Jugendwort des Jahres (Deutschland)

Das Jugendwort des Jahres ist ein Wort, das seit 2008 jährlich von einer Jury unter der Leitung des Langenscheidt-Verlags, der seit 2019 zu Pons (Klett Gruppe) gehört, ausgewählt wurde. 2019 fiel die Wahl aus, seit 2020 kann das Jugendwort von jedem gewählt werden.

Auswahlprozess

Im Internet können Vorschläge für das Jugendwort des Jahres eingereicht werden. Diese Einreichungen werden in einem mehrstufigen Verfahren eingegrenzt. Über das Jugendwort des jeweiligen Jahres wird zuerst in einer Top-10-Liste und letztendlich in einer Bestenliste der genannten Liste, welche drei unterschiedliche Phrasen und Begriffe enthält, abgestimmt, wobei jeder Jugendliche auf der Internetseite des Langenscheidt-Verlages mitabstimmen kann.[1]

Geschichte

Mit der Wahl zum Jugendwort des Jahres wirbt der Langenscheidt-Verlag jedes Jahr für sein Lexikon 100 Prozent Jugendsprache.[2] Nachdem im Frühjahr 2019 der Verlag von Pons übernommen worden war, wurde für 2019 kein Jugendwort des Jahres gekürt, da das Lexikon in keinem vernünftigen Zustand sei.[3] Nachdem zunächst unklar war, ob das Konzept fortgesetzt wird,[4] fand im Jahr 2020 wiederum eine Wahl zum Jugendwort des Jahres statt.[5] Zum Jahr 2022 siehe Einträge in folgender Liste.[6]

Das Ergebnis der 15. Jugendwort-Wahl wurde 2023 erstmals vor Publikum bekannt gegeben. Langenscheidt organisierte dazu eine 50-minütige Veranstaltung auf der Frankfurter Buchmesse vor mehreren hundert Zuschauern mit Videoeinspielungen und einer Podiumsdiskussion mit Frankfurter Professoren und den Marketing-Verantwortlichen von Langenscheidt. Das Siegerwort wurde von dem Poetry-Slammer Sebastian Rabsahl in einem mehrminütigen Gedicht verkündet.[7]

