war hier Richard Wagner Kapellmeister und brachte an diesem Haus, unter anderem mit Wilhelmine Schröder-Devrient und Joseph Tichatschek, verschiedene Uraufführungen seiner Musikdramen heraus: Rienzi, Der fliegende Holländer und Tannhäuser.

Der Rundbau in den Formen der italienischen Frührenaissance wurde als eines der schönsten europäischen Theater gerühmt. Der erste Theaterbau Sempers lag erheblich näher zum Schloss als sein heute noch bestehendes zweites Opernhaus; vor der Oper wurde 1840 der Vorläufer des heutigen Theaterplatzes angelegt.

Der angesehene Dresdner Uhrmacher Friedrich Gutkaes erhielt 1838 den Auftrag zur Konstruktion einer Uhr, die man aus allen Rängen gut ablesen können sollte. Diese Uhr aus der Kunstuhrenfabrik Gutkaes zählt heute zu den historisch bedeutsamsten ihrer Art.[1]

Am 21. September 1869 wurde dieses Theatergebäude bei einem Brand auf Grund einer Unvorsichtigkeit bei Reparaturarbeiten völlig zerstört. Nach der Katastrophe wurde der Spielbetrieb einige Jahre lang in einem Interimstheater, der sogenannten „Bretterbude“, fortgesetzt. Unterdessen arbeitete Semper an neuen Bauplänen für das zweite Königliche Hoftheater, die heutige Dresdner Semperoper.

Der Dresdner Hofrat Wilhelm Lesky stellte auf seinem Villenanwesen in Kötzschenbroda Reste der abgebrannten ersten Semperoper als malerisches Ruinenarrangement auf. Diese Spolien sind heute nicht mehr erhalten. Erhalten blieb im Gegensatz dazu der sogenannte Rietschelgiebel, der heute am Burgtheater auf der Ortenburg in Bautzen zu sehen ist. Diese von Ernst Rietschel geschaffene Figurengruppe mit dem Titel „Allegorie der Tragödie“ war ursprünglich an der Nordwand des Dresdner Hoftheaters eingebaut, hatte aber beim Neubau des Opernhauses keine Verwendung mehr gefunden.

Hofkapellmeister

An der Dresdner Hofoper jener Zeit wirkten bedeutende Dirigenten:

Sänger (Auswahl)

Uraufführungen in diesem Haus (Auswahl)

Zur Einweihung 1841

Ida von Lüttichau, Gattin des Generalintendanten Wolf Adolf August von Lüttichau, berichtet in einem Brief[2]:

„Das Theater ist gar nicht mehr schön zu nennen, sondern vollendet: es ist nicht allein Pracht, Geschmack, Anmuth, sondern ein Total=Eindruck von etwas künstlerisch Großartigem, Vollkommenem, Erhabenem: so ist jedes Detail zum Ganzen gehörig, solche Harmonie in allen Theilen, solche völlige Durchdringung von Malerei, Architektur, Ausschmückung jeder Art, daß man gar nichts einzeln hervorheben kann. So ist auch der Ton eben so mäßig und gedämpft als tönend, und mir ist auch nie solch ein richtiges Maaß des Klangs vorgekommen; auch die Beleuchtung ist zwar sehr glänzend, aber so vertheilt, daß der höchste Glanz der Decorationen nicht einzeln steht, oder blendend wirkt. Ist es nun diese Vollendung des Äußeren die gewissermaaaßen der geistigen Kunst des Schauspiels keinen Raum läßt und sie zu Boden drückt, ich habe nie ein Werk so todt machen sehen wie Tasso an diesem Abend. Der Rahmen ist doch, glaube ich, zu großartig für das Schauspiel; für die Oper eignen sich diese Räume mehr und füllt sie aus durch die Massen, anstatt daß der einzelne Künstler selten durch die Macht seines Genies bis an die Höhe seines Cothurns hinanreichen wird, und Alles was nicht in dieses Kunstwerk völlig mit einklingt gleich zu Boden fällt; daß das günstigste Einwirken aller Umstände hat zusammen kommen müssen, um diese Einheit hervorzubringen, hat etwas Wunderbares . . . Ein begabtes Genie, wie Semper, dessen Conception das großartige Ganze ist: praktische, erfahrene Maler, wie die französischen, ein poetischer Maler, wie Hübner, ein mechanisches Talent, wie Blochmann, und ein feines, edles Schönheitsgefühl, wie das meines Mannes (verbunden mit einer eisernen Energie und Kraft des Willens), was nicht sowohl im Intellectuellen beruht, als im Ordnungsgefühl, und im Ebenmaaß und der Harmonie, dies Alles mußte sich vereinigen, um gerade diese Gestaltung dem Ganzen zu geben, so daß es wohl das Glänzendste genannt werden kann, was unsere jetzige Zeit aufzuweisen hat. Daß mir diese Theaterfrage fast eine kirchliche war, kannst Du Dir denken, und eine so erhebende Stimmung kann nur wohlthätig einwirken. Lüttichau war wie immer edel und einfach, wo es auf Großes in Leid und Freud ankommt.“

