Julius Vermehren

Julius Vermehren
Julius Vermehren
Arbeitszimmer des Senators Vermehren in der Königstr. 39 (um 1900)
1916 zu Besuch beim Regiment Lübeck, Vermehren (13)
Teilnehmer an der Begrüßung Eckeners in der Villa Möller, vordere Reihe v. links: Direktor Möller, Oberst v. Bülow, Senator Vermehren
Vermehrens Grab auf dem neuen Teil des Burgtorfriedhofs

Julius Vermehren (* 8. März 1855 in Lübeck; † 5. Februar 1928 ebenda) war Rechtsanwalt und Notar sowie Senator der Hansestadt Lübeck.

Leben

Herkunft

Julius Vermehren war der Sohn des gleichnamigen Generalagenten der Deutschen Lebensversicherungs-Gesellschaft in Lübeck und dessen Ehefrau Wilhelmine, geb. Christern. Der Architekt Paul Vermehren war sein älterer Bruder. Nach dem frühen Tod des Vaters fiel die Aufgabe der Erziehung allein seiner Mutter zu, die auch andere Schüler in Pension aufnahm.

Laufbahn

Nach dem Besuch der sogenannten Kandidatenschule ging er auf das Katharineum und legte hier zu Ostern 1874 unter Direktor Breier das Abitur ab.[1]

Er studierte Rechtswissenschaften an der Universität Tübingen, wo er Mitglied und später Ehrenmitglied des Corps Suevia war, und später Berlin.

Bevor er in beiden Rechten promovierte, genügte er beim heimischen Füsilierbataillon der 76er (den späteren 162ern) als Einjährig-Freiwilliger seiner Militärpflicht. Aus dieser nahm er nach mehreren Übungen als Landwehroffizier seinen Abschied. Als Ehrenmitglied im Kameradschaftsbund der 76er und 162er zu Lübeck trat er, wie wir der Festschrift zum 25-jährigen Bestehen aus dem Jahre 1920 mehrfach zeigt, durch sein Wirken aus der Masse der Mitglieder hervor.[2]

Vermehren wurde in Lübeck 1879 als Rechtsanwalt und Notar zugelassen. Außerdem nahm er während mehrerer Jahre im Nebenamt die Stellung eines Staatsanwaltsgehilfen wahr. Am 26. Mai 1897 assoziierte er mit Ernst Wittern zu einer der größten Rechtsanwaltsfirmen. Otto Schorer trat dieser am 15. März 1902 als dritter Teilhaber bei.

Als Mitbegründer des Vaterstädtischen Vereins übernahm er das Amt des Schriftführers und trug maßgeblich zur Gestalt des bürgerlichen Vereins bei.

1887 wurde er in die Bürgerschaft und im Jahr darauf in den Bürgerausschuss gewählt. Beiden Körperschaften gehörte er, mit kurzen Unterbrechungen, bis zu seiner Wahl in den Senat an. Er wurde mehrfach als Mitglied bedeutender Kommissionen und Deputationen gewählt. Das Vertrauen seiner Mitbürger berief ihn am 26. Oktober 1903 in die Stelle des zweiten Wortführers der Bürgerschaft.

Als bürgerlicher Deputierter gehörte er während seiner 25-jährigen Tätigkeit der Verwaltungsbehörde für städtische Gemeindeanstalten, der Steuerbehörde, der Zentral-Armendeputation und der Oberschulbehörde an.

Nebenher war er im gemeinnützigen und politischen Bereich tätig. Als Mitbegründer des Reichsvereins führte er bis 1896 dessen Vorsitz. Auf seine Anregung hin wurde 1902 die Ortsgruppe des Deutschen Ostmarken-Vereins ins Leben gerufen. Im selben Jahr berief ihn der Lübeckischen Anwalt-Verein an seine Spitze. Die Hanseatische Anwaltskammer berief ihn in ihren Vorstand. Auch dem Vorstand der St. Mariengemeinde gehörte er über Jahre hinweg an.

Seit 1904 war er anstelle des verstorbenen Heinrich Alphons Plessing Mitglied des Lübecker Senats. Als Senator war er ab 1904 Rathausherr, in der Beamtenkommission, der Steuerbehörde und der Zollkommission sowie in weiteren Fachkommissionen tätig. Seit 1917 war Vermehren in der Kommission für Reichs- und Auswärtige Angelegenheiten und seit 1919 stellvertretender Bevollmächtigter der Stadt beim Reichsrat.

Im Ehrenamt war er seit 1904 Vorsteher der Bruskow-Stiftung, der von-Stiten-Stiftung und der von-Wickede-Stiftung, seit 1915 auch der Westerauer Stiftung. Er wohnte in der Königstraße 39 und hatte ein Sommerhaus vor dem Burgtor am Jerusalemsberg 6.

