Judith und Holofernes (Artemisia Gentileschi)

Judith und Holofernes (Artemisia Gentileschi)
Judith und Holofernes
Artemisia Gentileschi, um 1620
Öl auf Leinwand
199 × 162,5 cm
Uffizien, Florenz
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Judith und Holofernes ist ein Gemälde von Artemisia Gentileschi. Es entstand in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Florenz und gilt als eines ihrer bekanntesten Bilder.

Ungewöhnlich ist nicht nur der gewählte Moment des alttestamentlichen Geschehens, sondern auch, dass es sich dabei möglicherweise um den Versuch einer autobiographischen Aufarbeitung handeln kann. Das Bild befindet sich heute in den Uffizien in Florenz im sog. Vasarikorridor, dessen Aufgang zwischen den Sälen XXV und XXXIV liegt.

Motiv und weitere Darstellungen

Das Motiv der Darstellung der Judith und der Enthauptung des Feldherrn Holofernes entstammt dem Alten Testament, genauer dem Buch Judit. Durch List und Schmeichelei erlangt Judith dort das Vertrauen und die Begierde des feindlichen Belagerers Holofernes. Als dieser sie bei einem Festmahl verführen will, wartet sie, bis er vom Wein einschläft und schlägt ihm den Kopf ab:

„Dann ging sie zum Bettpfosten am Kopf des Holofernes und nahm von dort sein Schwert herab. 7Sie ging ganz nahe zu seinem Lager hin, ergriff sein Haar und sagte: Mach mich stark, Herr, du Gott Israels, am heutigen Tag! 8Und sie schlug zweimal mit ihrer ganzen Kraft auf seinen Nacken und hieb ihm den Kopf ab.“

Judit 13,6-8 

Mit der Tat befreit Judith das Volk Israel von den Assyrern (weder die Personen noch der Krieg gelten als historisch[1]).

Judith und Holofernes, Museo di Capodimonte, Neapel, die frühere Version von etwa 1612

Das Sujet der Judith und des Holofernes ist ein recht häufiges in der Kunstgeschichte. Von Artemisia Gentileschi sind drei Darstellungen bekannt: Eine, um 1612 entstanden, heute im Museo di Capodimonte in Neapel, zeigt das Motiv in fast gleicher Bildkomposition, allerdings wurde das Bild kleiner dimensioniert und wurde außerdem an der linken Seite beschnitten[2] – und mit abweichender Kleiderfarben der beiden Frauen. Ein weiteres ihrer Bilder – ebenfalls etwa 1612 oder 1613 entstanden – zeigt Judith und ihre Dienerin mit dem Haupt des Holofernes, es befindet sich heute im Palazzo Pitti in Florenz.

Darstellung

Das Gemälde zeigt die Enthauptung des Holofernes im direkten Moment des Geschehens. Das ist deshalb ungewöhnlich, weil die meisten Künstler, die sich mit diesem Thema befassten, einen Moment nach der Enthauptung oder die beiden Personen der Judith und der Dienerin auf der Flucht mit dem Kopf in ihr Lager darstellten.

Zuvor hatten nur Donatello mit seiner Plastik der Judith und Holofernes-Gruppe, etwa 1455 entstanden, und Caravaggio ebenfalls das eigentliche Geschehen der Enthauptung gewählt. In seiner Figurengruppe wählte Donatello ebenfalls den „packenden“ Moment,[3] stellte Judith aber nicht mit der Klinge im Hals Holofernes dar, sondern, der alttestamentlichen Vorgabe nach, zwischen den beiden zur Tötung notwendigen Hieben. Caravaggios Bild der Enthauptung, etwa um 1600, zeigt bereits das Geschehen der Tötung, möglicherweise hat Artemisia Gentileschi es gekannt. Gentileschi stellt in „schonungsloser Realität“ genau den Moment der Tötung dar.[4] Die starke Kontrastierung mit dem Schlaglicht von links ist eine typische Malweise Gentileschis, sie hat sie von ihrem Vater, Orazio Gentileschi, aus der Schule Caravaggios übernommen.[5]

Von der alttestamentlichen Vorlage abweichend ist auch die Dienerin zu sehen. Der Vorlage nach war sie während der Tötung Holofernes nicht im Zelt, dennoch wurde sie von einigen Künstlern, vor allem zur Bereicherung der Bildkomposition wie hier, mit abgebildet.[6] Die Farbe des Gewandes der Judith ist ebenso kein Zufall, Gelb, hier Goldgelb, gilt auch als Farbe des Hasses.