Liste der Jugendwörter

JahrPlat­zie­rungJugendwort des JahresErklärung
20081. PlatzGammel­fleisch­partyParty für Menschen über 30 Jahren, Ü30-Party
2. PlatzBildschirm­bräuneBlässe von Computerfreaks
3. Platzunterhopft seinLust auf Bier haben
20091. PlatzhartzenArbeitslos sein, „rumhängen“
2. PlatzbamVariante von „cool“
3. PlatzBanksterKombination aus Banker und Gangster
2010[8]1. PlatzNiveaulimboStändiges Absinken des Niveaus, aus dem Ruder laufende Partys und sinnlose Gespräche unter Jugendlichen
2. PlatzArschfaxUnterhosenetikett, das hinten aus der Hose hängt
3. PlatzEgosurfenSeinen eigenen Namen in Suchmaschinen im Internet eingeben
2011[9]1. PlatzSwagBeneidenswerte, lässig-coole Ausstrahlung
2. Platz(epic) FailGrober Fehler, misslungenes Vorhaben, Versagen, riesiger Fehler
3. PlatzguttenbergenAbschreiben
2012[10][11]1. PlatzYOLOAbkürzung von „you only live once“; Aufforderung, eine Chance zu nutzen
2. PlatzFU!vom Englischen „Fuck you“: 1. Scheiße, 2. Fick dich!
3. PlatzYalla!aus dem Arabischen: Los! Beeil dich! Lass uns gehen! Verschwinde![12]
2013[13]1. PlatzBaboBoss, Anführer, Chef
2. PlatzfameBerühmt, toll, super
3. PlatzgediegenSuper, cool, lässig
2014[14]1. PlatzLäuft bei dirWenn jemand Erfolg oder Glück hat. „Du hast es drauf!“; cool, krass; wird auch ironisch genutzt
2. PlatzGönn dir!Viel Spaß dabei!
3. PlatzHayvanTier, Vieh, Lümmel, aus dem Türkischen und Arabischen
2015[15]1. PlatzSmombieEin Kofferwort aus den Begriffen „Smartphone“ und „Zombie“. Damit sind Menschen gemeint, die durch den ständigen Blick auf ihr Smartphone so stark abgelenkt sind, dass sie ihre Umgebung kaum noch wahrnehmen.
2. Platzmerkelnabgeleitet von Angela Merkels Regierungsstil, nichts tun, keine Entscheidung treffen
3. PlatzrumoxidierenChillen, entspannen, abhängen; quasi nur atmen (Sauerstoff aufnehmen)
2016[16]1. Platzfly seinEtwas oder jemand geht besonders ab
2. Platzbaebefore anyone/anything else, Bezeichnung für beste Freundin o. ä.
3. Platzisso„[es] ist so“, Zustimmung, Bekräftigung
2017[17][18][19][20]1. PlatzI bims„Ich bin’s“ (in der sog. Vong-Sprache)
2. PlatznapflixenNickerchen während eines Filmes; Kofferwort aus dem Englischen „nap“ (Nickerchen) und „Netflix[21]
3. Platztinderjährigalt genug sein, um Tinder nutzen zu dürfen; Ähnlichkeit zu „minderjährig[22]
2018[23]1. PlatzEhrenmann / EhrenfrauMann/Frau, den/die eine ehrenhafte Gesinnung und Handlungsweise auszeichnet bzw. etwas Tolles, Gutes oder Besonderes für jemanden getan hat, freundlicher Mensch, „Gentleman“, „Lady
2. Platzglucose-haltigsüß; Glucose als Grundlage von Zucker, i. S. v. „Zucker-haltig“.
3. Platzverbuggtfehlerhaft, von englisch bug = Wanze, Ungeziefer (i. S. v. Programmfehler); Verwendung: „Du bist sau [= sehr/stark] verbuggt“, „Das Spiel ist total verbuggt“.
2019[24]keineIm Jahr 2019 fiel die Wahl aus.[3]
2020[25]1. Platzlostahnungslos, verloren, verirrt von englisch lost = verloren, verschollen, verirrt; Verwendung: „Du bist / ich bin total lost“
2. PlatzcringeBezeichnung für etwas Peinliches, eine Situation oder Handlung einer Person, für die man sich fremdschämt. Von englisch cringe = zurückschrecken, erschaudern.
3. Platzwild/wyldBezeichnung für eine Situation oder Handlung, die „zu wild“ ist und starke Emotionen auslöst, meint auch verrückt oder etwas Besonderes. Von englisch wild = wild, ungezügelt, ausgelassen.
2021[26]1. PlatzcringeBezeichnung für etwas Peinliches, eine Situation oder Handlung einer Person, für die man sich fremdschämt. Von englisch cringe = zurückschrecken, erschaudern.
2. PlatzsusZustimmung, dass ein benannter Sachverhalt oder eine Situation verdächtig (englisch suspicious bzw. deutsch suspekt) ist. Ursprung ist wahrscheinlich das Online-Spiel Among Us.
3. PlatzsheeshMit dem Ausruf „Sheesh“ wird Erstaunen, Erschrecken oder auch „Genervtsein“ zum Ausdruck gebracht. Die enthaltene Emotion ist stark abhängig vom Kontext. Die Herkunft ist nicht sicher, vermutet wird unter anderem eine Abwandlung von „Jeez“, d. h. von Jesus.
2022[27]1. PlatzsmashMit jemandem etwas anfangen, jemanden attraktiv finden; umgangssprachlich „mit jemandem Sex haben“. Von englisch smash = zertrümmern.
2. PlatzbodenlosKontextabhängig, kann sowohl für ein negatives als auch positives Verhalten benutzt werden.
3. PlatzMacherEin „Macher“ ist jemand, der Dinge ohne Zögern umsetzt.
2023[28]1. PlatzgoofyTollpatschige, alberne Person oder Verhaltensweise, die andere amüsiert.
2. PlatzSide EyeAuf Deutsch „Seitenblick“; wird genutzt, um Verachtung oder Missbilligung auszudrücken.
3. PlatzNPCAbkürzung für „Non-Player-Character“; bezeichnet einen sich sehr passiv verhaltenden Menschen (in einer Gruppe).