Er wurde von Emil Possehl zu einem seiner vier Testamentsvollstrecker bestimmt. Zudem führte er bis 1928 den Vorsitz der Possehl-Stiftung.[3]

Das Vermehrensche Familiengrab befindet sich auf dem Burgtorfriedhof.

Ihm zu Ehren benannte die Stadt 1965 in seinem Stadtteil St. Gertrud den Vermehrenring.

Familie

Julius Vermehren war mit Isabell Nölting (1862–1956), einer Tochter von Carl Georg Nölting (1822–1889) und der Marie Auguste Angelika, geb. Schultze (1833–1914) verheiratet.[4] Die beiden hatten mit Erich, Oscar, Kurt und Felicitas vier Kinder.

Kurt und dessen Frau Petra schenkten ihm mit Isa, Erich (benannt nach seinem gefallenen Onkel) und Michael drei Enkel.[5]

Erich Vermehren

HL Damals – Julius Vermehren – Erich.png

Erich wurde am 23. August 1887 als dritter Sohn geboren. Er besuchte wie sein Vater zunächst das Progymnasium Dr. Bussenius, bevor er auf das Katharineum, welches er Ostern 1906 abschloss, ging. Schon früh fasste er den Entschluss, in eine deutsche Kolonie zu gehen. Seine körperliche Konstitution, auf der Tafel der Sieger im Fünfkampf in der Turnhalle des Katharineums ist sein Name eingetragen, ließen ihn hierfür als besonders geeignet erscheinen.

Die vorbereitende kurze Ausbildung auf einem Gut in Holstein, Studien in der Kolonialschule in Witzenhausen, der Landwirtschaftliche Hochschule Berlin und das Dienstjahr beim Garde-Pionier-Bataillon waren seinem künftigen Beruf angepasst. Anschließend ging er jedoch nicht, wie ursprünglich geplant, nach Deutsch-Südwestafrika, sondern nach Mexiko. Dort bot sich ihm auf einem der Baumwollenranchos eines Deutschen Namens Francke eine aussichtsreiche Anstellung. Er gewann das Vertrauen des Prinzipals und als er nach Deutschland zurückwollte, übertrug dieser ihm die selbstständige Leitung seiner Besitzungen und machte in zu seinem Teilhaber. Dessen Vertrauen war, auch während der bald darauf einsetzenden Mexikanischen Wirren, gerechtfertigt. Obwohl militärisch nicht gebunden, wollte er dem Vaterland 1914 seine Dienste zur Verfügung stellen. Sein Teilhaber stellte ihn jedoch erst im Dezember 1914 hierfür frei.

Zu seinem alten Bataillon zurückgekehrt, wurde er im März 1915 als Offiziersstellvertreter einer Reserve-Pionierkompanie im Osten zugewiesen. Nach einigen Wochen wurde er in den Rang eines Leutnants befördert. Vermehren erhielt das Eiserne Kreuz und nahm an der Befreiung Kurlands teil. Am 20. Juli schwer verwundet, verstarb er am Folgetag.[6]

Literatur

Familienwappen (auch auf dem Grabstein)
  • Jan Zimmermann: St. Gertrud 1860-1945. Ein photographischer Streifzug. Bremen 2007, S. 112 ff. ISBN 978-3-86108-891-2
  • Emil Ferdinand Fehling: Lübeckische Ratslinie. Lübeck 1925, Nr. 1030
  • Joachim Lilla: Der Reichsrat: Vertretung der deutschen Länder bei der Gesetzgebung und Verwaltung des Reichs 1919-1934 ein biographisches Handbuch unter Einbeziehung des Bundesrates Nov. 1918 – Febr. 1919 und des Staatenausschusses Febr. – Aug. 1919. Düsseldorf: Droste 2006 ISBN 3-7700-5279-X, S. 126–127
  • Kösener Corpsliste, 1960
  • Karl-Ernst Sinner: Tradition und Fortschritt. Senat und Bürgermeister der Hansestadt Lübeck 1918-2007, Band 46 der Reihe B der Veröffentlichungen zur Geschichte der Hansestadt Lübeck herausgegeben vom Archiv der Hansestadt Lübeck, Lübeck 2008, S. 243
  • Vaterstädtische Blätter; Lübeck, den 18. Dezember 1904, Artikel: Senator Dr. Julius Vermehren

