Josef Naas
Josef Naas (* 16. Oktober 1906 in Köln; † 3. Januar 1993 in Berlin) war ein deutscher Mathematiker. Er war Direktor und Professor an der Deutschen Akademie der Wissenschaften in Ost-Berlin.
Leben
Josef Naas wurde in Köln geboren und wuchs dort auf. Von 1928 bis 1933 studierte er in Köln, Berlin und Hamburg Mathematik mit den Nebenfächern Physik und Philosophie. 1935 promovierte er mit dem Thema Über die Seitenkrümmung. Beitrag zur Theorie der Flächenverbiegung.
Danach arbeitete er zwei Jahre lang in der Forschung bei Professor Wilhelm Blaschke in Hamburg und wurde dann bei der deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt angestellt. 1932 trat er der KPD bei.[2] Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs bekam er die Aufgabe zugewiesen, Trajektorien ballistischer Geschosse für Eisenbahngeschütze zu berechnen. Da er bewusst unbrauchbare Ergebnisse ablieferte, wurde er wegen Sabotage vor dem Volksgerichtshof angeklagt, jedoch aus Mangel an Beweisen seiner Gegnerschaft zum Regime ohne abgeschlossenen Prozess als politischer Häftling in das Konzentrationslager Mauthausen eingeliefert.
Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete Naas 1945 zunächst in Berlin als Leiter des Ausschusses für Wissenschaftleitung des Magistrats und wurde Leiter der Kulturabteilung des ZK der SED.[3] Besonders war er am Wiederaufbau und der Neugestaltung der Akademie in Berlin beteiligt. Im Herbst 1946 wurde er als Nachfolger von Helmuth Scheel Direktor der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin und blieb es bis 1953. Nach seiner Ernennung im Mai 1953 zum Professor an der Akademie leitete er bis 1959 das dortige Institut für Reine Mathematik. Von 1959 bis 1971 war er dessen Direktor und Leiter der Forschungsgruppe Differentialgeometrie.
Josef Naas war zeitweise (ab 1953) Mitherausgeber der Zeitschrift Wissenschaftliche Annalen, die von der Berliner Akademie zur Verbreitung neuer Forschungsergebnisse herausgegeben wurde. Er war insbesondere auch Mitbegründer und langjähriger Schriftleiter der Zeitschrift Mathematische Nachrichten, für die er von 1946 bis 1986 tätig war.[4]
1986 wurde er mit der Ehrenspange zum Vaterländischen Verdienstorden in Gold ausgezeichnet.[5]
Literatur
- Renate Tobies: Biographisches Lexikon in Mathematik promovierter Personen (Algorismus, Studien zur Geschichte der Mathematik und der Naturwissenschaften, hrsg. v. Menso Folkerts, Heft 58). Dr. Erwin Rauner Verlag, Augsburg 2006.
- Siegfried Gähler, Werner Gähler: Nachruf auf Josef Naas, In: Mathematische Nachrichten, Vol 161, Issue 1, 11. Nov. 2006.
- Werner Scheler, Werner Hartkopf: Gespräch über die Wiedereröffnung der Berliner Akademie nach dem Zweiten Weltkrieg und den Neubeginn ihrer Tätigkeit (PDF; 121 kB), in: UTOPIE kreativ, H. 103/104 (Mai/Juni) 1999, S. 122–142.
- Kurzbiografie zu: Naas, Josef (Joseph). In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 2. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
Schriften (Auswahl)
- Über die Seitenkrümmung. Beitrag zur Theorie der Flächenverbiegung, Math. Ann. 113 (1937) 48–82.
- Die Intelligenz und der Wiederaufbau Deutschlands, Freier Deutscher Gewerkschaftsbund, 1946.
- Josef Naas: Bericht über die Arbeit der Akademie seit 1. August 1946. In: Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin: Jahrbuch der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1946-1949. Akademie Verlag, Berlin 1950.
- Beiträge zur komplexen Analysis und deren Anwendungen in der Differentialgeometrie, Akademie-Verlag, Berlin 1974.
- Josef Naas, Hermann Ludwig Schmid: Mathematisches Wörterbuch: mit Einbeziehung der theoretischen Physik, 2 Bände, Akademie-Verlag, Berlin 1961, 3. Auflage 1979, 1984.
- Josef Naas, Wolfgang Tutschke: Große Sätze und schöne Beweise der Mathematik, (3. Auflage) Wissenschaftlicher Verlag Harri Deutsch, Frankfurt am Main ISBN 978-3-8171-1822-9.
Einzelnachweise
- ↑ Sören Flachowsky: Der Wissenschaftsorganisator Johannes Stroux an der Berliner Universität 1945–1947. In: Jahrbuch für Universitätsgeschichte. 7/2004. Franz Steiner Verlag, S. 203
- ↑ Peter Th. Walther: Denkraster und Kaderpolitik der SED in der deutschen AdW zu (Ost-)Berlin, In: Petra Boden, Rainer Rosenberg: Deutsche Literaturwissenschaft 1945-1965: Fallstudien zu Institutionen, Diskursen, Personen, Akademie Verlag, Berlin 1997, S. 164, ISBN 3-05-002930-7.
- ↑ Jürgen Kocka (Hrsg.), Peter Nötzoldt (Mitarb.), Peter Th. Walther (Mitarb.): Die Berliner Akademien der Wissenschaften im geteilten Deutschland, 1945-1990 Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Berliner Akademiegeschichte im 19. und 20. Jahrhundert, Akademie-Verlag, Berlin 2002, S. 441., ISBN 3-05-003544-7.
- ↑ Siegfried Gähler, Werner Gähler: Nachruf auf Josef Naas, In: Mathematische Nachrichten, Vol 161, Issue 1, 11. Nov. 2006.
- ↑ Berliner Zeitung, 30. April 1986, S. 5
Weblinks
- Josef Naas: Kurzbiographie der Deutschen Mathematiker-Vereinigung
- Literatur von und über Josef Naas im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Personendaten | |
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NAME | Naas, Josef |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Mathematiker |
GEBURTSDATUM | 16. Oktober 1906 |
GEBURTSORT | Köln |
STERBEDATUM | 3. Januar 1993 |
STERBEORT | Berlin |
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(c) Bundesarchiv, Bild 183-H29413 / CC-BY-SA 3.0
Zentralbild /Vitanova Eröffnungsfeier der Humboldt-Universität in Berlin am 29.1.1946 U.B.z.: vorn am Tisch: Prof. Dr. Theodor Brugsch, Paul Wandel, Präsident der deutschen Zentralverwaltung für Unterricht und Volksbildung der sowjetischen Besatzungszone und Oberst Sergei Tulpanow, Leiter der politischen Abteilung bei der Sowjetischen-Militär-Administration 5222-50
Abgebildete Personen:
- Brugsch, Theodor Prof. Dr. med.: Direktor der 1. Medizinischen Klinik der Charité Berlin, DDR (GND 118516019)
- Tulpanow, Sergej Prof.: Leiter der politischen Abteilung der SMAD, Prorektor Universität Leningrad, Sowjetunion
- Wandel, Paul Dr.: Minister für Volksbildung, stellvertretender Minister für Auswärtige Angelegenheiten, Präsident der Liga für Völkerfreundschaft, SED, DDR