Interpretation

Die Kunstgeschichte sieht in dieser brutalen Darstellung des Geschehens[7] eine künstlerische Aufarbeitung eines Momentes im Leben der Artemisia Gentileschi. Sie war als junge Frau von einem Gehilfen ihres Vaters, Agostino Tassi, vergewaltigt worden. In dem folgenden Prozess wurde Tassi zwar zu mehreren Monaten Haft verurteilt, Artemisias Ruf war aber beschädigt, sie musste Rom verlassen und ging nach Florenz.

Auf diese Ereignisse können die auf dem Gesicht der Judith dargestellten Emotionen hinweisen: sie schwanken zwischen Abscheu und Entschlossenheit zur Tat.[8] Auch die schneidende Bewegung der rechten Hand Judiths verstärkt den Moment und kann eine Reflexion ihres eigenen vorherigen Schicksals sein.

Trivia

Judith Holofernes ist der Künstlername der Frontfrau der deutschen Pop-Rock Band Wir sind Helden.

Das Gemälde findet in dem Mystery-Thriller The Awakening (2011) Erwähnung, wo es in der Eingangshalle eines Internats hängt.

Einzelnachweise

  1. Martin Rösel: Judit auf Bibelwissenschaft.de. Abgerufen am 24. März 2022.
  2. Die Galerie der starken Frauen. Katalog Düsseldorf 1965. Nr. 106, S. 244.
  3. Max Semrau: Die Kunst der Renaissance in Italien und im Norden. S. 125.
  4. Christiane Stukenbrock, Barbara Töpper: 1000 Meisterwerke der Malerei. S. 367.
  5. Wolfgang Braunfels: Kleine italienische Kunstgeschichte. S. 403.
  6. Patrick de Rynck: Die Kunst Bilder zu lesen – Die Alten Meister entschlüsseln und verstehen. S. 249.
  7. Patrick de Rynck: Die Kunst Bilder zu lesen – Die Alten Meister entschlüsseln und verstehen. S. 249.
  8. Patrick de Rynck: Die Kunst Bilder zu lesen – Die Alten Meister entschlüsseln und verstehen. S. 248.

Literatur

  • Christiane Stukenbrock, Barbara Töpper: 1000 Meisterwerke der Malerei. Tandem Verlag, Sonderausgabe h.f.ullmann, 2005. ISBN 978-3-8331-6172-8-
  • Wolfgang Braunfels: Kleine italienische Kunstgeschichte. DuMont Buchverlag, Köln 1984, ISBN 3-7701-1509-0.
  • Patrick de Rynck: Die Kunst Bilder zu lesen – Die Alten Meister entschlüsseln und verstehen. Parthas Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-86601-695-6.
  • Max Semrau: Die Kunst der Renaissance in Italien und im Norden. 3. Auflage. Bd. III aus Wilhelm Lübke: Grundriss der Kunstgeschichte. 14. Auflage. Paul Neff Verlag, Esslingen 1912.
  • Stefano Zuffi: Die Renaissance – Kunst, Architektur, Geschichte, Meisterwerke. DuMont Buchverlag, Köln 2008, ISBN 978-3-8321-9113-9.

Weblinks

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Judit decapitando a Holofernes, por Artemisia Gentileschi.jpg
Two women pin down a man on a bed. With one hand, Judith holds his head; with the other, she slices his throat with a long sword. The intensity of the scene is highlighted by the dripping blood soaking the white bed sheets and the man's eyes wide open — conscious, but helpless. Artemisia is more a champion of strong women rather than a woman obsessed with violence and revenge.