Weblinks

Commons: Julius Vermehren – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hermann Genzken: Die Abiturienten des Katharineums zu Lübeck (Gymnasium und Realgymnasium) von Ostern 1807 bis 1907. Borchers, Lübeck 1907. (Beilage zum Schulprogramm 1907) urn:nbn:de:hbz:061:1-305545, Nr. 724
  2. 25 Jahre Kameradschaftsbund der 76er und 162er zu Lübeck
  3. Jan-Jasper Fast: Vom Handwerker zum Unternehmer. Die Lübecker Familie Possehl. Schmidt-Römhild, Lübeck 2000, ISBN 3-7950-0471-3.
  4. Genealogisches Handbuch bürgerlicher Familien (Hamburger Familien Band 3), 1912, S. 385
  5. Nach Jan Zimmermann: „Ich hatte allerlei auf dem Herzen, was ich der Jugend bei dieser Gelegenheit sagen möchte“. Thomas Manns Teilnahme an der 400-Jahrfeier des Katharineums zu Lübeck im September 1931, in: Ihr sehr ergebener Thomas Mann: Autographen aus dem Archiv des Buddenbrookhauses. Hrsg. v. Britta Dittmann, Thomas Rütten, Hans Wisskirchen und Jan Zimmermann. Lübeck: Schmidt-Römhild 2006 (Aus dem Archiv des Buddenbrookhauses 1), S. 133–170, hier S. 139
  6. Erinnerungstafel. In: Vaterstädtische Blätter, Jahrgang 1914/15, Nr. 50, Ausgabe vom 12. September 1915, S. 202–204.

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Bürgermeister H. Eschenburg (3) und Senator Dr. Vermehren (5) bei den Offizieren des Ruhebataillons vom Regiment „Lübeck“ während der Parade bei Roulers
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Senator Dr. Julius Vermehren
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Wappen der von Vermehren
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Dr. Jur. Senator Julius Vermehren (1855-1928)
HL Damals – Lübecker Verein für Luftfahrt – Eckener – 1925.png
Seit langem war der „Lübecker Verein für Luftfahrt“ in Person des Direktors der Nord-Süd-Reederei – Johs. Fr. J. Möller – bemüht, Eckner zu einem Besuch Lübecks zu veranlassen. Am 4. November traf dieser, von Möller und Senator Vermehren empfangen, mit dem Kiel-Lübeck-Berliner D-Zug ein. Eckner wohnte drei Tage in der Villa des Direktors in der Curtiusstraße 27. Das Bild zeigt die Teilnehmer an der Begrüßung in der Villa. Vordere Reihe v. links: Direktor Möller, Oberst v. Bülow, Senator Vermehren, Frau Mary und Sohn, Eckner, Kühne, Senator Strack, Dr. Piper-Berlin. Mittlere Reihe von Links: Schriftleiter Max Knie, Direktor Spannhake, Dr. Bauer, General v. Morgen, Konteradmiral Türk, Bürgermeister Neumann, HK-Präses Boie, Staatsrat Grosse, Dahms, Musikdirektor Clausnitzer, Major v. Witte-Berlin. Obere Reihe v. links: Eschenburg, Oberstaatsanwalt Lienau, Hans Heinrich Möller, Hptm. V. Basse, Oberstleutnant Eschenbach, Straßenbahndirektor Zimmermann, Major. v. Schaumburg, Hptm. Herrlein.
ArbeitszimmerSenatorVermehren01R.JPG
Arbeitszimmer des Lübecker Senators Julius Vermehren im Hause Königstraße 39 in Lübeck um 1900.
HL Damals – Julius Vermehren – Erich.png
Erich wurde am 23. August 1887 als Sohn von Julius geboren. Nachdem er zunächst das Progymnasium des Dr. Bussenius, bevor er auf das Katharineum, welches er Ostern 1906 abschloss, wechselte. In deren Turnhalle ist sein Name auf der Tafel der Sieger im Fünfkampf eingetragen.

Er studierte auf der Kolonialschule in Witzenhausen, der landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin und auch sein Dienstjahr und die Übungen in Garde-Pionier-Bataillon war seinem künftigen Beruf angepasst. Er ging nach Mexico. Sein dortiger Prinzipal bot ihm, als er nach Deutschland zurückkehren wollte, die Teilhaberschaft an. Dieses Vertrauen rechtfertigte er auch in den bald einsetzenden mexikanischen Wirren. Obwohl militärisch ungebunden stellte er seinem Vaterland seine Dienste zur Verfügung, erhielt aber erst im Dezember 1914 von seinem Teilhaber die Freigebe.

Im März 1915 wurde er als Offizier-Stellvertreter der Reserve-Pionierkompanie im Osten zugewiesen und einige Wochen darauf zum Leutnant befördert. Er erhielt das Eiserne Kreuz und nahm an der Befreiung Kurlands teil. Am 20. Juli schwer verwundet, verstarb er am Folgetag.