Kritik und Diskussion

Allgemein

An der Aktion „Jugendwort des Jahres“ wird kritisiert, dass sie vom Veranstalter Langenscheidt zu kommerziellen Werbezwecken etabliert wurde und jährlich genutzt werde. Darüber hinaus wird bezweifelt, dass Jugendliche tatsächlich den „Jugendwörtern“ entsprechend reden – zumal an der Abstimmung zum jährlichen Jugendwort nicht nur Jugendliche, sondern Internetnutzer aller Altersgruppen teilnehmen können.[16]

Die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) bezeichnet die Wahl als schöne Idee. Der Leiter der GfdS-Sprachberatung, Lutz Kuntzsch, sagte aber auch: „Das Ganze ist ein Sprachspiel. Ich würde daraus nicht ableiten, dass die Jugend tatsächlich so spricht.“

Wolfgang Gaiser vom Deutschen Jugendinstitut kritisiert: „Das hat wohl eher was mit Verlagsmarketing zu tun als mit Sozialforschung über das, was Jugendliche sprechen, über das, was Jugendliche denken. Mit solchen Spielereien Aufmerksamkeit für Verlagsprodukte zu erzielen und Leserschaften zu binden, ist ein geschickter Marketing-Gag. […] Wenn Spaßformulierungen herausgehoben werden, als ob sie das Sprach- und Denkniveau der Jugend heute wären, verzerrt dies das Bild über die Jugend von heute.“[29]

2009

Das Wort „hartzen“ wurde kritisiert, da es Arbeitslosen unterstelle, faul zu sein und freiwillig auf Kosten des Staates zu leben.[30]

2015

Der Begriff „Alpha-Kevin“, Synonym für „den Dümmsten von allen“, wurde aus der Abstimmung genommen, da Namensträger und somit reale Personen nicht diskriminiert werden sollten.[31] Die tatsächliche Existenz des Jugendwortes „Smombie“ in der Jugendsprache wurde von Journalisten bezweifelt, da dieses Wort vor der Nominierung zur Wahl des Jugendwortes des Jahres noch nicht im Internet vorkam.[32] Es wurde spekuliert, dass es sich um eine Erfindung des Langenscheidt-Verlages handeln könnte.[33]

2020

Nachdem der Langenscheidt-Verlag sich 2019 entschieden hatte, kein Jugendwort des Jahres zu küren, war die Aktion im Jahre 2020 wieder zurück. Diesmal sollte auf die Kritik reagiert werden, indem der jungen Community selbst möglichst viel Mitspracherecht gegeben wurde. Auf der Website des Langenscheidt-Verlages durften frei Begriffe zur Wahl eingereicht werden. Die Reddit-Community /r/ich_iel nutzte diese Chance und reichte unter anderem das Wort „Hurensohn“ ein. Basierend auf dem dort beliebten Meme „Sprich deutsch, du Hurensohn“ engagierten sich die Nutzer dafür, „Hurensohn“ zum Jugendwort 2020 zu machen.[34]

Langenscheidt sah sich schließlich gezwungen, auf die massenhaften Einreichungen zu reagieren. In einer Stellungnahme auf Instagram erklärte der Verlag, „Hurensohn“ sei als Jugendwort des Jahres ungeeignet, da man „Begriffe dieser Kategorie nicht unterstützen“ wolle. Das Wort solle jedoch in ein Lexikon der Jugendsprache aufgenommen werden, das im Oktober 2020 erscheinen sollte.[35]

