Joseph Weisgerber

Joseph, auch Josef, Weisgerber (* 2. März 1893 in Metz[1]; † nach 1948) war ein deutscher Jurist, u. a. Verteidiger während der Nürnberger Prozesse.

Leben

Herkunft

Joseph Weisgerber war der Sohn des Leiters der Elementarschule St. Vincenz in Metz, Nikolaus Ludwig Weisgerber († 1913), und seiner Ehefrau Maria, geb. Müller († 1904). Seine Mutter verlor er im Alter von fünf Jahren, seinen Vater, als er 14 Jahre alt war. Sein jüngerer Bruder war der spätere Sprachwissenschaftler Leo Weisgerber.[2]

Werdegang

Joseph Weisgerber studierte an der Universität München und Würzburg.[1] Nachdem er an der Universität Würzburg bereits 1921 mit dem Titel Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Fremdenverkehrs unter besonderer Berücksichtigung der bayerischen Verhältnisse zum Dr. rer. pol. promovierte, wurde er 1923 hier mit dem Titel Die Verschaffung der Euthanasie und das geltende Strafrecht Dr. iur. Von 1931 bis 1933 war Weisgerber Mitglied des Stahlhelms und ab 1934 der SA.[3] Ab 1940 war er Mitglied der NSDAP.[3] Nach dem Krieg wurde er mit der Kategorie 4 „Mitläufer“ entnazifiziert.[1]

Im Ärzte-Prozess (Fall 1 der Nachfolgeprozesse; USA gegen Karl Brandt et al.), welcher von Dezember 1946 bis August 1947 dauerte, war er Verteidiger von Wolfram Sievers.[1] Sievers wurde in drei Anklagepunkten für schuldig befunden und zum Tode verurteilt. Am 2. Juni 1948 wurde Sievers hingerichtet.

Im Geiselmord-Prozess (Fall 7 der Nachfolgeprozesse; USA gegen Wilhelm List et al.), welcher von Mai 1947 bis Februar 1948 dauerte, war er Verteidiger des ehemaligen Militärbefehlshaber in Griechenland General der Flieger, Wilhelm Speidel.[4] Speidel wurde in einem von vier Anklagepunkten für schuldig befunden und zu 20 Jahren Haft verurteilt, aber bereits 1951 vorzeitig aus dieser entlassen.

Gemeinsam mit Rudolf Merkel, einem anderen Verteidiger bei den Nürnberger Prozessen, hatte er 1947 ein Verteidigungspapier für ehemalige nationalsozialistische Gestapomitglieder herausgegeben,[5] welches in den Spruchkammerverfahren für die Entnazifizierung Anwendung finden sollte.

In einem Spruchkammerverfahren war Weisgerber gemeinsam mit Hermann Orth Anwalt von Richard Lebküchner. Die Strafe von drei Jahren Arbeitslager galt allerdings durch seine Internierungshaft als verbüßt. Eine Berufung seiner beiden Anwälte, welche forderten ihn in die Gruppe III (Minderbelasteter) einzustufen,[6] zog Lebküchner wieder zurück.

Einzelnachweise

  1. a b c d Telford Taylor: Final Report to the Secretary of the Army on the Nuernberg War Crimes Trials Under Control Council Law No. 10. U.S. Government Printing Office, 1949, S. 304.
  2. Leo Weisgerber: Leo Weisgerber: Leben und Werk ; (aus Anlass der Übergabe seines Nachlasses an die Brüder Grimm-Gesellschaft e.V. in Kassel am 25. November 2000). Brüder Grimm-Museum, 2000, ISBN 978-3-929633-72-6, S. 7.
  3. a b Karsten Linne: Erschließungsband zur Mikrofiche-Edition: Mit einer Einleitung von Angelika Ebbinghaus zur Geschichte des Prozesses und Kurzbiographien der Prozeßbeteiligten. Walter de Gruyter, 2011, ISBN 978-3-11-096299-4, S. 154.
  4. Telford Taylor: Final Report to the Secretary of the Army on the Nuernberg War Crimes Trials Under Control Council Law No. 10. U.S. Government Printing Office, 1949, S. 325.
  5. Leitheft für die Verteidigung der betroffenen Beamten der Gestapo im Spruchkammer- und Strafverfahren.
  6. Marita Krauss: Rechte Karrieren in München: von der Weimarer Zeit bis in die Nachkriegsjahre. Volk Verlag, 2010, ISBN 978-3-937200-53-8, S. 274.