Julien Perrichon

Julien (Jean) Per(r)ichon (lateinisch: Joannes Perrichonius (Parisiensis)[1]; * 6. November 1566 in Paris; † um 1600 ebenda) war ein französischer Lautenist und Komponist.

Leben

Julien Perrichons Vater Jehan Perrichon wirkte bereits als Hofviolist und Spieler der Schalmei, einem Vorläufer der Oboe, am Hof des französischen Königs.[2][3][4][5] Seinen ersten Lautenunterricht hatte er vermutlich bei Vaumesnil, Valet de Chambre, Kammerjunker und zwischen 1560 und 1574 Lautenist des französischen Königs Karl IX. und danach bei dessen Nachfolgern Jean de La Fontaine (Lautenist) und Samuel de La Roche.[2] Zwischen 1576 und 1578 wird er erstmals in den Aufzeichnungen des Hofes, Rechnungslisten der Pensionäre des französischen Königs Heinrich III., als „junger Perrichon“ und Lautenschüler erwähnt.[2][3] 1595 trug er den Titel Valet de Chambre et joueur de luth [Kammerdiener( -junker) und Lautenist] des Königs Heinrich IV.[2][3][6] In dieser Stellung blieb er bis zu seinem Tod. Sein Todesdatum und -jahr ist nicht bekannt. Antoine Francisque spricht über Perrichon im Trésor d’Orphée aus dem Jahr 1600 schon in der Vergangenheit[2][3] und seine Witwe Anna d’Hoey vermählte sich im Jahr 1602 erneut mit Antoine Oultrebon einem Sänger des Königs.[3] Beides lässt ein Todesdatum vor oder im Jahr 1600 vermuten.[2][3] Obwohl sich Vater und Sohn Perrichon gut unterscheiden lassen, kommt es in den Folgejahren zwischen 1600 und 1615 in verschiedenen musikalischen Quellen zu Verwirrungen. Dazu trugen unter anderem Jean-Baptiste Besard, John Dowland und Georg Leopold Fuhrmann, die in ihren Büchern aufgenommene Lautenstücke, vermutlich irrtümlich einem „Jehan Perrichon“ zuordneten.[3][7]

Andere Quellen vermuten seinen Tod erst um das Jahr 1612, wozu auch Werkzuschreibungen nach 1600 beigetragen haben könnten.

Werke

Einträge beim Répertoire International des Sources Musicales

Einträge bei Grove Music online (alles Werke für Laute)

  • Gaillarde in Trésor d’Orphée von Antoine Francisque aus dem Jahr 1600 RISM ID: 991018642
    • Transkription für Klavier von Henri Quittard, L.-Marcel Fortin & Cie, Paris, 1906 OCLC 56285872
  • Vier Gaillarden, drei Couranten, eine Volta, enthalten in Thesaurus Harmonicus von Jean-Baptiste Besard aus dem Jahr 1603 RISM ID: 993121139
    • in: Jean-Baptiste Besard, Andreas Nachtsheim und Michael Esch: Praeludien, Fantasien und Tänze aus „Thesaurus harmonicus“, Übertragung für Gitarre, Antiqua-Edition, Bad Ems, 1989 OCLC 28529044
  • Courante, 1610
  • Drei Couranten für vier bis fünf Instrumente, 1612
  • La Nonette, 1615
  • Fünf Präludien, drei Couranten, eine Volta, enthalten in Lord Herbert of Cherbury’s Lutebook[8]

Werke in MGG 2

Neben dem oben aufgeführten erwähnen Meyer und Lesure noch weitere Aufnahmen der Werke Julien Perrichons in Sammelwerken:

Moderne Notenausgaben

  • 3 Préludes, aus der Lautentabulatur für die Gitarre übertragen vom französischen Lautenisten François Castet, G. Delrieu, Nice, 1968 OCLC 659315645
  • Coranto. In: Holborne, Perrichon & Ballard, Alphonse Leduc, Paris, 1976 OCLC 80634111

Weitere Werke, Ausgaben und Digitalisate

Rezeption

Er hinterließ nur wenige Werke für Laute in verschiedenen Sammlungen, die nach dem Urteil der Zeitgenossen von großer Meisterschaft waren und gilt heute als ein wichtiger Vertreter der frühen französischen Lautenschule. So bezeichnet Michael Prätorius seine Stücke in Terpsichore (RISM ID: 990052756) aus dem Jahr 1612 als „trefflich“.[3] Christian Meyer schreibt in MGG 2: Nach Mary Burwell muss Perrichon neben Lorenzino dal Leuto und Jakub Reys als einer der Pioniere der französischen Lautenschule angesehen werden.[3]

