Julie von Egloffstein

Julie Gräfin Egloffstein, Selbstbildnis
Henriette Gräfin Egloffstein, die Mutter, Porträt von Johann Friedrich August Tischbein
Henriette von Egloffstein und ihre drei Töchter;
1986 von Ulrike Enders geschaffene Reliefplatte am Misburger Rathaus
Grabstein (Ostseite) der vier Gräfinnen von und zu Egloffstein auf dem Klostergut Marienrode bei Hildesheim

Julie Gräfin Egloffstein (* 12. September 1792 in Erlangen; † 16. Januar 1869 in Marienrode) war Hofdame, Malerin und Zeichnerin.

Leben

Julie Gräfin Egloffstein stammt aus dem fränkischen Adelsgeschlecht derer von Egloffstein.[1] Die Ehe ihrer Mutter Henriette Gräfin von Egloffstein (1773–1864) verlief unglücklich. Die Mutter ließ sich 1803 scheiden. Henriette Gräfin von Egloffstein lernte schon 1795 Johann Wolfgang von Goethe kennen und zog mit ihren fünf Kindern (darunter auch Carl von und zu Egloffstein) 1799 nach Weimar, wo bereits ein Teil der Egloffsteinschen Großfamilie lebte und in herzoglichen Diensten stand.

Ihre ältere Schwester Caroline (1789–1868) wurde Hofdame bei Erbherzogin Anna Amalia, sie Hofdame bei der Großherzogin Luise. In dieser Zeit verkehrten beide Töchter oft im Hause Goethes, der besonders Julie liebte und ihr Gedichte widmete. Auch der Staatskanzler Friedrich Müller sah sie oft und förderte sie. Unter der Teilnahme von Goethe, der als Geheimer Rat die Oberaufsicht über die Fürstliche freie Zeichenschule in Weimar führte, entwickelte sich Julie Gräfin Egloffstein zu einer beachteten Malerin. Ihre Ausbildung erhielt sie unter anderem von Georg Friedrich Kersting in Meißen und um 1840 von Karl Ferdinand Sohn an der Malerschule in Düsseldorf.[2]

Julie reiste viel im In- und Ausland, wo sie in städtischen Kreisen wegen ihrer Schönheit und ihres künstlerischen Talentes bewundert wurde. Egloffstein wurde immer wieder besucht und blieb bis zu ihrem Lebensende die eigentliche Heimat. Nachdem ihre Mutter 1804 Carl von Beaulieu-Marconnay geheiratet hatte, der 1815 das Amt des Oberforstmeisters in Hildesheim annahm, wurde das Klostergut Marienrode ihr Zuhause. 1826 malte sie Goethe nach mehreren Studiensitzungen in zwei großen Ölbildern. Bis 1829 malte sie Mitglieder der Herzogsfamilie in Weimar, den bayerischen König Ludwig I. und Königin Therese. 1829 reiste sie zu Studienzwecken nach Italien. In Rom, wo sie in der Villa Malta auf dem Pincio wohnte, lebte sie vom Sommer 1827 bis zum Frühjahr 1832. Dort wurde sie schnell Teil der deutschen Künstlerkolonie und zum Ehrenmitglied der römischen Accademia di S. Luca ernannt.

1832 kehrte Julie Gräfin Egloffstein von Italien nach Weimar zurück. Den Höhepunkt ihres Schaffens erreichte sie in den folgenden Jahren. Erneut besuchte sie Rom vom 22. November 1838 bis Juli 1840.[3] Gegen Ende ihres Lebens fiel ihr das Malen immer schwerer, sie war von einem schweren körperlichen Leiden gezeichnet. Die Miniatur Bildnis Frau Colditz, zu Weihnachten 1856 den beiden Töchtern der Maria Margareta Colditz geschenkt, gilt als ihr letztes Werk.[4] Julie Gräfin Egloffstein starb am 16. Januar 1869 unverheiratet in Marienrode bei Hildesheim.

Bedeutung

Zu ihrem 200. Geburtstag 1992 zeigten das Roemer- und Pelizaeus-Museum Hildesheim und das Goethe-Nationalmuseum in Weimar eine Ausstellung der Werke von Julie Gräfin Egloffstein. In der Burg Egloffstein ist ihr zu Ehren ein Zimmer mit Staffelei und Zeichnungen eingerichtet.