Literatur

  • Robert Prölss: Geschichte des Hoftheaters zu Dresden: Von seinen Anfängen bis zum Jahre 1862. Wilhelm Baensch, Dresden 1878 (Digitalisat).
  • Robert Nitzsche: Der Brand des königlichen Hoftheaters zu Dresden am 21. September 1869. Dresden 1869 (Digitalisat).
  • Heinrich Ferdinand Mannstein: Denkwürdigkeiten der churfürstlichen und königlichen Hofmusik zu Dresden im 18. und 19. Jahrhundert : Nach geheimen Papieren und Mittheilungen. Enthaltend: Lebensbilder von Joh. Mieksch und seinen Schülern: Alphonso Zesi,[3] Bergmann, Schröder-Devrient, Agnes Schebest, Naumann, Carl Maria v. Weber, Morlacchi, Benelli etc. Heinrich Mattes, Leipzig 1863 MDZ Reader
  • Michael Heinemann/Hans John: Die Dresdner Oper im 19. Jahrhundert, Laaber-Verlag, Regensburg 1995, ISBN 3-89007-310-7.

Weblinks

Commons: Königliches Hoftheater Dresden – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Fünf-Minuten-Uhr der Semperoper
  2. Petra Bern / Mondrian W. von Lüttichau (Hrsg.): Wahrheit der Seele – Ida von Lüttichau (1798–1856). Ergänzungsband (Berlin 2015, Seite 67–68) pdf
  3. Alfonso Zesi (17. Mai 1799 in Mailand – 1861 in Mailand). Bass-Sänger u. a. in Dresden.

Koordinaten: 51° 3′ 16,2″ N, 13° 44′ 6,6″ O

Auf dieser Seite verwendete Medien

Dresden Altstadt Semperoper 1865.jpg
Dresden im 19. Jahrhundert, Blick vom altstädter Elbufer (etwa an der Position der heutigen Carolabrücke) flussabwärts auf die Brühlsche Terrasse und (von links nach rechts): Brühlsche Galerie, Hausmannturm, Brühlsche Bibliothek (verdeckt), Katholische Hofkirche, Sempergalerie (verdeckt) und das 1869 abgebrannte Neue Königliche Hoftheater (erste Semperoper), davor die alte Augustusbrücke.
Fassade kgl. Hoftheater Dresden.png
Autor/Urheber: Ludwig Neumann, Hermann August Richter, Otto Siebdrat, Richard Steche, Robert Wimmer, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Fassade Königliches Hoftheater Dresden
aus: Die Bauten, technischen und industriellen Anlagen von Dresden. Herausgegeben vom Sächs. Ingenieur- und Architekten-Verein und vom Dresdener Architekten-Verein. Meinhold, Dresden 1878
Längsschnitt kgl. Hoftheater Dresden.png
Autor/Urheber: Ludwig Neumann, Hermann August Richter, Otto Siebdrat, Richard Steche, Robert Wimmer, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Längsschnitt Königliches Hoftheater Dresden
aus: Die Bauten, technischen und industriellen Anlagen von Dresden. Herausgegeben vom Sächs. Ingenieur- und Architekten-Verein und vom Dresdener Architekten-Verein. Meinhold, Dresden 1878
Dresden Hoftheater J C A Richter.jpg
Dresden, Germany: Interior of the first Hoftheater (Semperoper) built by Gottfried Semper (opened 1841).
Album von Dresden (ca. 1852) 06.jpg
Autor/Urheber: W. Bässler, Lizenz: CC BY-SA 4.0
siehe Bildbeschreibung
aus: Album von Dresden. Reichel [u.a.] Dresden, ca. 1852
Rienzi 01.jpg
Autor/Urheber:

unbekannt

, Lizenz: PD-alt-100

Rienzi, Uraufführung

Rietschelgiebel Bautzen 100.JPG
Autor/Urheber: Johannes Mättig, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Der Rietschelgiebel auf der Ortenburg in Bautzen in Sachsen, fotografiert von der Zuschauertraverse des Theatersommers.
Grundriss kgl. Hoftheater Dresden.png
Autor/Urheber: Ludwig Neumann, Hermann August Richter, Otto Siebdrat, Richard Steche, Robert Wimmer, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Grundriss Königliches Hoftheater Dresden
aus: Die Bauten, technischen und industriellen Anlagen von Dresden. Herausgegeben vom Sächs. Ingenieur- und Architekten-Verein und vom Dresdener Architekten-Verein. Meinhold, Dresden 1878