Literatur

  • 100 % Jugendsprache 2021: das Buch zum Jugendwort des Jahres. Langenscheidt bei PONS, Stuttgart 2020, ISBN 978-3-12-563473-2.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Siehe www.jugendwort.de: Gib uns dein Wort.
  2. www.welt.de: Nichts da „merkeln“ – „Smombie“ ist Jugendwort des Jahres.
  3. a b Langenscheidt: Aus für Wahl zum Jugendwort, Nürnberger Nachrichten, 18. Oktober 2019.
  4. Claudia Mäder: Jugendwort des Jahres: 2019 gibt es keine Wahl, leider! In: Neue Zürcher Zeitung. (nzz.ch [abgerufen am 11. Dezember 2019]).
  5. Jugendwort des Jahres 2020. In: Langenscheidt. Abgerufen am 13. Juli 2020.
  6. Jugendwort des Jahres 2022, abgerufen am 26. Oktober 2022
  7. Richard Schneider: „goofy“ Jugendwort des Jahres 2023 – Erstmals auf Frankfurter Buchmesse verkündet. In: UEPO.de. 22. Oktober 2023, abgerufen am 23. Oktober 2023.
  8. „Niveaulimbo“ ist Jugendwort des Jahres. In: Spiegel Online am 29. November 2010.
  9. Das Jugendwort des Jahres ist gewählt! jugendwort.de, abgerufen am 5. Dezember 2011.
  10. Das Jugendwort des Jahres 2012. jugendwort.de, abgerufen am 26. November 2012.
  11. Das Jugendwort des Jahres ist gewählt! jugendwort.de, abgerufen am 10. Dezember 2012.
  12. Yalla!: Alles zu Bedeutung, Übersetzung und mehr. giga.de, abgerufen am 16. Juli 2018.
  13. Das Jugendwort des Jahres 2013. jugendwort.de, abgerufen am 25. November 2013.
  14. Das Jugendwort des Jahres 2014. jugendwort.de, abgerufen am 25. November 2014.
  15. Das Jugendwort des Jahres 2015. jugendwort.de, abgerufen am 13. November 2015.
  16. a b Sprache: Jugendwort des Jahres 2016 ist „fly sein“. In: Spiegel Online. 18. November 2016, abgerufen am 18. November 2016.
  17. I bims ist „Jugendwort des Jahres 2017“. 17. November 2017, abgerufen am 17. November 2017.
  18. „I bims“ ist „Jugendwort des Jahres 2017“. 17. November 2017, abgerufen am 17. November 2017.
  19. Deutsche Sprache: „I bims“ ist Jugendwort des Jahres. In: Spiegel Online. 17. November 2017, abgerufen am 17. November 2017.
  20. Sprache: Vong diesem Mann her kommt 1 neue Sprache. In: welt.de. 13. Juni 2017, abgerufen am 17. November 2017.
  21. Online-Abstimmung: „Geht fit“ oder „napflixen“ – das Jugendwort 2017 wird gekürt. In: shz.de. 17. November 2017, abgerufen am 17. November 2017.
  22. Was wird das Jugendwort 2017? In: freundin.de. 17. November 2017, abgerufen am 17. November 2017.
  23. Jugendwort des Jahres 2018. In: Langenscheidt Online. 2018, abgerufen am 27. November 2018: „Gentleman, Lady“
  24. Traditionelle Wahl fällt aus – Kein „Jugendwort des Jahres“ 2019. In: ZDF heute. 17. Oktober 2019, archiviert vom Original; abgerufen am 20. Oktober 2019.
  25. Jugendwort des Jahres 2020 | Langenscheidt. Abgerufen am 3. September 2020.
  26. Jugendwort des Jahres 2021. Langenscheidt, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 25. Oktober 2021.@1@2Vorlage:Toter Link/www.langenscheidt.com (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  27. Abstimmung des Langenscheidt-Verlages: Jugendwort des Jahres ist „Smash“. In: MDR.de. 25. Oktober 2022, abgerufen am 25. Oktober 2022.
  28. „Goofy“ ist Jugendwort des Jahres 2023. 22. Oktober 2023, abgerufen am 22. Oktober 2023.
  29. W. Gaiser im Gespräch mit Elena Zelle. In: Der Sonntag. 1. Dezember 2013, S. 9.
  30. www.stern.de: Von „Babo“ bis „Läuft bei dir“ – Kennen Sie die Jugendwörter der vergangenen Jahre?
  31. Warum Alpha Kevin plötzlich nicht mehr zur Wahl steht. In: welt.de. 25. Juli 2015, abgerufen am 25. Juli 2015.
  32. Diesen Begriff kannte vorher nur die Jury: „Smombie“ statt „merkeln“ ist Jugendwort des Jahres, Meedia, 13. November 2015.
  33. „Smombie“ gibt es nicht – es ist eine Erfindung, Der Tagesspiegel, 13. November 2015.
  34. Langenscheidt verbietet „Hurensohn“ als Jugendwort des Jahres. In: ze.tt. 13. Juli 2020, archiviert vom Original; abgerufen am 3. September 2020.
  35. Gregor Schmalzried: Meme-Schlacht im Netz: „Hurensohn“ darf nicht Jugendwort werden. In: BR.de (Bayerischer Rundfunk). 9. Juli 2020, archiviert vom Original; abgerufen am 3. September 2020.

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