Anekdoten

  • Goethe, von der etwas frommen Julie von Egloffstein gefragt, ob er denn auch zuweilen in der Bibel lese, antwortete lächelnd: „O ja, meine Tochter, aber anders als ihr“. (F. Wehl: Letzte Lebensjahre)
  • „Schade, dass Sie Hofdame waren, Sie würden sonst eine große Malerin geworden sein.“ (Ludwig I. von Bayern in einem Brief an sie)

Werke (Auswahl)

Eine genaue Übersicht der Werke findet sich bei Boetzkes,[5] hier eine Auswahl:

  • „Hagar und Ismael in der Wüste“
  • „Die Aussetzung Moses“
  • „Italienisches Volksleben“

Literatur

  • Carl Freiherr von Beaulieu-MarconnayEgloffstein, Henriette, Freiin v. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 5, Duncker & Humblot, Leipzig 1877, S. 682 f. (dort erwähnt)
  • Neue Deutsche Biographie, Bd. 4, S. 340
  • Egloffstein, Gräfin Julie. In: Ulrich Thieme (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 10: Dubolon–Erlwein. E. A. Seemann, Leipzig 1914, S. 384 (Textarchiv – Internet Archive).
  • Hiltrud Schroeder (Hrsg.): Sophie & Co. Bedeutende Frauen Hannovers. Biographische Portraits, Hannover: Fackelträger-Verlag, 1991, ISBN 3-7716-1521-6, S. 231
  • Goethes glückliche Zeichnerin? Das unvollendete Künstlerleben der Julie Gräfin von Egloffstein, Ausstellungskatalog, 1992
  • Anke-Maria Pape: Die Gräfinnen Egloffstein, drei künstlerisch begabte Schwestern und ihre Mutter in Marienrode: erste Hälfte des 19. Jahrhunderts. In: Andrea Germer (Hrsg.): Hildesheimer Frauen aus acht Jahrhunderten. Töchter der Zeit. Gerstenberg, Hildesheim 2008. ISBN 978-3-8067-8719-1. S. 77–88.
  • Manfred Boetzkes (Hrsg.): Goethes glückliche Zeichnerin? Das unvollendete Künstlerleben der Julie von Egloffstein (1792–1869). Ausstellungskatalog Hildesheim Roemer-Museum, Hildesheim 1992.
  • Karl Sitzmann: Künstler und Kunsthandwerker in Ostfranken. Kulmbach 1957, S. 134.
  • Hugo Thielen: Egloffstein, Julie Gräfin von. In: Dirk Böttcher, Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein, Hugo Thielen: Hannoversches Biographisches Lexikon. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2002, ISBN 3-87706-706-9, S. 105; online über Google-Bücher
  • Hugo Thielen: Egloffstein, Julie Gräfin v.. In: Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.) u. a.: Stadtlexikon Hannover. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2009, ISBN 978-3-89993-662-9, S. 147.

Einzelnachweise

  1. Siehe auch Liste fränkischer Rittergeschlechter
  2. Künstler und Künstlerinnen der Düsseldorfer Malerschule (Auswahl, Stand: November 2016): Egloffstein, Julie von, um 1840 PU (Privatunterricht) Carl Ferdinand Sohn. (PDF) (Memento desOriginals vom 21. Oktober 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.smkp.de, auf smkp.de, abgerufen am 15. Mai 2017
  3. Friedrich Noack: Das Deutschtum in Rom seit dem Ausgang des Mittelalters. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1927, Band 2, S. 155
  4. Manfred Boetzkes (Hrsg.): Goethes glückliche Zeichnerin? Das unvollendete Künstlerleben der Julie von Egloffstein (1792–1869). S. 173.
  5. Manfred Boetzkes (Hrsg.): Goethes glückliche Zeichnerin? Das unvollendete Künstlerleben der Julie von Egloffstein (1792–1869).
Commons: Julie Gräfin von Egloffstein – Sammlung von Bildern

Auf dieser Seite verwendete Medien

Grab Egloffstein.jpg
Autor/Urheber: Rolf Schulte, Lizenz: CC BY-SA 2.0 de
Grabstein der vier Gräfinnen von Egloffstein unweit der westlichen Zufahrt zum Kloster Marienrode: In der Familiengrabstätte wurden Henriette Gräfin von Egloffstein und auch ihre Töchter Caroline, Julie und Auguste beigesetzt.
JulieEgloffsteinSelbstbildnis.jpg
Julie Gräfin Egloffstein Selbstbildnis
1986 Reliefplatte Ulrike Enders Minnehof Misburger Forsthaus Rathaus Carl von Beaulieu-Marconnay Henriette Gräfin von Egloffstein Julie.jpg
Autor/Urheber: Foto: Bernd Schwabe, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Bronzereliefplatte der hannoverschen Bildhauerin Ulrike Enders, laut ihrer Künstlersignatur auf dem Zopf unten links im Jahr 1986 geschaffen. Das Kunstwerk, angebracht am Misburger Rathaus, zeigt zwei Porträts und zwei Köpfe von hinten sowie den Text (Groß-/Kleinschreibung und Interpunktion angepasst):

„Hier stand von 1703 bis 1964 das Misburger Forsthaus. 1804-15 lebte darin der Forstmeister von Beaulieu. Seine Frau Henriette Gräfin von Egloffstein und 3 Töchter, besonders Julie, die als Malerin Erfolge hatte, waren mit Goethe befreundet und wurden hier mit August Kestner zur Mitte eines literarischen Zirkels nach Weimarer Vorbild

...