Literatur

Einspielungen

  • Volta. Eingespielt von Joan Benson auf einem Clavichord und 1962 beim US-amerikanischen Musiklabel Bridge auf der LP Clavichord veröffentlicht. OCLC 367538229
  • Prélude Et Courante. Eingespielt vom Lautenisten François Castet im Studio Sofreson in Paris und auf der LP Maîtres Du Luth Au XVIIème Siècle beim Label BAM in den 1960er Jahren veröffentlicht. OCLC 952411289
  • Courante. Eingespielt vom Lautenisten Guy Robert und auf der LP Airs From The Courts And Times Of Henri IV And Louis XIII beim US-amerikanischen Label Turnabout in den 1970er Jahren veröffentlicht. OCLC 1160180201
  • Courante from „Lord Herbert of Cheruby's Lute Book“, eingespielt vom Lautenisten Paul O'Dette zwischen dem 6. und 8. Oktober 1991 bei Skywalker Sound in Nicasio und 1992 beim französischen Label Harmonia Mundi auf der CD The Art of the Lute veröffentlicht OCLC 28159226
  • Coranto Nr. 2. Auf der CD A Varietie of Lute Lessons. Eingespielt von Nigel North zwischen dem 19. und 21. Mai 1998 in der Toddington Church und 1999 veröffentlicht beim britischen Label Linn. OCLC 423406954
  • Courante. Eingespielt vom Lautenisten David Parsons im Januar 1999 in der Chapel des Guy’s Hospital in London und 2001 beim Label Metronome auf der CD Varietie of lute lessons veröffentlicht. OCLC 52076115
  • Courante. Eingespielt vom Lautenisten Paolo Cherici im Februar 2000 in Pugnano auf der CD Claude le Jeune: Airs et psaumes beim italienischen Label Symphonia veröffentlicht OCLC 53879842 sowie 2015 beim spanischen Label Glossa Records OCLC 884938152
  • Courante. Auf der CD The Knight of the Lute - Music from the Varietie of Lute Lessons 1610. Eingespielt vom englischen Lautenisten Matthew Wadsworth (* 1974) und 2008 veröffentlicht bei Channel Classics
  • Corant „Le Testament“, eingespielt von der Lautenistin Elizabeth Kenny im Dezember 2008 in der Concert Hall von Wyastone Estate, Monmouth und 2009 auf der CD Flying Horse, Music from the ML Lutebook beim britischen Label Hyperion Records veröffentlicht.[10] OCLC 743025322

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Robert Eitner: Perrichonius, Joannes, Parisiensis. In: Biographisch-bibliographisches Quellenlexikon der Musiker und Musikgelehrten der christlichen Zeitrechnung bis zur Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. Band 7. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1902, S. 379 (archive.org).
  2. a b c d e f Ruth K. Inglefield: Perrichon, Julien [Jean]. In: Grove Music Online. Oxford University Press, 2001, abgerufen am 1. November 2022 (englisch).
  3. a b c d e f g h i Christian Meyer, François Lesure: Perrichon, Julien, Jean. In: Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. 2. Auflage. Personenteil 13. Bärenreiter, Metzler, Kassel/Basel/London/New York/Prag/Stuttgart/Weimar 2005, ISBN 3-7618-1133-0, Sp. 347.
  4. Christian Meyer bezeichnet ihn in MGG 2 vermutlich nicht zeitgemäß als Violinisten und Oboisten.
  5. Meyer vermutet in MGG 2, das Jehan Perrichon sich auch für Laute interessiert habe, da er 1602 als Pate eines Kindes des Lautenmachers Christophe Oudet auftrat.
  6. Julien Perrichon, valet de chambre et joueur de luth de la musique du Roi, demeurant à Paris rue de la Vieille-Monnoye, paroisse Saint-Jacques de la Boucherie : déclaration par laquelle il exprime la volonté que Jeanne Fortier, actuellement femme de Jean Perrichon, violon du Roi, son frère, ait après le décès dudit Jean Perrichon, la jouissance viagère de tous les biens meubles et conquêts immeubles appartenant à Jean Perrichon. | Notice n° 4018. In: https://francearchives.fr. France Archives, abgerufen am 1. November 2022 (französisch).
  7. Peter Päffgen: Review: Oeuvres de VAUMESNIL, EDINTHON, PERRICHON, RAEL, MONTBUYSSON, LA GROTTE, SAMAN et LA BARRE. (Corpus des Luthistes Français, ohne Bandzählung) by André SOURIS, Monique ROLLIN, Jean-Michel VACCARO. In: Gesellschaft für Musikforschung e.V. (Hrsg.): Die Musikforschung. Band 31, Nr. 3. Bärenreiter, Juli 1978, S. 384–386, JSTOR:41118313.
  8. Margaret M. McGowan: MARGUERITE DE VALOIS, REINE DE NAVARRE (1553–1615): PATRONESS AND PERFORMER. In: Early Music History. Band 34. Cambridge University Press, 2015, S. 191–206, JSTOR:26294244 (englisch).
  9. Masakata Kanzawa: Review: Œuvres de Vaumesnil, Edinthon, Perrichon, Raël, Montbuysson, La Grotte, Saman [et] La Barre. In: Music Library Association (Hrsg.): Notes. Band 32, Nr. 4, Juni 1976, S. 870 f., doi:10.2307/897757, JSTOR:897757 (englisch).
  10. Elisabeth Kenny: Introduktion. Text des begleitenden Booklets der CD in der deutschen Übersetzung von Renate Wendel. In: https://www.hyperion-records.co.uk. Hyperion Records, 2009, abgerufen am 1. November 2022.